Entscheidungsdatum: 18.07.2011
Zur Zurückzahlung der Beschwerdegebühr nach einem Zurückweisungsbeschluss in einem langwierigen Prüfungsverfahren mit unterschiedlicher Würdigung von Rechtsfragen in einer Anhörung.
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2005 009 797.9-21
…
hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 18. Juli 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Pontzen sowie der Richter Dipl.-Ing. Bork, Paetzold und Dipl.-Ing. Reinhardt
beschlossen:
1. Das Beschwerdeverfahren hat sich in der Hauptsache erledigt.
2. Der Antrag auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.
I.
Der Anmelder hat am 3. März 2005 eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung
"Bootsanhänger"
eingereicht. Mit Beschluss vom 4. November 2008 hat die Prüfungsstelle für Klasse B 60 P des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung wegen unzulässiger Erweiterung zurückgewiesen.
Gegen diesen Zurückweisungsbeschluss richtet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde. Außerdem hat er den Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr gestellt.
Auf die Mitteilung des Senats vom 23. November 2010, die Beschwerde habe sich mangels Zahlung der Jahresgebühr erledigt, erklärte der Anmelder mit Schreiben vom 25. November 2010, er bitte um Entscheidung über seinen Antrag auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr. Hierzu hat er vorgetragen, dass die Erhebung der Beschwerde bei ordnungsgemäßer und angemessener Sachbehandlung durch die Prüfungsstelle entbehrlich gewesen sei. Der Prüfer habe in drei Prüfungsbescheiden die Beanstandungen ständig ausgeweitet und auch in der abschließenden Anhörung keine sachdienliche Lösung aufgezeigt, sondern daran festgehalten, dass zur räumlichen Zuordnung zwischen dem Kiel des Bootes und den Kielrollen des Anhängeraufbaues nicht das Wort „aufsitzend“, sondern „aufsetzend“ zu verwenden sei. Nachdem der Anmelder zur Vermeidung einer „Offenbarungsdiskussion“ die entsprechende Passage im Anspruch gestrichen habe, sei die Anmeldung wegen unzulässiger Erweiterung zurückgewiesen worden.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Die Beschwerde hat sich in der Hauptsache erledigt. Denn nachdem der Anmelder die letzte Jahresgebühr für seine Patentanmeldung nicht gezahlt hat, greift die gesetzliche Fiktion des § 58 Abs. 3 PatG ein, wonach in diesem Fall die Anmeldung als zurückgenommen gilt. Damit ist das Erteilungsbeschwerdeverfahren gegenstandslos (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl. 2008, § 73 Rdn. 190).
2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist weiterhin zulässig; auch die Rücknahme der Anmeldung aufgrund einer Erklärung oder der gesetzlichen Fiktion des § 58 Abs. 3 PatG steht ihm nicht entgegen (vgl. Schulte a. a. O. § 80 Rdn. 113 m. w. N.).
Für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr gem. § 80 Abs. 3 PatG besteht im vorliegenden Fall jedoch kein Anlass. Sie ist nur dann gerechtfertigt, wenn es aufgrund von besonderen Umständen nicht der Billigkeit entspricht, die Gebühr einzubehalten (vgl. Benkard, Patentgesetz und Gebrauchsmustergesetz, 10. Aufl. 2006, § 80 PatG, Rdn. 21 u. 25; Schulte, Patentgesetz, 8. Aufl. 2008, § 73, Rdn. 124). Dies ist bei besonders schweren Verfahrensfehlern der Fall oder wenn bei ordnungsgemäßer Sachbehandlung der Erlass eines Zurückweisungsbeschlusses nicht in Betracht gekommen wäre.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Ein solcher Verfahrensfehler wie die Verletzung rechtlichen Gehörs ist weder vorgetragen noch sonst wie ersichtlich. Insbesondere hatte der Anmelder im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt ausreichend Gelegenheit, sich zu äußern.
Ob eine fehlerhafte Sachbehandlung vorliegt, welche die Erhebung der Beschwerde verursacht hat, wie der Anmelder meint, ist jedenfalls nicht von vornherein festzustellen, zumal nicht jede Ungereimtheit, auf welche die Erhebung einer Beschwerde gestützt wird, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigt. Vielmehr kommt dies nur bei offensichtlicher bzw. völlig fehlerhafter Sachentscheidung in Betracht (vgl. Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 6. Aufl. 2003, § 80 Rdn. 125; Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz/Urheberrecht/Medienrecht, 2. Aufl. 2011, § 80 PatG, Rdn. 12). Hier hat sich der Anmelder im Wesentlichen dagegen gewandt, dass die Prüfungsstelle das Verfahren sehr langwierig betrieben habe und in der Anhörung keine zielführende Lösung angestrebt habe.
Nach der Aktenlage konnte der Senat keine unsachgemäße Sachbehandlung feststellen. Die mehrfache Nachbeanstandung ist nicht ungewöhnlich und auch nicht von vornherein als Verstoß gegen die Verfahrensökonomie zu bemängeln. Auch darf es der Prüfungsstelle nicht verwehrt sein, einen Zurückweisungsbeschluss zu erlassen, wenn in der Anhörung keine gewährbare Fassung der Patentansprüche erarbeitet werden kann. Sowohl die Frage, ob der Patentanspruch nur mit dem Wort „aufsetzend“ anstelle von „aufsitzend“ gewährbar sei, als auch die Frage, ob die Streichung des auf die Kielrollen gerichteten Merkmals zulässig sei, betreffen Rechtsfragen, die in der Anhörung unterschiedlich gewürdigt worden sind. Allein eine, wie der Anmelder meint, unrichtige Beurteilung durch die Prüfungsstelle, sei es zur Patentfähigkeit, zur Zulässigkeit von Patentansprüchen oder zu anderen entscheidungserheblichen Fragen, bietet jedoch keinen Grund für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr (vgl. Schulte a. a. O., § 73 Rdn. 130 m. w. N.). Dass der Zurückweisungsbeschluss gegen eine gefestigte Rechtsprechung oder Amtspraxis verstößt, hat der Anmelder nicht geltend gemacht und ist auch so nicht ohne Weiteres ersichtlich.
Nach alledem konnte der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr keinen Erfolg haben.