Entscheidungsdatum: 08.10.2014
1. NV: Verstöße gegen die Denkgesetze oder Erfahrungssätze sind der Nachprüfung des BFH im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich entzogen.
2. NV: Es ist höchstrichterlich geklärt, dass eine Vermögensminderung auch dann auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhen und deshalb eine vGA sein kann, wenn sie zum Vorteil der Kapitalgesellschaft vom Fremdüblichen abweicht.
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, betreibt im Rahmen einer Betriebsaufspaltung ein Autohaus. Die Besitzgesellschaft verpachtete ihr u.a. den Firmenwert. Dessen Wert wurde ursprünglich mit X DM angenommen. Die jährliche Verzinsung mit 8 % floss in die Ermittlung der Jahrespacht ein. Nachdem das Besitzunternehmen mit erheblichem Aufwand ein neues Autohaus errichtet hatte, wurde der Pachtvertrag zunächst 1995 und in einem weiteren Nachtrag nochmals 1999 geändert. Hinsichtlich des Firmenwerts war bei der Festsetzung der Jahrespacht jetzt eine Verzinsung von 5 % vorgesehen. Die Höhe des Firmenwerts sollte jährlich dergestalt neu ermittelt werden, dass der durchschnittliche Gewinn oder Verlust des Besitzunternehmens der letzten drei Wirtschaftsjahre mit 15 multipliziert wird.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) erblickte in der Pachthöhe eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA). Beim Firmenwert sei von einem mit 8 % zu verzinsenden Betrag in Höhe von X DM auszugehen. Ein fremder Dritter sei nicht bereit, die Höhe der Pacht von der Gewinnentwicklung des Besitzunternehmens abhängig zu machen.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Sächsische Finanzgericht (FG) ließ die Revision in seinem Urteil vom 25. April 2013 6 K 699/10 nicht zu. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.
II. Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Die Klägerin hat Revisionszulassungsgründe i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Weise dargelegt. Soweit sie eine Verfahrensrüge erhebt, ist diese jedenfalls unbegründet.
1. a) Soweit die Klägerin unter der Zwischenüberschrift "Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung" dem FG Verstöße gegen die Logik und die Denkgesetze und eine Missachtung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Feststellungslast für das Vorliegen einer vGA vorhält, ist der Revisionszulassungsgrund der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) nicht schlüssig geltend gemacht worden.
Verstöße gegen die Denkgesetze oder Erfahrungssätze stellen in der Regel materiell-rechtliche Fehler dar und sind deshalb der Nachprüfung des BFH im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich entzogen. Sie können nur --nach erfolgter Zulassung aufgrund eines gegebenen gesetzlichen Revisionszulassungsgrundes (§ 115 Abs. 2 FGO)-- im Revisionsverfahren beanstandet werden (vgl. Senatsbeschluss vom 12. März 2014 I B 94/13, BFH/NV 2014, 890).
Im Hinblick auf das zitierte Senatsurteil vom 31. März 2004 I R 83/03 (BFHE 206, 58) hat die Klägerin es versäumt, durch die Herausarbeitung und Gegenüberstellung abstrakter Rechtssätze, auf denen die Divergenzentscheidung einerseits, das angegriffene Urteil andererseits beruhen, die Abweichung zu verdeutlichen (zu den Darlegungserfordernissen im Einzelnen vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 12. März 2014 I B 167/13, BFH/NV 2014, 1092, m.w.N.). Im Übrigen bleibt anzumerken, dass, worauf das FA zutreffend hingewiesen hat, die Vorinstanz gar keine Beweislastentscheidung getroffen hat.
b) Bei den von der Klägerin unter der Zwischenüberschrift "Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung" gemachten Ausführungen werden im Hinblick auf die Senatsurteile vom 27. März 2001 I R 27/99 (BFHE 195, 228, BStBl II 2002, 111) und vom 6. April 2005 I R 27/04 (BFH/NV 2005, 1633) ebenfalls keine Abweichungen in der gebotenen Weise durch das Herausarbeiten und Gegenüberstellen abstrakter Rechtssätze dargelegt. Vielmehr wird dort eine allgemeine Urteilskritik mit dem Fazit geübt, es liege ein grob sachlich falsches Urteil vor.
c) Sollte die Klägerin damit geltend machen wollen, die Revision sei nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen, weil ein Rechtsfehler vorliege, der geeignet sei, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen, so fehlt es ebenfalls an einer ordnungsgemäßen Darlegung. Dieser Zulassungsgrund ist nur gegeben, wenn die Entscheidung des FG schwerwiegende Rechtsfehler aufweist und deshalb objektiv willkürlich erscheint oder greifbar gesetzwidrig ist. "Schlichte" Rechtsanwendungsfehler genügen nicht. Die besonderen Umstände sind in der Beschwerdeschrift darzulegen, insbesondere der schwerwiegende Fehler, seine Offensichtlichkeit sowie seine Korrekturmöglichkeit im Revisionsverfahren (BFH-Beschluss vom 12. November 2012 III B 186/11, BFH/NV 2013, 236, m.w.N.).
Dass die angegriffene Entscheidung an einem solchen qualifizierten Fehler leidet, kann der Beschwerdebegründung nicht entnommen werden. Das FG hat, nachdem ein äußerer Fremdvergleich (Prüfung der Angemessenheit der Pacht anhand der Verhältnisse anderer Betriebe im allgemeinen Geschäftsverkehr) mit sachverständiger Hilfe aus seiner Sicht nicht durchgeführt werden konnte (dazu nachfolgend unter II.2.b der Gründe dieses Beschlusses), auf den Maßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters abgestellt (hypothetischer Fremdvergleich) und für die Bestimmung des mutmaßlichen Verhaltens dieses gedachten Geschäftsleiters die im Einzelfall gegebenen Umstände gewürdigt. In der Beschwerdebegründung wird im Wesentlichen aufgezeigt, dass sich der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter nach Auffassung der Klägerin bei der Vereinbarung der Pacht anders als vom FG angenommen verhalten hätte. Damit wird lediglich ein "schlichter" Rechtsanwendungsfehler geltend gemacht, nicht aber eine objektiv willkürliche Rechtsanwendung aufgezeigt.
2. Die Verfahrensrüge, das FG habe die gebotene Einholung eines Sachverständigengutachtens zwecks Feststellung der angemessenen Pacht unterlassen und damit seine Sachaufklärungspflicht verletzt, ist jedenfalls unbegründet und kann deshalb die Revisionszulassung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht rechtfertigen. Die Klägerin hätte diesen --vermeintlichen-- Verfahrensmangel bereits dem FG gegenüber rügen können und müssen.
a) Ein Verfahrensmangel kann nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden, wenn er eine Verfahrensvorschrift betrifft, auf deren Beachtung die Prozessbeteiligten verzichten können und verzichtet haben (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung). Zu diesen verzichtbaren Mängeln gehören auch die Verletzung der Amtsermittlungspflicht und das Übergehen von Beweisanträgen. Bei verzichtbaren Verfahrensmängeln geht das Rügerecht nicht nur durch eine ausdrückliche oder konkludente Verzichtserklärung gegenüber dem FG verloren, sondern auch durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge; ein Verzichtswille ist dafür nicht erforderlich. Der Verfahrensmangel muss in der (nächsten) mündlichen Verhandlung gerügt werden, in der der Rügeberechtigte erschienen ist; verhandelt er zur Sache, ohne den Verfahrensmangel zu rügen, obwohl er den Mangel kannte oder kennen musste, verliert er das Rügerecht (BFH-Beschluss vom 5. Juni 2013 III B 47/12, BFH/NV 2013, 1438, m.w.N.).
b) So liegt der Fall hier. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung am 29. November 2012 den Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt. Das FG hat sodann die mündliche Verhandlung vertagt und --ohne einen förmlichen Beweisbeschluss zu erlassen-- erfolglos Bemühungen unternommen, einen Sachverständigen zu finden. Der vom Landesverband Y des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes benannte Diplom-Ingenieur Z sah sich zur Begutachtung autohausspezifischer Punkte nicht in der Lage. Die Beteiligten wurden darüber in Kenntnis gesetzt. Der fachkundige Vertreter der Klägerin äußerte daraufhin in einem Schriftsatz vom 8. April 2013, dass nunmehr auch sachverständigerseits dargelegt sei, dass eine angemessene Pacht für den Sachverständigen nicht ermittelbar gewesen sei. Die Rechtsauffassung des FA sei damit nicht mehr zu halten. In dem wenig später stattfindenden Termin zur mündlichen Verhandlung am 25. April 2013, zu dem weder Zeugen noch Sachverständige geladen oder erschienen waren, verhandelte die rechtskundig vertretene Klägerin zur Sache, ohne ihren Beweisantrag zu wiederholen oder die Nichterhebung von Beweisen zu rügen. Es war für sie nach dem beschriebenen Gang der Dinge schon zu Beginn des letzten Verhandlungstermins --und nicht erst, wie von ihr geltend gemacht, bei Zugang des klageabweisenden Urteils-- ohne weiteres erkennbar, dass das FG keine Beweisaufnahme durchzuführen gedenkt.
3. Hinsichtlich der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage, ob eine vGA auch bei Formfehlern und unüblichen Gestaltungen stets nur insoweit gegeben ist, als objektiv eine Vermögensminderung oder eine verhinderte Vermögensmehrung vorliegt, hat die Klägerin einen neuerlichen Klärungsbedarf nicht substantiiert aufgezeigt.
Wie sie selbst einräumt, entspricht es der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die Abmachungen zwischen einer GmbH und ihrem Gesellschafter im Rahmen des Fremdvergleichs nicht nur ihrer Höhe nach, sondern auch ihrem Grunde nach auf ihre Fremdüblichkeit zu überprüfen. Insbesondere kann demnach eine Vermögensminderung auch dann auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhen und deshalb eine vGA sein, wenn sie zum Vorteil der Kapitalgesellschaft vom Fremdüblichen abweicht (vgl. Senatsurteile vom 19. Mai 1998 I R 36/97, BFHE 186, 226, BStBl II 1998, 689; in BFHE 195, 228, BStBl II 2002, 111; in BFH/NV 2005, 1633; Senatsbeschluss vom 1. Februar 2010 I B 118/09, BFH/NV 2010, 1127). Die Kritik von Teilen der Literatur (Streck/Schwedhelm, KStG, 8. Aufl., § 8 Rz 272; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, Anh. § 8 Rz 194; Hoffmann, Deutsches Steuerrecht 1996, 729; derselbe, Der GmbH-Steuer-Berater 2001, 333) an dieser Rechtsprechung --und damit an der Relevanz des Merkmals der Üblichkeit im System der vGA-- ist so alt wie diese Rechtsprechung selbst (vgl. zum Streitstand Senatsurteil in BFHE 186, 226, BStBl II 1998, 689). Der Senat hat die Einwendungen für nicht stichhaltig erachtet und an seiner Rechtsprechung ausdrücklich festgehalten (z.B. Senatsurteil in BFH/NV 2005, 1633, mit dem die auf der Literaturauffassung basierende Entscheidung des FG Hamburg vom 11. Februar 2004 III 250/03, Entscheidungen der Finanzgerichte 2004, 1006, aufgehoben wurde). Vor diesem Hintergrund genügt es zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage nicht, bekannte Gegenargumente der Literatur lediglich zu wiederholen. Vielmehr ist es erforderlich, neue, bislang vom BFH ungeprüfte Gesichtspunkte ins Feld zu führen (vgl. z.B. Senatsbeschlüsse in BFH/NV 2014, 1092; vom 27. Juli 2009 I B 45/09, BFH/NV 2009, 2005). Daran fehlt es im Streitfall. Die Beschwerdebegründung beschränkt sich im Wesentlichen darauf, die oben aufgeführten Literaturansichten wiederzugeben. Darüber hinaus bringt sie nichts substantiell Neues.
4. Von einer weiter gehenden Begründung wird nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.