Bundesfinanzhof

Entscheidungsdatum: 11.01.2016


BFH 11.01.2016 - I B 41/15

Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung


Gericht:
Bundesfinanzhof
Spruchkörper:
1. Senat
Entscheidungsdatum:
11.01.2016
Aktenzeichen:
I B 41/15
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend FG München, 23. März 2015, Az: 7 K 386/13, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

NV: Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss der Beschwerdeführer eine konkrete abstrakte Rechtsfrage formulieren. Es genügt nicht, nur allgemein zur Klärungsbedürftigkeit eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals (hier: Finanzunternehmen gemäß § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002) vorzutragen.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 23. März 2015  7 K 386/13 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

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I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand lt. Handelsregistereintrag der Erwerb von Beteiligungen und Anlagen aller Art sowie von Immobilien ist. Seit ihrer Gründung im Jahr 1984 hatte die Klägerin sich sukzessive einen Aktienbestand im Wert von (zum 31. Dezember 2003) mehr als 21 Mio. € aufgebaut. Innerhalb des Aktienbestands nahm die Klägerin erhebliche Zu- und Verkäufe vor (2001: Zukäufe von rd. 15,8 Mio. € und Verkäufe von rd. 7,3 Mio. €; 2002: Zukäufe von rd. 10,8 Mio. € und Verkäufe von rd. 17,3 Mio. €; 2003: Zukäufe von rd. 6,4 Mio. € und Verkäufe von 11,7 Mio. €). Im Januar 2004 veräußerte die Klägerin den Großteil ihres Wertpapierbestands an ihren Alleingesellschafter. Die Klägerin war darüber hinaus langjährig an zwei weiteren GmbH und einer Beteiligungsgesellschaft beteiligt; Immobiliengeschäfte hat sie nicht getätigt.

2

In ihren für das Jahr 2002 abgegebenen Steuererklärungen bezeichnete sich die Klägerin als Finanzunternehmen i.S. des § 8b Abs. 7 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 (KStG 2002), da sie in jenem Jahr in größerem Umfang Wertpapiere erworben und veräußert habe, um einen kurzfristigen Handelserfolg zu erzielen. Die Wertpapiere hatte die Klägerin, wie schon in den Vorjahren, im Umlaufvermögen erfasst. Sie nahm infolgedessen im Jahr 2002 Teilwertabschreibungen auf die Wertpapiere vor, die der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) anerkannte.

3

In den Steuererklärungen für 2003 und 2004 (Streitjahre) bezeichnete sich die Klägerin nicht mehr als Finanzunternehmen i.S. von § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 und sah die in diesen Jahren erzielten Beteiligungserträge demzufolge als nach § 8b Abs. 1 und 2 KStG 2002 steuerfrei an. Sie reichte im Februar 2005 einen berichtigten Jahresabschluss für 2003 ein, in dem die Wertpapiere vom Umlauf- in das Anlagevermögen umgegliedert worden waren.

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Das FA sah demgegenüber die Klägerin auch für die Streitjahre als Finanzunternehmen und die erzielten Beteiligungserträge mithin als steuerpflichtig an; es erließ entsprechende körperschaft- und gewerbesteuerliche Bescheide. Die deswegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) München hat sie mit Urteil vom 23. März 2015  7 K 386/13 (abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2015, 1226) als unbegründet abgewiesen.

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Die Klägerin beantragt mit ihrer Beschwerde, die Revision gegen das FG-Urteil zuzulassen.

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Das FA beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat die Voraussetzungen der geltend gemachten Zulassungsgründe nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechend dargetan.

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1. Die Klägerin behauptet eine Divergenz des angefochtenen Urteils zu den Senatsurteilen vom 12. Oktober 2011 I R 4/11 (BFH/NV 2012, 453) und vom 26. Oktober 2011 I R 17/11 (BFH/NV 2012, 613) sowie zum Urteil des FG Hamburg vom 14. Dezember 2010  3 K 40/10 (EFG 2011, 1186). Zur Darlegung einer Divergenz (Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) ist es erforderlich, einen das FG-Urteil tragenden abstrakten Rechtssatz einem ebensolchen Rechtssatz aus der Entscheidung des anderen Gerichts in der Weise gegenüberzustellen, dass die Abweichung erkennbar wird (Senatsbeschluss vom 25. April 2007 I B 117/06, BFH/NV 2007, 1619, m.w.N.). Des Weiteren ist auszuführen, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und eine identische Rechtsfrage handelt (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Februar 2012 I B 88/11, BFH/NV 2012, 1089, m.w.N.). Dem werden die Ausführungen in der Beschwerdebegründung nicht gerecht.

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Es fehlt an einer Gegenüberstellung konkreter abstrakter Rechtssätze des angefochtenen Urteils und ebensolcher der angeblichen Divergenzentscheidungen. Die Klägerin zitiert eine längere Passage aus dem Urteil des FG Hamburg in EFG 2011, 1186 und führt sodann auf Sachverhaltsebene aus, warum aus ihrer Sicht nach diesen Grundsätzen im Streitfall die Voraussetzungen des Tatbestandsmerkmals des Ziels der kurzfristigen Erzielung eines Handelserfolgs (§ 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002) nicht gegeben sei. Auf welchen abweichenden Rechtssätzen das FG-Urteil beruhen soll, ergibt sich daraus indessen nicht.

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Soweit der beschließende Senat in seinem Urteil in BFH/NV 2012, 613 der Würdigung der dortigen Vorinstanz gefolgt ist, dass die in jenem Fall nicht zeitnah mit dem Erwerb erfolgte buchhalterische Erfassung der Aktien im Anlagevermögen keine Indizwirkung für das Fehlen der Absicht der kurzfristigen Erzielung eines Handelserfolgs hat, steht dies in keinem erkennbaren Widerspruch zu der Annahme der Vorinstanz im hiesigen Verfahren, die Erfassung der Wertpapiere im Umlaufvermögen sei maßgebliches Indiz für die Absicht der kurzfristigen Erzielung eines Handelserfolgs.

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2. Die Klägerin zeigt nicht schlüssig auf, dass die Zulassung der Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) geboten sein könnte. Zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung muss der Beschwerdeführer zunächst eine für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 26. Oktober 2010 I B 21-25/10, BFH/NV 2011, 833, m.w.N.). Schon daran ermangelt es den Ausführungen in der Beschwerdebegründung.

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a) Die Klägerin führt unter Bezugnahme auf den Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2012 I B 63/12 (BFH/NV 2013, 255) aus, die Abgrenzungsmerkmale für eine finanzunternehmerische Beteiligung bei gemischter Betätigung seien nicht abschließend geklärt. Es sei entweder nach dem zur steuerlichen Gesellschafter-Fremdfinanzierung entwickelten Maßstab der Bruttoerträge i.S. des Abschn. 76 Abs. 8 Satz 1 der Körperschaftsteuer-Richtlinien 1995 im Durchschnitt der drei vorausgegangenen Jahre oder nach einem aus dem Gesetz über das Kreditwesen abgeleiteten Maßstab nach dem Anteil der betreffenden Tätigkeit am Gesamtumsatz ggf. auch an der Bilanzsumme oder dem Eigenkapital (sog. Bilanztest) abzugrenzen. Das FG habe im angefochtenen Urteil nur auf das Verhältnis der Bruttoerträge abgestellt und keine Feststellungen zum Bilanztest oder zum Eigenkapital getroffen. Die Klägerin versäumt es indes, aus diesen Zusammenhängen eine abstrakte Rechtsfrage abzuleiten und herauszustellen, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig und klärungsbedürftig ist. Die ihrem Vorbringen zu entnehmende Aufforderung, der Senat möge klären, nach welchen Grundsätzen bei einem gemischten Unternehmen das Tatbestandsmerkmal der finanzunternehmerischen Haupttätigkeit auszulegen sei, ist keine konkrete Rechtsfrage.

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b) Entsprechendes gilt für das weitere Ansinnen der Klägerin, zu klären, wie der Begriff der "Bruttoerträge" im o.g. Zusammenhang zu definieren ist. Auch insoweit findet sich in der Beschwerdebegründung zwar die Darstellung diverser Stimmen aus Rechtsprechung, Literatur und Finanzverwaltung. Es fehlt jedoch an der Herausarbeitung und Ausformulierung einer im Streitfall erheblichen und klärungsfähigen abstrakten Rechtsfrage.

14

c) Auch soweit die Klägerin die Verfassungsmäßigkeit des § 8b Abs. 7 KStG 2002 unter Rückwirkungsgesichtspunkten in Abrede stellt, reicht ihr Vorbringen zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht aus. Ihrer Auffassung nach verstößt die Praxis der Finanzverwaltung (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 25. Juli 2002, BStBl I 2002, 712), für die Absicht der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolgs auf den Zeitpunkt des Erwerbs der Finanzinstrumente abzustellen und in die Regelung auch jene Finanzinstrumente einzubeziehen, die schon vor Veröffentlichung jenes BMF-Schreibens erworben und dem Umlaufvermögen zugeordnet worden waren, gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Es bedarf keiner Erörterung, ob die Klägerin ihre Auffassung hinreichend anhand der einschlägigen verfassungsrechtlichen Rechtsprechung erläutert hat (vgl. zu diesen Anforderungen z.B. Senatsbeschluss vom 6. November 2007 I B 88/07, BFH/NV 2008, 577, m.w.N.). Denn jedenfalls lässt die Klägerin in diesem Zusammenhang unerwähnt, dass sie nicht nur ihre Wertpapiere auch nach Bekanntwerden des BMF-Schreibens in BStBl I 2002, 712 zunächst noch im Umlaufvermögen belassen hat, sondern für den Veranlagungszeitraum 2002 die Anwendbarkeit des § 8b Abs. 7 KStG 2002 explizit für sich in Anspruch genommen und daraus steuerliche Vorteile gezogen hat. Inwiefern vor diesem Hintergrund die Anwendbarkeit der gleichen Vorschrift in den nachfolgenden Veranlagungszeiträumen schützenswertes Vertrauen der Klägerin verletzt haben könnte, hätte eingehender Erläuterung bedurft.

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3. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich kein schlüssig dargelegter Verfahrensmangel (Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Bei dem gerügten Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 des Grundgesetzes wegen angeblicher Nichtbeachtung einer der Klägerin günstigen Verwaltungsregelung im BMF-Schreiben in BStBl I 2002, 712 würde es sich nicht um einen Verfahrensmangel, sondern um einen materiell-rechtlichen Fehler handeln, der als solcher nicht zur Zulassung der Revision führt.

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4. Von einer weiter gehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.

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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.