Bundesfinanzhof

Entscheidungsdatum: 09.10.2013


BFH 09.10.2013 - I B 100/12

Verdeckte Gewinnausschüttung: Prüfung der Angemessenheit eines GmbH-Geschäftsführergehalts bei Bestellung mehrerer Gesellschafter-Geschäftsführer


Gericht:
Bundesfinanzhof
Spruchkörper:
1. Senat
Entscheidungsdatum:
09.10.2013
Aktenzeichen:
I B 100/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Finanzgericht des Saarlandes, 10. Mai 2012, Az: 1 K 1182/10, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

NV: Da sich die - im Rahmen eines externen Fremdvergleichs ermittelte - Angemessenheit der Geschäftsführervergütung regelmäßig auf die Gesamtgeschäftsführung bezieht, sind bei Bestellung mehrerer Gesellschafter-Geschäftsführer insbesondere bei sog. kleineren GmbH ggfs. Vergütungsabschläge vorzunehmen, die auch von den Unterschieden in den Aufgabenstellungen abhängen (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung) .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine im April 2001 gegründete GmbH, erbringt Ingenieurdienstleistungen. Sie beschäftigte in den Streitjahren (2002 bis 2004) neben den beiden alleinvertretungsberechtigten Gesellschafter-Geschäftsführern A und B vier Mitarbeiter (einen Ingenieur, zwei technische Zeichner und eine Halbtagskraft zur Erledigung von Verwaltungsarbeiten). Die Geschäftsführer erhielten in den Streitjahren neben dem Festgehalt (Monatsgehalt, Weihnachts- und Urlaubsgeld) eine Tantieme in Höhe von 25 % des Jahresüberschusses vor Körperschaftssteuer (Ertragsteuer). Zudem stand ihnen ein PKW auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. Die Gesamtbezüge beider Gesellschafter beliefen sich auf --jeweils-- 117.680 € (2002), 146.550 € (2003) sowie 179.116 € (2004). Dem lagen Umsatzerlöse der Klägerin in Höhe von 609.654 € (2002), 732.856 € (2003) sowie 853.497 € (2004) zugrunde. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) ging mit Rücksicht auf die Größe der Klägerin und den geringen auf die Geschäftsführung entfallenden Arbeitsaufwand für sämtliche Streitjahre von einer angemessenen Gesamtausstattung in Höhe von jeweils 235.586 € aus und nahm im Übrigen verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) an. Die Einsprüche gegen die Änderungsbescheide blieben ebenso wie die Klage ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte hierzu u.a. aus, dass mit der Klägerin vergleichbare Kapitalgesellschaften üblicherweise nur einen Geschäftsführer hätten und im Streitfall die Geschäftsführungsaufgaben nicht aufgeteilt worden seien, sondern A und B in großem Umfang Dienstleistungen erbracht hätten, die typischerweise angestellten Ingenieuren oblägen. Was die Bestimmung der fremdüblichen Gesamtausstattung anbelangt, hat die Vorinstanz im Rahmen des sog. externen Betriebsvergleichs auf eine Gehaltsstrukturuntersuchung zurückgegriffen; das FG hat hierbei offen gelassen, ob mit Rücksicht auf die Verhältnisse des Streitfalls die fremdübliche Vergütung nach dem Medianwert (106.178 €) oder dem Wert des oberen Quartils (135.642 €) zu bestimmen sei. Dies könne deshalb offen bleiben, weil jedenfalls mit Rücksicht auf die Geschäftsführerstellung beider Gesellschafter ein Gehaltsabschlag von 25 % angemessen und demnach auch bei Ansatz des höheren Ausgangswerts (oberes Quartil) das angemessene Gesamtgehalt 203.463 € (= 75 % aus 2 x 135.642 €) nicht habe überschreiten dürfen. Ein Gehaltszuschlag mit Rücksicht darauf, dass die Geschäftsführer die Arbeiten von angestellten Kräften übernommen und hierbei "Umsatz gemacht" hätten, sei deshalb nicht gerechtfertigt, weil die eigentlichen Geschäftsführungsaufgaben von (absolut) untergeordneter Bedeutung gewesen seien. Dem Umstand, dass der Grund für die Annahme einer vGA maßgeblich aus der variablen Vergütung resultiere, führe zu keiner anderen Beurteilung, da die neben der ohnehin schon beachtlichen Festvergütung getroffene Tantiemevereinbarung --aufgrund des Fehlens einer Vergütungshöchstgrenze-- einem Fremdvergleich nicht standhalte. Das FG hat die Revision nicht zugelassen (FG des Saarlandes, Urteil vom 10. Mai 2012  1 K 1182/10).

Entscheidungsgründe

2

II. Die hiergegen erhobene Beschwerde ist zu verwerfen, da sie nicht den Anforderungen an die Darlegung der in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten Gründe für die Zulassung der Revision genügt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

3

1. Die Revision ist weder zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wegen Vorliegens einer Divergenz i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen. Der hierauf gerichtete Vortrag der Klägerin, dass nach Ansicht der Vorinstanz die Übernahme von Arbeiten angestellter Arbeitnehmer niemals zu einem Zuschlag auf das Geschäftsführergehalt führen könne und das FG damit von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (Senatsurteil vom 4. Juni 2003 I R 38/02, BFHE 202, 500, BStBl II 2004, 139) abgewichen sei, ist unschlüssig.

4

a) Dem Vorbringen kann der Tatbestand einer Divergenz i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO nicht entnommen werden. Hierfür wäre erforderlich gewesen, dass in der Beschwerdeschrift abstrakte und tragende Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils sowie der benannten Entscheidung des BFH so gegenüber gestellt werden, dass eine Abweichung erkennbar wird. Dem wird vorliegend nicht genügt.

5

b) Der Vortrag der Klägerin ist zum anderen auch mit Rücksicht auf die begehrte Revisionszulassung zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) unschlüssig. Die Klägerin hat insoweit nicht beachtet, dass das FG von der Rechtsprechung des BFH ausgegangen ist, nach der sich die --im Rahmen eines externen Fremdvergleichs ermittelte-- Angemessenheit der Geschäftsführervergütung regelmäßig auf die Gesamtgeschäftsführung bezieht und bei Bestellung mehrerer Gesellschafter-Geschäftsführer insbesondere bei sog. kleineren GmbH ggf. Vergütungsabschläge vorzunehmen sind, die auch von den Unterschieden in den Aufgabenstellungen abhängen. Ebenso hat das FG beachtet, dass in Ausnahmefällen Gehaltszuschläge gerechtfertigt sein können und die gebotene Einzelfallbetrachtung es ausschließt, die vereinbarten Vergütungen pauschal durch Vergleichswerte zu ersetzen (Senatsbeschluss vom 24. Oktober 2006 I B 138/05, juris; Senatsurteil in BFHE 202, 500, BStBl II 2004, 139; Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8 Rz 812 ff.). Demgemäß wären substantiierte Darlegungen dazu erforderlich gewesen, aus welchen Gründen der Streitfall Anlass geben könnte, die vorstehenden Grundsätze fortzuentwickeln. Ob die hierauf beruhenden Erwägungen des FG im Einzelfall zu einem inhaltlich zutreffenden Ergebnis geführt haben, kann im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht überprüft werden (Senatsbeschluss vom 9. Februar 2011 I B 111/10, BFH/NV 2011, 1396). Hierauf zielende (einfachrechtliche) Einwände sind weder geeignet, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darzulegen (Senatsbeschluss vom 24. Oktober 2006 I B 138/05, juris), noch können sie die Revision zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) eröffnen.

6

2. Unschlüssig ist ferner die Rüge, die Revision sei gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO wegen Vorliegens eines sog. qualifizierten Rechtsanwendungsfehlers zuzulassen.

7

Substantiierte Anhaltspunkte dafür, dass dem FG --im Rahmen der gebotenen Einzelfallwürdigung-- bei der Bestimmung der angemessenen Geschäftsführervergütung ein qualifizierter Rechtsanwendungsfehler unterlaufen ist, d.h. das vorinstanzliche Urteil auf willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Erwägungen beruht (vgl. hierzu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 68 ff.), sind der Beschwerdeschrift nicht zu entnehmen. Entgegen dem Vortrag kann ein solcher Rechtsverstoß auch nicht darin gesehen werden, dass das FG die Angemessenheitsprüfung nicht auf den Zeitpunkt der Gehaltsvereinbarung, sondern rückschauend vorgenommen habe. Die Klägerin hat insoweit außer Acht gelassen, dass die Vorinstanz auch insoweit nach den Grundsätzen der Rechtsprechung verfahren ist und auf die Umstände zum Zeitpunkt der Zusage abgestellt hat. Allerdings hat es den Verzicht auf eine Begrenzung des Tantiemeanspruchs als nicht fremdüblich angesehen und hierbei berücksichtigt, dass "offenbar auch die Klägerin von steigenden Gewinnen" ausgegangen ist.