Entscheidungsdatum: 29.05.2018
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2007 063 769.3
…
hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. Mai 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner sowie die Richter Dr. agr. Huber, Hermann und Dipl.-Ing. Brunn
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Mit Erklärung der Teilung aus der Patentanmeldung 10 2007 049 652.6 vom 26. Juni 2011 (Stammanmeldung), eingegangen am 28. Juni 2011 hat die Anmelderin mit gleichem Datum Patentansprüche 1 bis 12 sowie Beschreibungsseiten 1 bis 9 vorgelegt und diese Unterlagen, denen der Zeitrang der Stammanmeldung (11.10.2007) zukommt, zum Gegenstand der vorliegenden Anmeldung gemacht.
Mit einem ersten Prüfungsbescheid ist der Anmelderin mitgeteilt worden, dass u. a. der Anspruch 1 in unzulässiger Weise gegenüber den ursprünglichen Unterlagen erweitert sei, weil er eine Kombination von Merkmalen beschreibe, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen nicht entnehmen könne.
Mit Eingabe vom 9. Januar 2015 hat die Anmelderin neue Ansprüche 1 bis 12 eingereicht und hierzu die Auffassung vertreten, dass durch die vorgenommenen Änderungen den Bedenken der Prüfungsstelle Rechnung getragen worden sei und eine unzulässige Erweiterung damit nicht mehr vorliege. Diese Ansprüche hat die Anmelderin nach einem weiteren Prüfungsbescheid auch zum Gegenstand der für den 11. März 2015 anberaumten Anhörung gemacht und sie hat die Anmeldung mit diesen Ansprüchen dort auch verteidigt.
Die Prüfungsstelle für Klasse A01C hat die Anmeldung in der Anhörung vom 11. März 2015 zurückgewiesen.
Mit Beschluss vom gleichen Datum hat die Prüfungsstelle ausgeführt, dass der geltende Anspruch 1 aufgrund unzulässiger Erweiterung nicht gewährbar sei.
Zur Begründung hat die Prüfungsstelle ausgeführt, dass der geltende Anspruch 1 zwar auf den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 4 gemäß Stammanmeldung beruhe, wobei allerdings auf weitere gemäß dem ursprünglichen Anspruch 1 der Stammanmeldung als für die Erfindung wesentlich kenntlich gemachte Merkmale der Grobsteuerung im geltenden Anspruch 1 verzichtet worden sei. Hierbei handele es sich um die folgenden Merkmale:
• Ein Satelliten gestütztes Positionsbestimmungssystem mit digitalisierter Karte, die die Feldgrenzen und Höhenlinien berücksichtigt
und
• Der Einsatz und/oder die Berücksichtigung der Fahrtrichtung und Fahrgeschwindigkeit.
Die Prüfungsstelle hat die Auffassung vertreten, dass der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 über den Inhalt der Stammanmeldung 10 2007 049 652.6 in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus gehe, weil der Fachmann, ein Agraringenieur mit mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Steuerung von Düngerstreuern, den ursprünglichen Unterlagen der Stammanmeldung die Lehre nach dem geltenden Anspruch 1 nicht entnehmen könne und diese in den ursprünglichen Unterlagen auch nicht als zur Erfindung gehörend „mitlese“.
Sie hat hierzu auf die ursprünglichen Unterlagen der Stammanmeldung, dort auf Seite 5, Zeilen 18 ff. verwiesen, wo ausgeführt werde, dass nachdem bei keiner der zum Stand der Technik genannten Lösungen alle wesentlichen Parameter und hier insbesondere sich plötzlich und gegebenenfalls unvorhersehbar verändernde Parameter berücksichtigt werden würden, es Aufgabe der Erfindung sein solle, die Genauigkeit einer Steuerung für die Verteilung von Mineraldüngern mit Düngerstreuern pro Flächeneinheit auf einem Feld zu verbessern.
Diese Aufgabe werde im Hinblick auf die Grobsteuerung gemäß Seite 5, Zeilen 28 ff. mit Bezug auf den ursprünglichen Anspruch 1 gemäß Stammanmeldung mit den o. g. Merkmalen bezüglich der Grobsteuerung gelöst. Weiter werde auf Seite 6 der Beschreibung ab Zeile 11 ausgeführt: „Für die Grobsteuerung wird ein Satelliten gestütztes Positionsbestimmungssystem mit digitalisierter Karte, bei der die Feldgrenzen und auch Höhenlinien berücksichtigt sind, eingesetzt. Außerdem werden Fahrgeschwindigkeit … sowie Umgebungsbedingungen bestimmt und bei der Steuerung berücksichtigt.“
Zur Lösung der anmeldungsgemäßen Aufgabe werden nach den Ausführungen der Prüfungsstelle nicht nur im aufgezeigten Stand der Technik bisher außer Acht gelassene Parameter berücksichtigt, sondern auch die aus dem Stand der Technik bekannten Faktoren, wie das Satelliten gestützte Positionsbestimmungssystem dahingehend verbessert, dass eine verfeinerte Differenzierung der Ausbringung möglich werde. Dies erfolge durch die Verknüpfung des Satelliten gestützten Positionsbestimmungssystems mit weiteren Informationen aus einer digitalisierten Karte, die die Feldgrenzen und Höhenlinien und die Fahrtrichtung und Fahrgeschwindigkeit berücksichtige, wodurch beispielsweise Effekte auf die Wurfweite, welche durch die Ausrichtung der Fahrtrichtung des Düngerstreuers im Verhältnis zur Hangneigung entstehen, wie auf Seite 9, Zeile 28 ff. erläutert werde, bei der Steuerung berücksichtigt werden und die Wurfweite an Feldgrenzen entsprechend angepasst werden.
Die Prüfungsstelle kommt zu dem Schluss, dass es an keiner Stelle der ursprünglichen Anmeldeunterlagen einen Hinweis gebe oder der Fachmann auch nur eine Anregung dahingehend erhalte, dass die gestellte Aufgabe bereits dadurch gelöst werden könne, dass die Grobsteuerung lediglich mit einem Satelliten gestützten Positionsbestimmungssystem und der Bestimmung von Umgebungsbedingungen und/oder physikalischen Eigenschaften des jeweiligen Mineraldüngers erfolge. Daher stelle der geltende Anspruch 1 eine Kombination von verfahrensbezogenen Merkmalen dar, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen der Stammanmeldung nicht als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen könne, so dass der geltende Anspruch 1 aufgrund der unzulässigen Erweiterung nicht gewährbar sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Die Anmelderin verteidigt im Beschwerdeverfahren den im Prüfungsverfahren vorgelegten Patentanspruch 1 zusammen mit den auf diesen rückbezogenen Ansprüchen 2 bis 9 und die auf eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 9 gerichteten Ansprüche 10 bis 12 vom 9. Januar 2015.
Der geltende Patentanspruch 1 lautet:
„Verfahren zur Steuerung eines Düngerstreuers, bei dem Mineraldünger mit vorgebbarer Verteilung und veränderbarer Wurfweite auf Feldern lokal differenziert ausgebracht wird, wobei dies mit einer Grob- und einer Feinsteuerung durchgeführt wird; dabei für die Grobsteuerung die Bestimmung von Umgebungsbedingungen, wie die Luftfeuchte, Windgeschwindigkeit, Windrichtung und/oder physikalische Eigenschaften des jeweiligen Mineraldüngers eingesetzt oder berücksichtigt werden; und bei der Feinsteuerung die momentane Lage/Ausrichtung, Störbewegungen des Düngerstreuers und/oder von Wurfscheiben eines Düngerstreuers bestimmt und mittels Aktoren die Wurfscheiben und/oder Aufgabeeinrichtungen für Mineraldünger so manipuliert werden, dass eine vorgegebene Verteilung von Mineraldünger an der jeweiligen Position erreicht wird, wobei für die Grobsteuerung ein Satelliten gestütztes Positionsbestimmungssystem eingesetzt wird.
Zu den geltenden, auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüchen 2 bis 9 sowie den auf eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 9 gerichteten geltenden Patentansprüchen 10 bis 12 wird auf die Akten verwiesen.
Die Anmelderin trägt vor, dass den mit der Stammanmeldung ursprünglich formulierten Patentansprüchen im Rahmen des Erteilungsverfahrens der Teilanmeldung keine weitergehende Bedeutung als der Beschreibung zukomme, sondern dass der ursprünglichen Offenbarung in ihrer Gesamtheit die eigentliche Bedeutung als Grundlage zur Formulierung von neuen Patentansprüchen zukomme.
Unter Verweis auf Abs. [0012] der die ursprünglichen Unterlagen darstellenden Offenlegungsschrift DE 10 2007 049 652 A1 der Stammanmeldung führt die Anmelderin aus, dass dem angesprochenen Fachmann bereits aus dieser Textstelle klar werde, dass es der vorliegenden Anmeldung insbesondere darum gehe, die wesentlichen Parameter zu kombinieren, die sich plötzlich und gegebenenfalls unvorhersehbar verändern würden und bei bekannten technischen Lösungen nicht berücksichtigt worden seien.
Zum Zwecke der aufgabengemäßen Verbesserung der Steuerung für die Verteilung von Mineraldünger mit Düngerstreuern berücksichtige die Grobsteuerung bereits Umgebungsbedingungen wie Luftfeuchte, Windgeschwindigkeit und/oder physikalische Eigenschaften des jeweiligen Mineraldüngers. Dabei sei für den maßgeblichen Fachmann ersichtlich, dass die gegenüber der ursprünglichen Anspruchsformulierung fortgelassenen Merkmale nämlich eine digitalisierte Karte, die die Feldgrenzen berücksichtigt sowie die Berücksichtigung der Fahrtrichtung und Fahrtgeschwindigkeit der Lösung der anmeldungsgemäßen Aufgabe zwar ebenfalls förderlich seien, jedoch nicht zwangsläufig Teil einer jeden Lösung sein müssten, denn diese Merkmale würden sich insbesondere nicht auf plötzlich und gegebenenfalls unvorhersehbar sich verändernde Parameter, auf die es der Erfindung besonders ankomme, beziehen.
Die Anmelderin trägt weiter vor, dass es ein Anmelder nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich in der Hand habe, auch nur einzelne Merkmale aus der Beschreibung in den Patentanspruch aufzunehmen. Die Kombination müsse in ihrer Gesamtheit nur eine Lehre darstellen, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen als Ausgestaltung der Erfindung entnehmen könne und es somit nicht in jedem Fall einer expliziten wörtlichen Offenbarung bedürfe, die eine besondere Kombination von Merkmalen beschreibe.
Dabei bilde die Beschreibung in den ursprünglichen Unterlagen zwar eine gewisse Grundlage, aber der Fachmann erkenne daraus auch was, bzw. welcher Teil der Gesamtoffenbarung tatsächliche Bedeutung entfalte. Damit sei dem Fachmann auch klar, das die Höhenlinienerfassung und -kartierung nicht von entscheidender Bedeutung seien, denn es sei in der Gesamtheit der maßgeblichen ursprünglichen Unterlagen kein Effekt oder keine Leistung angegeben, der oder die sich hiermit erzielen ließe.
Nach allgemeiner Kommentarmeinung sei das Fortlassen eines bestimmten Merkmals, wie hier der Höhenlinien, eine Möglichkeit der Verallgemeinerung des Erfindungsgedankens und falle daher unter die von der BGH-Rechtsprechung getragene Zwischenverallgemeinerung. Dies treffe schon deshalb zu weil,
1. die Kartierung und Speicherung der Höhenlinien nicht als wesentliches Merkmal beschrieben sei,
2. die Erfassung der Höhenlinien nicht für die Aufgabenlösung unabdingbar sei und
3. nach Fortlassen der Höhenlinienerfassung nicht viele Anpassungen vorzunehmen seien, um den Anmeldungsgegenstand zu realisieren.
Auch der auf eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 11 gerichtete Anspruch 12 der Stammanmeldung erwähne die Höhenlinien nicht mehr, so dass auch hieraus ersichtlich sei, dass diese im Anspruchstext weggelassen werden können.
Nach alledem liege nach Auffassung der Anmelderin eine unzulässige Erweiterung nicht vor.
Die Anmelderin und Beschwerdeführerin stellt die Anträge zu 1. und 2. aus dem Schriftsatz vom 10. April 2015 (Bl. 15 f. d. A.).
Der Vertreter der Anmelderin regt hilfsweise die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
Wegen weiterer Einzelheiten im Übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. In der Sache ist sie jedoch nicht begründet, denn der geltende Patentanspruch 1 beschreibt ein Verfahren, das über den Umfang der Offenbarung der ursprünglich eingereichten Unterlagen gemäß Stammanmeldung hinausgeht.
1. Gegenstand der vorliegenden Anmeldung ist ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Steuerung eines Düngerstreuers.
In der zur vorliegenden Anmeldung am Tage ihrer Einreichung (28.06.2011) vorgelegten Beschreibung – diese ist mit der Beschreibung der zu Grunde liegenden Stammanmeldung wortgleich – wird auf Seite 2, 2. Abs. ausgeführt, dass die Mineraldüngerausbringung im landwirtschaftlichen Bereich zu den wichtigsten Pflegearbeiten gehöre. Dabei komme es besonders auf die positionsgenaue Verteilung von Mineraldünger an, wobei hierzu eine konstante und definierte Wurfweite der zumeist als Schleuderstreuer mit Wurfscheiben ausgebildeten Düngerstreuer Voraussetzung sei, um partielle Unterversorgungen der Überdüngungen sowie erhöhte Umweltsbelastungen zu vermeiden.
Die Arbeitsweise und Wurfweite von derartigen Düngerstreuern hänge gemäß Seite 3, 2. Abs. ff. von einer Vielzahl von Parametern ab, zu denen die physikalischen Eigenschaften des Mineraldüngers, die Bauart des Streuorgans (Wurfscheibe), die Fahrgeschwindigkeit sowie Umweltbedingungen ebenso wie die geodätischen Verhältnisse der jeweiligen Feldflächen zu rechnen seien.
In der geltenden Beschreibung werden dann eine Mehrzahl von Patentdokumenten, die sich mit der Steuerung von Düngerstreuern befassen, gewürdigt. Dabei wird gemäß Seite 5, 3. Abs. der Beschreibung die Schlussfolgerung gezogen, dass bei keiner der bekannten Lösungen alle wesentlichen Parameter, insbesondere sich plötzlich und gegebenenfalls unvorhersehbar verändernde Parameter, Berücksichtigung finden würden.
Gemäß Seite 5, 4. Abs. der geltenden Beschreibung wird daher die anmeldungsgemäße Aufgabe darin gesehen, die Genauigkeit einer Steuerung für die Verteilung von Mineraldünger mit Düngerstreuern pro Flächeneinheit auf einem Feld zu verbessern.
Der geltende Patentanspruch 1 beschreibt demgemäß ein Verfahren zur Steuerung eines Düngerstreuers mit den folgenden Merkmalen:
1. Verfahren zur Steuerung eines Düngerstreuers, bei dem Mineraldünger mit vorgebbarer Verteilung und veränderbarer Wurfweite auf Feldern lokal ausgebracht wird.
2. Das Verfahren wird mit einer Grob- und einer Feinsteuerung durchgeführt.
3. Für die Grobsteuerung werden die Bestimmung von Umgebungsbedingungen wie die Luftfeuchte, Windgeschwindigkeit, Windrichtung und/oder physikalische Eigenschaften des jeweiligen Mineraldüngers eingesetzt oder berücksichtigt.
3.1 Für die Grobsteuerung wird ein Satelliten gestütztes Positionsbestimmungssystem eingesetzt.
4. Bei der Feinsteuerung werden die momentane Lage/Ausrichtung, Störbewegungen des Düngerstreuers und/oder von Wurfscheiben eines Düngerstreuers bestimmt und mittels Aktoren die Wurfscheiben und/oder Aufgabeeinrichtungen für Mineraldünger so manipuliert, dass eine vorgegebene Verteilung von Mineraldünger an der jeweiligen Position erreicht wird.
Nach Merkmal 1. soll durch das anmeldungsgemäße Verfahren Mineraldünger mit vorgegebener Verteilung und veränderbarer Wurfweite auf Feldern lokal differenziert ausgebracht werden, d. h. dass z. B. pro Fläche unter Berücksichtigung der jeweils herrschenden äußeren Einflüsse und ggf. auch eines vorab ermittelten Bedarfs die Menge des zu verteilenden Düngers beeinflusst werden kann (Seite 6, 1. Abs.). Hierzu wird das Verfahren nach Merkmal 2. mit einer Grob- und einer Feinsteuerung durchgeführt. Für die Grobsteuerung werden gemäß Merkmal 3. die Bestimmung von Umgebungsbedingungen wie Luftfeuchte, Windgeschwindigkeit, Windrichtung und/oder physikalische Eigenschaften des jeweiligen Mineraldüngers eingesetzt oder berücksichtigt sowie nach Merkmal 3.1 ferner ein Satelliten gestütztes Positionsbestimmungssystem eingesetzt. Mit Hilfe der Feinsteuerung hingegen werden nach Merkmal 4. die momentane Lage/Ausrichtung, Störbewegungen des Düngerstreuers und/oder Wurfscheiben eines Düngerstreuers bestimmt und mittels Aktoren die Wurfscheiben und/oder Aufgabeeinrichtungen für Mineraldünger so manipuliert, dass eine vorgegebene Verteilung von Mineraldünger an der jeweiligen Position erreicht wird. Dabei soll es zum Zwecke der angestrebten lokal differenzierten Düngerausbringung (vgl. Merkmal 1.) auch möglich sein, plötzlich und unerwartet aufgetretene Einflüsse, wie dies beim Überfahren von Bodenunebenheiten oder einem Einsinken der Räder bei örtlich reduzierter Bodenfestigkeit der Fall sein kann, was zu kurzzeitigen Schwank- und Nickbewegungen der Maschine führen kann, zu berücksichtigen (vgl. Seite 6, 6. (letzter) Abs. bis Seite 7, 1. Abs. der geltenden Beschreibung). Dabei soll im Kern unter Berücksichtigung aller denkbaren Einflüsse die jeweils gewünschte und notwendige Wurfweite an der jeweiligen Position der Maschine eingestellt werden (S. 6, 5. Abs.)
Wie aus obiger Merkmalsgliederung ersichtlich ist, sind in dem geltenden Patentanspruch 1 keine Merkmale enthalten, wonach im Rahmen der Grobsteuerung zusammen mit dem Satelliten gestützten Positionsbestimmungssystem eine digitalisierte Karte, die die Feldgrenzen und Höhenlinien berücksichtigt, eingesetzt ist und für die Grobsteuerung die Bestimmung von Fahrtrichtung und Fahrtgeschwindigkeit eingesetzt oder berücksichtigt wird.
2. Als maßgeblicher Fachmann ist vorliegend ein Agraringenieur mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Steuerung von Verteilmaschinen wie Düngerstreuern anzusehen.
3. Der geltende Patentanspruch 1 enthält eine technische Lehre, die über den Umfang Offenbarung der ursprünglichen Unterlagen der Stammanmeldung hinausgeht.
Der geltende Anspruch 1 enthält die folgenden, im ursprünglichen Anspruch 1 der Stammanmeldung enthaltenen Merkmale nicht mehr:
a) Für die Grobsteuerung wird ein Satelliten gestütztes Positionsbestimmungssystem mit digitalisierter Karte, die die Feldgrenzen und Höhenlinien berücksichtigt, eingesetzt.
b) Für die Grobsteuerung werden die Bestimmung von Fahrtrichtung und Fahrtgeschwindigkeit eingesetzt oder berücksichtigt.
Auf Seite 5, Zeilen 28 bis 30 der ursprünglichen Unterlagen der Stammanmeldung bzw. dem Abs. [0014] der Offenlegungsschrift DE 10 2007 049 652 A1 wird darauf verwiesen, dass die anmeldungsgemäße Aufgabe mit einem Verfahren gelöst werde, das die Merkmale des Anspruchs 1 aufweise. Zu diesen Merkmalen des ursprünglichen Anspruchs 1 der Stammanmeldung gehören auch die im geltenden Anspruch 1 nunmehr fortgelassenen Merkmale a) und b).
So wird auf Seite 6, Zeilen 11 bis 18 der ursprünglichen Unterlagen der Stammanmeldung bzw. Abs. [0017] der Offenlegungsschrift – auf diese Textstelle hat auch die Prüfungsstelle zur Begründung ihrer Entscheidung Bezug genommen – erläutert, dass für die Grobsteuerung ein Satelliten gestütztes Positionsbestimmungssystem mit digitalisierter Karte, bei der die Feldgrenzen und auch Höhenlinien berücksichtigt sind, eingesetzt wird. Diese Textstelle umfasst den Inhalt von Merkmal a) und zwar in stringenter Weise, ohne durch die Einfügung von Ausdrücken wie „vorzugsweise“ oder „insbesondere“ o. ä. eine Wahlmöglichkeit im Sinne eines fakultativen Merkmals zu eröffnen.
Der in diesem Absatz folgende Satz lautet: „Außerdem werden Fahrtrichtung und Fahrgeschwindigkeit ….. berücksichtigt“ und umfasst damit den Inhalt von Merkmal b). Auch hier erlaubt die Wortwahl keine Wahlmöglichkeit zur fakultativen Fortlassung dieses Merkmals.
Nachdem an keiner Stelle der ursprünglichen Unterlagen der Stammanmeldung noch ein Hinweis darauf zu finden ist, dass das dort insgesamt beschriebene Verfahren auch ohne die Merkmale a) und b) zu realisieren wäre, sind diese Merkmale als zwingend zur Erfindung gehörend zu betrachten. Danach führt deren Fortlassung zu einer unzulässigen Erweiterung eines das anmeldungsgemäße Verfahren beschreibenden und beanspruchenden Hauptanspruchs.
Der Hinweis der Anmelderin auf Seite 5, Zeilen 17 bis 20 der ursprünglichen Unterlagen der Stammanmeldung bzw. Abs. [0012 ] der Offenlegungsschrift, woraus abzuleiten sei, dass es der vorliegenden Anmeldung insbesondere darum gehe, alle wesentlichen Parameter zu kombinieren, die sich plötzlich und gegebenenfalls unvorhersehbar verändern, vermag ebenfalls nicht zu einer anderen Einschätzung der Sachlage zu führen. Anders als die Anmelderin vorträgt ist es für den maßgeblichen Fachmann – so es für den Vergleich mit der ursprünglichen Offenbarung hierauf ankäme – keinesfalls ersichtlich, dass die gegenüber der ursprünglichen Offenbarung fortgelassenen Merkmale a) und b) zwar ebenfalls der Lösung der anmeldungsgemäßen Aufgabe förderlich sein mögen, jedoch nicht zwangsläufig Teil einer jeden Lösung sein müssten, weil sich diese Merkmale nicht auf plötzlich und gegebenenfalls unvorhersehbar sich verändernde Parameter beziehen würden. Vielmehr kommt es gerade bei sich plötzlich und unvorhersehbar verändernden Parametern wie z. B. Bodenunebenheiten oder verdeckten Vertiefungen, die ggf. einer vorangegangenen fehlerhaften Bodenbearbeitung geschuldet sein können, darauf an, auch Feldbegrenzungen und Höhenlinien aus einer digitalisierten Kartierung zu berücksichtigen (Merkmal a)), um bei hierdurch hervorgerufenen Schwankungs- bzw. Nickbewegungen des Düngerstreuers eine Düngerausbringung innerhalb der Feldgrenzen bzw. Fehlausbringungen durch ungeeignete Wurfweiten bei Veränderung der Hangneigung der Umgebung des Düngerstreuers zu vermeiden. Aus ähnlichen Gründen ist auch die Berücksichtigung von Fahrtrichtung und Fahrgeschwindigkeit (Merkmal b)) bei plötzlich sich verändernden Parametern, wie oben bereits ausgeführt, von Bedeutung, um immer auf die optimale Wurfweite i. S. einer geregelten und weitere Parameter berücksichtigenden Düngerausbringung zu gewährleisten, z. B. auch im Hinblick auf das Streubild gegenüber der vorangegangenen Gegenspur.
Allerdings können Überlegungen zur Frage des Beitrags einzelner Anspruchsmerkmale für die Lösung einer bestimmten Aufgabe nicht die Grundlage einer Zulässigkeitsprüfung darstellen. Im vorliegenden Fall wurde eine technische Lehre in der die ursprüngliche Offenbarung darstellenden Stammanmeldung in Anspruch 1 und Beschreibung definiert. In dem geltenden Patentanspruch 1 wurden dann gegenüber der in den ursprünglichen Unterlagen offenbarten allgemeinsten Lehre die o. g. Merkmale a) und b) fortgelassen, so dass hierdurch eine Erweiterung durch Weglassen entsteht und nicht etwa eine Erweiterung durch Hinzufügen von Merkmalen. Nach alledem ist die von der Anmelderin bereits im Prüfungsverfahren hierzu genannte Rechtsprechung für den vorliegenden Fall nicht zutreffend, denn hier liegen die Voraussetzungen für eine Zwischenverallgemeinerung bzw. Zwischenerweiterung nicht vor.
In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin wiederholt dezidiert dargestellt, dass insbesondere die Berücksichtigung von Höhenlinien in den ursprünglichen Unterlagen nicht als wesentliches Merkmal bezeichnet sei, so dass das Fortlassen eines Hinweises auf die Höhenlinien nicht zu einer unzulässigen Erweiterung führen könne. Zudem würden die Höhenlinien in dem ursprünglichen Anspruch 12 gemäß Stammanmeldung, der sich auf eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 11 beziehe, nicht mehr genannt und seien damit nicht mehr Inhalt dieses Anspruchs.
Dieser Auffassung kann indes nicht beigetreten werden, denn einerseits ist die Berücksichtigung der Höhenlinien sowohl im ursprünglichen Anspruch 1 als auch in der maßgeblichen Beschreibungsstelle der Unterlagen der Stammanmeldung (vgl. hierzu Offenlegungsschrift Abs. [0037]) als unabdingbarer Teil der digitalisierte Karte, die zusammen mit einem Satelliten gestützten Positionsbestimmungssystem wiederum einen wesentlichen Teil der Grobsteuerung bildet, unmittelbar und eindeutig beschrieben. Andererseits findet sich bereits in der Beschreibungseinleitung der ursprünglichen Unterlagen gemäß Stammanmeldung (vgl. Offenlegungsschrift Abs. [0005]) der folgende Satz: „Bei der Verteilung von Mineraldüngern über Feldflächen sind aber auch die geodätischen Verhältnisse zu berücksichtigen“. Hierdurch wird der Fachmann schon auf die später folgende konkrete Lehre hingeführt, die dahin geht, dass auch eine digitalisierte Karte unabdingbar zur Erfindung gehört, bei der Feldgrenzen und auch Höhenlinien berücksichtigt sind (vgl. Anspruch 1 und Abs. [0017] der Offenlegungsschrift).
Anders als die Anmelderin vorträgt, sind die Höhenlinien auch inhaltlicher Bestandteil des ursprünglichen Anspruchs 12 gemäß Stammanmeldung. Der Anspruch 12 gemäß Stammanmeldung ist auf eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 11 gerichtet und hat schon durch den dadurch bestehenden Rückbezug auf Anspruch 1 auch die Höhenlinien zum Inhalt. Ferner wird in diesem Anspruch eine gespeicherte digitale Karte des jeweils zu düngenden Feldes beschrieben. Aus dem Inhalt des Anspruchs 1, auf den dieser Anspruch 12 rückbezogen ist, geht aber schon eine digitalisierte Karte, die Feldgrenzen und Höhenlinien berücksichtigt, hervor, was auch im Einklang mit der Beschreibung Abs. [0017] steht.
Somit sind die Höhenlinien über die Benennung der digitalen Karte im Anspruch 12 der Stammanmeldung und den Rückbezug dieses Anspruchs auf Anspruch 1 unmittelbar und eindeutig auch im Anspruch 12 enthalten.
Nach alledem ist zusammenfassend festzuhalten, dass die ursprüngliche Offenbarung gemäß Stammanmeldung bereits derart eng abgefasst war, dass das Weglassen von im ursprünglichen Anspruch 1 enthaltenen Merkmalen bei dem geltenden Patentanspruch 1 zwangsläufig zu einer unzulässigen Erweiterung führt.
Der geltende Patentanspruch 1 ist daher aufgrund unzulässiger Erweiterung nicht gewährbar.
Mit dem nicht gewährbaren tragenden Hauptanspruch fallen auch die zu diesem Antrag gehörenden geltenden Patentansprüche 2 bis 12, weil über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann.
Für die von der Beschwerdeführerin angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde sah der Senat keine Veranlassung.
Weder war eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (§ 100 Abs. 2 Nr. 1 und 2 PatG). Die Entscheidung des Senats beruht vielmehr auf der Subsumption des konkret vorliegenden Sachverhalts unter das Recht auf der Grundlage gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Frage unzulässiger Erweiterung. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin hat vorliegend das Fortlassen der Merkmale eine Merkmalskombination zur Folge, die in ihrer Gesamtheit eine Lehre darstellt, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen nicht unmittelbar und eindeutig als mögliche Ausgestaltung des anmeldungsgemäßen Verfahrens entnehmen kann. Über den Einzelfall hinausgehende entscheidungserhebliche Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung waren nicht zu entscheiden. Auch ist nicht zu ersehen, dass in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage von einer Entscheidung eines anderen Senats des Bundespatentgerichts abgewichen würde.