Bundesfinanzhof

Entscheidungsdatum: 17.09.2014


BFH 17.09.2014 - I B 192/13

Anforderungen an die Darlegung einer Divergenz - hier: Rückstellungen wegen Vertragsnachbetreuung


Gericht:
Bundesfinanzhof
Spruchkörper:
1. Senat
Entscheidungsdatum:
17.09.2014
Aktenzeichen:
I B 192/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend FG Köln, 26. September 2013, Az: 13 K 1252/10, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

NV: Die Darlegung einer Divergenz erfordert nicht nur, die Benennungen zweier abstrakter und tragender Rechtssätze in den angefochtenen Entscheidung einerseits sowie der in Bezug genommenen (Divergenz-)Entscheidung andererseits. Hierzu gehört auch die Darlegung, dass es sich bei den Gründen der in Bezug genommenen Entscheidung tatsächlich um abstrakte und nicht nur um (rein) sachverhaltsbezogene Erwägungen handelt.

Tatbestand

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I. Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin), eine AG, vermittelte aufgrund von Vereinbarungen (sog. Kooperationsverträgen), die z.B. mit Banken, Sparkassen und den X-Versicherungen --den sog. Kooperationspartnern-- geschlossen worden waren, Unternehmensfinanzierungen. Die Endkunden hatten die Provisionen an die X-Versicherungen zu leisten, die diese wiederum zu einem Drittel an die Klägerin weiterleiteten. In fast allen Kooperationsverträgen war die Klägerin nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) zur "Betreuung der Firmenkunden während der gesamten Laufzeit" verpflichtet. Für den hierdurch bedingten Aufwand bildete sie zum Ende der Streitjahre (2004 bis 2006) Rückstellungen, die der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) nicht anerkannte. Zudem ging das FA im Hinblick auf die den Gesellschafter-Geschäftsführern der Klägerin (A und B) gewährten Provisionen von verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA) aus. Die Klage hatte ganz überwiegend Erfolg; die Revision wurde vom FG nicht zugelassen (FG Köln, Urteil vom 26. September 2013  13 K 1252/10).

Entscheidungsgründe

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II. Die hiergegen erhobene Beschwerde ist zu verwerfen, da sie nicht den Anforderungen an die Darlegung der in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten Gründe für eine Revisionszulassung genügt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

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1. Dies gilt zum einen für die vom FA erhobenen Rügen im Zusammenhang mit den durch das FG gebilligten Rückstellungen betreffend die Nachbetreuung der vermittelten Versicherungsverträge.

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a) Der Vortrag, der Rechtssache komme deshalb grundsätzliche Bedeutung zu, weil es der Klärung bedürfe, ob die gebotene Abzinsung der Rückstellungen für den Nachbetreuungsaufwand unterjährig vorzunehmen sei (Interpolation), ist unsubstantiiert. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) erfordert, dass die Rechtsfrage konkret dargestellt und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit unter Auseinandersetzung mit den in der Rechtsprechung sowie im Schrifttum vertretenen Meinungen dargelegt wird (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 32, m.w.N.). Dem genügt die Beschwerdeschrift nicht (vgl. zur Abzinsung auch Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Februar 2014 III R 14/11, BStBl II 2014, 675).

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b) Unsubstantiiert sind ferner die vom FA erhobenen Divergenzrügen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 2 FGO).

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aa) Soweit das FA hierzu vorträgt, die Annahme der Vorinstanz, nach der die Klägerin zur Nachbetreuung rechtlich verpflichtet gewesen sei, weiche von der Rechtsprechung des BFH sowie mehrerer FG ab, lassen die Ausführungen nicht erkennen, dass das vorinstanzliche Urteil auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der mit einem gleichfalls abstrakten Rechtssatz in einer der in Bezug genommenen Entscheidungen nicht vereinbar ist (vgl. hierzu allgemein Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 42, m.w.N.). Hinzu kommt, dass die vom FG vertretene Beurteilung auf einer Würdigung der von der Klägerin geschlossenen Verträge (Kooperationsvereinbarungen) beruht und eine solche Vertragsauslegung zu den tatsächlichen Feststellungen gehört, an die das Revisionsgericht grundsätzlich gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO). Demgemäß sind Einwände gegen eine solche Würdigung im Regelfall auch nicht geeignet, die Revision zu eröffnen (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 82).

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bb) Gleichfalls nicht substantiiert ist des Weiteren der Vortrag, das FG sei von der Rechtsprechung des BFH abgewichen, nach der Rückstellungen wegen Erfüllungsrückstands nur im Rahmen gegenseitiger Leistungsbeziehungen gebildet werden dürfen; im Streitfall seien hingegen die Provisionen von den Versicherungsunternehmen geleistet worden; ob die Klägerin diesen Gesellschaften gegenüber zur Nachbetreuung der Kunden verpflichtet gewesen sei, habe die Vorinstanz --so das FA-- nicht festgestellt. Auch diese Ausführungen sind erkennbar nicht geeignet, die Revision zuzulassen. So wird zum einen im Ausgangspunkt nicht deutlich, ob die Behauptung des FA, Rückstellungen für Erfüllungsrückstände könnten nur für die gegenüber dem jeweiligen Vertragspartner erbrachten Leistungen gebildet werden, auf einem vom BFH entwickelten abstrakten Rechtssatz beruht oder ob er nur Gegenstand der sachverhaltsbezogenen Ausführungen des BFH war (s. hierzu z.B. BFH-Urteil vom 28. Juli 2004 XI R 63/03, BFHE 207, 205, BStBl II 2006, 866; zu mehreren Verträgen s. demgegenüber BFH-Urteile in BStBl II 2014, 675: Handelsvertreter eines Versicherungsmaklers; vom 12. Dezember 2013 X R 25/11, BFHE 244, 309, BStBl II 2014, 517: Untervertreter). Hinzu kommt, dass aus den Erläuterungen des FA nicht deutlich wird, weshalb die Klägerin gegenüber ihren Kooperationspartnern nur zur Nachbetreuung der Versicherungsverträge verpflichtet gewesen sein sollte, ohne dass ihr im Gegenzug zumindest ein Anspruch auf Teilhabe an den von den Versicherungsunternehmen an die X-Versicherungen geleisteten Provisionen zugestanden hätte. Nimmt man aber Letzteres an, so wäre bereits der einzelne Kooperationsvertrag im Sinne der Ansicht des FA als gegenseitige Vertragsabrede zu werten; er könnte demgemäß bereits für sich genommen Grundlage einer Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands sein.

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2. Unschlüssig ist zum anderen der Vortrag, das vorinstanzliche Urteil weiche i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 2 FGO im Hinblick auf die Anerkennung des Betriebsausgabenabzugs für die A und B gewährten Provisionen von der ständigen Rechtsprechung des BFH ab, nach der Umsatzprovisionen für Gesellschafter-Geschäftsführer grundsätzlich als vGA zu beurteilen sind. Letzteres ist zwar zutreffend (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. Oktober 2010 I B 70/10, BFH/NV 2011, 301; vom 2. April 2008 I B 208/07, Zeitschrift für Steuern und Recht 2008, R 601, juris; ausführlich Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8 Rz 1273; Streck/Schwedhelm, KStG, 8. Aufl., § 8 Anh Rz 310). Der Vortrag lässt jedoch unberücksichtigt, dass das FG sich der vorgenannten Rechtssprechungsgrundsätze bewusst war; es hat jedoch deren Geltung im Streitfall deshalb verneint, weil es die Leistungen der Klägerin nicht als Umsatzprovisionen, sondern als Provisionszahlungen für die "Vermittlung von ... Versicherungen" eingestuft, die --so das FG weiter-- "konkrete Vermittlungsleistungen widerspiegeln". Die Annahme einer Divergenz i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 2 FGO --d.h. eine Abweichung im Hinblick auf die der Entscheidung zugrunde liegenden abstrakten Rechtssätze-- kommt demnach nicht in Betracht. Die Revision kann --mit Rücksicht auf die Rechtsauffassung des FG zum Nichtvorliegen einer vGA-- auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zugelassen werden, da das FA es insoweit versäumt hat, sich substantiiert mit der Frage auseinandersetzen, ob entgegen seiner Einschätzung die vom BFH zu Umsatzprovisionen entwickelten Grundsätze gleichermaßen für die im Streitfall nach der Vertragsauslegung des FG zu beurteilenden Vertragsvermittlungsprovisionen zum Tragen kommen.

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3. Im Übrigen sieht der Senat von einer Begründung dieses Beschlusses ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.