Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 20.01.2014


BPatG 20.01.2014 - 8 W (pat) 16/10

Patenteinspruchsverfahren – "Sägeblatt für das Metallschneiden" – zur Erledigung des Einspruchs- bzw. Einspruchsbeschwerdeverfahren: Erledigung in der Hauptsache – zum Rechtsschutzbedürfnis der Einsprechenden und der Patentinhaberin


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
8. Senat
Entscheidungsdatum:
20.01.2014
Aktenzeichen:
8 W (pat) 16/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 43 24 411

hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 20. Januar 2014 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Zehendner und die Richter Kätker, Dipl.-Ing. Rippel und Dipl.-Ing. Dr. Dorfschmidt

beschlossen:

Das Einspruchs- und die Beschwerdeverfahren sind in der Hauptsache erledigt.

Gründe

I.

1

Die Einsprechende hat gegen das Patent Einspruch erhoben. Mit Beschluss vom 12. Januar 2010 hat die Patentabteilung die beschränkte Aufrechterhaltung des Patents beschlossen. Hiergegen richten sich die Beschwerden beider Beteiligten.

2

Im Laufe des Beschwerdeverfahrens ist das Patent wegen Ablaufs der Schutzdauer erloschen, was am 23. Juli 2013 in das Patentregister eingetragen worden ist.

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Den Beteiligten ist mit Bescheid vom 4. Dezember 2013 Gelegenheit gegeben worden, ein Rechtsschutzinteresse an einem rückwirkenden Widerruf bzw. an der rückwirkenden vollumfänglichen Aufrechterhaltung des Streitpatents geltend zu machen. Hierauf ist von keiner der beiden Beteiligten eine Stellungnahme eingegangen.

II.

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1. Das Streitpatent ist erloschen.

5

a) Wegen des Erlöschens besteht zunächst kein Interesse der Allgemeinheit mehr an einem Widerruf des Patents für die Vergangenheit. Da die Einsprechende kein eigenes Rechtsschutzbedürfnis für einen rückwirkenden Widerruf geltend gemacht hat und ein solches auch nicht erkennbar ist, ist das Verfahren über den Einspruch und damit das Verfahren über die Beschwerde der Einsprechenden erledigt (vgl. dazu ausführlich BPatG (21. Sen.) GRUR 2010, 363, 364 - Radauswuchtmaschine; BlfPMZ 2011, 384 - Optische Inspektion von Rohrleitungen; BGH GRUR 1997, 615 ff. - Vornapf; BGH GRUR 2012, 1071 - Sondensystem).

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b) Dies gilt ähnlich für das Verfahren über die Beschwerde der Patentinhaberin. Mit seinem Erlöschen ist das Streitpatent mit Wirkung für die Zukunft weggefallen. Für die Zukunft kann ein Rechtsschutzbedürfnis der Patentinhaberin an der ungeschmälerten Aufrechterhaltung ihres Patents daher nicht mehr bestehen. Soweit hingegen ein Rechtsschutzbedürfnis für die Vergangenheit bestehen kann, etwa weil Patentverletzungsstreitigkeiten o. Ä. für die Zeit vor Erlöschen des Patents anhängig sind, ist dies vom Patentinhaber gesondert geltend zu machen (vgl. Busse, Patentgesetz, 7. Aufl., § 73, Rn. 186 a. E.).

7

Der gegenteiligen Auffassung von Schulte, Patentgesetz, 9. Aufl., § 73, Rn. 200 folgt der Senat nicht. Soweit diese Literaturstelle dem Patentinhaber ein Interesse zubilligt, sein Patent für die Vergangenheit ungeschmälert geltend machen zu können, kann eine solche pauschale Zuerkennung des Rechtsschutzbedürfnisses vom Senat auch unter Berücksichtigung der dort zitierten Entscheidung BPatGE 12, 119 nicht nachvollzogen werden. Diese Entscheidung erging in einem Fall eines Einspruchs nach altem Recht, in dem sich der Einspruch gegen eine bekanntgemachte Patentanmeldung richtete und die Patentabteilung erstinstanzlich die Zurückweisung der Anmeldung beschlossen hat. Zur Begründung des fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnisses an der Beschwerde der Patentanmelderin stellte der 15. Senat auf den Prioritätsschutz gegenüber späteren Anmeldern wesensgleicher Erfindungen und auf die Möglichkeit der Offenhaltung von Ansprüchen aus der bekannt gemachten Anmeldung ab. Hierbei handelt es sich aber um Erwägungen, die die Frage betreffen, ob der Patentanmelder ein Rechtsschutzbedürfnis an der nachträglichen Patenterteilung haben kann, wenn die längstmögliche Schutzdauer während des Erteilungs- oder Erteilungsbeschwerdeverfahrens abgelaufen ist. Die Frage eines Rechtschutzbedürfnisses an der rückwirkenden ungeschmälerten Aufrechterhaltung eines (nach aktuellem Recht) bereits erteilten und mit dem Einspruch angegriffenen Patents betreffen diese Erwägungen aber gerade nicht.

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Da im Übrigen ein Anmelder nach der Spruchpraxis des Senats auch zur Fortsetzung des Erteilungsverfahrens bzw. eines Erteilungsbeschwerdeverfahrens Umstände darzulegen hat, aus denen sich ein Rechtsschutzbedürfnis an der rückwirkenden Patenterteilung ergeben kann, wenn die Patentschutzdauer während des Erteilungs- oder Beschwerdeverfahrens abgelaufen ist (vgl. a. BPatG GRUR 2000, 1017, re. Sp. u. - Benutzerleitende Informationen; Busse, a. a. O., § 73 Rn. 183, nicht eindeutig: Schulte, Patentgesetz, 8. Aufl., § 34, Rn. 24), spricht dies dafür, dass auch der Patentinhaber zur Fortsetzung seines Einspruchsbeschwerdeverfahrens wenigstens in einem Mindestmaß Umstände darzulegen hat, aus denen sich ein Rechtsschutzbedürfnis an einer rückwirkenden ungeschmälerten Aufrechterhaltung ergeben kann.

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Nachdem die Patentinhaberin vorliegend nicht auf den entsprechenden Senatsbescheid reagiert hat, muss der Senat davon ausgehen, dass ein solches Rechtsschutzbedürfnis nicht besteht. Damit hat sich auch das Verfahren über die Beschwerde der Patentinhaberin erledigt.

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2. Um das Einspruchs- und das Beschwerdeverfahren förmlich abzuschließen und zur Klarstellung der Sach- und Rechtslage im Interesse der Verfahrensbeteiligten sowie Dritter ist die Erledigung des Einspruchsverfahrens durch einen der förmlichen Rechtskraft fähigen Beschluss auszusprechen (vgl. BPatG, 21. Sen., a. a. O., LS 3 - Radauswuchtmaschine).

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3. Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

12

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,

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2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,

14

3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,

15

4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,

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5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder

17

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

18

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.