Entscheidungsdatum: 26.10.2011
1. NV: Werden Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung rückerstattet, ist nicht klärungsbedürftig, ob für eine GmbH eine arbeitsrechtliche Verpflichtung bestand, ihrem Geschäftsführer die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung steuerneutral zu erstatten.
2. NV: Verstöße gegen die Sachaufklärungspflicht können nur schlüssig dargelegt werden, wenn auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunktes des FG dargetan wird, warum eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes zu einer anderen Entscheidung geführt hätte.
3. NV: Eine vGA liegt nach der ständigen Rechtsprechung des BFH vor, wenn eine Kapitalgesellschaft an ihren beherrschenden Gesellschafter eine Leistung erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt. Diese Indizwirkung zivilrechtlich unwirksamer Vereinbarungen wird verstärkt, wenn bei klarer Zivilrechtlage Formvorschriften nicht beachtet werden (vgl. BFH-Urteil vom 13. Juli 1999 VIII R 29/97, BFHE 191, 250, BStBl II 2000, 386).
Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist --bei Zweifeln an deren Zulässigkeit-- als unbegründet zurückzuweisen. Weder kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), noch dient sie der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) oder der Sicherung der Rechtseinheit (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO); zudem liegt auch kein Verfahrensmangel vor (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
1. Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist und deren Beurteilung von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist (so z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. März 2009 VI B 105/08, BFH/NV 2009, 1140).
Wenn die Klägerin sinngemäß die Rechtsfrage formuliert, es sei zu klären, ob die Klägerin arbeitsrechtlich verpflichtet gewesen sei, ihrem Geschäftsführer die der Klägerin erstatteten Beiträge des Arbeitnehmers zur Arbeitslosenversicherung steuerneutral zu erstatten, ist diese Rechtsfrage nicht klärungsbedürftig. Denn das Finanzgericht (FG) ist offensichtlich von einem anderen Sachverhalt ausgegangen. Unter Hinweis auf einen Kontoauszug der Klägerin vom 3. Juni 1998 hat das FG festgestellt, dass es sich bei den rückerstatteten Beträgen ausschließlich um Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung handelt. Die Rechtsfrage ist damit im Hinblick auf einen Sachverhalt formuliert worden, der der Entscheidung des FG nicht zugrunde lag.
Gleiches gilt für den Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts im Grundsätzlichen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO).
2. Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sind nur Verstöße gegen das Gerichtsverfahrensrecht, die das FG bei der Handhabung seines Verfahrens begeht und die zur Folge haben, dass eine ordnungsgemäße Grundlage für die Entscheidung im Urteil fehlt (ständige Rechtsprechung; z.B. BFH-Beschlüsse vom 17. Oktober 2006 X S 5/06 (PKH), BFH/NV 2007, 94; vom 9. Januar 2006 XI B 25/05, BFH/NV 2006, 1106; vgl. auch Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 76; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 108, jeweils m.w.N.). Das FG hat im Streitfall nicht gegen die Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO verstoßen.
a) Nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das FG den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 FGO die erforderlichen Beweise zu erheben. Dabei hat es den entscheidungserheblichen Sachverhalt so vollständig wie möglich und bis zur Grenze des Zumutbaren, d.h. unter Ausnutzung aller verfügbaren Beweismittel, aufzuklären. Von den Verfahrensbeteiligten angebotene Beweise muss das FG grundsätzlich erheben, wenn es einen Verfahrensmangel vermeiden will (vgl. auch Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2005 I B 249/04, BFH/NV 2006, 780).
Verstöße gegen Verfahrensrecht führen allerdings nicht zur Zulassung der Revision, wenn der Beschwerdeführer das Rügerecht verloren hat (vgl. § 295 der Zivilprozessordnung --ZPO-- i.V.m. § 155 FGO). Die Rüge, das FG habe die Sachaufklärungspflicht verletzt, gehört zu den verzichtbaren Verfahrensrügen (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 101, m.w.N.). Das Rügerecht geht nicht nur durch eine ausdrückliche oder konkludente Verzichtserklärung gegenüber dem FG verloren, sondern auch durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge. Daher erfordert die schlüssige Rüge eines Verstoßes gegen die Sachaufklärungspflicht die Darlegung, welche konkreten Ermittlungen sich dem FG hätten aufdrängen müssen und weshalb der Kläger, obwohl er in der mündlichen Verhandlung fachkundig vertreten war, nicht von sich aus entsprechende Beweisanträge gestellt hat (vgl. § 295 ZPO i.V.m. § 155 FGO; zu den Anforderungen einer solchen Rüge BFH-Beschluss vom 9. Februar 2006 VIII B 52/05, BFH/NV 2006, 1155; vgl. auch Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 FGO Rz 70, m.w.N).
Derartige Darlegungen fehlen im Streitfall. Insbesondere wäre von der Klägerin darzulegen gewesen, warum im Zusammenhang mit der Auszahlung der Versicherungsleistung unmittelbar auf das Konto des Gesellschafter-Geschäftsführers der Klägerin auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunktes des FG --die Versicherungsleistung stand aufgrund des Versicherungsvertrages allein der Klägerin zu-- eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes zu einer anderen Entscheidung hätte führen können. Den Ausführungen der Klägerin in der Beschwerdeschrift ist hierzu nichts zu entnehmen. Letztlich wendet sich die Klägerin gegen die tatrichterliche Würdigung des FG und damit gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Derartige Einwände können jedoch nur im Rahmen einer Revisionsbegründung relevant sein.
Zudem ist dem Protokoll der mündlichen Verhandlung am 17. März 2011 nicht zu entnehmen, dass die fachkundig vertretene Klägerin entsprechende Beweisanträge gestellt hat. Gleiches gilt für den im Zusammenhang mit der erhöhten Mietzahlung für das Ladenlokal in X geltend gemachten Verfahrensmangel.
b) Soweit die Klägerin im Zusammenhang mit der Auszahlung der Versicherungsleistung eine fehlerhafte Beurteilung der Darlegungs- und Beweislast durch das FG rügt, kann ein Verfahrensmangel nicht begründet werden. Es handelt sich dabei allenfalls um einen materiell-rechtlichen Fehler, da die Regeln der Beweislast an die jeweils anzuwendenden Normen des sachlichen Rechts anknüpfen (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 82, m.w.N.). Damit wird jedoch kein Zulassungsgrund dargetan. Von vornherein unbeachtlich sind Einwände gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die nur im Rahmen einer Revisionsbegründung relevant sein können; denn das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten.
3. Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert. Eine die Rechtseinheit gefährdende Abweichung liegt nur vor, wenn das FG bei gleichem oder vergleichbarem festgestellten Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als insbesondere der BFH oder ein anderes FG. Das FG muss seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung nicht übereinstimmt (BFH-Beschluss vom 8. Februar 2010 VI B 92/09, nicht veröffentlicht; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 53, m.w.N.).
Soweit die Klägerin im Zusammenhang mit der erhöhten Mietzahlung für das Ladenlokal in X eine Divergenz zu den Urteilen des BFH vom 13. Juli 1999 VIII R 29/97 (BFHE 191, 250, BStBl II 2000, 386) und vom 12. Mai 2009 IX R 46/08 (BFHE 225, 112, BStBl II 2011, 24) erkennen will, ist dem nicht zu folgen. Das FG hat bei seiner Entscheidung keine von der Rechtsprechung des BFH abweichende Rechtsauffassung zugrunde gelegt. Ausgehend von den bindenden Sachverhaltsfeststellungen des FG (vgl. Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 118 FGO Rz 54 ff., 64 ff.) ist das FG vielmehr im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH davon ausgegangen, dass bei der Zuwendung eines Vermögensvorteils durch eine Kapitalgesellschaft an einen beherrschenden Gesellschafter eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1999 auch dann anzunehmen sein kann, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an diesen erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteil vom 8. September 2010 I R 6/09, BFHE 231, 75, m.w.N.). Diese Indizwirkung gegen einen vertraglichen Bindungswillen, die zivilrechtlich unwirksamen Vereinbarungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter für die Annahme einer vGA i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1999 beizumessen sein kann (s. z.B. Senatsurteil vom 23. Oktober 1996 I R 71/95, BFHE 181, 328, BStBl II 1999, 35; s. auch BFH-Urteil in BFHE 225, 112, BStBl II 2011, 24 zur entsprechenden Rechtslage bei sog. Angehörigenverträgen, jeweils m.w.N.), wird nach der Rechtsprechung des BFH verstärkt, wenn den Vertragspartnern die Nichtbeachtung der Formvorschriften insbesondere bei klarer Zivilrechtslage angelastet werden kann (BFH-Urteil in BFHE 191, 250, BStBl II 2000, 386). Davon ist das FG ausgegangen. Es hat deshalb die Nichtbeachtung der Formvorschriften der Klägerin angelastet. Diese Würdigung des FG kann eine Divergenz nicht begründen.