Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 03.09.2012


BPatG 03.09.2012 - 8 W (pat) 56/08

Patentbeschwerdeverfahren – Heuwerbungsmaschine - öffentliche Zugänglichkeit – Nutzung auf offen einsehbaren Feldern – Transport auf öffentlichen Straßen


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
8. Senat
Entscheidungsdatum:
03.09.2012
Aktenzeichen:
8 W (pat) 56/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 103 30 383

hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2012 durch den Richter Dr. agr. Huber als Vorsitzenden sowie den Richter Kätker, die Richterin Dr.-Ing. Prasch und den Richter Dr.-Ing. Dorfschmidt

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss der Patentabteilung 23 vom 14. Juli 2008 aufgehoben und das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht erhalten:

Ansprüche 1 bis 13 gemäß „Hauptantrag“, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 2012,

mit der Maßgabe, dass jeweils den im Oberbegriff des Anspruchs 1 stehenden Begriffen „Maschinenbalken (7, 8)“ das Wort „seitliche“ voranzustellen ist

und dass nach den Wörtern „auf dem Boden abstützbaren Arbeitskreiseln (12) sowie“ zusätzlich der bestimmte Artikel „den“ eingefügt wird

(„Heuwerbungsmaschine (1), insbesondere …, mit an seitlichen Maschinenbalken (7, 8) angeordneten und über Stützräder (13) auf dem Boden abstützbaren Arbeitskreiseln (12) sowie den seitlichen Maschinenbalken (7, 8) in Arbeitsfahrtrichtung (1.4) vorgeordneten Rahmenteilen (14, 15), wobei seitlich neben einem zentralen Maschinenbalken (6) vorgesehene seitliche Maschinenbalken (7, 8) …"),

Beschreibung gemäß Patentschrift,

Zeichnung, Figuren 1 bis 5 gemäß Patentschrift.

Gründe

I. 

1

Das Patent 103 30 383 B4 mit der Bezeichnung „Heuwerbungsmaschine“ ist am 4. Juli 2003 beim Patentamt angemeldet und dessen Erteilung am 29. März 2007 veröffentlicht worden.

2

Mit Schriftsatz vom 6. Juni 2007, eingegangen am gleichen Tag, hat die Einsprechende gegen das Patent Einspruch erhoben. Sie hat den Einspruch auf mangelnde Patentfähigkeit und unzureichende Offenbarung gestützt (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 und 2 PatG). Zur Begründung der mangelnden Patentfähigkeit hat sie sich auf die bereits im Prüfungsverfahren behandelten Druckschriften DE 296 10 307 U1 (D1) und DE 295 10 537 U1 (D2) bezogen und zudem eine offenkundige Vorbenutzung eines Kreiselheuers KH60 der Firma F… in G…, geltend gemacht, der vom Landwirt B… vor Dezember 1994 umgebaut worden und seit Dezember 1994, spätestens seit der Heuernte 1995, in dessen landwirtschaftlichen Betrieb sowie auf nachbarschaftlichen Feldern zur Arbeit eingesetzt worden sei. Den Umbau habe der Schmied W… vorgenommen. Zur Dokumentation dieses Benutzungsgegenstandes hat die Einsprechende Fotos gemäß Anlage 1 bis 4 zum Einspruchsschriftsatz, eine eidesstattliche Erklärung des Herrn B… (Anlage 5) sowie eine „Bestätigung“ von Herrn W…(Anlage 6) eingereicht. Weiter hat sie Zeugenbeweis sowie die Inaugenscheinnahme des o. g. Kreiselheuers angeboten. Im Laufe des Verfahrens hat sich die Einsprechende ergänzend auch auf die von der Patentabteilung eingeführte Druckschrift EP 0 772 968 A1 bezogen.

3

Die Patentabteilung 23 des Deutschen Patent- und Markenamts hat das Patent mit im Anschluss an die Anhörung vom 14. Juli 2008 verkündeten Beschluss widerrufen. In der schriftlichen Abfassung des Beschlusses, die das Datum 17. Juli 2008 trägt, hat die Patentabteilung die Auffassung vertreten, dass das Patent sowohl in der erteilten Fassung als auch in der Fassung damals vorgelegter und geltender Hilfsanträge 1 und 2 nicht rechtsbeständig sei, weil der Fachmann in Kenntnis der von der Einsprechenden aufgegriffenen und bereits im Prüfungsverfahren in Betracht gezogenen Druckschriften DE 296 10 307 U1 (D1) und DE 295 10 537 U1 (D2) in naheliegender Weise zum Gegenstand des jeweiligen Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung bzw. nach den Hilfsanträgen 1 und 2 gelange. Auf die von der Einsprechenden behauptete und von der Patentinhaberin bestrittene offenkundige Vorbenutzung eines umgebauten Kreiselheuers komme es daher nicht an.

4

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin. Sie hat zum Stand der Technik nach D1 und D2 ausgeführt, dass dieser sich nach D1 einer anderen Art der Stabilisierung der seitlichen Maschinenbalken bediene als das Streitpatent, nämlich mittels schräg nach vorne zur Anhängevorrichtung angestellter Verbindungsstreben o. ä. und dass die Heuwerbungsmaschine nach D2 einen durchgängigen, nicht verschwenkbaren Rahmen für die Arbeitskreisel aufweise. Für den Fachmann gebe es daher ohne rückschauende Betrachtung keinen Anlass für eine Kombination der Lehren von D1 und D2 und eine solche könne auch nicht zum Patentgegenstand nach dem erteilten Anspruch 1 führen.

5

Zum druckschriftlichen Stand der Technik nach der EP 0 772 968 A1 hat die Patentinhaberin noch auf ihre erstinstanzliche Eingabe vom 2. Juli 2008 verwiesen, wonach bei dem dort beschriebenen Gegenstand keine Rahmenteile vorgesehen seien, die ein durchgehendes Zugstangenelement bilden könnten.

6

Die Patentinhaberin bestreitet die von der Einsprechenden geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung weiter. Die öffentliche Zugänglichkeit dieser Maschine i. S. v. PatG § 3 sei nicht belegt und auch genaue Zeit- und Ortsangaben hierzu fehlten. Außerdem sieht die Patentinhaberin Unterschiede zwischen dem Patentgegenstand nach Anspruch 1 und dem auf den Fotos nach Anlage 1 bis 4 zum Einspruchsschriftsatz abgebildeten Kreiselheuer, z. B. im oberen Bild nach Anlage 4, wo die Stabilisierungsstrebe nach dem vorletzten Kreiselende und dem letzten hinteren Kreisel nicht mehr stabilisieren könne. Vor allem ergebe eine Auswertung dieser Fotografien unter Berücksichtigung des gegenüber dem Serienmodell ersichtlichen zusätzlichen hochgeklappten Rads nebst verschiedener weiterer Modifikationen und Markierungen, dass die umgebaute Maschine kein durchgehendes Zugstangenelement mit mindestens einem als Trennstelle ausgebildetem Rahmenteil habe. Vielmehr seien die behaupteten Trennstellen eindeutig Verbindungsstellen. Demgemäß werde die Maschine zum Straßentransport auch nicht in einer nach rückwärts verklappten Position der Seitenteile gefahren, sondern in einer sog. Langfahrstellung mit Hilfe einer seitlich angebrachten Transportdeichsel.

7

Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 2012 Patentansprüche 1 bis 13 gemäß „Hauptantrag“ überreicht. Hilfsweise hat sie das Patent mit Ansprüchen nach den Hilfsanträgen 1 bis 4, jeweils eingereicht am 25. Januar 2012, verteidigt. Für die jeweiligen Hauptansprüche soll nach den Ausführungen der Patentinhaberin zudem die Maßgabe gelten, dass jeweils den im Oberbegriff des Anspruchs 1 stehenden Begriffen „Maschinenbalken (7, 8)" das Wort „seitliche“ hinzuzufügen ist.

8

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet mit den eingefügten Adjektiven „seitliche“ sowie dem vom Senat aus redaktionellen Gründen nach den Wörtern „und über Stützräder (13) auf dem Boden abstützbaren Arbeitskreiseln (12) sowie“ noch eingefügten Artikel „den“ wie folgt:

9

„Heuwerbungsmaschine (1), insbesondere zum Zetten und Wenden von Halmgut, mit an seitlichen Maschinenbalken (7, 8) angeordneten und über Stützräder (13) auf dem Boden abstützbaren Arbeitskreiseln (12) sowie den seitlichen Maschinenbalken (7, 8) in Arbeitsfahrtrichtung (1.4) vorgeordneten Rahmenteilen (14, 15), wobei seitlich neben einem zentralen Maschinenbalken (6) vorgesehene seitliche Maschinenbalken (7, 8) mit ihren zugeordneten Rahmenteilen (14, 15) aus einer sich in etwa quer zur Arbeitsfahrtrichtung (1.4) erstreckenden Arbeitsstellung in eine in etwa parallel zur Arbeitsfahrtrichtung (1.4) verschwenkte Transportstellung überführbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Rahmenteile (14, 15) der in Arbeitsstellung überführten seitlichen Maschinenbalken (7, 8) ohne einen dazwischen angeordneten Rahmenteil oder zusammen mit einem dem zentralen Maschinenbalken zugeordneten Rahmenteil (16) als durchgehendes Zugstangenelement mit zumindest einer Trennstelle (17, 18) ausgebildet sind, welches sich durchgehend von dem einen Ende eines seitlichen Maschinenbalkens (7, 8) zu dem anderen äußeren Ende des anderen seitlichen Maschinenbalkens (7, 8) erstreckt.“

10

Wegen des Wortlauts der geltenden Unteransprüche 2 bis 13 sowie der Anspruchssätze gemäß Hilfsantrag 1 bis Hilfsantrag 4 wird auf die Akten verwiesen.

11

Die Patentinhaberin stellt den Antrag,

12

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen aufrecht zu erhalten:

13

Ansprüche 1 bis 13 gemäß „Hauptantrag“, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 2012,

14

Beschreibung gemäß Patentschrift,

15

Zeichnung, Figuren 1 bis 5 gemäß Patentschrift,

16

hilfsweise das Patent mit den Ansprüchen 1 bis 13 gemäß Hilfsantrag 1, eingereicht am 25. Januar 2012, im Übrigen wie zum Hauptantrag, beschränkt aufrecht zu erhalten,

17

weiter hilfsweise das Patent mit den Ansprüchen 1 bis 3 gemäß Hilfsantrag 2, eingereicht am 25. Januar 2012, im Übrigen wie zum Hauptantrag, beschränkt aufrecht zu erhalten,

18

weiter hilfsweise das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2012 überreichten Ansprüchen 1 bis 11 gemäß Hilfsantrag 3, im Übrigen wie zum Hauptantrag, beschränkt aufrecht zu erhalten,

19

weiter hilfsweise das Patent mit den Ansprüchen 1 bis 6 gemäß Hilfsantrag 4, eingereicht am 25. Januar 2012, im Übrigen wie zum Hauptantrag, beschränkt aufrecht zu erhalten,

20

mit der Maßgabe, dass jeweils den im Oberbegriff des Anspruchs 1 stehenden Begriffen „Maschinenbalken (7, 8)“ das Wort „seitliche“ hinzuzufügen ist.

21

Die Einsprechende stellt den Antrag,

22

die Beschwerde zurückzuweisen.

23

Die Einsprechende hat dem Vorbringen der Patentinhaberin widersprochen. Sie macht geltend, dass die technische Lehre des Streitpatents im Hinblick auf die in Anspruch 1 gegebene Alternative, wonach ohne zentralen Rahmenteil und mit nur einer Trennstelle in der Arbeitsstellung ein durchgehendes Zugstangenelement gebildet werden könne, nicht vollständig und nachvollziehbar wiedergegeben sei. Nachdem ein diesbezügliches Ausführungsbeispiel nicht im Streitpatent enthalten sei, schaffe dieses Merkmal einen unbegrenzten und nicht definierten Spielraum zur Umsetzung des Gegenstandes des Streitpatents.

24

Die Einsprechende hat ferner vorgetragen, dass der Gegenstand nach Anspruch 1 des Streitpatents durch den Stand der Technik nach D1 und D2 nahe gelegt werde, denn die D1 offenbare bereits eine Trennstelle an der jeweiligen Zugstrebe, um die Verschwenkung der seitlichen Rahmenteile zu gewährleisten und die D2 beschreibe bereits ein durchgehendes Zugstangenelement über alle Kreisel hinweg. Zudem müsse die Maschine nach D2 im Hinblick auf die vorgeschriebene Transportbreite im Straßenverkehr ebenfalls in eine Transportstellung überführbar sein, so dass der Fachmann bei dieser Maschine auf mindestens eine Trennstelle im Zugstangenelement schließen müsse, um die Maschine transportieren zu können.

25

Zum technischen Aufbau des Kreiselheuers nach der behaupteten Benutzungshandlung hat die Einsprechende vorgetragen, dass dort ein von einem äußeren Ende des seitlichen Maschinenbalkens zum äußeren Ende des gegenüberliegenden seitlichen Maschinenbalkens durchlaufendes Zugstangenelement vorhanden sei, denn das als Zugstangenelement ausgebildete U-Profil sei an einer Querstrebe des (äußeren) Schutzbügels angeschweißt. Somit sei die Variante des Anspruchs 1 mit zentralem Maschinenbalken durch diesen Stand der Technik neuheitsschädlich vorweggenommen.

26

Im Übrigen sei der ab 1995 eingesetzte Kreiselheuer auch in nachbarschaftlichen Betrieben verwendet worden, so dass schon deshalb auch eine breitere fachkundige Öffentlichkeit hiervon Kenntnis erlangen konnte.

27

Der Senat hat zur behaupteten Benutzung des umgebauten Kreiselheuers F…KH60 Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme des betreffenden Kreiselheuers und Vernehmung des Landwirts H… B… und sowie des ehemaligen Entwicklungsleiters der Einsprechenden, J… P…, als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 12. Juli 2012 verwiesen.

28

Im Anschluss an die Beweisaufnahme hat die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 2012 vorgetragen, dass die Aussage des Zeugen B… ergeben habe, dass die Maschine nur in der sog. Langfahrstellung, einer Fahrrichtung quer zur Arbeitsrichtung, transportiert worden sei. Hierzu sei die Maschine mit großem Aufwand umgerüstet worden, insbesondere mit einem zusätzlichen Transportrad. Auch die rot-weiß-roten Warnkennzeichnungen an der Maschine, die gemäß § 30 StVZO für den Fahrbetrieb auf öffentlichen Straßen anzubringen seien, befänden sich an der in Anlage 1 bis 4 zum Einspruchsschriftsatz abgebildeten und bei der Inaugenscheinnahme vorgestellten Maschine nur an solchen Stellen, an denen sie für eine Langfahrstellung auf öffentlichen Straßen erforderlich seien. Die Aussage des Zeugen B… habe ferner gezeigt, dass die Verschraubung am Stabilisationsrahmen der Maschine beim Arbeitseinsatz der verbesserten Bodenanpassung diene, während das Lösen der Verschraubung zum Zwecke des Verklappens der Maschine lediglich der platzsparenden Aufbewahrung der Heuwerbungsmaschine bei der Einwinterung im Feldstadel diene.

29

Wie die Inaugenscheinnahme ferner ergeben habe, führe eine Verklappung der Seitenteile nach hinten zu einem fahrbaren Objekt mit über 3,20 m Breite, welches in dieser Form auf öffentlichen Straßen nicht betrieben werden dürfe. Nachdem in dieser verklappten Stellung der Heuwerbungsmaschine eine zulässige Straßentransportbreite nicht gewährleistet werde, sei auch die nicht zu entfernte Möglichkeit der Kenntnisnahme des Erfindungsgegenstandes durch Dritte ausgeschlossen. Eine solche Verwendung der Heuwerbungsmaschine durch den Landwirt B… möge zwar gelegentlich (z. B. bei dem Einfahren in den Feldstadel)stattgefunden haben, jedoch ohne die Möglichkeit der Erkennbarkeit der Merkmale des Patentgegenstandes. Damit sei aber der Patentgegenstand nicht benutzt worden.

30

Die Einsprechende hat im Anschluss an die Beweisaufnahme vorgetragen, dass die Heuwerbungsmaschine des Landwirts B… genau den Merkmalen des Anspruchs 1 des Streitpatents entspreche. Herr B… habe die Maschine dabei so umgebaut, dass beide Funktionen, also sowohl eine Langfahreigenschaft als auch eine Verklappung der Seitenteile nach hinten zum Zwecke des Transports erhalten geblieben seien. Er habe nicht gewusst, dass die Maschine in der verklappten Stellung eine Gesamtbreite von 3,20 m aufgewiesen habe. Auch wenn er die Maschine bei Straßenfahrten immer in der Langfahrposition betrieben und sie auch so abgestellt habe, sei die zweite Funktion der Verklappung der Seitenteile weiterhin möglich gewesen. Diese Funktion der Verklappung sei auch einer Mehrzahl von Personen bekannt gewesen, wie die Beweisaufnahme ergeben habe. Dieser Personenkreis bestehe aus dem Schwager des Herrn B…, den Nachbarn, die ihrerseits zumindest die theoretische Möglichkeit der Überprüfung der Maschine gehabt hätten, den Mitarbeitern der Reparaturwerkstatt für Landmaschinen und dem Schmied, der damals den Umbau der Maschine durchgeführt habe. B… habe zudem keine Geheimhaltung angestrebt. Daher habe für Dritte die nicht zu entfernte Möglichkeit der Kenntnisnahme der patentgemäßen Verklappung der Maschine zu Transportzwecken bestanden, so dass eine offenkundige Vorbenutzung jedenfalls dadurch erfolgt sei.

31

Im Übrigen biete auch der zweifellos offenkundige Transport der Maschine in der Langfahrstellung für den Fachmann die Anregung, diese viel zu lange Maschine kürzer zu gestalten, so dass bereits hierdurch für den Fachmann die Auftrennung des Rahmens naheliegend gewesen sei.

32

Wegen weiterer Einzelheiten im Übrigen wird auf die Akten verwiesen.

II.

33

Die zulässige Beschwerde ist insoweit begründet, als sie antragsgemäß zur beschränkten Aufrechterhaltung des Patents führt.

34

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag stellt eine patentfähige Erfindung i. S. d. § 1 bis § 5 PatG dar, die auch vollständig offenbart worden ist.

35

A. Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist auf eine Heuwerbungsmaschine gerichtet.

36

Das Streitpatent kommt zu der Feststellung, dass eine aus dem Stand der Technik bekannte Heuwerbungsmaschine mit großer Arbeitsbreite und zwei neben einem Zentralbalken um eine senkrechte Achse zum Straßentransport verschwenkbaren Maschinenbalken nach der DE 296 10 307 U1 (D1) im Arbeitseinsatz einer aufwändigen Stabilisierung durch zusätzliche Zugstreben bedürfe (vgl. Absatz 0002 der geltenden Beschreibung gemäß Patentschrift). Eine weitere bekannte Heuwerbungsmaschine mit großer Arbeitsbreite gemäß der DE 295 10 537 U1 (D2) sei zwar mit einem vorgeordneten Stabilisierungsrahmen versehen, könne jedoch nicht in eine Straßentransportform überführt werden, weil eine Aufteilung des Rahmenbalkens in einen linken und rechten Teilrahmenbalken nicht vorgesehen sei (Abs. 0003).

37

Daher stellt sich das Streitpatent die Aufgabe, eine Heuwerbungsmaschine für große Arbeitsbreiten mit verbesserten Stabilitätseigenschaften in der Arbeitsstellung zu schaffen (Abs. 0004).

38

Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beschreibt demgemäß eine Heuwerbungsmaschine mit den folgenden Merkmalen:

39

1. Die Heuwerbungsmaschine weist an seitlichen Maschinenbalken angeordnete und über Stützräder auf dem Boden abstützbare Arbeitskreisel auf.

40

1.1 Den seitlichen Maschinenbalken sind in Arbeitsfahrtrichtung Rahmenteile vorgeordnet.

41

1.2 Die seitlichen Maschinenbalken sind neben einem zentralen Maschinenbalken vorgesehen.

42

1.3 Die seitlichen Maschinenbalken sind mit ihren zugeordneten Rahmenteilen aus einer sich in etwa quer zur Arbeitsfahrtrichtung erstreckenden Arbeitsstellung in eine in etwa parallel zur Arbeitsfahrtrichtung verschwenkte Transportstellung überführbar.

43

1.3.1 Die Rahmenteile der in Arbeitsstellung überführten seitlichen Maschinenbalken sind als durchgehendes Zugstangenelement mit zumindest einer Trennstelle ohne eine dazwischen angeordneten Rahmenteil ausgebildet.

44

1.3.1’ Die Rahmenteile der in Arbeitsstellung überführten seitlichen Maschinenbalken sind zusammen mit einem dem zentralen Maschinenbalken zugeordneten Rahmenteil als durchgehendes Zugstangenelement mit zumindest einer Trennstelle ausgebildet.

45

1.3.1.1 Das durchgehende Zugstangenelement erstreckt sich durchgehend von dem einen Ende eines seitlichen Maschinenbalkens zu dem anderen äußeren Ende des anderen seitlichen Maschinenbalkens.

46

Die patentgemäße Heuwerbungsmaschine nach Anspruch 1 weist an seitlichen Maschinenbalken angeordnete Arbeitskreisel auf (Merkmal 1.), wobei die seitlichen Maschinenbalken neben einem zentralen Maschinenbalken liegen (Merkmal 1.2). Ferner sind in Arbeitsfahrtrichtung vor den seitlichen Maschinenbalken Rahmenteile angeordnet (Merkmal 1.1), die zusammen mit den zugehörigen seitlichen Maschinenbalken aus einer Arbeitsstellung (in etwa quer zur Arbeitsfahrtrichtung) in eine Transportstellung (in etwa parallel zur Arbeitsfahrtrichtung) überführbar sind (Merkmal 1.3).

47

Nach den Merkmalsalternativen 1.3.1 und 1.3.1’ sind die Rahmenteile, die den seitlichen Maschinenbalken vorgeordnet sind, bei in Arbeitsstellung überführten seitlichen Maschinenbalken als durchgehendes Zugstangenelement ausgebildet, wobei unter einem durchgehenden Zugstangenelement gemäß Merkmal 1.3.1.1 ein solches zu verstehen ist, das sich von dem einen Ende eines seitlichen Maschinenbalkens durchgehend zu dem anderen äußeren Ende des anderen seitlichen Maschinenbalkens erstreckt. Dadurch können auch im Zentralbereich Kräfte aufgenommen werden (vgl. Abs. 0008, letzter Satz). Die genannten Merkmalsalternativen unterscheiden sich voneinander lediglich dadurch, dass das durchgehende Zugstangenelement entweder zusammen mit einem dem zentralen Maschinenbalken zugeordneten Rahmenteil, das den vorgeordneten Rahmenteilen der seitlichen Maschinenbalken gleichsam zwischengeschaltet ist, als zugaufnehmendes Element ausgebildet ist (Merkmal 1.3.1’) oder ohne zwischengeschaltetes Rahmenteil, also ausschließlich bestehend aus den seitlichen Maschinenbalken vorgeordneten Rahmenteilen, ausgestaltet ist (Merkmal 1.3.1). Den beiden Alternativen ist wiederum gemeinsam, dass das durchgehende Zugstangenelement mit zumindest einer Trennstelle ausgebildet ist, um die Maschine von der Arbeitsstellung in die Transportstellung überführen zu können (vgl. z. B. Abs. 0017).

48

Aus der Würdigung des Standes der Technik nach der DE 295 10 537 U1 (D1) in Abs. 0003 der Streitpatentschrift ist ersichtlich und herleitbar, dass sich der Begriff „Transportstellung“ auf den Transport der Maschine im öffentlichen Straßenverkehr bezieht. Zwar ist der Transport einer überbreiten landwirtschaftlichen Maschine, wie einer Heuwerbungsmaschine, lediglich im Sinne eines bloßen Verfahrens der Maschine auf der Wiese ohne Arbeitsverrichtung auch in Arbeitsstellung, jedoch bei abgeschaltetem Gelenkwellantrieb und vom Boden abgehobenen Zinkenkreiseln, möglich. Eine derartige Transportmöglichkeit solcher überbreiter Maschinen wird allerdings im landtechnischen Sinne nicht als Transportposition oder -stellung bezeichnet. Diese Bezeichnung findet im Zusammenhang mit für den Straßenverkehr überbreiten Maschinen daher ausschließlich für die Herstellung einer für den Straßenverkehr tauglichen und zulässigen Konfiguration der Maschine Verwendung. Nach alledem ist der Begriff „Transportstellung“ im geltenden Patentanspruch 1 nach Hauptantrag als eine Konfiguration der Maschine zu verstehen, die für den Transport im Straßenverkehr bestimmt, geeignet und dementsprechend i. S. d. Straßenverkehrszulassungsordnung zulässig ist, denn die beanspruchte Lehre ist von ihrem Wortsinn her nicht semantisch auszulegen, sondern nach ihrem technischen Sinngehalt aus der Sicht des angesprochenen Fachmanns, einem Diplom-Ingenieur des allgemeinen Maschinenbaus oder Diplom-Agraringenieur mit zumindest Fachhochschulausbildung und mehrjähriger Erfahrung in der Konstruktion landwirtschaftlicher Maschinen zur Futterbereitung und -ernte, zu beurteilen (st. Rspr. BGH GRUR 2011, 129 - Fentanyl-TTS).

49

B. Im Text des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag war eine redaktionelle Korrektur erforderlich.

50

Um den sprachlichen Sinnzusammenhang sicher zu stellen, wurde seitens des Senats durch die Einfügung des Artikels „den“ nach den Wörtern „und über Stützräder (13) auf dem Boden abstützbaren Arbeitskreiseln (12) sowie“ im Einklang mit dem erteilten Anspruch 1 die Anordnung der Rahmenteile (14, 15) gegenüber den (seitlichen) Maschinenbalken deutlich gemacht. Diese Anspruchsformulierung entspricht zusammen mit der von der Patentinhaberin ausdrücklich beantragten Einfügung des Ausdrucks „seitlichen“ vor „Maschinenbalken (7, 8)“ insoweit wieder exakt dem Wortlaut des Oberbegriffs der erteilten Anspruchsfassung, auf den die Patentinhaberin an dieser Stelle erkennbar wieder zurückkommen wollte. Das Fehlen des Artikels „den“ ist dabei als offensichtlicher Übertragungsfehler anzusehen, der mit der genannten redaktionellen Einfügung zu beheben war, ohne den Bedeutungsumfang des Patentanspruchs zu verändern.

51

C. Mit dem Patentanspruch 1 und den zugehörigen Unteransprüchen 2 bis 13 nach Hauptantrag ist das Patent in zulässiger Weise beschränkt.

52

Die Merkmale 1. bis 1.3.1 und 1.3.1’ (vgl. Merkmalsgliederung in Punkt II. A.) des geltenden Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag beruhen auf dem erteilten Anspruch 1. Das beschränkend hinzugenommene Merkmal 1.3.1.1, wonach sich das Zugstangenelement durchgehend von dem einen Ende eines seitlichen Maschinenbalkens zu dem anderen äußeren Ende des anderen seitlichen Maschinenbalkens erstrecken soll, findet seine Stütze in der geltenden Beschreibung gemäß Streitpatentschrift, Abs. 0008, letzter Satz. Die Merkmale des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag waren auch in den ursprünglichen Unterlagen (Anspruch 1; Beschreibung, Seite 6, Zeilen 18 bis 23) als zur Erfindung gehörend offenbart.

53

Die geltenden nachgeordneten Ansprüche 2 bis 13 beruhen jeweils ganz (Ansprüche 2 und 4 bis 13) oder teilweise (Anspruch 3) auf den erteilten sowie den ursprünglichen Ansprüchen 2 bis 13 und sind daher ebenfalls zulässig.

54

D. Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag kennzeichnet eine vollständige und nacharbeitbare Lehre zum technischen Handeln.

55

Die Einsprechende rügt sinngemäß, dass die alternative Ausgestaltung nach Merkmal 1.3.1 (vgl. Punkt II. A.), wonach die (vorgeordneten) Rahmenteile der in Arbeitsstellung überführten seitlichen Maschinenbalken als durchgehendes Zugstangenelement mit zumindest einer Trennstelle aber ohne einen dazwischen angeordneten Rahmenteil ausgebildet sind, keine nachvollziehbare und vollständige technische Lehre erkennen lasse und daher zu einem unbegrenzten und nicht definierten Spielraum zur Umsetzung dieser Lehre, mithin auch zu einem nicht definierten Schutzbereich führe, denn ein textliches oder zeichnerisches Ausführungsbeispiel hierzu sei in der Patentschrift nicht gegeben.

56

Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Das Merkmal 1.3.1 lässt für einen maßgeblichen Fachmann (s. o.) zweifelsfrei erkennen, dass die Rahmenteile der in Arbeitsstellung überführten seitlichen Maschinenbalken ohne einen dazwischen angeordneten Rahmenteil, also die (beiden vorgeordneten) Rahmenteile der seitlichen Maschinenbalken selbst ohne weitere Bauteile, als durchgehendes Zugstangenelement mit zumindest einer Trennstelle (zum Zwecke der Herstellbarkeit der Transportstellung) ausgebildet sein sollen. Dabei ist dem zentralen Maschinenbalken dann - anders als dies in Merkmal 1.3.1’ gefordert wird - kein eigenes Rahmenteil zugeordnet, so dass das durchgehende Zugstangenelement ausschließlich durch die beiden an mindestens einer Trennstelle verbundenen Rahmenteile der seitlichen Maschinenbalken gebildet werden kann.

57

Nach alledem lässt das technische Handeln gemäß dem alternativen Merkmal 1.3.1 für den maßgeblichen Fachmann keinen Ausgestaltungsspielraum offen, der als nicht vollständige technische Lehre zu betrachten wäre und einen nicht definierten Schutzbereich umfassen würde.

58

E. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ist neu.

59

Aufgrund der Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen B. und P. sowie des Ergebnisses der Inaugenscheinnahme ist der Senat - wie nachfolgend zur Frage der erfinderischen Tätigkeit noch dargelegt wird (Punkt F b)a)) - zwar davon überzeugt, dass der Gegenstand der von der Einsprechenden behaupteten Vorbenutzung, wie er durch die Fotos gemäß Anlage 1 bis 4 zum Einspruchsschriftsatz dokumentiert ist und durch die Aussage des Zeugen B. erläutert wurde, zum Stand der Technik gehört. Von dieser vorbenutzten Heuwerbungsmaschine unterscheidet sich der Patentgegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag jedoch dadurch, dass die seitlichen Rahmenteile aus der Arbeitsstellung in eine in etwa parallel zur Arbeitsfahrtrichtung verschwenkte Transportstellung (im Sinne des Streitpatents, s. o.) überführbar sind (Merkmal 1.3, vgl. Merkmalsgliederung gemäß Punkt II. A.), dass ferner die Rahmenteile der in Arbeitsstellung überführten seitlichen Maschinenbalken als durchgehendes Zugstangenelement mit zumindest einer Trennstelle ohne einen dazwischen angeordneten Rahmenteil ausgebildet sind (Merkmal 1.3.1), dass die Rahmenteile zusammen mit einem dem zentralen Maschinenbalken zugeordneten Rahmenteil als durchgehendes Zugstangenelement mit zumindest einer Trennstelle ausgebildet sind (Merkmal 1.3.1’) und dass sich das Zugstangenelement durchgehend von dem einen Ende eines seitlichen Maschinenbalkens zum anderen äußeren Ende des anderen seitlichen Maschinenbalkens erstreckt (Merkmal 1.3.1.1).

60

Die DE 296 10 307 U1 (D1) sowie die EP 0 772 968 A1 offenbaren eine Heuwerbungsmaschine mit vor den Maschinenbalken schräg nach vorne verlaufenden Verbindungsstreben zur Stabilisierung des aus zwei verschwenkbaren Rahmenteilen bestehenden Maschinenbalkens. Der Patentgegenstand unterscheidet sich von diesem Stand der Technik durch seine als durchgehendes Zugstangenelement ausgebildeten Rahmenteile mit Trennstellen (Merkmal 1.3.1 und 1.3.1’) sowie dadurch, dass das Zugstangenelement von einem äußeren Ende des seitlichen Maschinenbalkens zum anderen äußeren Ende des anderen Maschinenbalkens verläuft (Merkmal 1.3.1.1).

61

Von der Heuwerbungsmaschine nach der DE 295 10 537 U1 (D2) unterscheidet sich der Gegenstand nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag durch zumindest eine Trennstelle in dem durchgehenden Zugstangenelement (Merkmale 1.3.1 bzw. 1.3.1’).

62

F. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag, dessen gewerbliche Anwendbarkeit nicht in Zweifel steht, beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

63

F. a) Der im Verfahren befindliche druckschriftliche Stand der Technik ist weder einzeln für sich genommen noch in einer Zusammenschau betrachtet geeignet, einem Fachmann die Merkmale einer Heuwerbungsmaschine nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag nahe zu legen.

64

Durch die DE 296 10 307 U1 (D1) mag eine Heuwerbungsmaschine mit den Merkmalen 1. bis 1.3 (vgl. Merkmalsgliederung unter A.) bekannt geworden sein. Zur Stabilisierung der seitlichen Maschinenbalken werden hier jedoch nicht die vor den seitlichen Maschinenbalken in Arbeitsfahrtrichtung vorgeordneten Rahmenteile (vgl. Fig. 1 - 3 und 6, 7 der D1) als durchgehendes Zugstangenelement ausgebildet, wie dies beim Patentgegenstand der Fall ist, sondern es werden schräg nach vorne hin angestellte und am vorderen Ende (6) der Zugdeichsel angelenkte Verbindungsstreben (5, 5’; vgl. Fig. 1 bis 3) bzw. seil- oder kettenförmige Zugverbindungen (5’’; vgl. Fig. 6, 7) als stabilisierende Elemente eingesetzt. Die den seitlichen Maschinenbalken vorgeordneten Rahmenteile enden bei der Heuwerbungsmaschine nach D1 vor dem Mittelteil (1) der Maschine und verlaufen nicht durchgängig über dieses hinweg, so dass sie das Einklappen der seitlichen Maschinenbalken in die Transportstellung (vgl. Fig. 2) weder behindern können noch hierzu eine besondere zusätzliche Maßnahme wie z. B. das Öffnen einer Trennstelle erforderlich machen. Damit beruht die Stabilisierung der seitlichen Maschinenbalken bei der Heuwerbungsmaschine nach der D1 auf einem anderen Konstruktionsprinzip als das patentgemäße. Die Merkmale 1.3.1 bzw. 1.3.1’ des geltenden erteilten Anspruchs 1 konnten dem maßgeblichen Fachmann (vgl. hierzu Punkte A. und D.) daher durch die D1 weder vermittelt noch nahe gelegt werden.

65

Ein durchgängiger, auch über das den Deichselanschluss der Heuwerbungsmaschine tragende Mittelteil verlaufender Stabilisierungsrahmen (1), der dem Maschinenbalken (Rahmenbalken 2) der Maschine vorgeordnet ist und u. a. auch nur dort vorgesehen sein kann (vgl. Anspruch 1; „… (ein- oder beidseitig) zum Rahmenbalken angeordnet …“), ist in der DE 295 10 537 U1 (D2) dargestellt (Fig. 1) und beschrieben. Allerdings ist eine Verschwenkung seitlicher Rahmenteile zur Überführung der Heuwerbungsmaschine in die Transportstellung nicht vorgesehen, so dass Merkmal 1.3 bei der Maschine nach der D2 nicht verwirklicht ist. Auch die folgenden Merkmale 1.3.1 oder 1.3.1’ können durch die D2 weder vorweg genommen noch nahegelegt werden, denn eine Trennstelle in dem als durchgehendes Zugstangenelement ausgebildeten vorgeordneten Rahmenteil ist nicht vorgesehen, da eine Verschwenkung in die Transportstellung nicht möglich ist.

66

Sollte daher ein maßgeblicher Fachmann bei einer Heuwerbungsmaschine nach der D2 eine Überführbarkeit in eine Transportstellung nach dem Vorbild der Maschine nach D1 anstreben, würde er auf Grund der Zusammenschau der Lehren nach D1 und D2 nur wieder die durchgängige Verbindung des vorgeordneten Rahmenteils nach D2 aufgeben und dann die einzelnen seitlichen Maschinenbalken klappbar ausgestalten und sie in Arbeitsposition nach dem Vorbild der Lehre nach der D1 mit Zugstreben sichern.

67

Nach alledem kann der Senat der Auffassung der Patentabteilung nicht folgen, wonach der maßgebliche Fachmann in Kenntnis der Druckschriften D1 und D2 in naheliegender Weise zum Gegenstand des angegriffenen Patents gelangen könne.

68

Auch die Hinzunahme der Lehre nach der EP 0 772 968 A1 kann hierzu keinen Beitrag leisten, denn die dort beschriebene Heuwerbungsmaschine weist lediglich reine Schutzbügel vor den Arbeitskreiseln auf (vgl. Fig. 1), die jedoch eine Stabilisierungsfunktion auf Grund einer durchgängig über die Maschinenbreite ausgebildete Zugstangenfunktion nicht erfüllen können. Die Stabilisierungsfunktion in Arbeitsstellung übernehmen bei dieser Maschine - ähnlich wie beim Stand der Technik nach der D1 - die als Verbindungsstreben wirkenden Hydraulikzylinder (41, 42) (vgl. Fig. 1).

69

F b) Auch der Gegenstand der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung ist nicht geeignet, die Lehre des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag nahe zu legen.

70

F b)a) Der Senat geht zwar davon aus, dass die umgebaute Heuwerbungsmaschine, wie sie im Wesentlichen aus den Fotografien nach Anlage 1 bis 4 zum Einspruchsschriftsatz ersichtlich ist, vor dem Zeitrang des Streitpatents offenkundig geworden ist und somit zum Stand der Technik gehört.

71

Auf Grund der glaubhaften Ausführungen des Zeugen Hans B…, wonach dieser ca. 1994/95 mit der Einrichtung eines Stabilisierungsrahmens an der Grundmaschine KH60 begonnen habe, die umgebaute Maschine daraufhin sowohl auf seinen Flächen benutzt als auch an Nachbarn verliehen habe und diese Maschine über die Sommermonate hinweg überwiegend an den zu bearbeitenden Wiesen bzw. auf seinem Hof abgestellt sowie immer wieder auf öffentlichen Verkehrsstraßen transportiert habe (Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 2012 (im folgenden: „Protokoll“), Seite 4), hat der Senat keinen Zweifel an der Offenkundigkeit der von Herrn B… auf der Basis der Ursprungsmaschine „Fahr, KH60“ umgebauten Heuwerbungsmaschine mit der Maschinen-Nummer „1046 -/4211“. Diese Maschine ist auf den Fotos gemäß Anlage 1 bis 4 zum Einspruchsschriftsatz ersichtlich. Die im Rahmen der Inaugenscheinnahme vorgestellte Heuwerbungsmaschine trägt das Typenschild wie in Anlage 1, Bild unten abgebildet (vgl. Protokoll, Seite 1, letzter Absatz) und ist mit der 2007 fotografierten Maschine bis auf verschleiß- bzw. betriebsbedingte Veränderungen (z. B. fehlendes Schutzblech auf dem vorderen Stützrad der vorgestellten Originalmaschine) identisch. Das Alter der Maschine bzw. ihr auf eine langjährige Benutzung hindeutender abgenutzter Zustand sprechen ebenso für die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage wie auch die Lebenserfahrung, wonach landwirtschaftliche Erntemaschinen auf offen einsehbaren Feldern, Zufahrten und Hofplätzen eingesetzt und dazu dorthin transportiert sowie dort (zumindest vorübergehend) abgestellt werden.

72

Damit steht nach Überzeugung des Senats fest, dass die Heuwerbungsmaschine mit ihren äußerlich sichtbaren und auch für interessierte Laien (insb. Landwirte) erkennbaren Merkmalen mehrere Jahre vor dem Zeitrang des Streitpatents einem uneingeschränkten Personenkreis nicht nur theoretisch zugänglich gewesen ist. Denn nicht nur die Nachbarn des Herrn B…, welche sich die Maschine gelegentlich ausgeliehen hatten, sondern ein völlig offener Personenkreis von auf der Straße bzw. zufällig, wenn nicht sogar wahrscheinlich (Landwirte der Umgegend) vorbeikommender landwirtschaftstechnisch interessierter Laien hätte die Möglichkeit gehabt, von der in Rede stehenden Maschine und ihren äußerlich sichtbaren Merkmalen Kenntnis zu nehmen. Die Umstände der Nutzung der Maschine auf öffentlich einsehbaren Wiesen und Flurstücken, der Transport auf öffentlichen Straßen sowie der Verleih der Maschine an Nachbarn lassen zudem erkennen, dass Herr B… eine Geheimhaltung seiner Maschine zu keinem Zeitpunkt angestrebt hatte. Ob darüber hinaus neben den Nachbarn noch weitere konkret benennbare Personen von der Maschine und ihrer Gestaltung Kenntnis erlangt haben (etwa der Schmied Georg W…, Mitarbeiter der landtechnischen Reparaturwerkstatt oder der Schwager B…), und ob diese Personen angesichts einer nicht vorhandenen Geheimhaltungsverpflichtung auch als Multiplikatoren der technischen Einzelheiten auftreten und Dritten ihre entsprechende Kenntnis hätten weiter geben können, bedarf damit keiner weiteren Klärung (zur Ersichtlichkeit der nach wie vor vorhandenen Verklappbarkeit der Maschine s. u.).

73

Im Übrigen scheint auch die Patentinhaberin die öffentliche Zugänglichkeit der Maschine als solche im Anschluss an die Beweisaufnahme nicht mehr bestreiten zu wollen.

74

F b)b) Die technische Lehre nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag wird durch die offenkundig gewordene umgebaute Heuwerbungsmaschine nicht verwirklicht oder nahe gelegt.

75

Dem Umbau der fraglichen Heuwerbungsmaschine lag ein serienmäßiger Kreiselheuer Fahr KH60 zugrunde. Diese Grundmaschine ist in einem von der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2012 überreichten Prospekt „Kreiselheuer“ der Firma Fahr, der offenbar aus dem Jahre 1970 stammt, auf der zweiten Innenseite (mittlere Bildreihe und Bild links unten) abgebildet. Diese Abbildungen zeigen eine frühe Generation dieses Maschinentyps, bei der ein Schutzbügel vor dem Wirkungsradius der Zinkenkreisel bzw. um diese herum noch nicht vorgesehen war. Zur Herstellung der Transportstellung konnten die seitlichen Maschinenbalken zusammen mit von diesen jeweils getragenen zwei Zinkenkreiseln nach rückwärts verschwenkt werden, während ein mittlerer Maschinenbalken mit ebenfalls zwei Zinkenkreiseln in einer Position quer zur Fahrtrichtung verblieb (vgl. zweite Innenseite, Mitte, rechtes Bild mit der Unterschrift „KH60 Transportstellung“).

76

Bei der von Herrn B… umgebauten Grundmaschine handelt es sich um eine der letzten Maschinengenerationen der Baureihe KH60, wie der noch bei der Einsprechenden tätige und früher maßgeblich an der Entwicklung der Heuwerbungsmaschine KH60 beteiligte Zeuge P… ausgesagt hat (vgl. Protokoll Seite 7, 1. Abs. unter „Zur Sache“). Diese Grundmaschine hatte, wie z. B. aus dem oberen Bild der Fotos gemäß Anlage 1 zum Einspruchsschriftsatz ersichtlich, einen Schutzbügel im Wesentlichen vor und um die äußeren Zinkenkreisel. Die Vermessung der umgebauten Heuwerbungsmaschine im Rahmen der Inaugenscheinnahme hat ergeben, dass bei vollständig hergestellter Verklappstellung - gemeint ist die serienmäßige Transportstellung der Grundmaschine, also das Verklappen der seitlichen Maschinenbalken nach rückwärts - die seitlichen Schutzbügel eine Gesamtbreite von drei Metern nicht überschreiten (vgl. Protokoll, Seite 2, 4. und 5. Absatz). Anders verhält es sich mit dem von Herrn B… im Rahmen des Umbaus der Maschine angebauten Spannrahmen (Stabilisierungsrahmen), der in dieser Stellung der Maschine zu einer Breite von 3,23 m führt (vgl. Seite 2, 6. Abs.) und damit die zulässige Straßentransportbreite für land- und forstwirtschaftliche Arbeitsgeräte von 3 m (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 StVZO) deutlich überschreitet.

77

Darüber hinaus führt die Herstellung der serienmäßig vorgesehenen Transportstellung durch Verklappen bei der umgebauten Maschine dazu, dass der über die zulässige Breite überstehende Stabilisierungsrahmen in dieser Stellung  aufgrund der nicht rechtwinkligen sondern leicht nach innen gerichteten Verklappung der seitlichen Maschinenbalken zu einer V-förmig divergierenden Konfiguration gelangt (vgl. Prospekt FAHR Kreiselheuer, 2. Innenseite, mittlere Bildreihe rechts). Im Falle eines Straßentransports in dieser Form würde dem Gegenverkehr damit an der breitesten Stelle (!) ein schräg nach außen weisendes, stabförmiges Metallteil entgegen ragen (vgl. auch Anlage 4 zum Einspruchsschriftsatz, oberes Foto, rechte Bildseite, Pfeil "Trennstelle").

78

All diese Umstände lassen einem Fachmann die serienmäßig vorgesehene Transportstellung der ursprünglichen Grundmaschine bei der umgebauten Maschine daher nicht mehr als geeignete Transportversion für den Straßenverkehr erscheinen. Auch der Zeuge B… selbst hat die umgebaute Maschine im Straßenverkehr dann tatsächlich nicht mehr in der verklappten Transportstellung der Ursprungsmaschine, sondern im Rahmen einer sog. "Langfahrstellung" bewegt (vgl. Protokoll, Seite 4, Abs. 8 und 9).

79

Um die Maschine in einer solchen Langfahrstellung transportieren zu können, waren zu diesem, bei der ursprünglichen Grundmaschine nicht vorgesehenen Transportmodus umfangreiche konstruktive und bauliche Umgestaltungen erforderlich, die der Zeuge auch größtenteils beschrieben hat (vgl. Protokoll, Seite 4; 10., 11. und 12. Absatz sowie Seite 5, 5. Abs.). So musste ein zusätzliches Stützrad an einer abklappbaren Strebe in der Mitte des mittleren Maschinenbalkens angebracht werden, welches in der Arbeitsstellung der Heuwerbungsmaschine schräg nach hinten und oben abragte (vgl. Anlage 1 zum Einspruchsschriftsatz, oberes Foto) und zeitweise noch mit einem bratpfannenartigen Sonnenschutzdeckel versehen war. Das in Arbeitsstellung der Maschine betrachtet vordere (kleine) Stützrad (vgl. a. a. O.) - ein solches war bei der Grundmaschine noch gar nicht vorhanden - musste zunächst ebenfalls u. a. zu diesem Zweck angebracht und dann noch mit einer Feststelleinrichtung versehen werden. Weiterhin mussten die Stützräder der inneren Zinkenkreisel ebenfalls feststellbar für die Langfahrstellung ausgestaltet werden, während die Zentralverriegelung der äußeren Räder zum Zwecke des Langfahrbetriebes außer Funktion zu setzen war. Ferner war an einer Seite der Maschine, hier in Arbeitsfahrtrichtung rechts, eine Transportdeichsel unter Veränderung von Form und Verlauf des dort vorhandenen Schutzbügels anzubringen, welche auch im Arbeitseinsatz an der Maschine verbleiben konnte und zu diesem Zweck abgeklappt und an einer speziell dafür vorgesehenen Lasche mit Bohrungen festgelegt werden konnte.

80

Eine derart umgebaute und für die Langfahrstellung vorbereitete Maschine lässt für einen Fachmann zwar erkennen, dass die nunmehr asymmetrische Ausgestaltung der Maschine mit einer an einer Maschinenseite angebrachten Transportdeichsel sowie einem mittig angeordneten, an einem Ständer abgestützten Transportrad, welches in Arbeitsstellung der Maschine nach hinten und schräg nach oben abragt, die Fahreigenschaften der Maschine in Arbeitsstellung eher ungünstig beeinflussen wird. Dies muss jedoch im Interesse einer Transportierbarkeit der umgebauten Maschine auf öffentlichen Straßen in Kauf genommen werden. Denn nur in dieser Langfahrstellung hatte die Maschine dann eine Gesamtbreite von unter 3 m (vgl. Protokoll S. 3, 1. Abs., S. 4, 9. Abs.), womit sie deutlich unter der für den Straßenverkehr zugelassenen Maximalbreite (3 m) liegt. Auch die Warnmarkierungen in Form rot-weiß-roter Streifen befinden sich bei der umgebauten Maschine nur noch an den Stellen, an denen sie für die Langfahreigenschaft erforderlich sind, nämlich am in Arbeitsrichtung und -stellung linken Schutzbügel, welcher in Langfahrstellung das Maschinenende darstellt, und an dem in Arbeitsstellung vorderen Stützrad (bzw. dessen Deichsel und dessen Schutzblech), welches in der Langfahrstellung nach links zum entgegenkommenden bzw. überholenden Verkehr weist (vgl. Anlage 1 zum Einspruchsschriftsatz, Bild oben). Die jeweiligen Enden des geteilten Stabilisierungsrahmens indes, die bei einer nach hinten verklappten Stellung gemäß dem Mechanismus der Grundmaschine schräg nach außen ragen, zeigen keinerlei Warnmarkierungen oder auch nur Spuren davon (vgl. Anlage 4, Bild oben und unten).

81

Aufgrund all dieser Umstände gelangt der Senat zu der Auffassung, dass die umgebaute offenkundige Maschine aus fachmännischer Sicht nur noch über eine einzige Transportstellung im landtechnischen Sinne verfügt, nämlich die Langfahrstellung. Dies wird indiziell auch dadurch bestärkt, dass auch der Zeuge B…, also der Umbaukonstrukteur selbst, die Langfahrstellung für Straßentransporte genutzt hat, wie aus seiner Aussage hervorgeht (s. o.), und wie dies auch durch die Aussage des Zeugen P… bestätigt wird, wonach dieser die Maschine beim Eintreffen auf dem B…-Hof am 9. Mai 2007 in der Langfahr-stellung vorgefunden zu haben meint und sie dann zur Anfertigung der Fotos auch so auf das Feld transportiert worden sei (vgl. Protokoll, S. 8, 8. Abs.).

82

Dazu steht auch nicht der Teil der Aussage des Zeugen B… im Widerspruch, in dem der Zeuge ausführt, dass man die Maschine auf zwei verschiedene Arten transportieren könne und zwar je nach Bedarf in der Langfahr-Position oder in der Umklappversion (Protokoll S. 4, 2. Absatz). Diese Ausführungen sind vielmehr im Zusammenhang mit der Beschreibung einer Aufbewahrungsposition der Maschine im Feldstadel (Feldscheune) während der Wintermonate zu verstehen, wo auf die Möglichkeit des Verklappens des Rahmens zurückgegriffen wurde (Protokoll, S. 5, 3. Absatz), um die Maschine dort platzsparend zu lagern. Hierbei handelt es sich also um eine Maschinenkonfiguration, die nur noch dem Zwecke der Lagerung der Maschine bzw. dem Verbringen in Gebäude diente, für welche die Maschine in ihrer Langfahrstellung zu lang bzw. in der Arbeitsstellung zu breit war.

83

Auch wenn die umgebaute Maschine im verklappten Zustand - für einen Fachmann erkennbar - durchaus noch bewegbar blieb, vermag dies indes dem maßgeblichen Fachmann eine Transportstellung, die im landtechnischen Sinne als eine für die Teilnahme am Straßenverkehr zugelassene Maschinenkonfiguration aufzufassen ist (vgl. auch Punkt II. A.), weder vorzugeben noch nahe zu legen. Demgemäß ist die Kenntnis Dritter von dieser Möglichkeit des Verklappens (z. B. durch den Schwager von Herrn B… oder den Schmied) für den Bestand des Streitpatents unschädlich. Daher kommt es auch nicht mehr auf die Frage an, ob der Personenkreis, der vor dem Anmeldetag des Streitpatents die nach wie vor bestehende Verklappbarkeit der Maschine kannte, als Öffentlichkeit, d. h. als unbegrenzter, nicht überschaubarer Personenkreis anzusehen ist bzw. ob zumindest die nicht nur theoretische Möglichkeit der Kenntnisnahme durch beliebige Sachverständige, zumindest landtechnisch interessierte Laien bestand.

84

Der maßgebliche Fachmann wird vielmehr bei Kenntnis der umgebauten, offenkundigen Maschine, wie aus Anlage 1 bis 4 zum Einspruchsschriftsatz ersichtlich, auch vor dem Hintergrund des Wissens um alle ihre möglichen Funktionen sowohl zur Herstellung der Langfahrposition für Transportzwecke als auch der Möglichkeit, jedenfalls für Aufbewahrungszwecke noch die der Grundmaschine innewohnende Eigenschaft der Herstellung der Umklappversion zu nutzen, insgesamt zu dem Schluss kommen, dass die Ausrüstung der Grundmaschine KH60 mit einem Stabilisierungsrahmen, aber auch mit mehreren anderen Ergänzungen bzw. Modifikationen (s. o.) gleichzeitig eine andere als die ursprünglich vorgesehene Transportversion (Umklappversion), nämlich die Langfahrstellung, erforderlich macht, um mit der Maschine am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen zu können. Somit führt die vorbenutzte Heuwerbungsmaschine in ihrer gesamten Ausgestaltung den Fachmann von einer Transportstellung gemäß den Merkmalen 1.3, 1.3.1 bzw. 1.3.1’ des Anspruchs 1 nach Hauptantrag weg.

85

Die in Arbeitsfahrtrichtung verlaufenden Schraubbolzen am Stabilisierungsrahmen fasst der Fachmann in diesem Zusammenhang lediglich als Gelenkbolzen auf, die in ihrer Einbaulage mit entsprechenden Ausgleichsgelenken am Maschinenbalken fluchten, wie dies die Einsprechende zutreffend graphisch in dem oberen Bild der Anlage 2 zum Einspruchschriftsatz dargestellt hat (vgl. insoweit auch die Aussage des Zeugen B…, Protokoll, S. 5, 7. Abs.: „Die Befestigungsschraube … hat zugleich die Wirkung eines Gelenks zum Ausgleich von Bodenunebenheiten“). Eine Trennstelle jedenfalls zum Zwecke der Herstellung einer Transportstellung (für den Straßentransport) erkennt der Fachmann in dieser Verschraubung der offenkundig gewordenen Maschine nicht, da eine im Rahmen der zulässigen Breite der Maschine gelegene Transportstellung durch Lösen dieser Schraubverbindung nicht zu erreichen war und er nicht zuletzt auch angesichts der aufwendigen weiteren Umbauten zu einer auf einem anderen Prinzip beruhenden Transportstellung hingeführt wurde.

86

Auch der Einwand der Einsprechenden, wonach der Fachmann durch die entstandene Länge der offenkundig gewordenen Heuwerbungsmaschine in der Langfahrstellung angeregt werde, den Gedanken der Auftrennung des Rahmens im Hinblick auf die ursprüngliche Umklappversion aufzugreifen, um somit unmittelbar zur Lehre des Anspruchs 1 nach Hauptantrag zu gelangen, vermag nicht durchzugreifen. Die Lösung der bei der in Rede stehenden Maschine vorgesehenen Schraubverbindung und die Verklappung des Maschinenbalkens gemäß den technischen Gegebenheiten der Grundmaschine KH60 führt, wie oben dargelegt, zu einer für den Transport auf Straßen ungeeigneten, insbesondere viel zu breiten Maschinenkonfiguration. Um aber eine andere und für den Straßentransport geeignete, weil schmäler bauende Konfiguration zu erreichen, müsste der gesamte Maschinenbalken mit seinen Gelenken und den Zinkenkreiseln einschließlich ihres Antriebs dahingehend umkonstruiert werden, dass die Verklappung der seitlichen Maschinenbalken nach hinten an einem anderen Gelenkpunkt als bei der entgegengehaltenen Maschine erfolgt, nämlich derart, dass die Gelenkpunkte zum Verklappen der seitlichen Maschinenbalken näher zusammengerückt werden. Damit würde sich die Breitenkonfiguration der Maschine zwar grundsätzlich verringern, aber es wären die Getriebegehäuse und die übrige Aufhängung der mittleren Arbeitskreisel an dem starren mittleren Maschinenbalken der offenkundig gewordenen Maschine (vgl. z. B. Anlage 4 zum Einspruchsschriftsatz, oberes Bild) im Weg, denn die entsprechenden Gelenke befinden sich bei der vorbenutzten Maschine bereits sehr nahe an den jeweils nach außen weisenden Enden der Aufhängung der Zinkenkreisel. Außerdem müsste bei einer derartigen Verschmälerung im Wege der Verschiebung der Gelenke zum Verschwenken der jeweiligen seitlichen Maschinenbalken nach innen eine mögliche Kollision der Zinkenkreisel bedacht werden, die auf Grund ihrer großen Radien dann unter Umständen wiederum eine „Verschmälerung“ dieser Konfiguration nicht zulassen würden.

87

Jedenfalls müsste der maßgebliche Fachmann bei der Umkonstruktion der offenkundigen Maschine dahingehend, dass die Transportstellung der Grundmaschine KH60 nun auch für die im Wege des Umbaus mit einem Stabilisierungsrahmen versehenen Maschine wieder nutzbar wäre, eine Mehrzahl von Überlegungen anstellen und eine Vielzahl von konstruktiven Schritten vornehmen, die ihrerseits weit über das fachübliche technische Handeln des Durchschnittsfachmanns hinaus gehen und einer erfinderischen Tätigkeit bedürfen.

88

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag beruht demnach gegenüber dem Gegenstand der offenkundigen umgebauten Heuwerbungsmaschine auf einer erfinderischen Tätigkeit.

89

F. b)c) Durch den im Verfahren befindlichen druckschriftlichen Stand der Technik werden die Merkmale des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag dem Fachmann auch in Verbindung mit dem Stand der Technik nach der offenkundig gewordenen umgebauten Heuwerbungsmaschine nicht nahe gelegt.

90

Bei einer Maschine nach der DE 295 10 537 U1 (D2), die einen geschlossenen durchgängigen Stabilisationsrahmen parallel zum Maschinenbalken (Anspruch 1, Abbildung 1) im Sinne von Merkmal 1.3.1.1 offenbart, kann ein Fachmann allenfalls noch einen grundsätzlich auftrennbaren Stabilisationsrahmen, wie er bei der offenkundig gewordenen umgebauten Maschine gemäß Anlage 1 bis 4 zum Einspruchsschriftsatz als Aufbewahrungsposition bekannt geworden ist, vorsehen. Eine derartige Übertragungsmaßnahme vermag jedoch wegen der vorgegebenen Lage der Gelenke im Maschinenbalken bei der offenkundig gewordenen Maschine nicht zu einer Transportposition im landtechnischen Sinne zu führen, weil auch hierdurch wieder eine nach hinten verklappbare Maschine entstehen würde, deren Konfiguration - wie bereits in Punkt F. b)b) ausführlich dargelegt - zu breit für einen Straßentransport wäre.

91

Die übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften liegen weiter ab, denn sie beschreiben ein anderes Konstruktionsprinzip, wie aus den Ausführungen zur Frage der erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf den im Verfahren befindlichen druckschriftlichen Stand der Technik (vgl. Punkt F. a)) ersichtlich ist. Auch sie konnten dem Fachmann keinerlei Anregungen zum Auffinden der Lehre nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag vermitteln.

92

G. Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag hat daher Bestand.

93

H. Mit dem tragenden Anspruch 1 haben auch die auf diesen rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 13 nach Hauptantrag, die auf vorteilhafte Ausgestaltungen einer Heuwerbungsmaschine nach Anspruch 1 gerichtet sind, Bestand.

94

I. Angesichts dieser Sachlage kommt es auf die noch gestellten Hilfsanträge 1 bis 4 nicht mehr an.