Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 23.05.2012


BPatG 23.05.2012 - 9 W (pat) 39/10

Patentbeschwerdeverfahren – Anmeldezeitpunkt – Nachweismöglichkeiten bei Faxübersendung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
9. Senat
Entscheidungsdatum:
23.05.2012
Aktenzeichen:
9 W (pat) 39/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2008 003 109.7

hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. Mai 2012 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Ing. Pontzen und die Richter Dipl.-Ing. Bork, Paetzold und Dr.-Ing. Dipl. Wirt.-Ing. Weber

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Sache wird zur Weiterführung des Prüfungsverfahrens mit dem Anmeldetag 1. Januar 2008 an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Die Anmelderin hat, vertreten durch ihre Verfahrensbevollmächtigten, das Streitpatent mit der Bezeichnung

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VCR-Gelenkwellenabtrieb

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unter dem Datum 31. Dezember 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt per Fax angemeldet. Der in der Amtsakte befindliche Faxausdruck der Anmeldeunterlagen trägt zwei Zeitdaten: zum einen den vom Faxgerät der Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin am 31. Dezember 2007 vermerkten Sendezeitpunkt an das Deutsche Patent- und Markenamt zwischen 23:32 Uhr und 23:40 Uhr. Zum andern ist am unteren Ende der Faxunterlagen vom Faxserver 1 des Deutschen Patent- und Markenamts als Eingangszeitpunkt jeweils "Datum 01.01.08 00:49" angegeben.

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Aufgrund dieser Angabe hat die Prüfungsstelle in der Empfangsbestätigung als Eingangsdatum den 1. Januar 2008 festgelegt. Mit Schreiben vom 18. Januar 2008 hat die Anmelderin die Änderung des Anmeldedatums auf den 31. Dezember 2007 beantragt mit der Begründung, das Fax sei schon am Vortag beim Patentamt vollständig eingegangen. Dies habe der Vertreter der Anmelderin, der den Faxvorgang persönlich unter Beiziehung einer Funkuhr überwacht habe, festgestellt, nachdem der Sendebericht noch vor Mitternacht bei seinem Faxgerät ausgedruckt worden sei. Die Empfangszeit des Sendeberichts habe er zusätzlich mit Hilfe der über das Internet übertragenen Uhrzeit der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt an seinem in einem anderen Kanzleiraum befindlichen Computer kontrolliert, da die Uhrzeit bei dem Sendefaxgerät um wenige Minuten nachgegangen sei. Darüber hinaus habe er kurz vorher eine weitere Anmeldung an das Deutsche Patent- und Markenamt gefaxt, für die ebenfalls erst ein Empfangdatum des Amtes nach Mitternacht ausgewiesen worden sei. Da beim Sendevorgang keine Störungen aufgetreten seien, müssten die Anmeldeunterlagen vor Ablauf des 31. Dezember 2007 beim Patentamt eingegangen sein; die aufgetretene Zeitdifferenz liege daher im Bereich des Patentamtes.

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Mit Beschluss vom 8. Juli 2008 hat das Patentamt den Anmeldetag auf den 1. Januar 2008 festgesetzt mit der Begründung, die interne Überprüfung der Faxanlage habe ergeben, dass diese im fraglichen Zeitraum störungsfrei gearbeitet habe. Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde der Anmelderin hat der 10. Senat des Bundespatentgerichts mit Beschluss vom 14. April 2009 (Az. 10 W (pat)  36/08) den vorgenannten Beschluss des Patentamts aufgehoben und die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen, weil eine isolierte Entscheidung über den Anmeldetag unzulässig sei und über die Anmeldung nur insgesamt – wozu auch der Anmeldetag gehöre - entschieden werden könne; beharre der Anmelder dabei auf einem bestimmten Anmeldetag, könne nur die Anmeldung insgesamt zurückgewiesen werden.

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Im weiteren Anmeldeverfahren hat die Anmelderin zum Nachweis eines Eingangs der Anmeldeunterlagen vor Ablauf des 31. Dezember 2007 die Vernehmung ihres Verfahrensbevollmächtigten als Zeugen angeboten. Nach dessen Vernehmung in der Anhörung vom 22. Februar 2010, in welcher die Anmelderin die Erteilung des beantragten Patents unter dem Anmeldetag 31. Dezember 2007, hilfsweise die Erteilung mit dem Anmeldetag 1. Januar 2008 beantragt hat, ist mit Beschluss vom 22. Februar 2010 auf den Hilfsantrag die "Weiterbehandlung" (gemeint ist wohl: Weiterführung der Bearbeitung) der Patentanmeldung mit dem Anmeldetag 1. Januar 2008 festgestellt worden. Zur Begründung ist ausgeführt: Nach der internen Überprüfung seien die Faxserver und die Faxanlage des Deutschen Patent- und Markenamts an den betreffenden Tagen störungsfrei in Betrieb gewesen. Nach 22:30 Uhr seien nur wenige Faxsendungen eingegangen, so dass eine Überlastung auszuschließen sei. Da vor der streitgegenständlichen Anmeldung am 1. Januar 2008 bereits Faxe Dritter eingegangen seien, könne auch eine Verschleppung des streitigen Faxes ausgeschlossen werden. Trotz der Aussage des vernommenen Zeugen über eine frühere Absendung sei davon auszugehen, dass die amtsseitig festgestellte Eingangszeit der Faxsendung im Deutschen Patent- und Markenamt korrekt und für die Festlegung des Anmeldetages ausschlaggebend sei.

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Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit welcher sie ihr ursprüngliches Begehren auf Erteilung des Patents mit dem Anmeldetag 31. Dezember 2007 weiterverfolgt.

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Sie beantragt zuletzt mit per Fax eingegangenen Schriftsatz vom 23. Mai 2012,

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"die Anmeldung mit dem Anmeldetag 31.12.2007 weiterzuführen, hilfsweise mit dem Anmeldetag 01.01.2008".

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Hierzu führt sie aus, dass das Deutsche Patent- und Markenamt nicht den korrekten Eingangszeitpunkt der Faxsendung habe belegen können und dafür auch nicht die erforderlichen technischen Voraussetzungen geschaffen habe. Bei ihrer kurz vorher als Fax gesendeten weiteren Anmeldung wichen Absende- und Empfangszeit ebenfalls ab, allerdings mit einer anderen Zeitdifferenz als bei der vorliegenden. Dasselbe gelte für eine weitere Anmeldung von dritter Seite, die gleichfalls eine Sendezeit vor Mitternacht ausweise, hingegen eine Empfangszeit danach. Eine Erklärung hierfür habe das Deutsche Patent- und Markenamt nicht liefern können. Hieraus lasse sich nur der Schluss ziehen, dass die Faxanlage zum damaligen Zeitpunkt nicht störungsfrei gearbeitet habe. Dementsprechend habe auch der 7. Senat in einem Parallelfall, der die oben genannte kurz vorher gefaxte Anmeldung betroffen habe, aufgrund der Zeugenaussage des Bevollmächtigten der Anmelderin den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts aufgehoben und den Anmeldetag 31. Dezember 2007 festgesetzt und dies damit begründet, dass der Anmelderin mit der Zeugenaussage der erforderliche Gegenbeweis für den rechtzeitigen Eingang ihrer Unterlagen vor Mitternacht gelungen sei, zumal hierfür auch weitere Beweisanzeichen sprächen.

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Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung hat die Anmelderin den Zeugenbeweis auch im vorliegenden Verfahren angeboten; auf Nachfrage des Senats hat sie erklärt, ein Einzelverbindungsnachweis des Telekommunikationsanbieters als Beleg für den genauen Übermittlungszeitpunkt des Faxes liege ihr nicht vor.

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Der Senat hat im Rahmen seiner Aufklärungspflicht vom Deutschen Patent- und Markenamt Auskünfte über die Funktion der Faxanlage zum fraglichen Zeitpunkt erbeten. Die Antworten hat er der Anmelderin mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übersandt und auf die vorläufige Auffassung des Senats hingewiesen, dass aus den Faxprotokollen keine Widersprüche ersichtlich seien und er die im Parallelverfahren benannten Beweisanzeichen nicht für durchgreifend halte. Aus der Antwort des Amtes vom 28. März 2012 ergebe sich, dass Abweichungen der Zeitangaben auf eingegangenen Faxsendungen gegenüber der Zeitangabe der Atomuhr allenfalls im Sekundenbereich gelegen haben könnten. Unter diesen Umständen komme der angebotenen Zeugenaussage des Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin besondere Bedeutung zu.

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Mit Fax vom Tage der mündlichen Verhandlung erklärt die Anmelderin, dass sie, wie bereits am Vortag telefonisch mitgeteilt, den Bevollmächtigten beauftragt habe, an der mündlichen Verhandlung nicht teilzunehmen; dennoch halte sie an ihrer Auffassung fest, dass ein Organisationsmangel des Amtes vorliege, weil auf der Empfangsbescheinigung nicht die tatsächliche Empfangszeit der Faxsendung beim Deutschen Patent- und Markenamt angegeben sei, was nicht zu Lasten der Anmelder gehen dürfe.

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Hinsichtlich der Auskünfte des Deutschen Patent- und Markenamtes und des sonstigen Vortrages der Anmelderin sowie der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

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Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat zurecht die Patentanmeldung mit dem Anmeldetag 31. Dezember 2007 zurückgewiesen.

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Denn die Anmeldung ist nicht an diesem Tage eingereicht worden.

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Nach § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PatG bestimmt sich der Anmeldetag nach dem Tag, an welchem die Anmeldeunterlagen (vollständig) beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen sind. Dagegen ist der Absendetag, der vom Eingangstag abweichen kann, ohne Bedeutung. Bei Übermittlungen per Fax wie im vorliegenden Fall kommt es auf den Zeitpunkt an, zu welchem sie im Empfangsfaxgerät des Deutschen Patent- und Markenamtes vollständig gespeichert worden sind (vgl. BGH, Beschluss vom 15.09.2009, Az. XI ZB 29/08, abrufbar bei juris, dort unter Rn. 16).

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Für die hierzu von Amts wegen zu treffenden Feststellungen über den objektiven Eingangszeitpunkt ist der Faxvermerk durch den Faxserver des Deutschen Patent- und Markenamtes ausreichend, da er gem. § 418 Abs. 1 ZPO den vollen Beweis für die darin beurkundete Tatsache (nämlich den Zeitpunkt der Speicherung im Faxserver) erbringt. Allerdings ist der Gegenbeweis zulässig, wobei das Gericht zur Aufklärung beizutragen hat (vgl. BGH NJW 2007, 3069; vgl. Zöller/Stöber/ Greger, ZPO, 29. Aufl. 2012, Vor § 230 Rn. 2 m. w. N.).

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Im Rahmen seiner Aufklärungspflicht hat der Senat Erkundigungen beim Deutschen Patent- und Markenamt eingeholt. Aus den drei Antwortschreiben vom 12. Oktober 2011, 3. Februar 2012 und 28. März 2012 ergibt sich im Wesentlichen, dass an dem fraglichen Tag keine Störungen der Faxanlage festzustellen waren. Zum Jahreswechsel 2007/2008 wurde die Serverzeit der zentralen Münchener Faxserver des Deutschen Patent- und Markenamts, die der Zeitstempelerzeugung beim Faxeingang zugrunde liegt, vom internen Zeitserver in der Domäne des Amtes bezogen, der sich seinerzeit mit der gesetzlichen Zeit der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt synchronisierte, die auf Atomuhren beruht. Der Zeitabgleich und die eventuelle Korrektur der Faxserverzeit geschieht im Stundentakt. Abweichungen über 10 Sekunden pro Stunde sind bisher nicht beobachtet worden und werden von dem für den Zeitserver technisch Verantwortlichen ausgeschlossen. Protokolle über den Zeitabgleich zum Jahreswechsel 2007/2008 liegen nicht mehr vor.

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Die Einwände der Anmelderin gegen die ihr zur Stellungnahme überlassenen Antwortschreiben des Deutschen Patent- und Markenamts greifen nicht durch. Die Anmelderin sieht einen Organisationsmangel darin, dass auf der Empfangsbescheinigung die tatsächliche Eingangszeit der abgesendeten Faxsendung fehle; dies dürfe nicht zu ihren Lasten gehen.

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Darauf kommt es im vorliegenden Fall nicht an. Denn wie der 10. Senat in seiner dem vorliegenden Verfahren vorangegangenen Entscheidung vom 14. April 2009 ( 10 W (pat) 36/08 ) ausgeführt hat, trägt die Anmelderin die Darlegungs- und Beweislast für den Zugang noch am 31. Dezember 2007, wofür jedoch allein die Vorlage des Absenderprotokolls nicht ausreicht (vgl. Zöller/Stöber/Greger, ZPO, 29. Aufl. 2012, Vor § 230 Rn. 2 m. w. N.), weil das Absendeprotokoll nach der Grundregel des § 416 ZPO anders als öffentliche Urkunden keinen Beweis für die darin enthaltenen Tatsachen erbringt.

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Wie der 7. Senat in seiner Entscheidung zum Parallelverfahren ausführlich dargelegt hat und worauf hier Bezug genommen wird, kann der Gegenbeweis auch in anderer Weise geführt werden. Ausgeschlossen ist jedoch ein Gegenbeweis mit Hilfe der Zeitangabe im Ausgangsfaxgerät der Beschwerdeführerin, denn diese gibt nicht den danach festgelegten exakten Zeitpunkt der Datenübermittlung an, sondern lediglich, dass die Uhr des Faxgerätes diese Uhrzeit anzeigte, was mit der tatsächlichen Zeit nicht zwingend übereinstimmen muss, wie auch die Beschwerdeführerin einräumt.

23

Den erforderlichen Gegenbeweis hat die Anmelderin nicht erbracht.

24

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Nachweis über den Übermittlungszeitpunkt auch durch Vorlage der Abrechnungen des entsprechenden Telekommunikationsunternehmens nachgewiesen werden kann (vgl. BGH WM 2004, 648). Eine solche Abrechnung hat die Anmelderin nicht vorgelegt, obwohl dies angezeigt gewesen wäre, wenn es der Anmelderin auf den Anmeldetag so entscheidend ankommt. Denn diese zum Anmeldezeitpunkt bereits jahrelang höchstrichterlich anerkannte Beweisführung wäre ihr möglich gewesen, als sie nach Übermittlung der Empfangsbescheinigung für die streitige Anmeldung mit Schriftsatz vom 18. Januar 2008 beantragt hat, den Anmeldetag auf den 31. Dezember 2007 zu ändern. Jedenfalls damals wurden diese Protokolle beim entsprechenden Telekommunikationsunternehmen ein halbes Jahr vorgehalten. Selbst wenn sie von der genannten Rechtsprechung nichts gewusst haben sollte, so hätte sich die anwaltlich vertretene Anmelderin kundig machen können, ehe sie sich auf weit aufwändigere Beweismittel beschränkt.

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Sie hat Zeugenbeweis dafür angeboten, dass das abgesandte Fax vom Eingangsfaxgerät des Deutschen Patent- und Markenamts mit einem sog. "OK-Status" noch vor Mitternacht bestätigt worden sei, was der Bevollmächtigte der Anmelderin mit Hilfe einer Funkuhr festgestellt habe, womit der mit dem Zeitnormal übereinstimmende genaue Zeitpunkt der Übersendung dieses "OK-Status" durch ein geeignetes Beweismittel nachgewiesen sei. Auf dieses Zeugenangebot, das von der Anmelderin auch im Parallelverfahren angeboten worden ist, hat der 7. Senat in seiner Entscheidung vom 8. Dezember 2010 entschieden, dass als ein solches Beweismittel dabei auch das zeugenschaftliche Beweisangebot der Anmelderin in Betracht komme, demzufolge ihr Vertreter die Richtigkeit des Sendeprotokolls seines Sendefaxgeräts sowie die Übermittlung des OK-Status des Empfangsfaxgerätes des Deutschen Patent- und Markenamts vor dem 31. Dezember 2007 23.59 Uhr anhand einer Funkuhr und zusätzlich anhand der Atomzeituhr der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt im Internet festgestellt habe, und dass diesem Beweisanbieten nachzugehen gewesen sei. Nach Vernehmung des Bevollmächtigten der Anmelderin stand zur Überzeugung des 7. Senats fest, dass die Anmeldeunterlagen abweichend von dem seitens der Faxanlage des Amtes ausgewiesenen Eingangszeitpunkts (1. Januar 2008 00:36 Uhr) bereits am Vortag, dem 31. Dezember 2007, vor 23:59 Uhr beim Amt eingegangen sind. Für die Richtigkeit der Zeugenaussage hat für den 7. Senat das folgende von ihm ermittelte Beweisanzeichen gesprochen: das Fax eines Dritten, welches unmittelbar vor der hier streitgegenständlichen Faxsendung ausweislich des Ausdrucks über die im fraglichen Zeitraum dem Deutschen Patent- und Markenamt übermittelten Faxsendungen eingegangen sei, sei vom dortigen Faxserver zwar als erst am 1. Januar 2008 um 00:20 Uhr eingegangen vermerkt worden, tatsächlich aber ausweislich der Kopfzeile von dessen Absender bereits am 31. Dezember 2007 um 23:20 Uhr abgesandt worden. Diese frühere Faxsendung weise damit nahezu dieselbe Zeitdiskrepanz auf wie die Übermittlung der hier streitigen Anmeldeunterlagen.

26

Bei genauerer Überprüfung des Ausdrucks des entsprechenden Faxjournals hält der erkennende Senat dieses Beweisanzeichen für nicht hinreichend aussagekräftig. Denn unter Berücksichtigung weiterer beigezogener Anmeldeakten vom streitigen Tag anhand des Journals, also der Übersicht der eingegangenen Anmeldungen mit Angaben zur Absender-Faxnummer und Empfangszeit, ergibt sich, dass im Zeitraum vor und nach Mitternacht die Absendezeiten anderer Anmeldungen mehr oder weniger der Empfangszeit des Deutschen Patent- und Markenamt-Faxservers entsprechen. Aus diesen Umständen ließe sich die Vermutung ableiten, dass die Zeiteinstellungen der einzelnen Absendefaxgeräte bisweilen differieren, weil diese nicht ständig mit der Echtzeit abgeglichen werden. Dies ist auch der Grund, wieso der Gegenbeweis nicht allein mit der Einreichung des Absendeprotokolls geführt werden kann, weil sonst Manipulationsmöglichkeiten eröffnet wären.

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Zudem ergibt sich aus dem Faxjournal, dass innerhalb von wenigen Stunden vorher von demselben Faxgerät der Vertreter der Anmelderin zwei weitere Anmeldungen eingereicht worden sind, bei denen Übertragungsende und Empfangszeit dicht beieinander liegen wie bei anderen Anmeldungen von Dritten, nämlich sieben Minuten (Az. 10 2007 063 401.5 , empfangen um 18:00 Uhr, und Az. 10 2007 063 400.7, empfangen um 22:35 Uhr). Dies spricht jedenfalls nicht dafür, dass der Deutsche Patent und Marken-Faxserver gestört war. Vielmehr lässt dies genauso gut die Möglichkeit zu, dass die Abweichungen beim streitigen Fax auf andere Gründe zurückzuführen sein könnten.

28

Dies kann aber letztlich dahinstehen.

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Denn die Anmelderin hat den erforderlichen Gegenbeweis nicht angetreten. Zwar hat sie auf die Mitteilung des Senats vom 18. Mai 2011, dass ohne Vorlage eines Einzelverbindungsnachweises des Telekommunikationsanbieters eine erneute Zeugenvernehmung unausweichlich sei, mit Schreiben vom 1. Juni 2011 um Ladung zur Zeugenvernehmung gebeten. Nachdem der Senat mit Schreiben vom 11. April 2012 zum Termin am 23. Mai 2012 geladen hat, ist am Morgen des Verhandlungstages ein Fax der Anmelderin mit Datum von diesem Tag, eingegangen mit der Erklärung, dass sie ihren Bevollmächtigten beauftragt habe, an der Verhandlung nicht teilzunehmen.

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Da der Bevollmächtigte als Zeuge benannt war, kann diese Erklärung nur als Rücknahme des Beweisangebotes verstanden werden.

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Damit ist mangels Gegenbeweises von der Richtigkeit der Zeitangabe durch den Faxserver des Deutschen Patent- und Markenamtes auszugehen, der als Eingangstag den 1. Januar 2008 angegeben hat, so dass dieser Tag maßgeblich ist.

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Aus diesem Grund war der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, mit dem der Antrag der Anmelderin auf Erteilung eines Patents mit dem Anmeldetag 31. Dezember 2007 zurückgewiesen und die Fortführung des Anmeldeverfahrens mit dem Anmeldetag "1. Januar 2008" beschlossen worden war, zurecht ergangen.

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Die Beschwerde konnte daher keinen Erfolg haben.

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Da die Frage der Patentfähigkeit seitens des Deutschen Patent- und Markenamtes bislang - aus seiner Sicht folgerichtig - noch nicht geprüft worden ist, war gleichzeitig die Sache nach § 79 Abs. 3 Nr. 1 PatG an das Deutsche Patent- und Markenamt zur erneuten Entscheidung über die Anmeldung zurückzuverweisen.