Entscheidungsdatum: 26.08.2010
1. Das wirtschaftliche Eigentum an einer Forderung verbleibt im Rahmen eines Asset-Backed-Securities-Modells beim Forderungsverkäufer, wenn er das Bonitätsrisiko (weiterhin) trägt. Dies ist der Fall, wenn der Forderungskäufer bei der Kaufpreisbemessung einen Risikoeinbehalt vornimmt, der den erwartbaren Forderungsausfall deutlich übersteigt, aber nach Maßgabe des tatsächlichen Forderungseingangs erstattungsfähig ist .
2. Ist das wirtschaftliche Eigentum nach dieser Maßgabe beim Forderungsverkäufer verblieben , stellen die an den Forderungskäufer geleisteten "Gebühren" Entgelte für Schulden i.S. des § 8 Nr. 1 GewStG 2002 dar, wenn der Vorfinanzierungsbetrag dem Forderungsverkäufer für mindestens ein Jahr zur Verfügung steht .
I. Streitig ist, ob Aufwendungen, die im Zusammenhang mit Forderungsverkäufen in einem Asset-Backed-Securities-(ABS-)Modell angefallen sind, in den streitigen Erhebungszeiträumen 2002 und 2003 als Entgelte i.S. des § 8 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 2002) gewerbeertragserhöhend anzusetzen sind.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine AG, ist Gesamtrechtsnachfolgerin einer genossenschaftlichen Warenzentrale (G). Am 18. Dezember 2001 (mit Änderungen vom 17. Januar 2002) schloss G mit der Z, einer "Zweckgesellschaft" mit Sitz auf den Cayman Islands (British West Indies), einen Rahmenvertrag über den Ankauf von Forderungen (RV). Einziger Geschäftszweck von Z ist der Ankauf der Forderungen von G. Sie refinanziert sich durch Ausgabe von Wertpapieren mit einer Laufzeit zwischen einem Tag und drei Monaten (Commercial Papers), als deren Sicherheit die abgetretenen Forderungen dienen ("Verbriefung"). Alleingesellschafterin der Z ist eine Kapitalgesellschaft mit Sitz auf Guernsey (British Channel Islands), Alleingesellschafterin dieser Ltd. ist eine Stiftung nach dem Recht von Guernsey.
Nach dem Inhalt des RV verkaufte die G ihre gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen aus dem laufenden Geschäftsverkehr bis zu einem Maximalbetrag von 40 Mio. € revolvierend an Z und trat die Forderungen zugleich aufschiebend bedingt ab (Nr. 1.1, 3.1, 4.1 RV). Die durchschnittliche Zahlungsfrist der Forderungen betrug 32 Tage, die maximale Laufzeit der Einzelforderungen 90 Tage (Nr. 7.1.14 RV). Überwiegend handelte es sich um Forderungen aus Warenlieferungen an andere Warengenossenschaften; daneben bestanden auch Forderungen gegen externe Kunden, bei denen es sich jeweils um juristische Personen oder Kaufleute ("Nicht-Primärgenossenschaften") handelte. Forderungen gegen Großschuldner wurden nur bis zu einem Betrag von 1,4 Mio. € für die ersten drei Schuldner bzw. 1 Mio. € für die folgenden 20 Schuldner von dem Verkauf an Z erfasst (Anlage A.3 RV); die übersteigenden Teile der Forderungen verblieben bei G. Der Vertrag hatte zunächst eine Laufzeit von fünf Jahren und sollte sich danach um jeweils ein Jahr verlängern, sofern keine Vertragspartei kündigte (Nr. 1.4 RV).
Als Kaufpreis wurde der Nennwert abzüglich eines Risikoabschlags für Forderungsausfälle (Nr. 2.1.1 (a) RV) von 4 % und eines Veritätsabschlags für Gewährleistungsrisiken (Nr. 2.1.1 (b) RV) von 3,5 % vereinbart. Der Kaufpreis war drei Bankgeschäftstage nach dem monatlich erfolgenden Transfer der jeweiligen Forderungsdaten fällig (Nr. 2.1 RV). Die Forderungsabtretungen sollten den Schuldnern nicht angezeigt werden (Nr. 6 Vorbemerkung RV). G konnte die Forderungen im Außenverhältnis grundsätzlich weiterhin im eigenen Namen einziehen; im Innenverhältnis übernahm G die Verwaltung und den Einzug der Forderungen für Z (Nr. 6.1 RV). Die anfallenden Kosten für die weitere Verwaltung und den Einzug der abgetretenen Forderungen hatte G zu tragen (Nr. 6.6 RV). Die eingezogenen Beträge waren von G an Z zu überweisen bzw. konnten mit dem Kaufpreis für weitere verkaufte Forderungen aufgerechnet werden (Nr. 3.3 RV).
Der Risikoabschlag für Forderungsausfälle war nach folgender Maßgabe von Z an G zurückzuzahlen (Nr. 8.1 RV): Soweit der später tatsächlich eingezogene Forderungsbetrag den Kaufpreis überstieg, gewährte Z der G eine Gutschrift auf einem internen Forderungsausfallkonto. Z konnte die gesamten tatsächlichen Forderungsausfälle mit dem Guthaben der G auf diesem Forderungsausfallkonto aufrechnen. Ein verbleibendes Guthaben der G, das das Mindestguthaben von 1,6 Mio. € überstieg, war monatlich als "Bonifikation 1" auszuzahlen (Nr. 8.2, 8.3 RV). Nach vollständiger Abwicklung des Rahmenvertrags hatte Z das gesamte Guthaben auf dem Forderungsausfallkonto an G auszukehren (Nr. 8.4 RV). G übernahm keine Gewährleistung für die Bonität der Forderungen (Nr. 7.1.1 RV). Im Fall übermäßiger Forderungsausfälle hatte G --abgesehen von der Möglichkeit der Z, sich aus dem Guthaben auf dem Forderungsausfallkonto zu bedienen-- keine weiteren Zahlungen an Z zu leisten (Nr. 8.3.2 RV). Z konnte den Vertrag u.a. fristlos kündigen, wenn die Forderungsausfälle in den letzten zwölf Monaten 4 % des Nominalbetrags der Forderungen überstiegen oder der Bestand des Forderungsausfallkontos auf weniger als 1 % des aktuellen Ankaufbetrags gesunken war oder die Gutschriften auf dem Forderungsausfallkonto in den letzten drei Monaten hinter den tatsächlichen Forderungsausfällen zurück geblieben waren und es innerhalb von zehn Bankgeschäftstagen nicht zu einer Einigung über eine Anpassung des Risikoabschlags kam (Nr. 17.3.7 RV).
G sicherte im Vertrag zu, dass die tatsächliche Forderungsausfallquote sich für 1999 auf 0,1 % und für 2000 auf weniger als 0,1 % des Gesamtumsatzes belaufen hatte (Anlage D Nr. 2.7 RV). Auf 20 Großkunden entfiel jeweils 1 bis 4 % des Gesamtforderungsvolumens; insgesamt beliefen sich die Forderungen gegen diese 20 Schuldner auf ca. 40 % des Gesamtbetrags. Bisher war es bei keinem dieser Großschuldner jemals zu einem Forderungsausfall gekommen. Für die Forderungen gegen Nicht-Primärgenossenschaften war im Rahmen der ABS-Transaktion eine Warenkreditversicherung zugunsten der Z abzuschließen, deren Kosten G zu tragen hatte. Dazu soll eine Entschädigungshöchstgrenze in Höhe des 30-fachen der Jahresprämie, die sich auf knapp 100.000 € belaufen hat, vereinbart worden sein.
Der Veritätsabschlag sollte Z als Sicherheit für etwaige Ansprüche gegen G aus den von G übernommenen Garantien (Nr. 7 RV) sowie aus Vertragsverletzungen dienen (Nr. 9.1 RV). Mittelbar waren damit auch Abschläge aus Skonti-, Boni- und Rabattgewährungen sowie Gewährleistungsansprüchen abgedeckt. Auch insoweit wurden die Beträge zunächst einem "Verwässerungskonto" gutgeschrieben (Nr. 9.2 RV). Ein verbleibendes Guthaben der G, das das Mindestguthaben von 1,4 Mio. € überstieg, war monatlich als "Bonifikation 2" auszuzahlen; nach vollständiger Abwicklung des Rahmenvertrags war das gesamte Guthaben auf dem "Verwässerungskonto" an G auszukehren (Nr. 9.4 i.V.m. Nr. 8.3, 8.4 RV).
Ferner berechnete Z der G eine laufende Vergütung für die Verwaltung und Strukturierung sowie für ihre Geschäftsrisiken im Rahmen der Transaktion (Programmgebühr nach Nr. 2.2 sowie Anlage C.2 RV). Diese Programmgebühr war im Wesentlichen von den Refinanzierungskonditionen der Z und von bestimmten Marktzinssätzen abhängig. Bei ihrer Bemessung wurde zudem ohne nähere Konkretisierung im Vertrag berücksichtigt, dass G für Z ohne Anspruch auf gesonderte Vergütung die Verwaltung der Forderungen übernahm (Nr. 6.6 RV). Steuern, Abgaben und Gebühren, die im Zusammenhang mit dem Vertrag anfallen konnten, waren von G zu tragen (Nr. 16.1 RV). Gleiches galt für Steuern und Abgaben, die Z im Zusammenhang mit dem Vertrag in Deutschland auferlegt werden könnten (Nr. 16.2 RV).
Zum 31. Dezember 2003 belief sich das Volumen der abgetretenen Forderungen auf 35.485.566 €. G wies in ihren Bilanzen nicht die Forderungen, sondern die ihr von Z ausgezahlten Kaufpreise (92,5 % des Nennwerts der abgetretenen Forderungen) aus. Ferner aktivierte G in Höhe des Differenzbetrags (7,5 %) die Zugänge auf den bei Z geführten Reservekonten. Eine Gewinnminderung wies sie erst in dem Zeitpunkt aus, in dem tatsächlich ein Forderungsausfall eingetreten war.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) war der Ansicht, G hätte die Forderungen aktivieren müssen, weil das Bonitätsrisiko und deshalb das wirtschaftliche Eigentum nicht vollständig auf Z übergegangen sei. Wenn es sich aber um ein Darlehensverhältnis handele, müsse G die Forderungen aktivieren und die von Z erhaltenen Mittel als Darlehensverbindlichkeit passivieren. 50 % der an Z gezahlten laufenden Entgelte (in Höhe von 1.381.118 € [2002] bzw. 1.105.024 € [2003]) seien dem Gewinn aus Gewerbebetrieb nach § 7 Satz 1 i.V.m. § 8 Nr. 1 GewStG 2002 als sog. Dauerschuldentgelte hinzuzurechnen. Die Klage blieb erfolglos (Finanzgericht --FG-- Münster, Urteil vom 2. Dezember 2008 9 K 2344/07 G, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2009, 624).
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die geänderten Gewerbesteuermessbescheide 2002 und 2003 dahingehend zu ändern, dass die Hinzurechnung für Dauerschuldentgelte um 690.559 € (2002) bzw. 552.512 € (2003) gemindert und die Minderung der Gewerbesteuer-Rückstellung gegenläufig berücksichtigt wird.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Gemäß § 8 Nr. 1 GewStG 2002 sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7 GewStG 2002) die Hälfte der Entgelte für Schulden hinzuzurechnen, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebes oder eines Anteils am Betrieb (Teilbetriebes) oder mit der Erweiterung oder Verbesserung des Betriebes zusammenhängen oder der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen. Eine solche Hinzurechnung setzt voraus, dass ein Darlehensverhältnis vorliegt, das dann --bei entsprechender Laufzeit-- als sog. Dauerschuld angesehen werden kann; Zinsen und andere als Entgelte zu behandelnde Aufwendungen des Darlehensnehmers sind auf dieser Grundlage als Zinsen i.S. von § 8 Nr. 1 GewStG 2002 zu qualifizieren.
2. Das FG hat die zum Tatbestand des § 8 Nr. 1 GewStG 2002 unter den Beteiligten allein streitige Frage, ob ein Darlehensverhältnis vorliegt, rechtsfehlerfrei bejaht. G hat im Streitfall die Forderungen zwar zur Erfüllung der ABS-Vereinbarung an Z veräußert und abgetreten. Das wirtschaftliche Eigentum an den Forderungen war aber bei G verblieben, da sie wirtschaftlich das Risiko des Forderungsausfalls zu tragen hatte. Die Vereinbarung ist damit als (darlehensweise) Vorfinanzierung der Lieferungs- und Leistungserlöse der G zu qualifizieren.
a) Die Abgrenzung zwischen Kauf und Darlehen ist nach der Rechtsprechung im jeweiligen Einzelfall aufgrund einer Gesamtbetrachtung der vertraglichen Bestimmungen vorzunehmen. Dabei hat der Senat zur Situation einer Forfaitierung von (Leasing-)Forderungen im Wesentlichen auf das Bonitätsrisiko des Abtretenden abgestellt: Von einem Kauf ist nur dann auszugehen, wenn das Risiko der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Forderungen (Bonitätsrisiko) auf den Erwerber übergeht, insoweit also keine Möglichkeit des Regresses besteht (Senatsurteil vom 8. November 2000 I R 37/99, BFHE 193, 416, BStBl II 2001, 722 unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 21. Juni 1994 XI ZR 183/93, BGHZ 126, 261, 263). Denn nach den Regeln des Kaufrechts haftet der Verkäufer lediglich für den rechtlichen Bestand oder das künftige Entstehen (Verität) der verkauften Forderungen (§ 437 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB-- a.F.). Verbleibt hingegen das Bonitätsrisiko hinsichtlich der abgetretenen Forderungen (teilweise) beim Verkäufer, liegt eine sog. unechte Forfaitierung vor. Die Zahlung des "Kaufpreises" stellt dann eine bloße Vorfinanzierung der Forderungen dar, deren Abtretung nur erfüllungshalber erfolgt (§ 364 Abs. 2 BGB). In diesem Fall liegt ein Darlehensverhältnis vor (s. auch Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. Dezember 1986 IV R 185/83, BFHE 149, 248, BStBl II 1987, 443; vom 5. Mai 1999 XI R 6/98, BFHE 188, 415, BStBl II 1999, 735; BGH-Urteil vom 14. Oktober 1981 VIII ZR 149/80, BGHZ 82, 50; zustimmend z.B. Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 28. Aufl., § 5 Rz 270 "Forfaitierung").
b) Diese Maßgaben zur Abgrenzung von Kauf und Darlehen, die auf den Grundsatz der wirtschaftlichen Zuordnung von Vermögensgegenständen nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 der Abgabenordnung zurückzuführen sind, sind auch auf die streitgegenständliche ABS-Gestaltung anzuwenden.
Ob einer Person ein Wirtschaftsgut zuzurechnen ist, weil sie --ohne zivilrechtlicher Eigentümer zu sein-- die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass sie den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, ist "nach dem normalen Verlauf der Dinge" unter Berücksichtigung des Gesamtbilds der Verhältnisse (z.B. BFH-Urteile vom 18. September 2003 X R 21/01, BFH/NV 2004, 306; vom 11. Juli 2006 VIII R 32/04, BFHE 214, 326, BStBl II 2007, 296; s.a. Buciek in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 5 EStG Rz 513a, m.w.N.) zu entscheiden. Dabei kommt es für die Frage nach der "wirtschaftlichen Inhaberschaft" einer Forderung insbesondere darauf an, welche Person das wirtschaftliche Risiko des Forderungsausfalls trägt (z.B. Senatsurteil vom 20. Januar 1999 I R 69/97, BFHE 188, 254, BStBl II 1999, 514; BFH-Urteil in BFHE 188, 415, BStBl II 1999, 735; Senatsurteil vom 2. März 2010 I R 44/09, BFH/NV 2010, 1622). Damit ist es bei einer ABS-Gestaltung entscheidend, ob der "Originator" als Veräußerer der Forderungen auch das Bonitätsrisiko --das Risiko der Verwertbarkeit der Forderungen auf der Grundlage der Fähigkeit und des Willens des Drittschuldners, die Forderung bedienen zu können-- auf den Zedenten übertragen hat (so auch die Stellungnahme des Instituts der Wirtschaftsprüfer zu Zweifelsfragen der Bilanzierung von asset-backed-securities-Gestaltungen und ähnlichen Transaktionen [IDW RS HFA 8] --i.d.F. vom 9. Dezember 2003--, Die Wirtschaftsprüfung --WPg-- 2002, 1151 und 2004, 138 Tz. 7 ff. --IDW Stellungnahme--). Diesem Ansatz folgt auch die in der Literatur überwiegende Auffassung (Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., § 246 HGB Rz 326; Buciek in Blümich, a.a.O., § 5 EStG Rz 740 "Asset-Backed Securities (ABS)"; Crezelius in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 5 Rz 158 "Asset Backed Securities"; Hoffmann in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rz 1225; Willburger, Asset Backed Securities im Zivil- und Steuerrecht, 1997, S. 13 f., 118 ff., 123 ff.; Flick, Der Konzern 2009, 104, 105 f. und 109; Kusterer, Der Ertragsteuerberater 2003, 148, 150; Becker/Lickteig, Die steuerliche Betriebsprüfung 2000, 321; Geurts, Der Betrieb 1999, 451, 452; Engellandt/Lütje, WPg 1996, 517, 518 ff.; Hinz, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1994, 1749, 1750; wohl auch Wiese, Betriebs-Berater 1998, 1713, 1717; Ellrott/Roscher in Beck'scher Bilanzkommentar, 7. Aufl., § 247 HGB Rz 112 f.; a.A. aber Häuselmann, DStR 1998, 826, 829; Rist, Steuern und Bilanzen --StuB-- 2003, 385, 389 f.; Schmid, DStR 2010, 145, 147 f.).
c) Die Vereinbarungen im Vertrag haben zur Folge, dass das Bonitätsrisiko der übertragenen Forderungen bei G verblieben ist.
aa) Das FG hat dazu --entgegen der Ansicht der Revision-- durchaus eine Gesamtbetrachtung vorgenommen. Es hat dabei allerdings "Nutzungen und Lasten" aus der Betrachtung zu Recht ausgeschlossen, da es im Streitfall um unverzinsliche und nicht mit weiteren Lasten verbundene Warenforderungen geht. Im Übrigen hat das FG auch das Kriterium des "Besitzes" an der Forderung --hier zu verstehen als Verfügungsmacht-- herangezogen. Dabei hat es die formale Rechtsposition (rechtliche Befugnis) der Z einerseits und "das wirtschaftlich Gewollte und das tatsächlich Bewirkte" (BFH-Urteile in BFHE 214, 326, BStBl II 2007, 296; vom 15. Februar 2001 III R 130/95, BFH/NV 2001, 1041) andererseits abgewogen. Insoweit konnte der rechtlichen Befugnis angesichts der Kurzfristigkeit der Forderungen und der fehlenden Aufdeckung der Abtretung nach außen nur eine geringe praktische Bedeutung für die Vertragsparteien zugesprochen werden (a.A. --Zuordnung allein nach Maßgabe der persönlichen Verfügungsmacht über die Forderungen-- Häuselmann, DStR 1998, 826, 830). Außerdem war nach dem erkennbaren Willen der Vertragsparteien eine Verfügung über die Forderungen durch Z nicht vorgesehen, zumal Z über einen Apparat für die Verwaltung einer Vielzahl von Einzelforderungen nicht verfügte und diese Aufgabe vollständig an G übertragen hatte. Dass die (formale) Verfügungs- und Vollstreckungsbefugnis für das Rating der Refinanzierung der Z von Bedeutung war, berührt die das Verhältnis zwischen der Klägerin und Z betreffende Würdigung nicht.
bb) Dass die Veräußerung der Forderungen im Streitfall "regresslos" erfolgt ist, hindert die Annahme, dass das Bonitätsrisiko bei wirtschaftlicher Betrachtung dennoch bei G verblieben ist, nicht. Denn die Vertragsparteien haben zunächst nur einen vorläufigen Kaufpreis vereinbart, der nach Einziehung des Forderungsbestands in Abhängigkeit von der Höhe der tatsächlich eingetretenen Forderungsausfälle anzupassen war.
aaa) Nach den Feststellungen des FG war ein Risikoabschlag für Forderungsausfälle in Höhe von 4 % vereinbart. Dieser Risikoabschlag war von Z an G zurückzuzahlen, soweit der später tatsächlich eingezogene Forderungsbetrag den Kaufpreis überstieg (Gutschrift auf einem internen Forderungsausfallkonto, wobei Z die gesamten tatsächlichen Forderungsausfälle mit dem Guthaben der G auf diesem Forderungsausfallkonto aufrechnen konnte). Ein verbleibendes Guthaben der G, das das Mindestguthaben von 1,6 Mio. € überstieg, war monatlich als "Bonifikation 1" auszuzahlen. Nach vollständiger Abwicklung des Rahmenvertrags hatte Z das gesamte Guthaben auf dem Forderungsausfallkonto an G auszukehren. Darüber hinaus hatte G im Vertrag zugesichert, dass sich die tatsächliche Forderungsausfallquote für 1999 auf 0,1 % und für 2000 auf weniger als 0,1 % des Gesamtumsatzes belaufen hatte und dass es bisher bei keinem der 20 Großkunden (ca. 40 % des Gesamtbetrags der Forderungen) zu einem Forderungsausfall gekommen war. Im Übrigen hatte G (auf eigene Kosten) zu Gunsten der Z für die Forderungen gegen Nicht-Primärgenossenschaften eine Warenkreditversicherung abgeschlossen. Die Vereinbarung beinhaltet auch ein Recht zur fristlosen Kündigung des Vertrags durch Z bei einer nachteiligen Entwicklung der Forderungsausfälle.
bbb) Unter Berücksichtigung dieser vertraglichen Regelungen handelt es sich bei der Vereinbarung des Abschlags mit nachträglicher "Bonifikation" um eine Gestaltung, die eine spätere Kaufpreiserstattung nach Maßgabe des tatsächlichen Ausfalls der Forderungen zum Gegenstand hat; sie gleicht einen nach den in der Vergangenheit tatsächlich eingetretenen Forderungsausfällen zuzüglich eines realitätsgerechten Risikoaufschlags für die Unsicherheit der künftigen Veränderung des Ausfallrisikos überschreitenden Kaufpreisabschlag aus (s. dazu auch IDW Stellungnahme, a.a.O., Tz. 16, 23, 28; Willburger, a.a.O., S. 120 f.; ablehnend zum Einfluss von Ausgleichszahlungen Häuselmann, DStR 1998, 826, 830 f.).
Das FG konnte insoweit die Höhe des vereinbarten Bonitätsabschlags von 4 % dahin würdigen, dass sich G --unter sonst gleichen Bedingungen-- auf einen solchen Risikoabschlag nicht eingelassen hätte, wenn dieser als endgültig vereinbart worden bzw. bei geringeren tatsächlichen Forderungsausfällen keine Bonifikation zu erwarten gewesen wäre. Dazu hat sich das FG zu Recht sowohl auf die bekannten Risikodaten der Vergangenheit als auch auf eine Prognose des aus der Sicht des Zeitpunkts des Vertragsabschlusses künftig (bei vorsichtiger und risikoscheuer Einschätzung) einzukalkulierenden Risikos bezogen. Für diese Prognose hat es auch berücksichtigt, dass es nicht erkennbar sei, dass sich die Zusammensetzung des Forderungsbestands der G nach Vertragsschluss in einer Weise verändert hätte, die zu einer signifikanten Erhöhung des Bonitätsrisikos geführt hätte, und dabei auch auf den Abschluss der Warenkreditversicherung --der den Forderungsausfall in einem bestimmten Kundenkreis wirtschaftlich abdeckt-- verwiesen. Das FG hat zwar nicht ausdrücklich in seine Würdigung einbezogen, dass ein Teil der Risikoübernahme durch G dadurch begründet sein kann, dass sichergestellt wird, dass sie als Inkassobevollmächtigte beim Forderungseinzug die gebotene Sorgfalt walten lässt (Willburger, a.a.O., S. 121), und dass der Abschlag auch einen Diskont (als Differenz zum Barwert im Abtretungszeitpunkt - s. insoweit Rist, StuB 2003, 385, 389) beinhalten wird. Doch berührt dies die revisionsrechtliche Verbindlichkeit (§ 118 Abs. 2 FGO; s. insoweit z.B. BFH-Urteil in BFHE 188, 415, BStBl II 1999, 735) der Gesamtwürdigung der Vereinbarungen zum vertraglichen Kaufpreisabschlag nicht.
Der Einwand, dass ein endgültiger Kaufpreisabschlag, der das später tatsächlich eintretende Risiko "treffe" und damit den Forderungsverkäufer mit dem Delkredererisiko endgültig belaste, einen Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nicht hindere und dass deshalb der vorläufige Abschlag, bei dem die Beteiligten das wirtschaftlich Gewollte (die Verteilung des Risikos nach einem bestimmten Maßstab) --jedenfalls nachträglich-- punktgenau erreichen können, den Übergang wirtschaftlichen Eigentums ebenfalls nicht hindern könne (Schmid, DStR 2010, 145, 147), verfängt nicht. Denn die wirtschaftliche Zuordnung der Forderung ist nach dem Erkenntnisstand im Zeitpunkt der Abtretung vorzunehmen. Der endgültige Kaufpreisabschlag erfasst das künftige Risiko abschließend im Zeitpunkt der Abtretung und belässt beim Zedenten kein (weiteres) Risiko. Der nur vorläufige Abschlag führt hingegen dazu, dass spätere Veränderungen im Wert der Forderung zu Gunsten und zu Lasten des Zedenten wirken, was eine entsprechende wirtschaftliche Zuordnung der Forderung rechtfertigen kann.
Ein Widerspruch dieser Würdigung der "nachträglichen Kaufpreisanpassung" zu den Grundsätzen des Senatsurteils in BFH/NV 2010, 1622 besteht nicht. Dem Senatsurteil kann insbesondere nicht entnommen werden, dass der Verbleib eines Bonitätsrisikos beim Zedenten immer dann unbeachtlich sei, wenn er der "Feinregulierung" des Kaufpreises für den Forderungserwerb diene. Im Urteilsfall wurde der Verbleib eines Bonitätsrisikos vor allem deshalb verneint, weil die dort streitgegenständliche Verpflichtung des Zedenten, im Falle verspäteter Zahlung des Drittschuldners einen bestimmten Zins zu zahlen, nicht auf den Ausgleich des Erfüllungsinteresses des Zessionars hinsichtlich der erworbenen Forderung gerichtet und folglich nicht dem Bonitätsrisiko zuzuordnen war. Um einen vergleichbaren Sachverhalt geht es im Streitfall nicht.
d) Der Würdigung, dass das Bonitätsrisiko von G zu tragen war, hat G in den Streitjahren durch eine daran anschließende bilanzielle Behandlung entsprochen. G hat die Beträge auf den bei Z geführten Reservekonten als eigenes Guthaben aktiviert und Aufwandsbuchungen erst im Zeitpunkt tatsächlicher Forderungsausfälle vorgenommen.
3. Der von G für den Abtretungserlös gebildete Passivposten stellt eine Schuld i.S. von § 8 Nr. 1 GewStG 2002 dar.
Eine Schuld dient nach ständiger Rechtsprechung des BFH der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals, wenn ihr Gegenwert das Betriebskapital länger als ein Jahr verstärkt (s. z.B. Senatsurteil in BFHE 193, 416, BStBl II 2001, 722). Maßgebend sind die tatsächlichen Verhältnisse. Nicht einbezogen sind die Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs, also solche, die wirtschaftlich eng mit einzelnen bestimmbaren, nach Art des Betriebs immer wiederkehrenden und nicht die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens betreffenden Geschäftsvorfällen (= laufende Geschäftsvorfälle) zusammenhängen (s. z.B. Senatsurteil in BFHE 193, 416, BStBl II 2001, 722). Nach diesen Grundsätzen dienten die im Streitfall in Rede stehenden Verbindlichkeiten der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals der G. Ihre Laufzeit betrug mehr als 12 Monate. Es handelte sich auch nicht um solche des laufenden Geschäftsverkehrs.