Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 09.03.2017


BPatG 09.03.2017 - 8 W (pat) 49/12

Patenteinspruchsbeschwerdeverfahren – "Behälterherstellungsvorrichtung" – keine verbindliche Beschränkung des Verfahrensgegenstandes durch einen Teileinspruch


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
8. Senat
Entscheidungsdatum:
09.03.2017
Aktenzeichen:
8 W (pat) 49/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 10 2007 017 938

hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 9. März 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner sowie die Richter Dr. agr. Huber, Dr.-Ing. Dorfschmidt und die Richterin Uhlmann

beschlossen:

Der Beschluss der Patentabteilung 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Januar 2012 wird aufgehoben. Das Patent 10 2007 017 938 wird im Umfang des Hilfsantrags 3 mit Ansprüchen 1 bis 14, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Beschreibung und Figuren gemäß Patentschrift, aufrechterhalten.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

        

Gründe

I. 

1

Das Patent 10 2007 017 938 (Streitpatent) mit der Bezeichnung „Behälterherstellungsvorrichtung und Herstellverfahren für Formkörper“ ist am 13. April 2007 angemeldet worden. Mit Beschluss vom 14. August 2009 ist das Patent erteilt und am 7. Januar2010 ist die Erteilung veröffentlicht worden. Der Patentanspruch 1 lautet wie folgt:

2

„Behälterherstellungsvorrichtung (1) zum Herstellen von Kunststoffbehältern (7) aus Preformen (5), insbesondere Flaschen, kleinen Fässchen (Kegs) und sonstigen Behältern aus PET, umfassend eine Blasmaschine, geeignete Transportvorrichtungen, welche ganz oder teilweise rotierende Elemente umfassen oder darstellen, wie Zu- und Auslaufsterne (3, 4) oder das Blasrad bzw. Karussell (2) der Blasmaschine, wobei an der Blasmaschine oder auf dieser mindestens ein Strahlungsemitter angebracht ist und/oder ein Strahlungsemitter (9, 10) auf mindestens einen Teilbereich der Blasmaschine und/oder mindestens auf eine Teilfläche der inneren Oberflächen der die Behälterherstellvorrichtung (1) umschließenden Einhausung gerichtet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Blasmaschine eine Rotationsblasmaschine ist und der Strahlungsemitter (10) derart auf oder an mindestens einem der rotierenden Elemente angebracht ist, dass dieser mit dem rotierenden Element umläuft.“

3

Gegen das Patent hat die K… AG am 7. April 2010 Einspruch erhoben und den Antrag gestellt, das Streitpatent im Umfang der Ansprüche 1 bis 4 sowie 7 bis 15 zu widerrufen.

4

Neben den im Prüfungsverfahren ermittelten Druckschriften

5

 (1) DE 101 40 905B4

6

 (2) DE 195 20 925 A1

7

 (3) DE 20 2006 011 943 U1

8

 (4) DE 295 03 830 U1

9

 (5) DE 10 2005 026 645 A1

10

 (6) EP 15 07 894 B1

11

 (7) US 68 18 068 B1

12

 (8) DE 10 2005 015 565 A1

13

 (9) DE 10 2004 061 230 A1

14

 (10) DE 295 08 864 U1

15

 (11) DE 199 09 488 A1

16

 (12) DE 102 36 683 A1

17

 (13) EP 08 95 816 A1

18

 (14) WO 01/31 680 A1

19

hat die Einsprechende im Einspruchsverfahren noch folgende Dokumente genannt:

20

 D1 FR 28 15 542 A1

21

 D2 US 2005/0118057 A1

22

 D3 WO 97/18154 A1

23

 D4 JP 11 137 645 A

24

 D5 EP 0 464 933 A2

25

 D6 WO 98/47770 A1

26

 D7 JP 10 167 226 A

27

 D8 JP 2001 225 814 A

28

 D9 WO 2008/070 956 A1

29

 D10 US 3 809 768 A

30

Zur Begründung ihres Einspruchs hat sie vorgetragen, die Gegenstände der Ansprüche 1 und 12 des Streitpatents seien weder neu noch beruhten sie auf einer erfinderischen Tätigkeit. Zum Vortrag im Einzelnen wird auf die Einspruchsschrift vom 7. April 2010 verwiesen.

31

Die Patentinhaberin hat das Streitpatent in vollem Umfang verteidigt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, der Einspruch sei sowohl unzulässig als auch unbegründet. Die Unzulässigkeit ergebe sich daraus, dass die Einsprechende sich nicht substantiiert mit allen einzelnen Merkmalen auseinandergesetzt habe. So habe sie zwar ausgeführt, aus dem Dokument D1 sei es zwar bekannt, eine Blasmaschine mit einer Elektronenstrahlmaschine auszustatten, sie habe aber nicht einmal behauptet, dass es sich dabei um eine Rotationsstreckblasmaschine handeln könnte oder dass die Strahleinrichtung auf rotierenden Bauelementen angeordnet sei. Der Vortrag zu dem Dokument D2 sei noch kürzer, ebenso der Vortrag zu D3. Es sei aus dem Vortrag nicht nachvollziehbar, wie der Fachmann, ausgehend von der D5, die Vorrichtung in Verbindung mit dem Stand der Technik der D1 bis D4 dahingehend weiterbilden konnte, dass bei einer Rotationsblasmaschine ein Strahlungselement auf einem rotierenden Element angeordnet ist.

32

Ungeachtet dessen sei der Einspruch auch unbegründet, Die Erfindung gemäß der Merkmalkombination von Patentanspruch 1 sei gegenüber dem Stand der Technik neu und es liege auch die erforderliche erfinderische Tätigkeit vor, da auch eine beliebige Kombination der Entgegenhaltungen dem Fachmann gerade nicht die technische Lehre vermittele, eine Strahlungsquelle im Bereich einer Rotationsblasmaschine auf einem rotierenden Element anzuordnen.

33

Mit Beschluss vom 12. Januar 2012 hat die Patentabteilung 16 des Deutschen Patent- und Markenamts das Streitpatent vollständig widerrufen. Zur Begründung hat sie angeführt, dass ein zulässiger Einspruch vorliege, da der Einspruch hinreichend mit Gründen versehen sei. Die Erfindung gemäß den Patentansprüchen 1 und 12 in der damals geltenden (erteilten) Fassung sei gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig. Zwar seien die beanspruchten Gegenstände neu, sie beruhten jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

34

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin vom 5. März 2012. Sie trägt vor, der Einspruch sei unzulässig, weil die Begründung sich nicht mit der Gesamtheit der in den erteilten Patentansprüchen enthaltenen Merkmale befasse, sondern lediglich Einzelaspekte aufgreife und lediglich darauf hinweise, dass einzelne Merkmale aus einzelnen Dokumenten bekannt seien. Es werde nicht angegeben, welche Kombination welcher Dokumente in welcher Art und Weise zum Gegenstand der patentierten Erfindung führen solle. Eine Argumentation, warum ein Fachmann genau diese Dokumente so kombinieren könnte und würde, dass er in naheliegender Weise zum patentierten Gegenstand gelange, fehle ohnehin. Die diesbezügliche Begründung der Patentabteilung gehe am Kern des gerügten Zulässigkeitsmangels vorbei, was einen Begründungsmangel darstelle, der die Rückerstattung der Beschwerdegebühr erforderlich mache. Jedenfalls sei der Einspruch aber unbegründet. Die Patentabteilung habe richtig festgestellt, dass keines der Dokumente den patentierten Gegenstand neuheitsschädlich vorwegnehme. Ferner reicht sie zuletzt in der mündlichen Verhandlung (geänderte) Hilfsanträge 1 bis 3 mit neuen Anspruchsfassungen ein, mit denen sie das Patent hilfsweise verteidigt.

35

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 lautet:

36

„Behälterherstellungsvorrichtung (1) zum Herstellen von Kunststoffbehältern (7) aus Preformen (5), insbesondere Flaschen, kleinen Fässchen (Kegs) und sonstige Behälter aus PET, umfassend eine Blasmaschine, geeignete Transportvorrichtungen, welche ganz oder teilweise rotierende Elemente umfassen oder darstellen, wie Zu- und Auslaufsterne (3, 4) oder das Blasrad bzw. Karussell (2) der Blasmaschine, wobei an der Blasmaschine oder auf dieser mindestens ein Strahlungsemitter angebracht ist und der Strahlungsemitter (10) mindestens auf eine Teilfläche der inneren Oberflächen der die Behälterherstellvorrichtung (1) umschließenden Einhausung gerichtet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Blasmaschine eine Rotationsblasmaschine ist und der Strahlungsemitter (10) derart auf oder an mindestens einem der rotierenden Elemente angebracht ist, dass dieser mit dem rotierenden Element umläuft.“

37

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 beinhaltet die Anspruchsfassung 1 nach Hilfsantrag 1 und weist im Anschluss zusätzlich folgendes Merkmal auf:

38

…..,

39

„wobei der mindestens eine Strahlungsemitter (10) ein UV-Strahler ist.“

40

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 beinhaltet ebenfalls die Anspruchsfassung 1 nach Hilfsantrag 1 und weist im Anschluss zusätzlich folgendes Merkmal auf:

41

…..,

42

„wobei mindestens ein Teil der Oberflächen der Behälterherstellungsvorrichtung (1), insbesondere der Blasmaschine elektrostatisch aufladbar ausgebildet ist, um so Elektronenstrahlen zu lenken.“

43

Die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin stellt den Antrag,

44

den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 16 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 12. Januar 2012 aufzuheben und den Einspruch als unzulässig zu verwerfen sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen,

45

hilfsweise das Patent 10 2007 017 938 im erteilten Umfang aufrechtzuerhalten,

46

hilfsweise das Patent im Umfang der in der mündlichen Verhandlung übergebenen Hilfsanträge 1 bis 3 aufrechtzuerhalten.

47

Die Einsprechende hat den Einspruch am 4. Oktober 2013 zurückgenommen.

48

Wegen der erteilten bzw. weiteren Patentansprüche des Hauptantrags und der Hilfsanträge sowie wegen weiterer Einzelheiten im Übrigen wird auf den Akteninhalt und die Patentschrift verwiesen.

II.

49

1. Die Beschwerde der Patentinhaberin ist frist- und formgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig (§ 73 Abs. 2 PatG). Sie hat in der Sache auch insoweit Erfolg, als sie zur Beschränkung des Streitpatents führt.

50

Nach Rücknahme des Einspruchs war das Verfahren gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 PatG von Amts wegen ohne die Einsprechende fortzusetzen.

51

2. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Verwerfung des Einspruchs als unzulässig ist unbegründet. Der gemäß § 59 Abs. 1 PatG form- und fristgerecht erhobene Einspruch ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin zulässig. Insbesondere ist er auf einen der Widerrufsgründe nach § 21 PatG gerichtet und hinreichend begründet.

52

Der Vortrag der Beschwerdeführerin, der Einspruch sei unzulässig, weil er sich nicht mit dem Streitpatent in seiner Gesamtheit auseinandersetze, greift nicht durch.

53

Gemäß § 59 Abs. 1 PatG ist der Einspruch zu begründen. Die Begründung muss auf einen der Widerrufsgründe nach § 21 PatG gestützt werden und die den Einspruch rechtfertigenden Tatsachen angeben. Eine Einspruchsbegründung genügt der formalen gesetzlichen Anforderung, wenn sie die für die Beurteilung der behaupteten Widerrufsgründe maßgeblichen Umstände im Einzelnen so darlegt, dass der Patentinhaber und insbesondere das Deutsche Patent- und Markenamt daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ziehen können. Der Vortrag des Einsprechenden muss erkennen lassen, dass ein bestimmter Tatbestand behauptet werden soll, der auf seine Richtigkeit nachgeprüft werden kann. Da der Einspruch nur auf die Behauptung gestützt werden kann, einer oder mehrere der in § 21 PatG genannten Widerrufsgründe liege vor, muss die überprüfbare Tatsachenangabe sich außerdem auf den geltend gemachten Widerrufsgrund beziehen. Beruft sich der Einsprechende auf fehlende Patentfähigkeit des patentierten Gegenstandes infolge fehlender Neuheit oder erfinderischer Tätigkeit, sind Angaben zum Stand der Technik und dazu erforderlich, ob und gegebenenfalls inwieweit dieser den patentgemäßen Gegenstand vorwegnimmt oder nahelegt, damit die Voraussetzungen der §§ 3 Abs. 1 und 4 PatG überprüft werden können (BGH GRUR 2003, 695 – Automatisches Fahrzeuggetriebe m. w. N.). Der Begriff „Tatsachen“ gemäß § 59 Abs. 1 Satz 4 PatG umfasst nicht nur die technischen Informationen wie die Nennung der Entgegenhaltung im Stand der Technik, sondern auch dessen technische und rechtliche Bewertung, insbesondere die Darstellung des technischen Zusammenhangs zwischen einer Entgegenhaltung und dem Gegenstand des angegriffenen Patents (Busse/ Keukenschrijver, PatG, 8. Aufl., § 59 Rdnr. 107). Die Angaben sind hinreichend substantiiert, wenn sie derart spezifiziert und vollständig sind, dass der Patentinhaber und die Patentabteilung daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ziehen können und – falls sie sich bestätigen – den völligen oder teilweisen Widerruf des Patents ermöglichen, wobei Teilaspekte grundsätzlich nicht ausreichen. Dabei dürfen die Anforderungen an die Substantiierung nicht überspannt werden, da es sich hier um eine Zulässigkeitsvoraussetzung in einem dem öffentlichen Interesse dienenden Verfahren handelt (Busse Keukenschrijver a. a. O. Rdnr.117).

54

Diesen Anforderungen wird die Einspruchsbegründung im Ergebnis gerecht. Sie stützt sich auf die fehlende Patentfähigkeit gemäß § 21 Abs. 1 Ziff. 1 PatG und setzt sich mit allen wesentlichen Aspekten (Merkmalen) der Erfindung auseinander, erläutert durch Angabe entsprechender Druckschriften und konkreter Textstellen den Stand der Technik und legt dar, inwieweit dem Streitpatent demgegenüber die Neuheit bzw. die erfinderische Tätigkeit fehle. So trägt sie vor, eine in einem Reinraum angeordnete Blasmaschine zur Herstellung von Kunststoffbehältern sei in der D5 (EP 0 464 933 A2) offenbart, die „chemisch (mit H2O2) vorsterilisiert“ sei (S. 3, letzter Absatz des Einspruchsschriftsatzes vom 7. April 2010). Hierbei gibt die Einsprechende auch konkrete Textangaben an (Sp. 5, Z. 53 bis Sp. 6, Z. 11), woraus der Fachmann mit dortigem Verweis auf die Fig. 2 direkt auch eine Rotationsblasmaschine erkennen kann, die selbstverständlich auch eine geeignete Transportvorrichtung in Form eines rotierenden Elements aufweist. Dieses rotierende Element ist dabei das Blasrad bzw. Karussell der Blasmaschine.

55

Darüber hinaus wird im Einspruchsschriftsatz u. a. auf die D1 (FR 2 815 542 A1) verwiesen, die eine kontinuierlich arbeitende Streckblasmaschine für PET-Behälter mit einer integrierten Elektronenstrahleinrichtung offenbaren würde (S. 4, Abs. 3 des Einspruchsschriftsatzes). Ferner sind dort auch mehrere konkrete Bezugsstellen angegeben, die auf eine Sterilisationseinheit von zuvor durch Spritzgießen hergestellten Behälter-Vorformlinge verweisen (S. 5, Z. 5 bis 24, S. 12, Z. 14 bis S. 13, Z. 14 sowie Patentansprüche 17 bis 21). Damit wird auch der Bezug zu Sterilisationseinrichtungen hergestellt, die eine Behandlung der Vorformlinge in kontinuierlicher Bewegung ermöglichen, wobei die Vorformlinge hier unterhalb der Sterilisationseinheit(en) sich vorbeibewegen („…traiter des préformes en mouvement continu, les préformes défilant en dessous de l’unité de stérilisation“ (S. 13, Z. 4 f. der D1). Nach Anspruch 21 der D1 kann die Elektronenstrahl-Sterilisationseinheit in der Anlage dabei zwischen dem Ofen zur Vorwärmung der Blasrohlinge und der Blaseinheit angebracht sein, woraus im Einspruchsschriftsatz gefolgert wird, dass „diese zum Sterilisieren dienende Einrichtung…unter anderem mitten in der Streckblasmaschine vorgesehen werden“ kann (a. a. O.). Damit wird seitens des Einspruchsvorbringens argumentiert, dass in der Zusammenschau der D5 mit der D1 der Gegenstand nach Anspruch 1 nahegelegt sei.

56

Insofern hat die Einsprechende zu allen wesentlichen Merkmalen des Gegenstands des Anspruchs 1 Bezug genommen und auch Schlussfolgerungen für das Fehlen der erfinderischen Tätigkeit gezogen. Denn den noch „fehlenden“ Einsatz des Strahlungsemitters „auf oder an mindestens einem der rotierenden Elemente“…, so „dass dieser mit dem rotierenden Element umläuft“, sieht die Einsprechende durch die Zusammenschau der Dokumente D5 und D1 als nahegelegt an. In ihrer Gesamtheit ermöglicht die Begründung sowohl der Patentinhaberin als auch der Patentabteilung eine Prüfung des Vorliegens der Widerrufsgründe nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG. Weitere Erfordernisse bestehen nicht. Die gewählte punktuelle Darstellungsweise der Einzelaspekte und die zusätzlichen Hinweise auf Mängel in der Darstellung des Patents sind demgegenüber unschädlich.

57

Da die Patentabteilung den Einspruch verfahrensfehlerfrei und im Übrigen auch zutreffend als zulässig behandelt und in der Sache über den Bestand des Patents entschieden hat, liegen Billigkeitsgründe für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht vor. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 80 Abs. 3 PatG ist somit nicht begründet.

58

3. Als Fachmann ist vorliegend ein Fachhochschul-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau oder Verfahrenstechnik anzusehen, der bereits mehrere Jahre Berufserfahrung aufweist und im Bereich der Entwicklung und Konstruktion von Blasformmaschinen zur Behälterherstellung tätig ist.

59

4. Das Streitpatent betrifft eine Behälterherstellungsvorrichtung zum Herstellen von Kunststoffbehältern aus Vorformlingen (Preforms), die insbesondere eine Blasmaschine und geeignete Transportvorrichtungen umfasst (Absatz [0001]). An bzw. auf dieser Blasmaschine – oder zumindest auf einen Teilbereich der Blasmaschine gerichtet – ist dabei mindestens ein Strahlungsemitter angebracht, um Teile dieser Blasmaschine, ihre Einhausung oder die Behälter selbst zu sterilisieren oder steril zu halten. Denn zunehmend bestehe gemäß Streitpatent [0003] das Erfordernis, immer höhere Reinheiten oder aseptische Bedingungen bei der Herstellung und Abfüllung von Behältern und Flaschen zu erreichen.

60

5. Das Patent ist in der erteilten Form und hinsichtlich der Hilfsanträge 1 und 2 nicht patentfähig (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG).

61

Die Gegenstände der Patentansprüche 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1 umfassen jeweils den Gegenstand des enger gefassten Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2. Nachdem letzterer, wie die nachfolgenden Ausführungen zum Hilfsantrag 2 zeigen, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sind auch die Patentansprüche 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 nicht rechtsbeständig.

62

Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 ist aus den nachfolgenden Gründen nicht patentfähig.

63

5.1 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 lässt sich wie folgt gliedern:

64

1. Behälterherstellungsvorrichtung (1) zum Herstellen von Kunststoffbehältern (7) aus Preformen (5), insbesondere Flaschen, kleinen Fässchen (Kegs) und sonstige Behälter aus PET, umfassend

65

1.1 eine Blasmaschine,

66

1.1.1 wobei die Blasmaschine eine Rotationsblasmaschine ist,

67

1.2 geeignete Transportvorrichtungen,

68

1.2.1 welche ganz oder teilweise rotierende Elemente umfassen oder darstellen, wie Zu- und Auslaufsterne (3, 4) oder das Blasrad bzw. Karussell (2) der Blasmaschine,

69

1.3 wobei an der Blasmaschine oder auf dieser mindestens ein Strahlungsemitter angebracht ist,

70

1.3.1 und der Strahlungsemitter (10) mindestens auf eine Teilfläche der inneren Oberflächen der die Behälterherstellvorrichtung (1) umschließenden Einhausung gerichtet ist,

71

1.3.2 und der Strahlungsemitter (10) derart auf oder an mindestens einem der rotierenden Elemente angebracht ist, dass dieser mit dem rotierenden Element umläuft,

72

1.3.3 wobei der mindestens eine Strahlungsemitter (10) ein UV-Strahler ist.

73

Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 betrifft eine Behälterherstellungsvorrichtung zum Herstellen von Kunststoffbehältern aus Vorformlingen. Es handelt sich nach Merkmal 1.1.1 um eine Rotationsblasmaschine. Geeignete Transportvorrichtungen umfassen nach Merkmal 1.2.1 ganz oder teilweise rotierende Elemente wie ein Blasrad bzw. Karussell der Blasmaschine.

74

Nach Merkmal 1.3 können mehrere Strahlungsemitter an oder auf der Rotationsblasmaschine angebracht sein – mindestens jedoch einer. Der mindestens eine Strahlungsemitter ist dabei ein UV-Strahler, läuft mit einem rotierenden Element der Transportvorrichtung um und ist mindestens auf eine Teilfläche der inneren Oberflächen der die Behälterherstellvorrichtung umschließenden Einhausung gerichtet (Merkmale 1.3.1 bis 1.3.3).

75

5.2 Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 neu ist, da er jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Die Behälterherstellungsvorrichtung nach Anspruch 1 ist für den Fachmann nahegelegt (§ 4 PatG).

76

Die Druckschrift D5 (EP 0 161 933 A2) offenbart eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Herstellen von Kunststoffbehältern mittels Blasformen (Patentanspruch 1 bzw. 8). Dabei wird auch gemäß Ausführungsbeispiel eine Rotationsblasmaschine beschrieben und gezeigt („turntable 23“, Sp. 2, Z. 53 ff. und Figuren), bei der die Blasformmaschine in einem geschlossenen Raum („closed room 41“, Fig. 2 und 3) betrieben wird und es die Zielsetzung ist, Behälter mit vollständig steriler Innenseite herzustellen (Sp. 1, Z. 25 bis 31). Damit stellt die D5 einen geeigneten Ausgangspunkt der fachmännischen Überlegungen dar.

77

Gemäß dem beschriebenen Ausführungsbeispiel ist ein Drehtisch offenbart, auf dem sich die Blasformen (mould halves 31) befinden und die an einer Position mit dem Blasrohling (parison) aus der Coextrusionsdüse bestückt werden (Figuren und Sp. 2, Z. 51 ff.). Um die Behälter während und nach dem Blasform-Prozess steril zu halten, wird eine Reihe von Maßnahmen ergriffen ("A number of measures are taken in order to make containers which are completely sterile…", Sp. 5, Z. 27 ff.). Die zum Blasformen zugeführte Luft ist steril, darüber hinaus befindet sich um die Anlage ein geschlossener Raum (41), wobei auch die diesem Raum zugeführte Luft steril gehalten ist (Sp. 5, Z. 58 bis Sp. 6, Z. 3). Damit sind die Merkmale 1. bis 1.2.1 aus der D5 bekannt; nicht offenbart sind die Merkmale 1.3 bis 1.3.3.

78

Die D5 sieht zwar, neben der beschriebenen Zuführung von steriler Luft, im Falle des Anfahrens der Anlage auch eine sogenannte „Vorsterilisation“ mittels eines zerstäubten Desinfektionsmittels – beispielsweise Wasserstoffperoxid – vor (Sp. 5, Z. 53 bis 57), eine aktive Sterilisierung von Flächen während des Betriebs der Anlage ist jedoch nicht beschrieben. Da die umhauste Blasformmaschine jedoch zumindest eine Öffnung zum Ausschleusen der blasgeformten Behälter aufweist, kann insbesondere dort eine Einfallstelle für potentielle Keime vorhanden sein. Sofern der Fachmann – beispielsweise bei der Herstellung von Behältern, die für sensible pharmazeutische oder medizinische Produkte oder auch Lebensmittel – besonders sichere sterile Bedingungen vorsehen will, so ist er bestrebt, die Sterilisierungsbedingungen weiter zu verbessern und auch eine Entkeimungstechnik innerhalb der Anlage während des Betriebs vorzusehen. Dabei stößt der Fachmann auch auf die Druckschrift (4) (DE 295 03 830 U1).

79

Die Druckschrift (4) betrifft eine Handhabungsvorrichtung für Gefäße bzw. deren Verschlüsse, die in der Lebensmittel- oder der Pharmaindustrie verwendet werden (Patentanspruch 1). Diese Gefäße, Behältnisse (Ein- oder Mehrweg-) oder auch Flaschen (S. 1, Abs. 2) sind in einem gegenüber der Umgebung abgetrennten Raum mittels eines Schutzgehäuses (22) abgeschlossen. Dabei wird über eine mindestens eine UV-Strahlungsquelle umfassende UV-Bestrahlungseinrichtung der von dem Schutzgehäuse eingeschlossene Raum bzw. ein Teil davon entkeimt (Patentanspruch 1). Dabei stellt sich die Druckschrift (4) die Aufgabe, „die mikrobiologische Kontaminierung der Gefäße auf ihrem Weg bis zur Abfüllung bzw. bis zu ihrem Verschließen wirksam und mit vertretbarem Aufwand zu reduzieren“ (S. 1, Abs. 3).

80

Der Fachmann kennt UV-Strahlungsquellen zum Desinfizieren in vielen Bereichen bereits schon seit langem (Lebensmitteltechnologie, pharmazeutische Produktion und Medizintechnik). Das Dokument (4) offenbart ihm eine derartige Anwendung auch speziell für Handhabungsvorrichtungen für Gefäße und Behälter, die u. a. auch auf bzw. in entsprechenden Förderanlagen (S. 1, Abs. 1) verwendet werden. Der Fachmann setzt somit solche UV-Strahlungsquellen bei entsprechendem Bedarf auch auf eingehauste Blasmaschinen ein, die ebenfalls von der Umgebung mittels Schutzgehäuse abgetrennte „Handhabungseinrichtungen“ darstellen. Derartige UV-Strahlungsquellen können vom Grundsatz her überall dort platziert werden, wo sie bedarfsgerecht Verwendung finden und keine Beeinträchtigung für die Umgebung stattfindet.

81

Ein Hindernis für den Einsatz beispielsweise auf einem Drehtisch einer rotierenden Blasmaschine ist darüber hinaus nicht gegeben. Elektrische, pneumatische und hydraulische Anwendungen auf rotierenden Drehtischen und somit die Übertragung derartiger Energieträger auf rotierende Teile sind ebenfalls seit langem Stand der Technik, sie kennt der Fachmann bereits aufgrund seines Fachwissens. Die Anwendung von UV-Lampen oder -Strahlern auf Drehtischen verlangt lediglich die Übertragung von Netzspannung im üblichen Rahmen auf die Dreheinheit, eine nicht zulässige Bestrahlung der Umgebung kann problemlos durch die bereits vorhandene Einhausung verhindert werden. Lediglich als Beleg für das Fachwissen des Fachmanns zum Einsatz von Strahlungsemittern auf rotierenden Einheiten sei auf die D4 (JP 11137645 A) verwiesen, die eine Sterilisationseinrichtung mittels Elektronenstrahlern offenbart, die üblicherweise mit Hochspannung betrieben wird. Auch eine derartige Anwendung ist dem Fachmann bekannt, so dass es im Rahmen einer einfachen, fachlichen Maßnahme liegt, UV-Emitter auf einen rotierenden Drehtisch einer Blasmaschine zu positionieren. Eine erfinderische Tätigkeit ist hiermit nicht verbunden. Der Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist somit nicht patentfähig.

82

5.3 Damit fallen – durch die Antragsbindung – auch die jeweils entsprechenden weiteren neben- und untergeordneten Patentansprüche.

83

Dies gilt auch hinsichtlich der jeweils nachgeordneten Patentansprüche 5 und 6, die von dem Einspruch nicht erfasst waren. Der Umstand, dass der Einspruch beschränkt auf Patentansprüche 1 bis 4 und 7 bis 15 eingelegt wurde, hinderte die Patentabteilung nicht daran, auch die Patentansprüche 5 und 6 in die Prüfung einzubeziehen.

84

Der Senat geht mit der Mehrheit der Patentsenate des Bundespatentgerichts davon aus, dass der Verfahrensgegenstand des Einspruchsverfahrens vom Einsprechenden durch einen Teileinspruch nicht verbindlich beschränkt werden kann. Der Teileinspruch eröffnet der Patentabteilung vielmehr die vollumfängliche Überprüfung des Streitpatents (instruktiv dazu mit weiteren Nachweisen BPatG Beschluss vom 19.01.2016, 14 W (pat) 701/14). Das Patentgesetz enthält anders als das Patentverfahren vor dem EPA (vgl. Regel 76 (2) c) AusfO EPÜ) keine ausdrückliche Regelung über die Möglichkeit eines Teileinspruchs. Gemäß § 99 Abs. 1 PatG kommen in diesem Fall die Regelungen der Zivilprozessordnung - und damit auch die Dispositionsmaxime gemäß § 308 ZPO - entsprechend zur Anwendung, wenn die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nicht ausschließen. Letzteres ist hier der Fall. Das Einspruchsverfahren ist als dem Erteilungsverfahren nachgeordnetes Prüfungsverfahren mit verwaltungsrechtlichem Charakter ausgestaltet, das in erster Linie nicht dem Interesse Einzelner, sondern dem Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung zu Unrecht erteilter Patente dient (BGHZ 128, 280 – Aluminium-Trihydroxit). Erkennbar ist dies an der Ausgestaltung der Einspruchsbefugnis als Jedermannsrecht, dem im Einspruchsverfahren herrschenden Prinzip der Amtsermittlung, in der erweiterten, nicht auf die Einspruchsbegründung beschränkten Prüfungspflicht der Patentabteilung hinsichtlich weiterer Einspruchsgründe und in dem Umstand, dass auch die Rücknahme des Einspruchs nicht zur Beendigung des Prüfungsverfahrens führt. Hieraus ist ersichtlich, dass das Einspruchsverfahren der Disposition des Einsprechenden im weiten Umfang entzogen ist. Der Einspruch gibt lediglich den für jedermann möglichen „Anstoß“ für ein dem öffentlichen Interesse dienendes Überprüfungsverfahren. Diese Besonderheiten des Verfahrens schließen es nach Auffassung des Senats aus, die allgemein im Zivilprozess geltende Dispositionsmaxime auf das Einspruchsverfahren anzuwenden, da durch eine solche dem Einzelnen überlassene Beschränkungsmöglichkeit die im Gesetz in anderer Hinsicht ausdrücklich verankerte umfassende Überprüfung des Patents durch das DPMA nicht gewährleistet wäre.

85

6. Der Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 ist patentfähig.

86

6.1 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 lässt sich wie folgt gliedern:

87

1. Behälterherstellungsvorrichtung (1) zum Herstellen von Kunststoffbehältern (7) aus Preformen (5), insbesondere Flaschen, kleinen Fässchen (Kegs) und sonstige Behälter aus PET, umfassend

88

1.1 eine Blasmaschine,

89

1.1.1 wobei die Blasmaschine eine Rotationsblasmaschine ist,

90

1.2 geeignete Transportvorrichtungen,

91

1.2.1 welche ganz oder teilweise rotierende Elemente umfassen oder darstellen, wie Zu- und Auslaufsterne (3, 4) oder das Blasrad bzw. Karussell (2) der Blasmaschine,

92

1.3 wobei an der Blasmaschine oder auf dieser mindestens ein Strahlungsemitter angebracht ist,

93

1.3.1 und der Strahlungsemitter (10) mindestens auf eine Teilfläche der inneren Oberflächen der die Behälterherstellvorrichtung (1) umschließenden Einhausung gerichtet ist,

94

1.3.2 und der Strahlungsemitter (10) derart auf oder an mindestens einem der rotierenden Elemente angebracht ist, dass dieser mit dem rotierenden Element umläuft,

95

1.3.4 wobei mindestens ein Teil der Oberfläche der Behälterherstellungsvorrichtung (1), insbesondere der Blasmaschine elektrostatisch aufladbar ausgebildet ist, um so Elektronenstrahlen zu lenken.

96

Gegenüber dem Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 handelt es sich bei dem mindestens einen Strahlungsemitter nun – unter Berücksichtigung des Merkmals 1.3.4 sowie der Gesamtoffenbarung der Patentschrift – um einen Strahlungsemitter, der ein Elektronenstrahler ist. Ein UV-Strahlungsemitter ist nun nicht beansprucht.

97

6.2 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 ist neu.

98

Das Dokument (4) offenbart bereits keinen Strahlungsemitter in Form eines Elektronenstrahlers, ansonsten wird – wie auch in Bezug auf die Druckschrift D5 – auf die Ausführungen unter II. 5.2 verwiesen.

99

Die D1 (FR 2 815 542A1) beschreibt eine Sterilisationseinheit mittels Elektronenstrahl u. a. für Vorformlinge von blasgeformten Hohlkörpern, bei dem der Elektronenstrahl direkt in die Öffnung des Hohlkörpers eintritt (Patentanspruch 1). Neben der Sterilisationseinheit beschreibt die D1 auch eine Blasformeinrichtung (S. 5, Z. 17 ff.). An anderer Stelle ist (indirekt) gesagt, dass der Strahlungsemitter (fest) positioniert ist und die Vorformlinge sich unter der Sterilisationseinheit vorbei bewegen („…les préformes défilant en dessous de l’unité de stérilisation“, S. 13, Z. 4 f.). Eine Einhausung der Anlage und eine Ablenkung der Elektronenstrahlen werden in der D1 nicht beschrieben.

100

Aus der Druckschrift D2 (US 2005/0118057 A1) ist ein Verfahren (und eine Anlage) zum Dekontaminieren des Halses von Vorformlingen aus thermoplastischem Material bekannt, bei der Behälter mittels Blasformen hergestellt werden können (Patentanspruch 1). Hierzu werden die Vorformlinge durch eine Kammer (chamber 10) geleitet, in der eine Dekontaminierungsflüssigkeit kontinuierlich in eine Nebelatmosphäre zerstäubt wird, anschließend werden die Vorformlinge an UV-Lampen vorbeigeführt und zumindest die Hälse vollständig bestrahlt („…to completely irradiate the necks of the preforms…“, dto.). Dies erfolgt allerdings, bevor die Vorformlinge zur Beschickungseinrichtung gelangen. Ein Strahlungsemitter für Elektronenstrahlen und eine elektrostatisch aufladbare Oberfläche zur Ablenkung von Elektronenstrahlen ist in D2 nicht beschrieben.

101

Die Druckschrift D3 (WO 97/18154 A1), die schon keine Behälterherstellvorrichtung in Form einer Blasmaschine offenbart, liegt weiter ab. Sie betrifft die Reinigung von Behältern mit Hilfe von Chemikalien. Ein Strahlungsemitter ist nicht vorgesehen.

102

Das Dokument D4 (JP 11137645 A) beschreibt eine Sterilisationseinrichtung mittels Elektronenstrahl für leere Kunststoffbehälter (Abstract). Gemäß Ausführungsbeispiel werden die leeren Kunststoffflaschen über eine kreisförmige Beschickungseinrichtung (Figur 1) auf eine Art Drehtisch (Rundförderer) positioniert, um dann in Position direkt vor einem Strahlungsemitter (electron beam irradiation part 19) im Umlauf bewegt und zusätzlich noch vor dem Strahlungsemitter in eine Rotationsbewegung versetzt zu werden (Patentansprüche 1 und 2, Fig. 1 bis 3). Gemäß Patentanspruch 4 bewegen sich auch die Strahlungsemitter (19) im kreisförmigen Umlauf (über den zweiten Drehanschluss (second rotary joint 17). Damit ist aus D4 bekannt, Strahlungsemitter zur Sterilisierung von leeren Kunststoffbehältern auf einer Fördereinrichtung rotationsförmig umlaufen zu lassen. Allerdings sind aus D4 zumindest die Merkmale 1. bis 1.1.1 sowie 1.3 nicht bekannt.

103

D6 (WO 98/47770 A1) offenbart ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Blasformen von Preforms, wobei die Vorformlinge vor dem Blasformen zuerst vorgewärmt und anschließend die blasgeformten Behälter sterilisiert werden, bevor sie abschließend befüllt und verschlossen werden (Patentanspruch 1). Der gesamte Prozess kann dabei in einer geschlossenen Vorrichtung stattfinden (apparatus 10, Patentanspruch 9). Eine Sterilisation mittels eines Strahlungsemitters findet allerdings nicht statt.

104

Das japanische Dokument D8 (JP 2001225814 A) beschreibt eine Sterilisationseinrichtung für Blas-Vorformlinge, die mittels Elektronenstrahlen arbeitet (Abstract). Dabei werden die Preforms sowohl von innen wie auch von außen und an ihrem Gewindebereich vollständig bestrahlt (Figuren). Zusätzlich können die Vorformlinge auch noch mit UV-Strahlen beaufschlagt werden, wobei die Strahlfelder und das zu bestrahlende Produkt selbst rotieren können (insbes. Fig. 4). Eine Bestrahlung zumindest eines Teils einer Einhausung oder die elektrostatisch aufladbare Ausgestaltung eines Teils der Oberfläche der Behälterherstellungsvorrichtung ist hingegen nicht beschrieben.

105

Die weiteren Dokumente D7 (JP 10 167 226 A), D10 (US 3 809 768 A) und die nachveröffentlichte D9 (WO 2008/070956 A1) sowie die im Prüfungsverfahren ermittelten Druckschriften, auf die die Einsprechende – mit Ausnahme der Druckschrift (4) – nicht mehr eingegangen ist, liegen weiter ab.

106

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

107

Der Fachmann geht auch beim vorliegenden Gegenstand von der D5 aus, hierzu wird auf die Ausführungen unter II. 5.2 verwiesen.

108

Im Hinblick auf eine weitergehende, aktive Sterilisierung der Behälter selbst oder von Maschinen- und Gehäuseteilen zieht der Fachmann auch die bereits oben angesprochene Druckschrift D4 (JP 11137645 A) in Betracht. Sie offenbart zumindest auf einem Drehtisch oder Rondell einer Transporteinrichtung für Kunststoffbehälter vor dem Einfüllvorgang das Sterilisieren dieser Behälter, wobei die als Elektronenstrahler ausgebildeten Strahlungsemitter (electron beam irradiation part 19; Abs. 24 der englischen Maschinen-Übersetzung der D4) auf dem Drehtisch mit den Behältern vis-a-vis mit umlaufen (Patentanspruch 4, Fig. 1, 2 und 4; Merkmal 1.3.2). Eine Bestrahlung (eines Teils) einer potentiellen Umhausung oder gar einer inneren Oberfläche einer Behälterherstellvorrichtung ist der D4 hingegen nicht zu entnehmen (Merkmal 1.3.1). Da dort weder eine Umhausung vorhanden ist noch die Bestrahlung eines leitfähigen Bauteils der Transportvorrichtung vorgesehen ist, kann der D4 auch keine Anregung entnommen werden, irgendwelche Teile statisch aufladbar auszubilden, um die Elektronenstrahlen zu lenken (Merkmal 1.3.4).

109

Auch die weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften geben hierzu keinen Hinweis. Die D1 (FR 28 15 542 A1) ist lediglich für die Sterilisierung der Kunststoff-Vorformlinge oder -Flaschen vorgesehen, diese werden von den Elektronenstrahlen jedoch direkt beaufschlagt. Gleiches gilt für die Sterilisierungseinrichtungen gemäß der D8 (JP 2001 225 814 A) und der D9 (WO 2008/070 956 A1). Diese Dokumente offenbaren jeweils keine Bestrahlung von Teilflächen von inneren Oberflächen einer Behälterherstell(ungs)vorrichtung, bei der mindestens ein Teil dieser Oberfläche elektrostatisch aufladbar ist, um so Elektronenstrahlen zu lenken und legen eine derartige Bestrahlung auch nicht nahe.

110

Alle weiteren verbleibenden Druckschriften haben bereits keine Strahlungsemitter in Form von Elektronenstrahlern zum Inhalt, so dass auch sie jeweils die Merkmale 1.3.1 und 1.3.4 nicht nahe legen können. Da derartige Maßnahmen auch nicht im Bereich handwerklichen Könnens des Fachmanns liegen, beruht der Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 somit auf erfinderischer Tätigkeit.

111

6.3 Der nebengeordnete Anspruch 11 ist auf ein Herstellverfahren für Kunststoffbehälter gerichtet, bei dem eine Behälterherstellungsvorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche eingesetzt wird. Er hat demzufolge nichts anderes als die Formulierung der in Patentanspruch 1 offenbarten Lehre in Form eines Herstellungsanspruchs zum Inhalt. Die Gesichtspunkte, die der Beurteilung der Schutzfähigkeit von Patentanspruch 1 zugrunde liegen, gelten daher gleichermaßen zu Patentanspruch 11 (GRUR 2009, 746, BGH Betrieb einer Sicherheitseinrichtung).

112

6.4 Mit den bestandsfähigen nebengeordneten Patentansprüchen 1 und 11 haben auch die auf diese rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 10 sowie 12 bis 14 Bestand, da ihre Gegenstände über selbstverständliche Maßnahmen hinausgehen.

113

Somit hat das Streitpatent im Rahmen des Hilfsantrags 3 Bestand.