Entscheidungsdatum: 16.10.2013
In der Einspruchssache
betreffend das Patent 10 2004 005 257
…
hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Hilber sowie der Richter Paetzold, Dr.-Ing. Baumgart und Dipl.-Ing. Univ. Richter
beschlossen:
Der Einspruch wird als unzulässig verworfen.
I.
Gegen das am 3. Februar 2004 angemeldete Patent 10 2004 005 257 mit der Bezeichnung
"Dichtungsstreifen“,
dessen Erteilung am 15. September 2005 veröffentlicht wurde, hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2005 – eingegangen per Fax am gleichen Tag – Einspruch eingelegt; das mit Unterschrift versehene Original des Schriftsatzes ist am 17. Dezember 2005 eingegangen.
Zur Begründung ihres Einspruchs bezieht sich die Einsprechende auf eine dem Einspruchsschriftsatz als Anlage beigefügte Zeichnung, die nach ihrer Auffassung einen offenkundig vorbenutzten Dichtungsstreifen zeigen soll („…ein in der Anlage gezeigter solcher Dichtungsstreifen wurde offenkundig vorbenutzt“). Hierbei benennt sie zu dessen Beschreibung Merkmale, die dieser gezeigte Dichtungsstreifen aufweisen soll, mit Bezug auf eine von ihr vorgelegte gegliederte Fassung des erteilten Anspruchs 1 („der beschriebene Dichtungsstreifen weist also alle Merkmale (a) bis (f) des Anspruchs 1 auf“).
Darüber hinaus bietet die Einsprechende Zeugenbeweis dafür an, „dass der in der Anlage dargestellte Dichtungsstreifen seit September 2001 in der Mercedes-C-Klasse der D… AG verwendet wird und als Ersatzteil zur Verfügung steht“.
Die Patentinhaberin hat auf dieses Vorbringen erwidert, dass der Einspruch nicht ausreichend substantiiert und deshalb nicht zulässig sei. Darüber hinaus sei der Einspruch nach Ihrer Auffassung unbegründet.
Mit richterlichem Hinweis vom 3. September 2012 hat der Senat auf bestehende Zweifel an der Zulässigkeit des Einspruchs hingewiesen, weil die Beschreibung des angeblich vorbenutzten Gegenstandes im Wesentlichen aus einer Wiederholung der Merkmale des Anspruchs 1 des Streitpatents bestehe.
Die Einsprechende ist den erhobenen Einwänden nach Ablauf der Einspruchsfrist noch mit Schriftsatz vom 13. September 2013 entgegen getreten; nach Ihrer Auffassung seien dem Einspruchsschriftsatz vom 15. Dezember 2005 alle den Einspruch rechtfertigenden Tatsachen zu entnehmen. Auch hat die Einsprechende noch eine technische Zeichnung nachgereicht, „welche die Vorlage für den in der Anlage [Anm.: zum Einspruchsschriftsatz] gezeigten Dichtungsstreifen bildete und bei Einreichung des Einspruchs mangels Befugnis nicht verwendet wurde“.
Die Einsprechende beantragt,
das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragt in der mündlichen Verhandlung zuletzt,
den Einspruch als unzulässig zu verwerfen.
Der Patentanspruch 1 des angegriffenen Patents hat folgenden Wortlaut (offensichtlicher Schreibfehler durch hinzugefügte Unterstreichung kenntlich gemacht):
„Dichtungsstreifen (4), enthaltend: einen Justierbereich (5), der einen im wesentlichen U-förmigen Querschnitt besitzt und an einem Bereich, der eine Türöffnung (3) eines Fahrzeugs (1) umgibt, anbringbar ist, wobei der Justierbereich einen äußeren Seitenwandbereich (12), einen inneren Seitenwandbereich (11) und einen Verbindungsbereich (13) zum Verbinden des äußeren und des inneren Seitenwandbereichs miteinander besitzt; und einen hohlen Dichtungsbereich (6), der mit dem Justierbereich (5) an einem ersten Verbindungsbereich, der im wesentlichen an einem Grenzbereich zwischen dem Verbindungsbereich (13) und dem äußeren Seitenwandbereich (12) angebracht ist, und an einem zweiten Verbindungsbereich verbunden ist, der näher an einem vorderen Ende des äußeren Seitenwandbereichs als der erste Verbindungsbereich liegt, wobei der hohle Dichtungsbereich (6) dazu angepaßt ist, flexibler als der Justierbereich (5) zu sein; wobei ein vorspringender Bereich (25) in dem zweiten Verbindungsbereich derart vorgesehen ist, daß er sich von dem äußeren Seitenwandbereich (12) des Justierbereichs erstreckt, dadurch gekennzeichnet, dass eine Dicke (W1, W2) des vorspringenden Bereichs (25) entlang einer Richtung, in der sich der äußeren Seitenwandbereich erstreckt, größer als eine Dicke (T) eines Teils des Dichtungsbereichs (6) ist, der in Druckkontakt mit dem Umfangsbereich der Tür ist.“
Hinsichtlich des Wortlauts der direkt oder indirekt rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 16 wird auf die Patentschrift DE 10 2004 005 257 B4 verwiesen.
Im Prüfungsverfahren vor der Patenterteilung ist der durch folgende Druckschriften dokumentierte Stand der Technik in Betracht gezogen worden:
E1 JP 2002187500 A E2 JP 2002337552 A.
II.
Die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts ist durch § 147 (3), Satz 1 PatG a. F. (bis 30. Juni 2006) begründet.
Der form- und fristgerecht erhobene Einspruch erweist sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung als unzulässig.
1. Gemäß PatG § 59 (1), Satz 4 und 5 müssen die Tatsachen, aus denen sich ergeben soll, dass der Einspruch gerechtfertigt ist, im Einzelnen innerhalb der dreimonatigen Einspruchsfrist angegeben werden. Dieser Tatsachenvortrag ist dann ausreichend substantiiert, wenn er die für die Beurteilung des behaupteten Widerrufsgrundes maßgeblichen tatsächlichen Umstände im Einzelnen so darlegt, dass er die Patentinhaberin und das Deutsche Patent- und Markenamt bzw. das im vorliegenden Fall zuständige Bundespatentgericht in die Lage versetzt, daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen des Einspruchsgrundes ohne eigene Ermittlungen ziehen zu können. Die Begründung muss einen bestimmten Tatbestand erkennen lassen, der sich auf seine Richtigkeit überprüfen lässt (st. Rspr. vgl. BGH BlPMZ 1987, 203, 204 -Streichgarn-; BGH BlPMZ 1993, 439, 440 -Tetraploide Kamille-; BGH BlPMZ 1998, 201, 202 -Tabakdose-; BGH BlPMZ 2003, 241 -Automatisches Fahrzeuggetriebe-).
Eine Einspruchsbegründung erfüllt das Erfordernis der Angabe der Tatsachen im Einzelnen nur, wenn er sich an der Erfindung an ihrer Gesamtheit orientiert, wofür bei einer Kombination nicht nur die beteiligten Elemente, sondern auch deren Zusammenspiel zu würdigen sind (vgl. BGH BlPMZ 88, 250 – Epoxidation; BGH BlPMZ 88, 289 – Messdatenregistrierung).
Insbesondere ist die Begründung eines Einspruchs, der sich auf eine Vorbenutzung stützt, nur dann ausreichend substantiiert, wenn sie konkrete Angaben enthält, was, wo, wann, wie und durch wen in öffentlich zugänglicher Weise geschehen ist. Hierfür ist u. a. der Gegenstand der Vorbenutzung so detailliert zu beschreiben, dass ein Fachmann ihn mit dem patentgemäßen Gegenstand vergleichen und feststellen kann, ob die Vorbenutzung der Patentfähigkeit des Gegenstands des angegriffenen Patents entgegensteht (BGH BlPMZ 1998, 201, 202 - Tabakdose). Aus der Beschreibung muss sich die Wesensgleichheit von vorbenutztem und patentiertem Gegenstand sowie die Erkennbarkeit der Erfindung aus dem vorbenutzten Gegenstand ergeben. Eine rein abstrakte Umschreibung wie die bloße Wiederholung des Wortlauts des Patentanspruchs des angegriffenen Patents genügen nicht (BPatG, BlPMZ 91, 308).
Diesen Anforderungen wird das innerhalb der Einspruchsfrist eingegangene Vorbringen nicht gerecht.
2a. Der Einspruchsschriftsatz vom 15. Dezember 2005 ist am letzten Tag der Einspruchsfrist beim Deutschen Patent- Markenamt eingegangen. Somit können nur die darin enthaltenden Angaben, d. h. die tatsächlich vorgetragenen Tatsachen allein bei der Prüfung des Einspruchs auf dessen Zulässigkeit berücksichtigt werden.
2b. In dem Einspruchsschriftsatz beruft sich die Einsprechende mit der Behauptung, „der beschriebene Dichtungsstreifen weist also alle Merkmale (a) bis (f) des Anspruchs 1 auf“, sinngemäß auf den Einwand fehlender Neuheit (§ 3 PatG). Im Wege der Auslegung ergibt sich insoweit erkennbar, dass die Einsprechende den Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) geltend machen will.
2c. Die Einsprechende stellt Ihrer Begründung der Behauptung, „ein in der Anlage gezeigter solcher Dichtungsstreifen wurde offenkundig vorbenutzt“, eine von ihr vorgenommene wortgetreue Aufgliederung des Anspruchswortlauts – allerdings unter Auslassung der Bezugszeichen – in Einzelmerkmale (a) bis (f) voran, demnach der Anspruch 1 einen Dichtungsstreifen betrifft, u. a. enthaltend:
„(a) einen Justierbereich, der einen im Wesentlichen U-förmigen Querschnitt besitzt und an einem Bereich, der eine Türöffnung eines Fahrzeugs umgibt, anbringbar ist,“
„(c) und einen hohlen Dichtungsbereich, der mit dem Justierbereich an einem ersten Verbindungsbereich, der im Wesentlichen an einem Grenzbereich zwischen dem Verbindungsbereich und dem äußeren Seitenwandbereich angebracht ist, und an einem zweiten Verbindungsbereich verbunden ist, der näher an einem vorderen Ende des äußeren Seitenwandbereichs als der erste Verbindungsbereich liegt,“
„(d) wobei der hohle Dichtungsbereich dazu angepasst ist, flexibler als der Justierbereich zu sein,“
„(f) [dadurch gekennzeichnet], dass eine Dicke (W1, W2) des vorspringenden Bereichs entlang einer Richtung, in der sich der äußere Seitenwandbereich erstreckt, größer als eine Dicke (T) eines Teils des Dichtungsbereichs ist, der in Druckkontakt mit dem Umfangsbereich der Tür ist.“
Im Folgenden beschreibt sie („der beschriebene Dichtungsstreifen“) den nach ihrer Behauptung offenkundig vorbenutzten Dichtungsstreifen („ein […] gezeigter solcher Dichtungsstreifen wurde offenkundig vorbenutzt“), indem sie – insoweit mit Bezugnahme auf die zeichnerische Darstellung und die Einzelmerkmale des Gegenstands nach in Anspruch 1 in gegliederter Fassung – u. a. folgende Behauptungen aufstellt:
„Dieser Dichtstreifen weist einen Justierbereich (5) mit U-förmigem Querschnitt gemäß Merkmal (a) auf.“
„Ein hohler Dichtungsbereich (6) ist gemäß Merkmal (c) an dem Justierbereich (5) in einem ersten und zweiten Verbindungsbereich angebracht, wobei der erste Verbindungsbereich nahe der Grenze zwischen dem äußeren Seitenwandabschnitt (12) und dem Verbindungsabschnitt (13) und der zweite Verbindungsbereich näher am vorderen Ende des äußeren Seitenwandabschnitts (12) als der erste Verbindungsbereich liegt.“
„Der hohle Dichtungsbereich (6), der aus Moosgummi besteht, ist gemäß Merkmal (d) flexibler als der Justierbereich (5).“
„Gemäß Merkmal (f) ist eine Dicke des vorspringenden Bereichs (25) in Erstreckungsrichtung des äußeren Seitenwandabschnitts (12) größer als eine Dicke (T) eines Teils des Dichtungsbereichs (5), der im Druckkontakt mit dem Umfangsbereich der Tür steht.“
Abschließend bietet Sie Zeugenbeweis an, „dass der in der Anlage dargestellte Dichtungsstreifen seit September 2001 in der Mercedes-C-Klasse der D… AG verwendet wird und als Ersatzteil zur Verfügung steht“.
Wie sich aus folgender Gegenüberstellung für den mit technischen Zeichnungen vertrauten Fachmann – hier ein mit der Entwicklung, Konstruktion und Herstellung von Strangprofilen u. a. aus Elastomerwerkstoffen zur Verwendung im Bereich KFZ-Karosserien befasster Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau, der nach dem Vortrag der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung von daher auch „spezialisiert in der Gummi-Technologie“ sein kann – ergibt, besteht zwar durchaus eine teilweise zeichnerische Übereinstimmung zwischen der dem Einspruchsschriftsatz als Anlage beigefügten Darstellung und der ein erfindungsgemäßes Ausführungsbeispiel zeigenden Figur 3 gemäß DE 10 2004 005 257 B4.
Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen |
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mod. Zeichnung gemäß Anlage zum Einspruchsschriftsatz (Wolken C und D sowie Pfeile A und B hinzugefügt) |
mod. Figur 3 aus DE 10 2004 005 257 B4 (gespiegelt, Bezugszeichen entfernt, Beschriftungen hinzugefügt) |
Die als Anlage zum Einspruchsschriftsatz vorgelegte Zeichnung, nachfolgend zur Unterscheidung gegenüber der später von der Einsprechenden mit ihrem Schriftsatz vom 13. September 2013 vorgelegten Zeichnung als Skizze bezeichnet, zeigt lediglich einen Profilkörper im Querschnitt. Der dazu im Einspruchsschriftsatz in Verbindung stehende Vortrag bezeichnet diese Darstellung als „Dichtungsstreifen“, geht jedoch mit keinem Wort über die Wiederholung des Wortlauts des Patentanspruchs 1 hinaus darauf ein, welche einzelnen körperlichen Merkmale in der Querschnittdarstellung diese Bezeichnung plausibel machen könnten. An Substantiierung fehlt es im Vortrag der Einsprechenden aber insbesondere dort, wo die vorgelegte Skizze auch für den Fachmann keine Anhaltspunkte für ein bestimmtes Verhalten, Wirkungen der dargestellten Vorrichtung oder ein bestimmtes Zusammenspiel einzelner Vorrichtungselemente miteinander oder mit Teilen außerhalb des Profils geben kann. Damit setzt die Einsprechende in Hinblick auf die Merkmale (a), (d) und (f) offensichtlich weitergehende Kenntnisse voraus und verlässt sich auf unterstellte Eigenschaften des skizzierten Profils, die sich nach Ansicht des Senats jedenfalls nicht aus der Darstellung selbst ergeben können.
So ergibt sich für den Fachmann, der für jede Art von Strangprofilkörpern an Fahrzeugen wie Zier-, Kantenschutz- oder andere Profilkörper zuständig ist, aus der dargestellten Geometrie des Profilkörpers weder, dass die Skizze tatsächlich einen Dichtungsstreifen als solchen zeigt, noch dass der gezeigte hohle Bereich (Wolke C) überhaupt einen flexiblen, für eine Anpassungsverformung bei Druckkontakt mit einer anliegenden Tür zur Erzielung einer Dichtwirkung ausgelegten Dichtungsbereich bildet, noch dass dem Bereich mit U-förmigem Querschnitt (Wolke D) die Funktion eines Justierbereichs beizumessen ist, und ferner auch nicht, dass der Profilkörper insoweit zur Anbringung an einem Bereich ausgebildet ist, der eine Türöffnung eines Fahrzeugs umgibt.
So ist der in der vorgelegten Skizze dargestellte Wandungsbereich, der nach der Behauptung der Einsprechenden einen Dichtungsbereich bilden soll, mit drei Körperkanten dargestellt. Der Fachmann könnte daraus auf einen zweilagigen Aufbau der „Wandung 6“ mit zwei unterschiedlichen Materialien schließen. Der Einspruchsschriftsatz geht darauf nicht ein, sondern verweist lediglich darauf, dass die Wandung 6 des skizzierten Gegenstands aus „Moosgummi“ sei. Dies führt, nachdem der Einspruchsschriftsatz weitere Erklärungen hierzu ausspart, zu einer Substantiierungslücke, da der Fachmann bei Betrachtung der Skizze, wie vorstehend dargelegt, zunächst von zwei verschiedenen Materialien in der Wandung 6 ausgehen muss. Vor allem ergibt sich aus der Skizze nicht wie selbstverständlich (und es wäre dann bei einer Substantiierung entbehrlich darauf einzugehen), dass dieser Wandungsbereich damit flexibler als der Justierbereich ist. Dies gilt insbesondere deshalb, da die Flexibilität eines Formkörpers – anders als die reine Werkstoffeigenschaft – nicht nur von der Materialwahl abhängt, sondern auch von der Formgebung und dem strukturellen Aufbau. Sie ist im Übrigen auch nur mit Bezug auf Krafteinleitungs- und Abstützungsstellen zu definieren.
Das angegriffene Patent unterstellt - ausweislich der Figur 3 - bei einer Ausbildung des Dichtungsstreifens entsprechend Merkmal (f) einen sich vom zweiten Verbindungsbereich über den vorspringenden Bereich erstreckenden Verlauf der Dicke bis zu dem Teil des Dichtungsbereichs, der in Druckkontakt mit dem Umfangsbereich einer abdichtend anliegenden Tür ist (… im Bereich der Eintragung T), der derart getroffen sein soll, dass eine Deformation des hohlen Dichtungsbereichs beim Einsetzen der Dichtung in einen Eckenbereich verhindert sein soll (vgl. Absatz [0003] in DE 10 2004 005 257 B4). Der Fachmann erkennt in der Darstellung der mit dem Einspruch vorgelegten Skizze im Verlauf der Dicke eine Einschnürung des Profils (bei Pfeileintragung A) hinter einem vorspringenden Bereich und im weiteren Verlauf eine zunächst zunehmende und weiter abfolgend wieder abnehmende Dickenbemessung. Zu dieser Formgebung ist im Einspruchsschriftsatz über die lediglich den Anspruchswortlaut in Teilen wiedergebende „Beschreibung“ der vorgelegten Skizze nichts weiter ausgeführt. Weil selbst bei einer dem gezeigten Profilkörper unterstellten Funktion eines hohlen, von einer Wandung begrenzten Dichtungsabschnitts unklar bleibt, welcher Bereich der derart geformten Wandung in Druckkontakt mit einem anderen Gegenstand, vielleicht einer Tür, stehen könnte, ist der Ort der von der Einsprechenden vorgenommenen Eintragung einer Maßhilfslinie für die Dicke T, auf die es laut Streitpatent ankommt, ohne jede nähere Erläuterung willkürlich. Es fehlt jedenfalls an jeder Kommentierung. Insoweit befasst sich das Einspruchsvorbringen im Hinblick auf das in der Kombination der Merkmale zu betrachtende Dickenverhältnis entsprechend Merkmal (f) auch nur mit einem – rein geometrischen – Teilaspekt der Lehre, losgelöst von der Bedeutung der relativen Dickenangabe T in diesem Merkmal für die Erfindung in ihrer Gesamtheit.
Auch ergibt sich bei gemeinsamer Betrachtung der Merkmale (c) und (f) für den durch den Anspruch 1 des Streitpatents definierten Gegenstand eine Anbindung des in Druckkontakt mit dem Umfangsbereich der Tür stehenden Teils des Dichtungsbereichs 6 über den vorspringenden Bereich 25, der selbst Teil des hohlen Dichtungsbereichs ist, dass der gesamte hohle Dichtungsbereich einschließlich des vorspringenden Bereichs (insgesamt) flexibler als der Justierbereich sein soll.
Die von der Einsprechenden formulierte Beschreibung mit Bezugnahme auf das Merkmal (c) allein mag zwar für die sich aus der vorgelegten Skizze ergebenden geometrischen Verhältnisse zutreffen. Dieser Teilaspekt der Lehre war jedoch mit Bezug auf die Merkmale (d) und (f) zu betrachten. Das gleiche Verständnis des Fachmanns beim Lesen technischer Zeichnungen und Skizzen vorausgesetzt - und insoweit dem dargestellten Profilkörper wie dem Patentgegenstand in einer Ausführung gemäß Figur 3 ein inkorporiertes, versteifendes Einlegeteil unterstellt –, ist die bezüglich Merkmal (d) aufgestellte Behauptung, dass der hohle Dichtungsbereich aus Moosgummi bestehe, auch in dieser Hinsicht nicht nachvollziehbar. Ein tatsächlicher Bezug zu der beanspruchten Merkmalskombination ist somit durch den Einspruchsschriftsatz nicht hergestellt worden.
Diese vorgenannten Funktionalitäten sowie ein Zusammenspiel der einzelnen Elemente des Profils ergeben sich somit für den Fachmann aus der vorgelegten Skizze jedenfalls nicht. Es hätte zum Umfang einer ausreichenden Substantiierung gehört, diese Lücke zwischen der Darstellungsmöglichkeit von Merkmalen mittels einer Skizze und denjenigen Merkmalen und Eigenschaften eines Gegenstands durch einen Vortrag im Einspruchsschriftsatz zu schließen, die durch eine Querschnittsskizze wie die eingereichte nicht darstellbar sind. Dem Vorbringen der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung, dass der Fachmann in der Darstellung ohne Weiteres einen Dichtungsstreifen mit einem Grundaufbau einer Fahrzeugtür- oder Klappendichtung erkenne bzw. eine Übereinstimmung der Form allein die Wesensgleichheit begründe, war daher nicht zu folgen.
Mithin kann sich - entgegen der Auffassung der Einsprechenden - aus einer unvollständigen bzw. in Teilen nicht nachvollziehbaren Beschreibung eines zeichnerisch dargestellten Profilquerschnitts allein mit den Worten des Anspruchs des angegriffenen Patents bereits nicht ergeben, dass der vorbenutzte Gegenstand wie behauptet zumindest dessen Wortlaut entspricht. Es darf nicht dem Senat auferlegt werden, die zu einer ausreichenden Substantiierung fehlenden Darlegungen im Einspruchsschriftsatz durch eigene Ermittlungen zu ergänzen (vgl. BGH, BlfPMZ 1987, S. 203 f - Streichgarn).
Weil sich das Beweisangebot der Einsprechenden lediglich auf die – insoweit einem Beweis zwar zugänglichen – behauptete Tatsache der Verwendung des „in der Anlage dargestellten Dichtungsstreifens“ in einem Fahrzeugtyp ab einem benannten Zeitpunkt bezieht, erschöpft sich der Tatsachenvortrag im Einspruchsschriftsatz nach alledem letztlich in der Behauptung, dass ein (Strang-) Profilkörper mit einer Geometrie ähnlich der ein Ausführungsbeispiel des Gegenstands nach Anspruch 1 des angegriffenen Patents zeigenden Figur 3 aufgrund der Verwendung in einem als bekannt vorausgesetzten Kraftfahrzeug offenkundig wurde.
Denn bereits der Tatbestand, dass es sich hierbei um einen Dichtungsstreifen handelt, der als Profilkörper für eine Anbringung im Türöffnungsbereich vorgesehen ist und insoweit für eine Verlegung auch in Eckenbereichen ohne nachteilige Deformation geeignet ist – worauf bei verständiger Würdigung des Zusammenspiels der benannten Elemente einzugehen war –, lässt sich anhand des schriftsätzlichen Einspruchsvorbringens nicht auf seine Richtigkeit überprüfen. Auch die sich implizit aus der Beschreibung der Skizze mit den Worten des Merkmals (f) ergebende Behauptung, dass das Profil im Bereich der Dickeneintragung „T“ im Gebrauch in Anlage mit einer abzudichtenden Türkontur gelangt, ist keine nachvollziehbar vorgetragene Tatsache, die selbst Gegenstand des angebotenen Zeugenweises sein könnte, der ja nur deren Richtigkeit belegen könnte.
Ohne (ergänzende) eigene Nachforschungen über den Aufbau und die Verwendung bzw. den Einbau des in der Darstellung lediglich in seiner Gestalt gezeigten Profilkörpers können keine abschließenden Folgerungen für das Vorliegen des Einspruchsgrundes gezogen werden. Soweit die Einsprechende zwar zu Recht darauf hinweist, dass die vorgelegte Zeichnung resp. Skizze als solche kein Beweismittel ist, sondern „zur Beschreibung dessen dient, was durch die Zeugenaussage zu beweisen ist“ (vgl. auch Schriftsatz vom 13. September 2013, Seite 3, vorletzter Absatz), betraf das Beweisangebot im Einspruchsschriftsatz vom 15. Dezember 2005 insoweit lediglich einen Teilaspekt der beanspruchten Lehre, nämlich die geometrische Gestalt eines Profilkörpers gemäß vorgelegter Zeichnung.
Da die Angabe von Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen sollen, innerhalb der Einspruchsfrist erfolgt sein muss, kann der insoweit unzureichende Tatsachenvortrag wie vorstehend dargelegt auch nicht im Rahmen einer Befragung des benannten Zeugen in der mündlichen Verhandlung nachgeholt bzw. ergänzt werden. Eine Befragung des Zeugen als Beweismittel, dass lediglich die Richtigkeit der behaupteten Tatsachenangabe hinsichtlich Ort („Mercedes-C-Klasse“) und Zeitpunkt („seit September 2001) der Vorbenutzung belegen könnte, war insoweit obsolet, weil sich bereits die Wesensgleichheit von behauptet vorbenutztem und patentiertem Gegenstand aus der den Wortlaut des Anspruchs 1 wiederholenden Beschreibung nicht ergibt.
Ob ein Einspruchsvorbringen ausreichend substantiiert ist, kann hier also nicht nachträglich über die etwaige Bestätigung eines Zeugen bewertet werden, dass die vorlegte Zeichnung bzw. Skizze einem in der Mercedes-C-Klasse verwendeten Dichtungsstreifen entspricht. Vielmehr kam es auf die Erkennbarkeit der mit dem angegriffenen Patent beanspruchten Erfindung aus dem vorbenutzten Gegenstand allein im Rahmen des fristgebundenen Einspruchsvorbringens an. Soweit sich die Einsprechende in ihrer Beschreibung der vorgelegten Zeichnung bzw. Skizze auf Kenntnisse bezog, die durch die Benutzung offenkundig geworden seien, musste sie diesen Vorgang so substantiiert beschreiben, dass Patentinhaberin bzw. der erkennende Senat überprüfen konnten, ob die behauptete Benutzung unter die Formulierung des Patentanspruchs 1 fällt.
Es wäre die Aufgabe der Einsprechenden gewesen, den technischen Zusammenhang des angeblichen vorbenutzten Gegenstandes mit dem Patentgegenstand so darzulegen, dass hieraus Schlüsse auf die behauptete fehlende Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 gegenüber dem durch die Vorbenutzung verkörperten Stand der Technik und damit Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen des behaupteten Widerrufsgrundes gezogen werden konnten.
Da der Mangel einer ausreichenden Substantiierung innerhalb der Einspruchsfrist nicht durch das nachträgliche Angebot der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung, den Zeugen zur Ergänzung des Tatsachenvortrags zu befragen, beseitigt werden kann, war damit der Einspruch nach alledem insgesamt als unzulässig zu verwerfen.