Entscheidungsdatum: 12.07.2016
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 14. April 2015 - 3 Sa 531/14 - aufgehoben.
2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 29. August 2014 - 10 Ca 3715/13 - wird zurückgewiesen.
3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Die Parteien streiten über die Anzahl der der Klägerin im Kalenderjahr zustehenden Urlaubstage.
Die Parteien verbindet seit dem 2. Januar 1995 ein Arbeitsverhältnis, auf das die Beklagte die für sie geltenden Haustarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung anwendet. Die Beklagte schloss am 24. September 2001 mit der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) einen ab dem 1. Januar 2000 geltenden Manteltarifvertrag - Haustarifvertrag - (MTV 2000), der in § 8 ua. regelt:
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„2. |
Urlaubsdauer |
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2.1 |
Der Erholungsurlaub für Jugendliche und Behinderte … wird entsprechend den gesetzlichen Vorschriften gewährt. |
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2.2 |
Alle übrigen Arbeitnehmer erhalten 23 Arbeitstage Urlaub. |
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2.3 |
Für langjährige Betriebszugehörigkeit erhöht sich der Urlaubsanspruch gemäß Ziff. 2.2 wie folgt: |
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nach vollendeter 5-jähriger Betriebszugehörigkeit um 1 Arbeitstag, |
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nach vollendeter 10-jähriger Betriebszugehörigkeit um 2 Arbeitstage, |
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nach vollendeter 15-jähriger Betriebszugehörigkeit um 3 Arbeitstage, |
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nach vollendeter 20-jähriger Betriebszugehörigkeit um 4 Arbeitstage, |
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nach vollendeter 25-jähriger Betriebszugehörigkeit um 5 Arbeitstage, |
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nach vollendeter 30-jähriger Betriebszugehörigkeit um 6 Arbeitstage. |
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Ergibt das erste Jahr der Beschäftigung kein volles Kalenderjahr, so bleibt es bei der Berechnung der Betriebszugehörigkeit im Sinne der vorgenannten Staffelung außer Betracht.“ |
Unter dem 16. Dezember 2004 vereinbarten die Tarifvertragsparteien einen Manteltarifvertrag - Haustarifvertrag - (MTV 2005), der am 1. Januar 2005 in Kraft trat. Dieser regelt in § 7 ua. Folgendes:
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„2. Urlaubsdauer |
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Der Erholungsurlaub für Jugendliche und Behinderte wird entsprechend den gesetzlichen Vorschriften gewährt. |
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Alle seit dem 01.01.2004 eingestellten Arbeitnehmer und Auszubildende erhalten 21 Arbeitstage Urlaub. |
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Für die langjährige Betriebszugehörigkeit aller Arbeitnehmer erhöht sich der Urlaubsanspruch wie folgt: |
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nach vollendeter 10-jähriger Betriebszugehörigkeit |
um 1 Arbeitstag, |
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nach vollendeter 20-jähriger Betriebszugehörigkeit |
um 2 Arbeitstage, |
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nach vollendeter 30-jähriger Betriebszugehörigkeit |
um 3 Arbeitstage. |
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Ergibt das erste Jahr der Beschäftigung kein volles Kalenderjahr, so bleibt es bei der Berechnung der Betriebszugehörigkeit im Sinne der vorgenannten Staffelung außer Betracht. … |
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Für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor dem 01.01.04 begonnen hat, gelten die bis zum 31.12.04 erworbenen Urlaubsansprüche gemäß dem Manteltarifvertrag vom 24.09.01 besitzstandswahrend weiter.“ |
Die IG BAU kündigte den MTV 2005 zum 31. Dezember 2009. Ein neuer Tarifvertrag wurde bislang nicht vereinbart.
Die von der Beklagten erstellte Lohnabrechnung für Januar 2013 wies für die Klägerin einen Jahresurlaub im Umfang von 24 Arbeitstagen aus.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, infolge ihrer 10-jährigen Betriebszugehörigkeit habe sich der 24 Arbeitstage umfassende Urlaubsanspruch, der ihr aufgrund der Besitzstandsregelung gemäß § 7 Ziff. 2 Abs. 5 MTV 2005 zustehe, um einen Arbeitstag erhöht.
Die Klägerin hat beantragt
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festzustellen, dass ihr ab dem Kalenderjahr 2013 25 Arbeitstage Jahresurlaub zustehen. |
Die Beklagte hat die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, der von einem Arbeitnehmer erworbene Besitzstand nach § 7 Ziff. 2 Abs. 5 MTV 2005 sei auf den Urlaubsanspruch nach dem neuen Tarifstand anzurechnen. Für Arbeitnehmer, die bereits vor dem 1. Januar 2004 in ihre Dienste getreten seien, erhöhe sich der Urlaubsanspruch deshalb erst, wenn die Summe des Urlaubsanspruchs aus § 7 Ziff. 2 Abs. 2 MTV 2005 (Grundurlaub) und § 7 Ziff. 2 Abs. 3 MTV 2005 (Mehrurlaubstage) den besitzstandsgeschützten Urlaub übersteige. Die Klägerin, die mit einem Besitzstand von 24 Arbeitstagen in den MTV 2005 übergeleitet worden sei, komme daher nicht in den Genuss einer weiteren Erhöhung ihres Urlaubsanspruchs.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht abgeändert und der Klage stattgegeben.
I. Die Klage ist nach der gebotenen Auslegung des Klageantrags zulässig. Streitgegenstand ist allein die Frage, ob sich infolge der 10-jährigen Betriebszugehörigkeit der Klägerin der jährliche Urlaubsanspruch gemäß § 7 Ziff. 2 Abs. 3 Spiegelstrich 1 MTV 2005 um einen Arbeitstag erhöht hat. Dies hat die Klägerin in der Revisionsverhandlung vor dem Senat klargestellt. Da die Beklagte die Erhöhung des Urlaubsanspruchs in Abrede stellt, hat die Klägerin gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ein Interesse an einer gerichtlichen Feststellung des Umfangs des ihr zustehenden Jahresurlaubs (vgl. BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - Rn. 8 ff. mwN, BAGE 149, 315).
II. Die Klage ist im Ergebnis nicht begründet. Die seit dem 2. Januar 1995 bei der Beklagten beschäftigte Klägerin hat ab dem Kalenderjahr 2013 Anspruch auf 24 Arbeitstage, nicht aber auf 25 Arbeitstage Urlaub im Kalenderjahr. Am maßgeblichen Stichtag, dem 31. Dezember 2004, standen ihr 24 Arbeitstage Jahresurlaub zu (§ 8 Ziff. 2.2 und Ziff. 2.3 Spiegelstrich 1 MTV 2000). Dieser Anspruch blieb ihr nach der Ablösung des MTV 2000 durch den MTV 2005 erhalten (§ 7 Ziff. 2 Abs. 5 MTV 2005). Aufgrund ihrer 10-jährigen Betriebszugehörigkeit erhöhte sich dieser Anspruch nicht mehr.
1. Die Besitzstandsregelung in § 7 Ziff. 2 Abs. 5 MTV 2005 bezieht sich nicht nur auf die Mehrurlaubstage, die der Arbeitnehmer aufgrund seiner Betriebszugehörigkeit vor dem Stichtag nach § 8 Ziff. 2.3 Abs. 1 MTV 2000 erworben hatte, sondern auch auf den gegenüber der Neuregelung höheren Grundurlaubsanspruch von 23 Arbeitstagen gemäß § 8 Ziff. 2.2 MTV 2000 (ausf. BAG 12. Juli 2016 - 9 AZR 264/15 - Rn. 14).
2. Entgegen der Auffassung der Revision sind bei Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis - wie das der Klägerin - vor dem 1. Januar 2004 begründet wurde, die in § 7 Ziff. 2 Abs. 3 MTV 2005 geregelten Mehrurlaubstage dem Grundurlaub der Vorgängerregelung (23 Arbeitstage nach § 8 Ziff. 2.2 MTV 2000) und nicht dem Grundurlaub der Neuregelung (21 Arbeitstage nach § 7 Ziff. 2 Abs. 2 MTV 2005) hinzuzurechnen.
3. Bezugspunkt der Erhöhungsregelung ist allerdings nicht der Urlaubsanspruch, der einem Alt-Arbeitnehmer aufgrund der Besitzstandsregelung in § 7 Ziff. 2 Abs. 5 MTV 2005 zusteht, sondern der Grundurlaub, der in § 8 Ziff. 2.2 MTV 2000 vorgesehen ist. Erhöhte man den besitzstandsgeschützten Gesamturlaub nach Maßgabe des § 7 Ziff. 2 Abs. 3 MTV 2005, berücksichtigte man die vor dem 1. Januar 2005 liegenden Zeiten der Betriebszugehörigkeit doppelt; zum einen bei der Berechnung des zum 31. Dezember 2004 erreichten Besitzstands, zum anderen bei der Berechnung der Erhöhung, die ebenfalls unmittelbar an die Dauer der Betriebszugehörigkeit anknüpft. Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien des MTV 2005 den Zeitraum, in dem ein Arbeitnehmer bis zum 31. Dezember 2004 bei der Beklagten beschäftigt war, bei der Berechnung der Urlaubsdauer zweifach berücksichtigen wollten, sind nicht ersichtlich.
Gemäß § 7 Ziff. 2 Abs. 3 Spiegelstrich 1 MTV 2005 erhöhte sich der besitzstandsgeschützte Grundurlaub der Klägerin unter dem Regime der tariflichen Neuregelung nach 10-jähriger Betriebszugehörigkeit mit Wirkung ab dem 1. Januar 2006 auf 24 Arbeitstage. Ebenso wie die Vorgängerregelung lässt auch die Urlaubsstaffelung nach § 7 Ziff. 2 Abs. 3 MTV 2005 das erste Beschäftigungsjahr unberücksichtigt, wenn es - wie im Falle der Klägerin - kein volles Kalenderjahr ist (§ 7 Ziff. 2 Abs. 4 Satz 1 MTV 2005). Einen darüber hinausgehenden Urlaubsanspruch hat die Klägerin aufgrund ihrer 10-jährigen Betriebszugehörigkeit nicht erworben.
III. Die Klägerin hat nach § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
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Jacob |