Entscheidungsdatum: 12.07.2011
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 102 03 460
…
…
hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2011 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Zehendner, die Richter Dipl.-Ing. Rippel und Kätker, sowie die Richterin Dipl.-Ing. Dr.-Ing. Prasch
beschlossen:
Der Beschluss der Patentabteilung 15 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 16. Juli 2007 wird aufgehoben.
Das Patent wird widerrufen.
I.
Das Patent DE 102 03 460 mit der Bezeichnung "In einen Staubsauger einsetzbare Filtereinrichtung" ist am 28. Januar 2002 unter Inanspruchnahme der inneren Priorität der Gebrauchsmusteranmeldung 201 01 466.1 vom 27. Januar 2001 angemeldet und die Erteilung am 11. Mai 2006 veröffentlicht worden. Auf einen Einspruch hat die Patentabteilung 15 des Patentamts das Patent mit Beschluss vom 16. Juli 2007 in vollem Umfang aufrechterhalten, weil der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 sowohl neu sei als auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Sie hat zur Begründung ausgeführt, dass zum einen die Inanspruchnahme der inneren Priorität gemäß § 40 PatG aus der deutschen Gebrauchsmusteranmeldung DE 201 01 466.1 zu Recht erfolgt sei und daher das parallele Gebrauchsmuster DE 201 01 471 nachveröffentlicht und nicht in Betracht zu ziehen sei, und dass zum anderen auch keine der übrigen im Erteilungsverfahren berücksichtigten Druckschriften eine Filtereinrichtung aufzeige, die eine Materiallage zur Bildung eines Dichtringes über den Rand der Einströmöffnung nach innen vorstehen lasse.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden.
Sie hat in der Eingabe vom 23. August 2007 zur Beschwerdebegründung ausgeführt, dass sie an ihrer Auffassung festhält, dass die Priorität der Gebrauchsmusteranmeldung 201 01 466.1 zu Unrecht in Anspruch genommen worden sei, weil in den Unterlagen des Gebrauchsmusters an keiner Stelle von einer ausreichenden Elastizität der Materiallage nach dem letzten Merkmal des erteilten Anspruchs 1 die Rede sei, um eine Abdichtung gegenüber einem Stutzen des Staubsaugers bereitzustellen. Die Patentabteilung habe nämlich verkannt, dass Dichtringe keinesfalls elastisch sein müssen. Sie ist daher weiterhin der Auffassung, dass es dem Gegenstand des Streitpatents an der erforderlichen erfinderischen Tätigkeit fehle, weil auch die auf die Patentinhaberin zurückgehende Gebrauchsmusterschrift DE 201 01 471 als vorveröffentlichter Stand der Technik zu berücksichtigen sei, die das Merkmal der ausreichenden Elastizität des Anspruchs 1 nahelege.
Eine zwischenzeitlich geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung verfolgt die Einsprechende nicht mehr weiter.
Mit Schriftsatz vom 30. Juni 2010, per Telefax eingegangen am selben Tag, hat die bis dahin nicht am Verfahren beteiligte A… GmbH (im folgenden: Beitretende) den "Beitritt zum Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren" erklärt. Zugleich hat sie eine "Beschwerdegebühr" in Höhe von … € durch Erteilung einer Einzugsermächtigung entrichtet. Zur Darlegung ihrer Beitrittsberechtigung nach § 58 Abs. 2 PatG hat die Beitretende auf die von ihr in Kopie vorgelegte einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 24. März 2010 (4a O 56/10) verwiesen. Darin wird der Beitretenden auf Antrag der Patentinhaberin untersagt, in Staubsauger einsetzbare Filtereinrichtungen mit bestimmten Merkmalen (Merkmale des Anspruchs 1 des Streitpatents) in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen, einzuführen oder zu besitzen. Die einstweilige Verfügung weist einen Zustellungsvermerk des Gerichtsvollziehers vom 31. März 2010 auf. Der Beitrittsschriftsatz vom 30. Juni 2010 enthält zudem eine 28 Seiten lange Befassung mit der Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents.
Mit Schriftsatz vom 4. August 2010, eingegangen am 5. August 2010, hat die Beitretende ein weiteres Mal den Beitritt zum Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren erklärt. Gleichzeitig hat sie unter Vorlage einer Klageschrift v. 20. Juli 2010 darauf hingewiesen, dass die Patentinhaberin nunmehr im Hauptsacheverfahren zum vorausgegangenen Verfügungsverfahren eine Klage gegen sie erhoben habe. Außerdem hat die Beitretende ein weiteres Mal durch Erteilung einer Einzugsermächtigung eine "Beschwerdegebühr" in Höhe von … € entrichtet.
Sie meint, dass bereits der Beitritt vom 30. Juni 2010 unter Berücksichtigung des Regelungsgehalts der §§ 59 Abs. 2, 81 Abs. 2 PatG zulässig sei. Auch im Falle der einstweiligen Verfügung müsse dem vermeintlichen Verletzer die Möglichkeit gegeben sein, den Bestand des Patents zu erschüttern. Da die Zulässigkeit des Beitritts während eines einstweiligen Verfügungsverfahrens rechtlich ungeklärt sei, werde der Beitritt vorsorglich noch einmal erklärt und höchst vorsorglich auch die Beschwerdegebühr nochmals entrichtet. Aufgrund der von ihr vertretenen Zulässigkeit bereits der ersten Beitrittserklärung, sei die nochmalige Zahlung der Beschwerdegebühr jedoch ohne Rechtsgrund erfolgt und daher zurückzuzahlen. Nur im Falle der Unzulässigkeit des ersten Beitritts wäre hingegen die damals entrichtete Beschwerdegebühr zurückzuzahlen. Sie bittet um Rückzahlung der überzahlten Gebühren.
Die Beitretende hat zur Stützung ihres Vorbringens neben den im Prüfungs- und Einspruchsverfahren in Betracht gezogenen Druckschriften noch auf folgenden Stand der Technik verwiesen:
D3: DE 43 22 222 A1
D4: US 5 080 702 A
D5: DE 297 06 254 U1.
Sie hat vorgetragen, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents nach ihrer Auffassung weder neu sei noch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, da die DE 43 22 222 A1 bereits alle Merkmale des Anspruchs 1 vorwegnehme und aus der US 5 080 702 A bis auf die Verbindung der Materiallagen durch Schweißnähte alle Merkmale des Anspruchs 1 bekannt seien, wobei eine derartige Schweißverbindung dem Fachmann entweder durch die US-Schrift selbst oder zumindest durch die in der DE 297 06 254 U1 beschriebenen Schweißnähte für einen Filterbeutel nahe gelegt sei.
Die Patentinhaberin hat dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und der Beitretenden widersprochen. Sie ist der Auffassung, dass dem Patent zu Recht die Priorität der Gebrauchsmusteranmeldung DE 201 01 466 zukomme, und hat vorgetragen, dass der von der Beitretenden neu vorgelegte Stand der Technik weder die Neuheit noch die erfinderische Tätigkeit des Streitpatents in Frage stellen könne, da die DE 43 22 222 A1 lediglich einen gattungsgemäßen Staubsaugerbeutel offenbare, der ein zusätzliches Dichtelement vermittle, und die US 5 080 702 A einen Staubsaugerbeutel offenbare, bei dem an der Öffnung der Halteplatte ein gesonderter Dichtring angeordnet sei, weil die in Figur 1 gezeigten nach Innen vorstehenden Lippen des Filtermaterials nach ihrer Ansicht keinerlei Funktion hätten. An dieser Stelle sei das Filtermaterial lediglich geschlitzt worden, um eine Einlassöffnung herzustellen, wie insbesondere dann ersichtlich sei, wenn man die Lippen verschwenke, weil sich dann sich die Lippen an ihren Stirnkanten nahezu berührten. Demnach bilde die nach Innen vorstehende Materiallage keinen Dichtring, so dass auch die US 5 080 702 A der Rechtsbeständigkeit des Streitpatents nicht entgegen stehen könne. Folglich könne nach Auffassung der Patentinhaberin auch eine Kombination der DE 43 22 222 A1 mit der US 5 080 702 A nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents führen, weil der Fachmann keiner der Entgegenhaltungen eine Anregung zu dem Merkmal entnehmen könne, wenigstens eine Materiallage des Filterbeutels zur Bildung eines Dichtrings gegenüber dem die Einströmöffnung der Halteplatte begrenzenden Rand nach innen hervorstehen zu lassen.
Von der – wie angekündigt – zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Beschwerdeführerin und Einsprechenden liegt der schriftsätzliche Antrag vor, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Beitretende stellt den Antrag,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin stellt den Antrag,
die Beschwerde zurückzuweisen,
hilfsweise, das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Ansprüchen 1 – 12 gemäß Hilfsantrag I,
im Übrigen gemäß der Patentschrift beschränkt aufrechtzuerhalten
und die Beschwerde im Übrigen zurückzuweisen,
weiter hilfsweise das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Ansprüchen 1 – 11 gemäß Hilfsantrag II,
im Übrigen gemäß der Patentschrift beschränkt aufrechtzuerhalten
und die Beschwerde im Übrigen zurückzuweisen.
weiter hilfsweise das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Ansprüchen 1 – 12 gemäß Hilfsantrag III,
im Übrigen gemäß der Patentschrift beschränkt aufrechtzuerhalten
und die Beschwerde im Übrigen zurückzuweisen.
Die Beitretende hat zu den Hilfsanträgen ausgeführt, dass nach ihrer Ansicht auch die dort beanspruchten Filtereinrichtungen entweder nicht neu seien oder nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten. Zum einen sei das in der US 5 080 702 A angegebene Filtermaterial ein Meltblown-Vlies und damit ein Volumenvlies, das nach ihrer Ansicht auch schweißbar sei, so dass kein Unterschied zum Gegenstand nach Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 zu erkennen sei. Zum anderen sei das aus dem erteilten Anspruch 8 stammende Merkmal des Ultraschall-Schweißens des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag II nur fakultativ beansprucht, da mit "vorzugsweise" umschrieben, eine solche Verschweißung sei dem Fachmann aber schon aus der DE 297 06 254 U1 bekannt. Das in den Anspruch 1 nach Hilfsantrag III aufgenommene Merkmal einer Verschweißung der äußeren Randbereiche der Filtermateriallagen sei bereits in der DE 43 22 222 A1, insbesondere Spalte 2, Zeilen 42 bis 48, beschrieben, gehe aber andererseits auch aus der DE 297 06 254 U1, insbesondere der Figur 1 hervor.
Der erteilte Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:
"In einen Staubsauger einsetzbare Filtereinrichtung, mit einem aus mindestens zwei luftdurchlässigen schweißfähigen Materiallagen (11, 12) gefertigten Filterbeutel (10a), der an einer mit einer Einströmöffnung (10d) versehenen Halteplatte (10b) festgelegt ist, wobei die Materiallagen (11, 12) des Filterbeutels (10a) durch ein oder mehrere Schweißnähte (13) miteinander verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, dass |
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag I lautet:
"In einen Staubsauger einsetzbare Filtereinrichtung, mit einem aus mindestens zwei luftdurchlässigen schweißfähigen Materiallagen (11, 12) gefertigten Filterbeutel (10a), der an einer mit einer Einströmöffnung (10d) versehenen Halteplatte (10b) festgelegt ist, wobei die Materiallagen (11, 12) des Filterbeutels (10a) durch ein oder mehrere Schweißnähte (13) miteinander verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, dass |
wobei die Materiallagen (11, 12) aus einem Volumenvlies bestehen, welches einen bestimmten Anteil eines thermoplastischen Materials enthält."
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag II lautet:
"In einen Staubsauger einsetzbare Filtereinrichtung, mit einem aus mindestens zwei luftdurchlässigen schweißfähigen Materiallagen (11, 12) gefertigten Filterbeutel (10a), der an einer mit einer Einströmöffnung (10d) versehenen Halteplatte (10b) festgelegt ist, wobei die Materiallagen (11, 12) des Filterbeutels (10a) durch ein oder mehrere Schweißnähte (13) miteinander verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, dass |
wobei die Materiallagen (11, 12) aus einem Volumenvlies bestehen, welches einen bestimmten Anteil eines thermoplastischen Materials enthält und
jede Schweißnaht (13) als vorzugsweise im Ultraschall-Schweißverfahren hergestellte Schweiß - Prägenaht ausgebildet ist."
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag III lautet:
"In einen Staubsauger einsetzbare Filtereinrichtung, mit einem aus mindestens zwei luftdurchlässigen schweißfähigen Materiallagen (11, 12) gefertigten Filterbeutel (10a), der an einer mit einer Einströmöffnung (10d) versehenen Halteplatte (10b) festgelegt ist, wobei die Materiallagen (11, 12) des Filterbeutels (10a) durch ein oder mehrere Schweißnähte (13) miteinander verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, dass |
Die in den Hilfsanträgen dem Anspruch 1 nach Hauptantrag jeweils hinzugefügten Merkmale sind unterstrichen gekennzeichnet worden.
Wegen der gemäß Hauptantrag in der erteilten Fassung rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 13 wird auf die Streitpatentschrift und der gemäß den Hilfsanträgen I bis III jeweils rückbezogenen Patentansprüche sowie hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Einsprechenden ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt (§ 73 Abs. 1 Satz 2 PatG).
a) Der Einspruch ist zulässig, insbesondere ist er fristgerecht erhoben und substantiiert begründet worden, was auch die Patentinhaberin nicht in Abrede stellt.
Auch der Beitritt zum Einspruch ist gemäß § 59 Abs. 2 PatG zulässig. Dabei geht der Senat davon aus, dass bereits die erste Beitrittserklärung vom 30. Juni 2010 als zulässig anzusehen ist, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch keine Klage wegen Verletzung des Patents, sondern nur eine einstweilige Verfügung vorlag (anders BPatG (4. Senat) v. 31. März 1992 (4 W (pat) 3/91). Diese erweiternde Auslegung des § 59 Abs. 2 PatG, der nach seinem Wortlaut verlangt, dass "Klage wegen Verletzung des Patents erhoben worden ist", würde dem Sinn dieser Vorschrift entsprechen. Sie soll dem angeblichen Verletzer zu jeder Zeit einen Angriff gegen das Patent ermöglichen, sei es im Einspruchs- oder im Nichtigkeitsverfahren (vgl. Schulte, Patentgesetz, 8. Auflage, § 59, Rdn. 255 a. E.). Da dem angeblichen Patentverletzer während der Einspruchsfrist und des Einspruchsverfahrens die Nichtigkeitsklage verschlossen ist (§ 81 Abs. 2 PatG), räumt das Gesetz demjenigen, der wegen einer Patentverletzung in Anspruch genommen worden ist, unter engen Voraussetzungen die Möglichkeit ein, sich an einem anhängigen Einspruchsverfahren zu beteiligen und trägt so seinem durch die anhängigen Prozesse, für die die Rechtsbeständigkeit des Schutzrechts eine wesentliche Vorfrage darstellt, begründeten besonderen Interesse an einer kurzfristigen Klärung dieser Frage Rechnung (BGH GRUR 1993, 892, 893, li. Sp. u. - Heizkörperkonsole). Nachdem der Bundesgerichtshof, a. a. O., festgestellt hat, dass diese Zielsetzung dann verfehlt werden würde, wenn die Wirksamkeit des Beitritts von der Zulässigkeit des Einspruchs abhinge, spricht einiges dafür, den Beitritt auch in dem Fall als zulässig anzusehen, in dem der Patentinhaber den Weg des einstweiligen Rechtsschutzes wählt, möglicherweise taktisch auch gerade, um den zulässigen Beitritt des Patentverletzers zu verhindern oder hinauszuzögern. Auch hier wird der Patentverletzer wegen Patentverletzung "in Anspruch genommen" (vgl. BGH, a. a. O.) und sogar, wie vorliegend, frühzeitig und ohne Möglichkeit der Aussetzung des Verletzungsverfahrens mit einem vollstreckbaren Titel konfrontiert. Es erschiene wenig nachvollziehbar, unter diesen Umständen vom Patentverletzer zu verlangen, dass er zuwartet, bis entweder der Patentinhaber (wenn überhaupt) die Klage im Hauptsacheverfahren erhebt oder das Einspruchsverfahren rechtskräftig beendet wird (vgl. a. EPA-Beschwerdekammer T 0452/05, ABl. 20076, Sonderausgabe Nr. 6, 65, zitiert in Schulte, a. a. O., § 59, Rdn. 265: Die Beschwerdekammer ging, ohne dies zu problematisieren, von der Zulässigkeit des Beitritts nach Erlass einer einstweiligen Verfügung aus, was offenbar durch die englische Fassung des Art. 105 Abs. 1 a) EPÜ ("… proceedings for infringement ….") gegenüber der deutschen Fassung ("…Klage wegen Verletzung…") nahe gelegt war).
Die Frage der Zulässigkeit des Beitritts bereits zu einem Zeitpunkt, in dem (nur) ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Beitretenden vorliegt, und die sich daran anschließende Frage, ob und wann im Falle einer solchen Zulässigkeit die Beitrittsfrist des § 59 Abs. 2 PatG zu laufen beginnt, braucht hier allerdings nicht weiter vertieft zu werden, da sie im vorliegenden Fall nur Bedeutung für die Höhe der zu erstattenden Gebühren hat. Denn jedenfalls nach Erhebung der Klage im Hauptsacheverfahren hat die Beitretende innerhalb von drei Monaten nach der Klageerhebung unter nochmaliger Zahlung eines ausreichenden Gebührenbetrags und mit Bezugnahme auf die bereits in der ersten Beitrittsschrift enthaltene substantiierte Begründung ein weiteres Mal den Beitritt erklärt. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der erste Beitritt zu diesem Zeitpunkt noch unzulässig war, so wäre spätestens mit der zweiten Beitrittserklärung ein wirksamer Beitritt zum Einspruchsbeschwerdeverfahren erklärt worden.
Der Zulässigkeit des Beitritts steht auch nicht entgegen, dass die Beitretende nach dem Inhalt der von ihr eingereichten Einzugsermächtigungen ausdrücklich jeweils eine "Beschwerdegebühr" in Höhe von … € entrichtet hat (vgl. Inhalt der Einzugsermächtigungen: "401 100 Beschwerdegeb. im Einspruchverf. 500", vgl. a. verschiedene Nennungen der Bezeichnung "Beschwerdegebühr" in den Beitrittschriftsätzen vom 30. Juni 2010 und 4. August 2010), anstatt eine Einspruchs- bzw. Beitrittsgebühr nach Nr. 313 600 des Gebührenverzeichnisverzeichnisses in Höhe von … € zum Patentkostenge setz zu zahlen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Zahlung einer Beschwerdegebühr für die Wirksamkeit eines Beitritts nicht erforderlich ist, gleich in welcher Verfahrenslage sich das Einspruchsverfahren befindet. Insbesondere für den - wie hier - erst im Zuge eines anhängigen Einspruchsbeschwerdeverfahrens erfolgenden Beitritt ist keine Beschwerdegebühr erforderlich (st. Rspr. u. h. M., vgl. BPatGE 29, 194, 2. LS u. S. 197; BPatGE 30, 109, 110; Schulte, a. a. O., § 59, Rdn. 272; Benkard, Patentgesetz u. Gebrauchsmustergesetz, 10. Aufl., § 59 PatG, Rdn. 42; Busse, Patentgesetz, § 59, Rdn. 125). Nur dann, wenn die die Beschwerdefrist noch läuft, kann der Beitretende neben dem Einsprechenden auch gesondert eine Beschwerdegebühr zahlen, mit der sich dann ergebenden Folge, dass er neben dem ursprünglich Einsprechenden ebenfalls Beschwerdeführer wird, seine Beteiligung also nicht vom Weiterbestand der Beschwerde des Einsprechenden abhängt (vgl. Schulte, a. a. O., § 59, Rdn. 271; Busse, Patentgesetz, 6. Aufl., § 59, Rdn. 126).
Vorliegend war die Beschwerdefrist schon zum Zeitpunkt der Einreichung der ersten Beitrittserklärung abgelaufen, so dass die Beschwerdegebühr nicht mehr mit Rechtsgrund gezahlt werden konnte. Zu entrichten war damit allein die Einspruchs- bzw. Beitrittsgebühr nach Nr. 313 600 des Gebührenverzeichnisverzeichnisses.
Geht man davon aus, dass die hier erfolgte Zahlung einer "Beschwerdegebühr" angesichts des Betrags und der Eindeutigkeit der in den Einzugsermächtigungen enthaltenen Bezeichnungen nicht als Zahlung einer Einspruchs- bzw. Beitrittsgebühr ausgelegt werden kann, so ist die auf die Zahlung einer Beschwerdegebühr gerichtete Verfahrenshandlung jedoch analog § 140 BGB in die Zahlung einer Einspruchsgebühr umzudeuten (zu den Voraussetzungen vgl. Schulte, a. a. O., Einleitung, Rdn. 339; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 70, Rdn. 3 unter Verweis auf BGH NJW 2001, 1217):
Zunächst kann ohne weiteres davon ausgegangen werde, dass die Beitretende bei Kenntnis der Unwirksamkeit der Zahlung der Beschwerdegebühr die Zahlung einer Beitrittsgebühr vorgenommen bzw. gewollt hätte, zumal es hierbei nur um einen bloßen Wechsel der Gebührenart geht und es der Beitretenden erkennbar auch nur darum ging, mit der Zahlung das Ziel eines wirksamen Beitritts zum Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren herbeizuführen (vgl. jew. Seite 1 der beiden Beitrittserklärungen). Zudem konnte die Beitretende dieses Ziel sogar mit der im Vergleich zur Beschwerdegebühr um … € geringeren Beitrittsgebühr in Höhe von … € erreichen, was umso mehr für einen dahingehenden mutmaßlichen Willen spricht.
Außerdem sind die Voraussetzungen der Wirksamkeit der anderen Verfahrenshandlung, d. h. der Zahlung der Beitrittsgebühr, erfüllt, denn es ist in jedem Fall rechtzeitig (s. o.) eine Gebührenzahlung erfolgt, die der Höhe nach mindestens der Höhe der Beitrittsgebühr entspricht.
Schließlich stehen der Umdeutung keine entgegenstehenden schützenswerten Interessen Dritter entgegen. Ein schützenswertes Interesse der Patentinhaberin, das gegen die Umdeutung der Zahlung von … € Beschwerdegebühren in eine (Über-) Zahlung der Beitrittsgebühr sprechen kann, ist nicht erkennbar. Wenn die Patentinhaberin die Beitretende verklagt hat, muss sie sich auch deren Eintritt als weitere Einsprechende gefallen lassen (vgl. § 58 Abs. 2 PatG). Da der erforderliche Gebührenbetrag in voller Höhe gezahlt, sogar überzahlt worden ist, können auch keine fiskalischen bzw. patentgebührenrechtlichen Interessen der Öffentlichkeit entgegen stehen. Somit kann die Zahlung von Beschwerdegebühren in eine Zahlung der Beitrittsgebühr umgedeutet werden (§ 140 BGB analog).
b) Die Beschwerde ist auch begründet.
Sie führt zum Widerruf des Streitpatents, denn der Gegenstand des Streitpatents ist sowohl in der erteilten Fassung des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag als auch in den hilfsweise beantragten Fassungen des Anspruchs 1 gemäß den Hilfsanträgen I bis III gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig.
A.
Die Inanspruchnahme der inneren Priorität gemäß § 40 PatG aus der Gebrauchsmusteranmeldung 201 01 466 ist wirksam, wie die Patentabteilung zutreffend festgestellt hat.
Als Fachmann ist ein Diplom-Ingenieur des Maschinenbaus oder der Verfahrenstechnik mit zumindest Fachhochschulabschluss und mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Filtertechnik, insbesondere der Entwicklung und Konstruktion von Filtereinrichtungen für Staubsauger anzusehen.
In der Gebrauchsmusterschrift 201 01 466 (die den ursprünglich eingereichten Gebrauchsmusterunterlagen entspricht) ist zum einen ausgeführt, dass bei Einsatz eines Ultraschall-Schweißverfahrens die Verbindungsbereiche (der Materiallagen) elastisch bleiben, so dass demnach auch die Materiallagen eine Elastizität aufweisen (Seite 3, Zeilen 8 bis 13 sowie 28 und 29). Zum anderen ist in der Gebrauchsmusterschrift, Seite 4, Zeilen 12 bis 17, ausgeführt, dass zur Vereinfachung der Filtereinrichtung vorgesehen ist, dass wenigstens eine Materiallage des Filterbeutels zur Bildung eines Dichtringes gegenüber dem die Einströmöffnung der Halteplatte begrenzenden Rand nach innen vorsteht, wodurch eine separate Herstellung des Dichtringes - aus Gummi oder einem ähnlichen Kunststoff (Seite 4, Zeile 6) - und ein Anbringen des Dichtrings an einer Halteplatte entfallen soll. Demnach wird der Fachmann auch durch diese Textstelle auf die Elastizität des Dichtrings hingewiesen, da dem Fachmann geläufig ist, dass Gummi ein elastischer Werkstoff ist, wie die Patentabteilung zutreffend festgestellt hat. Folglich offenbart auch bereits die Gebrauchsmusterschrift 201 01 466 in ihren ursprünglich eingereichten Unterlagen dem Fachmann entgegen der Auffassung der Einsprechenden eine Materiallage mit einer ausreichenden Elastizität, um eine Abdichtung gegenüber dem Stutzen eines Staubsaugers bereitzustellen.
Demnach ist die Priorität der Gebrauchsmusteranmeldung 201 01 466 zu Recht in Anspruch genommen worden, so dass die am gleichen Tag wie die prioritätsbegründende Gebrauchsmusteranmeldung angemeldete Gebrauchsmusteranmeldung DE 201 01 471 U1 bei der Beurteilung der Patentfähigkeit des Streitpatents weder einen zu berücksichtigenden älteren noch einen vorveröffentlichten Stand der Technik bildet kann.
B.
1. Das Streitpatent betrifft eine in einen Staubsauger einsetzbare Filtereinrichtung.
Die Streitpatentschrift geht dabei im Absatz [0002] von bekannten verwendeten Filtereinrichtungen aus, bei denen die Filterbeutel meist aus einem Filterpapier und die Halteplatte separat aus Karton gefertigt sind. Bei solchen Filtereinrichtungen sei die Einströmöffnung von einem Gummiring umgeben, der aufgrund seiner Elastizität sich an einen Stutzen eines Staubsaugers anlegen könne (Absatz [0002]). Für Filterbeutel sei auch ein voluminöses, als Volumenvlies bezeichnetes Material entwickelt worden, das durch einen bestimmten Anteil eines thermoplastischen Materials schweißfähig sei und eine verbesserte Filterwirkung und Reißfestigkeit biete [0004]. Weiterhin sei aus der EP 1 059 056 A1 ein Filterbeutel aus einem mehrschichtigen Filtermaterial bekannt geworden, der zur Schaffung einer Einführöffnung für den Staubsaugerstutzen an einer Seite einen an dem Filterbeutel festgeklebten Kragen aus einem relativ steifen Material wie Karton oder Kunststoff aufweise [0005]. Eine gute Abdichtung zu einem Stutzen eines Staubsaugers lasse sich damit aber nicht erreichen. Schließlich sei aus der DE 21 16 579 B eine mit dem Staubfilterbeutel verschweißte Halteplatte bekannt geworden, an der eine elastische Dichtung zum Umschließen eines Staubsaugersaugstutzens festgelegt worden sei [0009].
Nach alledem sind aus dem Stand der Technik Filtereinrichtungen bekannt geworden, deren Filterteile jeweils aus verschiedenen Materialien gefertigt sind.
In der Patentschrift ist als Aufgabe angegeben, eine in einen Staubsauger einsetzbare Filtereinrichtung der eingangs näher beschriebenen Art zu schaffen, die aus einen thermoplastischen Anteil enthaltendem Material in äußerst einfacher Weise mit nur wenigen Elementen herstellbar ist (Absatz [0010]).
Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag bzw. den Hilfsanträgen I bis III betrifft eine in einen Staubsauger einsetzbare Filtereinrichtung mit den folgenden Merkmalen, wobei von der Merkmalsabfolge im erteilten Anspruch 1 abgewichen wurde:
1 Einem Filterbeutel, der aus mindestens zwei luftdurchlässigen Materiallagen (11, 12) gefertigt ist, |
1.1 wobei die Materiallagen (11, 12) schweißfähig sind und |
1.2 wobei die Materiallagen (11, 12) durch eine oder mehrere Schweißnähte (13) miteinander verbunden sind. |
2 Der Filterbeutel ist an einer Halteplatte (10b) festgelegt, |
2.1 wobei die Halteplatte (10b) mit einer Einströmöffnung (10d) versehen ist. |
2.1.1 Wenigstens eine Materiallage des Filterbeutels steht gegenüber dem die Einströmöffnung (10d) der Halteplatte (10b) begrenzenden Rand nach innen vor. |
2.1.1.1 Die wenigstens eine nach innen vorstehende Materiallage des Filterbeutels bildet einen Dichtring.
2.1.1.2 Die Elastizität der Materiallage reicht aus, um eine Abdichtung gegenüber einem Stutzen des Staubsaugers bereitzustellen. |
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag I fügt dem Merkmal 1.2 noch folgendes Merkmal hinzu:
1.3 wobei die Materiallagen (11, 12) aus einem Volumenvlies bestehen, welches einen bestimmten Anteil eines thermoplastischen Materials enthält.
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag II fügt den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag I noch folgendes Merkmal an:
1.4 jede Schweißnaht (13) ist als vorzugsweise im Ultraschall- Schweißverfahren hergestellte Schweiß - Prägenaht ausgebildet.
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag III fügt dem Merkmal 1.2 noch folgenden Merkmale an:
1.3’ der Filterbeutel (10a) ist aus einer der Anzahl der Materiallagen (11, 12) entsprechenden Stückzahl von blattförmigen Zuschnitten gleicher Größe gefertigt, |
1.3’.1 wobei die äußeren Randbereiche aller Zuschnitte umlaufend miteinander durch die Schweißnähte (13) verbunden sind. |
Die Merkmale 1 und 2 beschreiben den grundsätzlichen Aufbau der Filtereinrichtung (10) für einen Staubsauger, nämlich einen Filterbeutel (10a), der aus mindestens zwei luftdurchlässigen Materiallagen (11, 12) gefertigt ist (Merkmal 1), und einer Halteplatte (10b), an der der Filterbeutel festgelegt ist (Merkmal 2). Dementsprechend befasst sich die Merkmalsgruppe 1 mit der Ausgestaltung des Filterbeutels, wonach die Materiallagen schweißfähig (Merkmal 1.1) und durch eine oder mehrere Schweißnähte (13) miteinander verbunden sein sollen (Merkmal 1.2). Hierfür kommen - wie nach dem zusätzlichen Merkmal in Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag I - Materiallagen (11, 12) aus einem Volumenvlies in Betracht, welches einen bestimmten Anteil eines thermoplastischen Ma-terials enthält (vgl. auch Absatz [0024]), wodurch die Materiallagen (11, 12) schweißfähig sind und durch Schweißnähte (13) miteinander verbunden werden können (Absatz [0025]). Dabei kommt als Schweißnaht (13) nach dem im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag II zusätzlich noch angefügten Merkmal eine vorzugsweise im Ultraschall-Schweißverfahren hergestellte Schweiß - Prägenaht in Betracht.
Hilfsantrag III charakterisiert die Herstellung des Filterbeutels näher als aus einer der Anzahl der Materiallagen entsprechenden Stückzahl von blattförmigen Zuschnitten gleicher Größe gefertigt (Merkmal 1.3’), wobei die äußeren Randbereiche aller Zuschnitte umlaufend miteinander durch die Schweißnähte verbunden sind (Merkmal 1.3’.1).
Die Merkmalsgruppe 2 befasst sich mit der Ausgestaltung der Halteplatte (10b), wonach die Halteplatte eine Einströmöffnung aufweist (Merkmal 2.1) (Absatz [0001]), durch die der Saugluftstrom in den Filterbeutel eintreten kann. Nach Merkmal 2.1.1 ist weiterhin vorgesehen, dass wenigstens eine Materiallage des Filterbeutels gegenüber dem die Einströmöffnung (10d) der Halteplatte (10b) begrenzenden Rand nach Innen vorsteht. Dabei soll die vorstehende Materiallage an der Einströmöffnung einen Dichtring ausbilden (vgl. Merkmal 2.1.1.1), so dass ohne ein zusätzliches Dichtelement ein Stutzen eines Staubsaugers in der Einströmöffnung aufgenommen werden kann (Absatz [0012]).
Weiterhin ist nach dem Merkmal 2.1.1.2 des Anspruchs 1 gefordert, dass die Elastizität der Materiallage ausreicht, um eine Abdichtung gegenüber einem Stutzen des Staubsaugers bereitzustellen.
Die Angabe "die Elastizität der Materiallage reicht aus, um eine Abdichtung gegenüber einem Stutzen des Staubsaugers bereitzustellen" (Merkmal 2.1.1.2) in Patentanspruch 1 in seiner erteilten Fassung sowie nach den Hilfsanträgen I bis III enthält demnach eine auf eine bestimmte Zweckangabe ("um eine Abdichtung gegenüber einem Stutzen des Staubsaugers be-reitzustellen") gerichtete Wirkungsangabe (ausreichende Elastizität der Materiallage), die nach den vorstehenden Ausführungen zur Aufgabe bedeutet, dass die Elastizität der Materiallage so beschaffen sein muss, dass sie eine Abdichtung gegenüber einem Stutzen des Staubsaugers bereit stellen kann.
2. Die in einen Staubsauger einsetzbare Filtereinrichtung nach dem erteilten Patentanspruch 1 (Hauptantrag) beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die von der Beitretenden genannte Druckschrift DE 43 22 222 A1 (D3) zielt darauf ab, bei einem Staubsaugerfilter Maßnahmen zu treffen, durch die eine Kompostierbarkeit und damit Abbaubarkeit des Filterbeutelmaterials gewährleistet ist. Sie geht dabei von bekannten Filtern für Staubsauger mit Filterteilen aus Papier, Pappe, Gewebe oder in Verbindung mit Luft undurchlässigen Kunststoffteilen aus, bei denen zwar Filterbeutel und Versteifungsplatte aus kompostierbaren Materialien, aber notwendige Dichtungen, wie Ringdichtungen in einer Einlassöffnung aus unverrottbaren gummielastischen Werkstoffen bestehen (D3, Spalte 1, Zeilen 5 - 10).
Um die Abbaubarkeit des Filterbeutelmaterials insgesamt sicher zustellen, schlägt die D3 daher vor, für den gesamten Filteraufbau nur einen Werkstoff und zwar einen biologisch abbaubaren Polymerwerkstoff zu nutzen (Spalte 1, Zeilen 19 - 22). Bei mehrteiligem Aufbau dagegen könne sich nach der D3 die Anwendung von biologisch abbaubaren Polymerwerkstoff auch auf ein einzelnes Filterteil beschränken, während weitere Filterteile aus biologisch abbaubaren Vlies, Gewebe, Papier, Naturfaser und dgl. gefertigt sein könnten (Spalte 1, Zeilen 22 – 29), wobei der Filter auch als mehrlagige Filterfläche ausgebildet sein könne, die aus Schichten aus Vlies, Gewebe, Gitter oder dgl. zusammengefügt ist (Spalte 1, Zeilen 37 - 40). Demnach kann der Druckschrift D3, da in dem Ausführungsbeispiel zu Figur 1 auch ein Filterbeutel (1) aus luftdurchlässigem Material beschrieben ist (vgl. Spalte 2, Zeile 7), ein aus mindestens zwei luftdurchlässigen Materiallagen gefertigter Filterbeutel (1) entsprechend Merkmal 1. der Merkmalgliederung des Anspruchs 1 in Punkt III.1. entnommen werden.
Nachdem die Schichten der mehrlagigen Filterfläche gemäß D3 im Bereich von innen- und außen liegenden Rändern miteinander verbunden, insbesondere miteinander verschweißt sein können (Spalte 1, Zeilen 40 - 43), ist - entgegen der Ansicht der Patentinhaberin, wonach sich die Verschweißbarkeit nach D3 nur auf ein Scheibenfilter beziehe, ersichtlich, dass die Materiallagen des Filterbeutels verschweißbar sind, da sie durch Schweißnähte (13) umlaufend miteinander verbunden sind, entsprechend den Merkmalen 1.1 und 1.2 des Anspruchs 1 des Streitpatents. Dem flexiblen Filterbeutel ist weiterhin eine Versteifungsplatte (2) zugeordnet, in der eine Einlassöffnung (3) für die Verbindung mit einem Staublufteinlassstutzen vorgesehen ist, der in einem Staubsauger angeordnet ist, so dass bei der Filtereinrichtung nach der Druckschrift D3 die Merk-male 2. und 2.1 des Anspruchs 1 des Streitpatents verwirklicht sind. (Spalte 1, Zeilen 29 – 31; Spalte 2, Zeilen 7 - 11; Figur 1).
Damit die Einströmöffnung (3) in der Halteplatte (2) bei dem Filterbeutel nach der D3 dicht mit dem Lufteinlassstutzen zusammenarbeiten kann, wird der Einströmöffnung (3) zweckmäßig eine insbesondere aus einer elastischen Folie hergestellte Ringdichtung (4) aus dem biologisch abbaubaren Polymerwerkstoff zugeordnet, die die Einströmöffnung umschließen soll, wobei der Innendurchmesser der Ringdichtung (4) kleiner sein soll als der der Einströmöffnung (3) (Spalte 1, Zeilen 30 - 35; bzw. Spalte 2, Zeilen 11 - 16; Figur 1, 2). Dabei kann die Versteifungsplatte (2) und die Ringdichtung (4) auch als ein Bauteil einstückig hergestellt sein, wie die D3 in Spalte 1, Zeilen 35 - 37, ausführt.
Demzufolge steht bei der Filtereinrichtung nach der Druckschrift D3 keine Materiallage des Filterbeutels zur Bildung eines Dichtrings gegenüber dem die Einströmöffnung der Halteplatte begrenzenden Rand nach innen vor, so dass sich der Gegenstand des Streitpatents entgegen der Auffassung der Beitretenden in den Merkmalen 2.1.1, 2.1.1.1 und 2.1.1.2 von dem in der Druckschrift D3 vorgestellten Filterbeutel unterscheidet.
Bei dem in der Druckschrift D3 beschriebenen Filterbeutel ist aber vorgesehen, dass die Filterteile (1) bis (4) insgesamt aus einem biologisch abbaubaren Polymerwerkstoff bestehen können und dann zumindest die Versteifungsplatte (2) mit dem Dichtelement (4) einstückig hergestellt werden kann (Spal-te 2, Zeilen 18 - 22). Bei einer solchen Lösung können im Sinne (des mit "zumindest" umschriebenen Merkmals) der Druckschrift D3 nicht nur die Versteifungsplatte (2) und das Dichtelement (4), sondern insgesamt auch weitere Teile des Filterbeutels einstückig hergestellt werden, so dass die Druckschrift D3 dem Fachmann damit auch die einstückige Ausbildung des Dichtelements mit den Materiallagen des Filterbeutels vor Augen führt.
Der Fachmann bemüht sich stets um Kosteneinsparungen. Vor diesem Hintergrund lag es für ihn nahe, nach Verbesserungen hinsichtlich einer einfacheren Herstellungweise zu suchen und hierfür insbesondere eine einfachere Dichtringausbildung in Betracht zu ziehen, um komplizierte Fertigungsschritte zur Ausbildung eines elastischen Dichtrings beim Spritzgießen der Halteplatte oder bei der Ausbildung eines Dichtrings aus Folien zu vermeiden.
Daher bot sich für den Fachmann die Verwendung einer Materiallage des Filterbeutels zur Ausbildung eines Dichtrings an, wenn er bei Filterbeuteln mit luftdurchlässigen schweißbaren Materiallagen nach Möglichkeiten der vereinfachten Dichtringausbildung suchte. Denn für den Fachmann war aufgrund seines Fachwissens erkennbar, dass eine luftdurchlässige Materiallage aus biologisch abbaubarem Polymerwerkstoff nach der Druckschrift D3 eine ausreichende Elastizität aufweist, um eine Abdichtung gegenüber dem Stutzen des Staubsaugers bereitzustellen (Merkmal 2.1.1.2), so dass es dafür ausreicht, eine Materiallage des Filterbeutels gegenüber dem die Einströmöffnung der Halteplatte begrenzenden Rand nach innen vorstehen zu lassen.
Demnach stellt das Merkmal 2.1.1.1 für den Fachmann eine einfache Modifikation der Lehre der Druckschrift D3 dar. Denn es lag im Fachkönnen des Fachmanns, bei Nutzung nur eines Werkstoffs für das gesamte Filter z. B. biologisch abbaubarem Polymerwerkstoff - wie die D3 in Spalte 1, Zeilen 19 - 22 ausführt - für die Dichtringausbildung die Filterfläche einzubeziehen (D3, Spalte 1, Zeilen 19 - 22).
Damit war eine in einen Staubsauger einsetzbare Filtereinrichtung nach dem erteilten Patenanspruch 1 dem Fachmann durch den Offenbarungsgehalt der Druckschrift D3 in Verbindung mit sich zwangsläufig daraus ergebenden fachlichen Überlegungen und dem Bestreben nach einer möglichst einfachen Herstellungsweise mit nur wenigen Elementen nahe gelegt.
Der Anspruch 1 nach Hauptantrag hat daher keinen Bestand.
3. Der Gegenstand des Patentanspruches 1 gemäß Hilfsantrag I umfasst den Gegenstand des enger gefassten Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag II. Nachdem letzterer - wie die nachfolgenden Ausführungen zum Hilfsantrag II zeigen - nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist auch der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag I nicht rechtsbeständig.
4. Die durch Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag beanspruchte Filtereinrichtung beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Gemäß den zusätzlichen Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag II bestehen die Materiallagen aus einem Volumenvlies, das einen bestimmten Anteil eines thermoplastischen Materials enthält, (Merkmal 1.3) und es soll jede Schweißnaht als vorzugsweise im Ultraschall- Schweißverfahren hergestellte Schweiß - Prägenaht ausgebildet sein (Merkmal 1.4). Ein solches Vlies und eine solche Schweiß - Prägenaht sind in der Druckschrift D3 nicht vorbeschrieben, denn sie erwähnt nur Schichten aus Vlies, die an ihren Rändern miteinander verschweißt sein können (Spalte 1, Zeilen 38 - 43).
Ein Volumenvlies mit einem Anteil eines thermoplastischen Materials war aber für den Fachmann zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents ein gängiges Filtermaterial, wie dies etwa die von der Beitretenden im Beschwerdeverfahren genannte Druckschrift D5 zeigt. Die D5 selbst betrifft zwar ein mehrteiliges Filterbeutelsystem insbesondere für Dentallabors, um in Arbeitsplatz-Absauganlagen den z. B. beim Schleifen entstandenen Feinstaub abscheiden zu können (Seite 1, 2. Absatz), sie führt aber am Ende der Beschreibung aus, dass solch ein Filterbeutelsystem auch für andere Zwecke einsetzbar sei und dass auch ein Einsatz in einem herkömmlichen Staubsauger möglich sei (Seite 5, letzter Absatz).
In der D5 ist die Aufgabe gestellt, ein Filtersystem zu schaffen, bei dem eine möglichst große aktive Filteroberfläche nutzbar ist. Hierzu beschreibt die D5 einen mehrteiligen Filterbeutel mit mindestens einem Trennelement zwischen den Filterbeuteln, und schlägt für die Herstellung des Filterbeutels ein Kunstfaservlies vor, das eine Ultraschall-Verschweißung im Randbereich der Filterbeutel und im Bereich um die Verbindungsöffnungen ermöglicht (Seite 2, 4. Absatz; Ansprüche 5 und 7). In der Figurenbeschreibung zu den Figuren 1 und 2 führt die D5 noch aus, dass die Außenwand (11) des Filterbeutels aus einem Polyester- bzw. Kunstfaservlies besteht, das Luft hindurch lässt, und dass die Außenwand (11) und die Innenwand (12) durch eine Verschweißung fest miteinander verbunden sind, wodurch sie den ersten Filterbeutel ausbilden.
Ein Polyester- bzw. Kunstfaservlies für Filterzwecke bildet im filtertechnischen Verständnis ein voluminöseres Material, um eine möglichst große aktive Filteroberfläche zu schaffen, und kann demnach auch als ein Volumenvlies bezeichnet werden, welches durch die Herstellung aus Polyester- bzw. Kunstfasern auch einen thermoplastischen Anteil enthält. Da eine Verschweißbarkeit der Materiallagen nach D3 bereits vorgesehen ist, lag es für den Fachmann nahe, bei der Suche nach einem geeigneten verschweißbaren Filtermaterial den Einsatz eines Volumenvlieses mit einem bestimmten Anteil eines thermoplastischen Materials in Betracht zu ziehen (Merkmal 1.3 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag II).
Zudem bietet sich für den Fachmann auch das aus der D5 bekannte Ultraschweißverfahren zur Verbindung des Randbereichs der Materiallagen an, um eine besonders dichte Verbindung zu erzeugen, denn hierbei findet gemäß D5 im Gegensatz zu herkömmlichen Nähten im Betrieb keine Aufweitung von Nahtlöchern statt, womit der Filterbeutel auch für den Mikrostaub dicht bleibt (Seite 2, 4. Absatz).
Aus dem Ultraschall-Verschweißvorgang selbst ergibt sich auch bereits die Ausbildung einer Schweiß-Prägenaht in naheliegender Weise, da mit den dafür eingesetzten Schweißwerkzeugen, den sog. Sonotroden, der Randbereich der Materiallagen geprägt wird, wodurch eine Prägenaht erzeugt wird. Demnach aber zeigt die Druckschrift D5 dem Fachmann entgegen der Auffassung der Patentinhaberin auch das zusätzliche Merkmal 1.4 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag II auf.
Damit erschließt sich dem Fachmann die Lehre des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag II in naheliegender Weise aus den Druckschriften D3 und D5, nämlich der Anwendung des aus der Druckschrift D5 bekannten Filtermaterials und Schweißverfahrens bei einer in einen Staubsauger einsetzbaren Filtereinrichtung nach der D3 in Verbindung mit naheliegenden, fachlichen Überlegungen.
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag II hat daher ebenfalls keinen Bestand.
5. Die durch Patentanspruch 1 beanspruchte Filtereinrichtung beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die gegenüber Patentanspruch 1 nach Hauptantrag zusätzlichen Merkmale, den Filterbeutel aus einer der Anzahl der Materiallagen entsprechenden Stückzahl von blattförmigen Zuschnitten gleicher Größen fertigen und die äußeren Randbereiche aller Zuschnitte umlaufend miteinander durch Schweißnähte zu verbinden, stellen im Bereich des handwerklichen Könnens liegende Maßnahmen dar, um auf einfache Weise Filterbeutel herzustellen.
Die Lösung mit im äußeren Randbereich umlaufend miteinander verschweißten Zuschnitten gleicher Größe ist bereits in der Druckschrift D5 in der Figur 1 gezeigt. Die blattförmigen Zuschnitte gleicher Größe nach Merkmal 1.3’ und die umlaufenden Schweißnähte in deren äußerem Randbereich nach Merkmal 1.3.’1 ergeben sich insbesondere aus der Beschreibung der D5, auf Seite 3 im 4. Absatz, wo ausgeführt ist, dass der erste Filter (10) eine vorzugsweise rechteckige Außenwand (11) umfassen soll, die im nicht aufgeblasenen Zustand parallel an einer entsprechend gestalteten Innenwand (12) anliegt, und dass längs deren Umfang (13) die Außenwand (11) und die Innenwand (12) durch eine Verschweißung fest miteinander verbunden sind, so dass sie den ersten Filterbeutel bilden. Demnach bot sich diese Modifikation der Lehre nach der Druckschrift D3 für den Fachmann in seinem Bestreben nach einer möglichst einfachen Herstellungsweise der Filterbeutel insbesondere für die Serienfertigung an.
Somit erschließt sich dem Fachmann die Lehre des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag III ebenfalls in naheliegender Weise durch die der Druckschriften D3 und D5 in Verbindung mit naheliegenden, sich zwangsläufig ergebenden fachlichen Überlegungen.
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag III hat daher ebenfalls keinen Bestand.
3. Mit dem Anspruch 1 nach Haupt- und Hilfsanträgen 1 bis 8 fallen auch die antraggemäß jeweils zugehörigen Unteransprüche.