Bundesfinanzhof

Entscheidungsdatum: 29.01.2010


BFH 29.01.2010 - I B 88/09

Pensionszusage an den "Noch-Nicht-Gesellschafter"


Gericht:
Bundesfinanzhof
Spruchkörper:
1. Senat
Entscheidungsdatum:
29.01.2010
Aktenzeichen:
I B 88/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 6. Mai 2009, Az: 12 K 8244/05 B, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

NV: Die Rechtsfrage, ob eine Pensionszusage durch das Gesellschaftsverhältnis (mit-)veranlasst ist, wenn der Zusagebegünstigte im Zeitpunkt der Zusage nicht mehr Geschäftsführer der Gesellschafterin der zusagenden Gesellschaft ist, ist nicht klärungsfähig, wenn der Begünstigte im zeitlichen Zusammenhang mit der Zusage selbst Gesellschafter der zusagenden Gesellschaft geworden ist.

Tatbestand

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I. Streitig ist der einkommens- und gewerbeertragserhöhende Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes in den Streitjahren 1999 und 2000 (Versorgungsversprechen an den Geschäftsführer).

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An der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), einer im Januar 1995 errichteten GmbH, waren zunächst zu gleichen Teilen vier Genossenschaften beteiligt. Vertretungsberechtigter Vorstand einer dieser Gesellschafterinnen war X. Mit (auf 3 Jahre befristetem) Anstellungsvertrag vom 20. Oktober 1997 wurde X als Geschäftsführer der Klägerin (zum 1. Dezember 1997) angestellt; der Vertrag sah auch eine sofort unverfallbare Altersversorgung vor. Zu diesem Versorgungsversprechen wurde am 7. Januar 1998 eine rückwirkend zum 1. Dezember 1997 geltende Vereinbarung getroffen, die sich auf einen Leistungsplan einer brancheneigenen Unterstützungskasse bezog. Entsprechenden Dotierungsanforderungen der Unterstützungskasse kam die Klägerin durch Zahlungen in 1999 und 2000 nach. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) hat X jedenfalls vor dem 28. November 2000 den Anteil an der Klägerin von seiner früheren Arbeitgeberin erworben.

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Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) versagte den Abzug des im Zusammenhang mit der Unterstützungskasse angefallenen Aufwands. Im Verfahren vor dem FG wurde in der mündlichen Verhandlung der Hinweis erteilt, dass der Sachverhalt auch unter Berücksichtigung der Beteiligungsverhältnisse gewürdigt werden könnte. Das FG wies die Klage unter einkommens- und gewerbeertragserhöhendem Ansatz einer vGA ab (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. Mai 2009  12 K 8244/05 B).

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Die Klägerin macht geltend, dass Revisionsgründe i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vorlägen. Sie beantragt, die Revision zuzulassen.

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Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde wird als unbegründet zurückgewiesen. Die von der Klägerin geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

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1. a) Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist die Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinne liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) vor, wenn die Entscheidung des konkreten Rechtsstreits von der Beantwortung einer Rechtsfrage abhängt, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit liegt (z.B. Senatsbeschluss vom 14. Oktober 2004 I B 106/04, BFH/NV 2005, 369). Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des BFH erfordert. Das ist der Fall, wenn im Einzelfall Veranlassung besteht, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (z.B. Senatsbeschluss vom 15. Juli 2005 I B 252/04, BFH/NV 2006, 67).

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b) Der Rechtsstreit hat nach diesen Maßgaben weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des BFH in einem Revisionsverfahren.

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aa) Die Klägerin hat als in einem Revisionsverfahren zu klärende Rechtsfrage zunächst bezeichnet, ob eine Versorgungszusage einer Kapitalgesellschaft an einen Geschäftsführer, der nicht Gesellschafter ist, eine vGA sei, wenn der Geschäftsführer vor seiner Bestellung zwar zeitweilig als Vorstandsmitglied eines an der Kapitalgesellschaft beteiligten Unternehmens fungiert hat, aber bereits vor dem Zeitpunkt der Versorgungszusage aus diesem Unternehmen ausgeschieden ist. Insoweit sei bisher nicht geklärt, inwieweit ein Näheverhältnis, das vor der Zusage bestanden habe, aber bereits im Zeitpunkt der Zusage beendet war, Nachwirkung haben und eine Indizwirkung (betreffend eine gesellschaftliche Veranlassung bei der Zuwendung an eine einem Gesellschafter nahestehende Person) entfalten könne. Dazu hat die Klägerin zum (insoweit vom FG nicht datumsmäßig genau festgestellten) Sachverhalt ergänzt, dass X am 16. Dezember 1997 den Geschäftsanteil an der Klägerin übernommen habe und dass X am 15. August 1997 sämtliche Ämter bei der Gesellschafterin der Klägerin niedergelegt habe.

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Auf dieser (vom FA als unstreitig bezeichneten) Sachverhaltsgrundlage ist die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage nicht klärungsfähig. Denn der Sachverhalt zeichnet sich dann dadurch aus, dass im Zeitpunkt der Zusage (Geschäftsführervertrag vom 20. Oktober 1997; Vereinbarung am 7. Januar 1998 zur Versorgung über die Unterstützungskasse) zwar ein Näheverhältnis zur Gesellschafterin der Klägerin nicht mehr bestanden hat (Ämterniederlegung am 15. August 1997), die Konkretisierung der Zusage (7. Januar 1998) aber in einen Zeitraum fiel, in dem X bereits Gesellschafter der Klägerin war, jedenfalls mit Blick auf die allgemeine Zusage (20. Oktober 1997) ein sehr enger zeitlicher Zusammenhang mit dem Erwerb der Gesellschafterstellung am 16. Dezember 1997 bestand. Insoweit kann der Gesichtspunkt einer Zuwendung an einen späteren Gesellschafter ("Noch-Nicht-Gesellschafter") eingreifen (z.B. BFH-Urteil vom 24. Januar 1989 VIII R 74/84, BFHE 156, 126, BStBl II 1989, 419; Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8 Rz 211), der ebenfalls geeignet ist, den Ansatz einer vGA zu begründen.

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bb) Die Klägerin hat als in einem Revisionsverfahren zu klärende Rechtsfrage darüber hinaus bezeichnet, ob eine mit dem Beginn der Geschäftsführertätigkeit unwiderruflich zugesagte Altersversorgung gegenüber einem Geschäftsführer, der nicht Gesellschafter sei, eine vGA sei, wenn der Kapitalgesellschaft die Qualifikation des Geschäftsführers bekannt sei, weil er bisher in dem von einer der Gesellschafterinnen betriebenen Unternehmen tätig war, auch wenn dieses Unternehmen von der Kapitalgesellschaft im Übrigen nicht übernommen wurde, sondern eigenständig weiter bestehe. Diese Frage ist --unabhängig davon, dass sie im Streitfall unter Würdigung des zeitlich unmittelbar nachfolgenden Eintritts von X als Gesellschafter zu beantworten wäre (s. II.1.b aa)-- nicht klärungsbedürftig. In der Senatsrechtsprechung ist geklärt, dass es nicht in abstrakter Weise um die berufliche Qualifikation des Zusageempfängers "als solche" geht, sondern um die Frage einer Zusageerteilung nach dem Maßstab des Handelns eines ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiters (z.B. Senatsurteil vom 23. Februar 2005 I R 70/04, BFHE 209, 252, BStBl II 2005, 882). Insoweit konnte das FG in ausreichend tragfähiger tatsächlicher Würdigung davon ausgehen, dass eine unmittelbar (ohne Probezeit) unverfallbar erteilte Versorgungszusage bei Abschluss eines zeitlich befristeten Anstellungsvertrages diesem Maßstab nicht entspricht.

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c) Es kommt auch nicht in Betracht, die Revision zuzulassen, weil mit dem Revisionsverfahren I R 19/09 eine vergleichbare Rechtssache bereits dem BFH vorliegen würde. Denn der der Rechtssache I R 19/09 zugrunde liegende Rechtsstreit ist mit dem vorliegenden Streitfall nicht vergleichbar. In dem diesem Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalt geht es um die Versorgungszusage an eine im zusagenden Unternehmen seit vielen Jahren beschäftigte Arbeitnehmerin kurze Zeit nach der Anstellung als Geschäftsführerin; das FG hat die Klage gegen den Ansatz einer vGA abgewiesen und die Revision unter dem Gesichtspunkt zugelassen, dass höchstrichterlich zu klären sei, ob und inwieweit ersparte Arbeitgeber-Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bei der Höhe der vGA im Zusammenhang mit der vor Ablauf einer angemessenen Probezeit gebildeten Pensionsrückstellung für eine dem Gesellschafter nahestehende Geschäftsführerin berücksichtigt werden müssten (FG des Saarlandes, Urteil vom 3. Dezember 2008  1 K 1377/04, Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 774).

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2. Die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) kommt nicht in Betracht. Das FG hat den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt.

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Es ist unstreitig, dass das FG den rechtlichen Hinweis, der Streitfall werde auch nach den Maßgaben des Beteiligungsverhältnisses (damit nach den Maßgaben für den Ansatz einer vGA) geprüft, in der mündlichen Verhandlung erteilt hat. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Sitzungsprotokoll, dass die mündliche Verhandlung für die Dauer von 35 Minuten unterbrochen wurde und dass die Klägerin zum Schluss der mündlichen Verhandlung einen Sachantrag gestellt hat. Aus diesen Umständen kann die Klägerin weder ableiten, dass das FG, das das klageabweisende Urteil tatsächlich auf den Rechtsgrund der vGA gestützt hat, ein Überraschungsurteil gefällt hat, noch dass das FG eine aus der Sicht der Klägerin gebotene Sachaufklärung versäumt habe. Die Klägerin hätte insoweit Gelegenheit und Anlass gehabt, auf ihren im anderen Zusammenhang im Verlauf des Verfahrens gestellten Beweisantrag (Vernehmung des X als Zeugen) --nunmehr mit Blick auf die Sachumstände im Zusammenhang mit der Annahme einer vGA-- zu verweisen und im Rahmen ihrer Antragstellung vorsorglich die Nichterhebung des Beweises zu rügen (§ 155 FGO i.V.m. § 295 Abs. 1 der Zivilprozessordnung). Da es daran fehlt, hat die Klägerin unabhängig von der Frage, ob der im Rahmen der hier vorliegenden Beschwerde nachgeholte Sachvortrag für die Entscheidung hätte rechtserheblich sein können, ihre verfahrensrechtlichen Möglichkeiten im Prozess nicht ausgeschöpft, so dass sie sich auf eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht berufen kann.