Entscheidungsdatum: 30.11.2011
NV: Es besteht kein Klärungsbedürfnis für die Rechtsfrage, ob es sich bei dem Gegenstand der Beteiligungsveräußerung im Rahmen des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG um Anteile handeln kann, die erst im Zuge einer "Ausstattung" (verbindliches Grundstücks-Kaufangebot) einen den Verkaufspreis entsprechenden wirtschaftlichen Wert erlangt haben.
I. Streitig ist die Steuerpflicht eines Veräußerungserlöses (Beteiligungsveräußerung) auf der Grundlage des § 8b Abs. 7 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002) im Streitjahr 2006.
Alleingesellschafter der im April 2006 errichteten Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), einer GmbH mit dem Unternehmensgegenstand der Verwaltung eigenen Vermögens, war seit dem Anteilserwerb am 9. Juni 2006 X. Die Klägerin, die davor als sog. Vorratsgesellschaft ohne eigene Geschäftstätigkeit diente, erwarb sodann am selben Tag eine Beteiligung an der --zunächst (ebenfalls) als Vorratsgesellschaft errichteten und bisher ohne Geschäftstätigkeit gebliebenen-- Y-GmbH gemeinsam mit einer anderen Gesellschaft im Umfang von 23,7/25 des Kapitals (von 25.000 €); Unternehmensgegenstand dieser GmbH war der An- und Verkauf sowie die Vermietung und Verwaltung von Wohnbestand. Mit Vertrag vom 30. Juni 2006 veräußerte die Klägerin diese Beteiligung an eine Gesellschaft mit Sitz in Luxemburg (Kaufpreis: 7.584.000 €). Zuvor war gegenüber der Y-GmbH ein notarielles Kaufangebot über umfangreichen Grundbesitz abgegeben worden, zu deren Annahme diese sich im Zuge der Anteilsübertragung gegenüber der Anteilserwerberin verpflichtet hatte. Die Geschäftstätigkeit der Klägerin im weiteren Verlauf des Wirtschaftsjahres beschränkte sich auf die Verwaltung des im Zuge der Beteiligungsveräußerung erzielten Vermögens (Anlage in festverzinsliche Kapitalanlagen).
Die Klägerin ging im Rahmen ihrer Steuererklärungen davon aus, dass der aus der Beteiligungsveräußerung erzielte Veräußerungsgewinn (7.556.781 €) steuerfrei sei, und berücksichtigte diesen Betrag --gemindert um nicht abziehbare Ausgaben-- einkommens- und gewerbeertragsmindernd. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte demgegenüber die Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag des Streitjahres unter Hinweis auf § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 fest, ohne den Veräußerungsgewinn von der Steuer freizustellen. Im Einspruchsverfahren kam es durch den Ansatz von Rückstellungsbeträgen zu einer Herabsetzung der Festsetzungen auf 1.653.358 € (Körperschaftsteuer) bzw. auf 330.670 € (Gewerbesteuermessbetrag). Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos (Finanzgericht --FG-- München, Außensenate Augsburg, Urteil vom 7. Juni 2011 6 K 1932/09).
Die Klägerin beantragt unter Hinweis auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet. Die von der Klägerin geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
1. Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) kommt nicht in Betracht.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützt, muss dargelegt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsfrage beruht, deren Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, die zudem klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig ist. Dazu ist eine allgemeine Rechtsfrage zu formulieren. Deren Bedeutung für die Allgemeinheit muss substantiiert und konkret dargetan werden. Dazu gehört u.a. auch eine Auseinandersetzung mit zu dieser Frage vertretenen Auffassungen in Rechtsprechung, Schrifttum und veröffentlichten Äußerungen der Verwaltung (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Juni 2008 VII B 61/08, BFH/NV 2008, 1708; vom 4. März 2011 III B 166/10, BFH/NV 2011, 1007). Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerde nicht.
Die bisher höchstrichterlich noch nicht entschiedene Streitfrage zur Qualifizierung einer "Haupttätigkeit" im Zusammenhang mit dem personellen Anwendungsbereich des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 ist in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, wenn sich --wie nach den Feststellungen des FG im Streitfall-- die "operative Tätigkeit (der Klägerin) im Zeitraum ab der Gesellschaftsgründung bis zum 30. Juni 2006" (dem Verkaufstag) in dem Erwerb und dem zeitnah erfolgten Verkauf einer einzigen Beteiligung erschöpfte. Denn dann hat die Klägerin im Streitjahr ausschließlich eine finanzunternehmerische Tätigkeit ("Erwerb von Beteiligungen") ausgeübt, wobei insoweit auch die Durchführung eines Geschäfts ausreicht (s. z.B. Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2010 I B 82/10, BFH/NV 2011, 69, unter Hinweis auf FG Hamburg, Beschluss vom 17. August 2009 5 K 275/09, juris). Die Bewertung einer anderen --nicht finanzunternehmerischen-- Tätigkeit ist dann im konkreten Streitfall, um den es ungeachtet der Erörterung der Streitfrage in der Fachliteratur und einer finanzgerichtlichen Revisionszulassung in einem anderen Fall (Urteil des FG Hamburg vom 14. Dezember 2010 3 K 40/10, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2011, 1186) geht, nicht entscheidungserheblich.
Ein Klärungsbedürfnis fehlt, soweit die Klägerin der Frage grundsätzliche Bedeutung beimisst, zu welchem Zeitpunkt maßgeblich ist, ob der Steuerpflichtige ein Finanzunternehmen betreibt. Denn nach dem Gesetzeswortlaut des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 geht es um den Anteilserwerb durch Finanzunternehmen; die persönliche Voraussetzung (Qualifizierung als Finanzunternehmen) muss daher im Erwerbszeitpunkt erfüllt sein. Davon ist das FG im angefochtenen Urteil ersichtlich ausgegangen, wenn es einen dem Satzungszweck entsprechenden Anteilserwerb als Gegenstand der "operativen Tätigkeit" der Klägerin gewürdigt und --wenn auch im Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal des Erwerbs in Eigenhandelsabsicht-- aus dem gesamten erkennbaren Ablauf auf eine planmäßige Gestaltung vom Anteilsankauf bis zum Anteilsverkauf gesprochen hat.
Darüber hinaus fehlt ein Klärungsbedürfnis, soweit die Klägerin die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam hält, ob der personelle Anwendungsbereich des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 nur dann erfüllt ist, wenn (für das Merkmal des Beteiligungserwerbs) eine Mehrzahl von Geschäften getätigt wurde. Auch wenn der Gesetzeswortlaut auf "Anteile" Bezug nimmt, wird damit --ebenfalls wie mit der entsprechenden Formulierung in Satz 1 der Vorschrift-- nur auf den sachlichen Anwendungsbereich der Norm verwiesen; die persönliche Voraussetzung ist abschließend durch den Terminus "Finanzunternehmen ..." beschrieben.
Auch das Merkmal der Absicht eines kurzfristigen Eigenhandelserfolges ist in seinem Zeitbezug nicht in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftig. Das FG hat insoweit zu Recht auf einen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Anteilskauf (im Streitfall: 9. Juni 2006) und Anteilsverkauf (30. Juni 2006) verwiesen, der von einem bestimmten Ablaufplan getragen war.
2. Eine Zulassung der Revision wegen Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) kommt nicht in Betracht.
Eine die Rechtseinheit gefährdende Rechtsprechungsdivergenz liegt nur vor, wenn das FG bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als u.a. der BFH oder ein anderes FG. Das abweichende Gericht muss seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung nicht übereinstimmt (BFH-Beschlüsse vom 12. Oktober 2006 VI B 154/05, BFH/NV 2007, 51; vom 19. April 2010 IV B 38/09, BFH/NV 2010, 1489).
Das angefochtene Urteil weicht nicht in diesem Sinne von dem von der Klägerin angeführten Urteil des FG Hamburg in EFG 2011, 1186 ab. Soweit die Klägerin darauf verweist, dass "im streitigen Urteil ... entgegen der Auffassung des Finanzgerichts Hamburg trotz der gegebenen Feststellungslast keine Absicht zur Erzielung eines Eigenhandelserfolges festgestellt, sondern nur 'unter Würdigung aller erkennbaren Umstände' die Absicht unterstellt, aber nicht nachgewiesen (wurde)", liegt darin jedenfalls keine Divergenz in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage. Die Klägerin rügt auf diese Weise allenfalls eine sachunangemessene Tatsachenwürdigung des FG und damit einen materiell-rechtlichen Fehler im angefochtenen Urteil.
Ebenfalls liegt keine Divergenz darin, dass im angefochtenen Urteil der Beteiligungsbegriff (betr. die Y-GmbH) als erfüllt angesehen wurde, im Urteil des FG Hamburg in EFG 2011, 1186 hingegen auf der Grundlage einer kreditwesenrechtlichen Interpretation jedenfalls solche Anteile (im Streitfall: Aktien) aus dem Begriff der "Beteiligung" ausgenommen wurden, deren Erwerb unter rein finanziellen Gesichtspunkten erfolgte (günstige Geldanlage nach dem zu erwartenden Kursverlauf: Zuordnung durch das FG zu den ebenfalls tatbestandsrelevanten kreditwesenrechtlichen sog. Finanzinstrumenten). Denn insoweit liegt angesichts der Feststellung des FG, "der gesamte erkennbare Ablauf ... (spreche) für eine planmäßige Gestaltung vom Anteilsankauf bis zum Anteilsverkauf, einschließlich der zwischenzeitlichen Maßnahmen zur Erhöhung des Werts der Anteile", kein vergleichbarer Sachverhalt vor.
3. Auch eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO kommt nicht in Betracht.
Die Klägerin hat vorgetragen, dass sich das FG zu einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 bzw. zu einzelnen Streitfragen im Zusammenhang mit den Tatbestandsvoraussetzungen nur eingeschränkt bzw. überhaupt nicht geäußert habe (keine Feststellung zur "Haupttätigkeit", zur Nichtbeachtung einer bindenden Verwaltungsvorschrift, zum Vorliegen von "Beteiligungen", zur Kurzfristigkeit, zum Begriff "Finanzunternehmen"). Damit macht sie, ohne sich ausdrücklich darauf bezogen zu haben, i.S. des § 119 Nr. 6 FGO geltend, dass die angefochtene Entscheidung insoweit verfahrensfehlerhaft nicht mit Gründen versehen ist.
Die geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor. Das FG hat im angefochtenen Urteil alle streiterheblichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 erörtert und den unstreitigen Sachverhalt auf dieser Grundlage subsumiert. Soweit es dabei z.B. unter Hinweis auf die "erkennbare operative Tätigkeit im Zeitraum ab der Gesellschaftsgründung" --die als finanzunternehmerisch qualifiziert wurde-- ausgeführt hat, dass es auf "Kriterien zur Qualifizierung als 'Haupttätigkeit' ... nicht (ankommt)" und damit auch die Kriterien des von der Klägerin zitierten Verwaltungsschreibens nicht streiterheblich seien (Seite 9 f. des Urteilsabdrucks), waren weitere Ausführungen in diesem Zusammenhang entbehrlich. Auf Gesichtspunkte, die nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts nicht entscheidungserheblich sind, muss in den Entscheidungsgründen nicht näher eingegangen werden. Der Umstand, dass das Gericht aus der Sicht der Klägerin einen unzutreffenden Rechtsstandpunkt eingenommen und daher die Erörterung weiterer Fragen unterlassen hat, führt nicht zu einem Verfahrensmangel.