Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 14.12.2011


BPatG 14.12.2011 - 7 W (pat) 306/09

Einspruchsverfahren – unzulässige Erweiterung –


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsdatum:
14.12.2011
Aktenzeichen:
7 W (pat) 306/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Einspruchssache

betreffend das Patent 195 05 935

hat der 7. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 2011 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Ing. Univ. Höppler sowie die Richter Schwarz, Dipl.-Phys. Dipl.-Wirt.- Phys. Maile und Dipl.-Phys. Dr. Schwengelbeck

beschlossen:

Das Patent 195 05 935 wird widerrufen.

Gründe

I.

1

Das am 21. Februar 1995 unter Inanspruchnahme dreier japanischer Prioritäten angemeldete Patent 195 05 935 mit der Bezeichnung

2

Struktur zur Absorption von Aufprallenergie durch ein nichtmetallisches Innenraummaterial eines Kraftfahrzeugs

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wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B60R des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. September 2004 erteilt. Veröffentlichungstag der Patenterteilung war der 10. März 2005.

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Der Patentanspruch 1 lautet in der erteilten Fassung:

5

"Struktur zum Absorbieren einer Aufprallenergie mit einer nicht metallischen Innenraumverkleidung (208; 254), die innerhalb eines Formblechs (200; 250) eines Bauteils (206) einer Fahrzeugkarosserie angeordnet ist, wobei ein Energieabsorptionsraum (210; 252) zwischen dem Formblech (200; 250) und der Innenraumverkleidung (208; 254) ausgebildet ist, in dem ein nicht metallischer Energieabsorber (212; 256) angeordnet ist, der am Formblech (200; 250) oder an der Innenraumverkleidung (208; 254) befestigt ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Energieabsorber (212; 256) einem gitterförmigen Element entspricht, das zumindest eine Längsrippe (214; 266), die sich in der Längsrichtung des Bauteils (206) erstreckt, und ein Vielzahl Querrippen (216, 216A, 216B, 216C, 216D, 216E; 268) hat, die sich quer zur Längsrippe (214; 266) erstrecken, wobei zumindest eine Rippe der Längsrippe (214; 266) und der Querrippen (216, 216A, 216B, 216C, 216D, 216E; 268) gegenüber dem Formblech (200; 250) und der Innenraumverkleidung (208; 254) geneigt ist."

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Die erteilten Patentansprüche 2 bis 9 betreffen alternative vorteilhafte Ausführungsformen und sind auf den Patentanspruch 1 zurückbezogen.

7

Gegen die Patenterteilung hat die Einsprechende frist- und formgerecht Einspruch erhoben und beantragt, das Patent aus den in § 21 Abs. 1 PatG genannten Gründen in vollem Umfang zu widerrufen. Zur Begründung hat die Einsprechende u. a. angeführt, dass das Patent nach § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG zu widerrufen sei, weil der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgehe, in der sie beim Deutschen Patent- und Markenamt ursprünglich eingereicht worden ist.

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Zur Begründung der geltend gemachten fehlenden Neuheit bzw. fehlenden erfinderischen Tätigkeit hat die Einsprechende zusätzlich zu den im Patentprüfungsverfahren berücksichtigten Druckschriften u. a. auf die

9

DE 40 15 375  A1,

10

DE-OS 2 237 136 und

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DE 25 24 633 A1

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als Stand der Technik verwiesen.

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Im Einspruchsverfahren erklärte die Anmelderin mit Schriftsatz vom 29. Juni 2006 die Teilung des Patents. In der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2011 hat die Patentinhaberin das Streitpatent mit neu eingereichten Anspruchssätzen nach Hauptantrag sowie vier Hilfsanträgen verteidigt. Sie führt aus, dass diese jeweils zulässig und auch patentfähig seien. Im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung wurde die Zulässigkeit der jeweiligen Anspruchssätze nach Haupt- und Hilfsanträgen diskutiert.

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Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

15

"Struktur zum Absorbieren einer Aufprallenergie mit einem nicht metallischen Innenraummaterial in der Form einer Trägerabdeckung (208; 254), die an der Innenseite eines Trägers aus Formblech (200; 250) eines Bauteils (206) einer Fahrzeugkarosserie angeordnet ist, wobei ein Energieabsorptionsraum (210; 252) zwischen dem Träger aus Formblech (200; 250) und der Trägerabdeckung (208; 254) ausgebildet ist, in dem ein nicht metallischer Energieabsorber (212; 256) angeordnet ist, der am Träger aus Formblech (200; 250) oder an der Trägerabdeckung (208; 254) befestigt ist,

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dadurch gekennzeichnet, dass

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der Energieabsorber (212; 256) getrennt von der Trägerabdeckung (208; 254) ausgebildet ist und einem gitterförmigen Element entspricht, das zumindest eine Längsrippe (214; 266), die sich in der Längsrichtung des Bauteils (206) erstreckt, und ein  Vielzahl Querrippen (216, 216A, 216B, 216C, 216D, 216E; 268) hat, die sich quer zur Längsrippe (214; 266) erstrecken, wobei zumindest eine Rippe der Längsrippe (214; 266) und der Querrippen (216, 216A, 216B, 216C, 216D, 216E; 268) gegenüber dem Träger aus Formblech (200; 250) und der Trägerabdeckung (208; 254) geneigt ist, wobei die Querrippen (216) in dieselbe Richtung geneigt angeordnet sind."

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Der geltende Patentanspruch 1 gemäß erstem Hilfsantrag lautet:

19

"Struktur zum Absorbieren einer Aufprallenergie mit einem nicht metallischen Innenraummaterial in der Form einer Trägerabdeckung (208; 254), die an der Innenseite eines Trägers aus Formblech (200; 250) eines Bauteils (206) einer Fahrzeugkarosserie angeordnet ist, wobei ein Energieabsorptionsraum (210; 252) zwischen dem Träger aus Formblech (200; 250) und der Trägerabdeckung (208; 254) ausgebildet ist, in dem ein nicht metallischer Energieabsorber (212; 256) angeordnet ist, der am Träger aus Formblech (200; 250) oder an der Trägerabdeckung (208; 254) befestigt ist,

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dadurch gekennzeichnet, dass

21

der Energieabsorber (212; 256) einem senkrecht zur Gitterebene offenen gitterförmigen Element entspricht, das zumindest eine Längsrippe (214; 266), die sich in der Längsrichtung des Bauteils (206) erstreckt, und ein Vielzahl Querrippen (216, 216A, 216B, 216C, 216D, 216E; 268) hat, die sich quer zur Längsrippe (214; 266) erstrecken, wobei zumindest eine Rippe der Längsrippe (214; 266) und der Querrippen (216, 216A, 216B, 216C, 216D, 216E; 268) gegenüber dem Träger aus Formblech (200; 250) und der Trägerabdeckung (208; 254) geneigt ist."

22

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß zweitem Hilfsantrag lautet:

23

"Struktur zum Absorbieren einer Aufprallenergie mit einem nicht metallischen Innenraummaterial in der Form einer Trägerabdeckung (208; 254), die an der Innenseite eines Trägers aus Formblech (200; 250) eines Bauteils (206) einer Fahrzeugkarosserie angeordnet ist, wobei ein Energieabsorptionsraum (210; 252) zwischen dem Träger aus Formblech (200; 250) und der Trägerabdeckung (208; 254) ausgebildet ist, in dem ein nicht metallischer Energieabsorber (212; 256) angeordnet ist, der am Träger aus Formblech (200; 250) oder an der Trägerabdeckung (208; 254) befestigt ist,

24

dadurch gekennzeichnet, dass

25

der Energieabsorber (212; 256) getrennt von der Trägerabdeckung als ein gitterförmiges Element ausgebildet ist, das zumindest eine Längsrippe (214; 266), die sich in der Längsrichtung des Bauteils (206) erstreckt, und eine Vielzahl Querrippen (216, 216A, 216B, 216C, 216D, 216E; 268) hat, die sich quer zur Längsrippe (214; 266) erstrecken und außen (216D, 216E) zur Seite freitragend über die Längsrippe (214; 266) überstehen, wobei zumindest eine Rippe der Längsrippe (214; 266) und der Querrippen (216, 216A, 216B, 216C, 216D, 216E; 268) gegenüber dem Träger aus Formblech (200; 250) und der Trägerabdeckung (208; 254) geneigt ist."

26

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß drittem Hilfsantrag lautet:

27

"Struktur zum Absorbieren einer Aufprallenergie mit einer nicht metallischen Innenraummaterial in der Form einer Trägerabdeckung (208; 254), die an der Innenseite eines Trägers aus Formblech (200; 250) eines Bauteils (206) einer Fahrzeugkarosserie angeordnet ist, wobei ein Energieabsorptionsraum (210; 252) zwischen dem Träger aus Formblech (200; 250) und der Trägerabdeckung (208; 254) ausgebildet ist, in dem ein nicht metallischer Energieabsorber (212; 256) angeordnet ist, der am Träger aus Formblech (200; 250) oder an der Trägerabdeckung (208; 254) befestigt ist,

28

dadurch gekennzeichnet, dass

29

der Energieabsorber (212; 256) getrennt von der Trägerabdeckung (208); 254) als ein senkrecht zur Gitterebene offenes gitterförmiges Element ausgebildet ist, das zumindest eine Längsrippe (214; 266), die sich in der Längsrichtung des Bauteils (206) erstreckt, und eine Vielzahl Querrippen (216, 216A, 216B, 216C, 216D, 216E; 268) hat, die sich quer zur Längsrippe (214; 266) erstrecken und außen (216D, 216E) zur Seite freitragend über die Längsrippe (214; 266) überstehen, wobei zumindest eine Rippe der Längsrippe (214; 266) und der Querrippen (216, 216A, 216B, 216C, 216D, 216E; 268) gegenüber dem Träger aus Formblech (200; 250) und der Trägerabdeckung (208; 254) geneigt ist, wobei die Querrippen (216) in dieselbe Richtung geneigt angeordnet sind."

30

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß viertem Hilfsantrag lautet:

31

"Struktur zum Absorbieren einer Aufprallenergie mit einer nicht metallischen Innenraummaterial in der Form einer Trägerabdeckung (208; 254), die an der Innenseite eines Trägers aus Formblech (200; 250) eines Bauteils (206) einer Fahrzeugkarosserie angeordnet ist, wobei ein Energieabsorptionsraum (210; 252) zwischen dem Träger aus Formblech (200; 250) und der Trägerabdeckung (208; 254) ausgebildet ist, in dem ein nicht metallischer Energieabsorber (212; 256) angeordnet ist, der am Träger aus Formblech (200; 250) oder an der Trägerabdeckung (208; 254) befestigt ist,

32

dadurch gekennzeichnet, dass

33

der Energieabsorber (212; 256) getrennt von der Trägerabdeckung als gitterförmiges Element ausgebildet ist, das zumindest eine Längsrippe (214; 266), die sich in der Längsrichtung des Bauteils (206) erstreckt, und eine Vielzahl Querrippen (216, 216A, 216B, 216C, 216D, 216E; 268) hat, die sich quer zur Längsrippe (214; 266) erstrecken, wobei zumindest eine Rippe der Längsrippe (214; 266) und der Querrippen (216, 216A, 216B, 216C, 216D, 216E; 268) gegenüber den Senkrechten des Formblechs (200; 250) und der Innenraumverkleidung (208; 254) geneigt ist,

34

wobei die Querrippen (216, 216A, 216B, 216C, 216D, 216E; 268) geneigt sind und zumindest ein Paar der Querrippen, die in Längsrichtung benachbart zueinander sind und ein Paar von Querrippen, die in Querrichtung benachbart zueinander sind, so angeordnet sind, dass sie zueinander entgegengesetzt geneigt sind."

35

Zu den auf die jeweiligen Ansprüche 1 rückbezogenen abhängigen Ansprüchen nach Hauptantrag bzw. den vier Hilfsanträgen wird auf den Akteninhalt verwiesen.

36

Die Einsprechende stellt den Antrag,

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das Patent 195 05 935 zu widerrufen.

38

Die Patentinhaberin stellt den Antrag,

39

das Patent 195 05 935 mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:

40

- Patentansprüche 1 bis 8 laut dem in der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2011 überreichten neuen Hauptantrag

41

- anzupassende Beschreibung und Zeichnungen (Fig. 1 bis 13) laut Patentschrift.

42

Hilfsweise stellt sie folgende Hilfsanträge:

43

1. Hilfsantrag

44

das Patent 195 05 935 mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:

45

- Patentansprüche 1 bis 9 laut dem in der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2011 überreichten neuen ersten Hilfsantrag

46

- anzupassende Beschreibung und Zeichnungen (Fig. 1 bis 13) laut Patentschrift.

47

2. Hilfsantrag

48

das Patent 195 05 935 mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:

49

- Patentansprüche 1 bis 9 laut dem in der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2011 überreichten neuen zweiten Hilfsantrag

50

- anzupassende Beschreibung und Zeichnungen (Fig. 1 bis 13) laut Patentschrift.

51

3. Hilfsantrag

52

das Patent 195 05 935 mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:

53

- Patentansprüche 1 bis 8 laut dem in der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2011 überreichten neuen dritten Hilfsantrag

54

- anzupassende Beschreibung und Zeichnungen (Fig. 1 bis 13) laut Patentschrift.

55

4. Hilfsantrag

56

das Patent 195 05 935 mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:

57

- Patentansprüche 1 bis 8 laut dem in der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2011 überreichten neuen vierten Hilfsantrag

58

- anzupassende Beschreibung und Zeichnungen (Fig. 1 bis 13) laut Patentschrift.

II.

59

A. Der Senat ist für die Entscheidung im vorliegenden Einspruchsverfahren auch nach der - mit Wirkung vom 1. Juli 2006 erfolgten - Aufhebung der Übergangsvorschriften des § 147 Abs. 3 PatG a. F. auf Grund des Grundsatzes der "perpetuatio fori" gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO analog i. V. m. § 99 Abs. 1 PatG zuständig (vgl. BGH GRUR 2009, 184, 185 - Ventilsteuerung; GRUR 2007, 862 f. - "Informationsübermittlungsverfahren II").

60

B. Der Einspruch der Einsprechenden ist zulässig und hat in der Sache Erfolg, denn nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung liegt der Widerrufsgrund einer unzulässigen Erweiterung vor (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG), da die jeweiligen Gegenstände der Patentansprüche 1 nach Hauptantrag und den vier Hilfsanträgen über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehen. Die Frage der Neuheit oder erfinderischen Tätigkeit der Gegenstände der geänderten geltenden Patentansprüche kann daher dahinstehen (vgl. BGH GRUR 1991, 120, 121 li. Sp. Abs. 3 - "Elastische Bandage").

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1. Das Streitpatent betrifft eine Struktur zum Absorbieren einer Aufprallenergie, bei der ein nicht-metallisches Innenraummaterial benutzt wird, welches auf der Innenseite eines Formblechs eines Bauteils einer Fahrzeugkarosserie angeordnet ist, wobei die Aufprallenergie durch einen Energieabsorber aufgenommen wird, der einem Innenraummaterial zugeordnet ist und auf der Innenseite des Bauteils angeordnet ist, um den Aufprall abzuschwächen (vgl. Patentschrift, Abs. [0001]).

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Nach Abs. [0009] der Patentschrift liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine Struktur zum Absorbieren einer Aufprallenergie so weiterzubilden, dass eine hohe Energieabsorptionsfähigkeit erzielt werden kann.

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Erfindungswesentlich sind in allen beanspruchten Ausführungsformen die Strukturen zum Absorbieren einer Aufprallenergie an der Innenseite eines Trägers aus Formblech angeordnet.

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2. Die Gegenstände der geltenden Ansprüche 1 nach Hauptantrag bzw. nach den Hilfsanträgen 1 bis 4 gehen über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Denn in sämtlichen verteidigten Anspruchsfassungen wird eine Struktur zum Absorbieren einer Aufprallenergie beansprucht, welche u. a. einen Träger aus Formblech aufweist. Ein solcher Träger ist den ursprünglichen Unterlagen jedoch nicht zu entnehmen. Deshalb kann die in der mündlichen Verhandlung aufgeworfene Frage, ob die weiteren Merkmale der jeweiligen Anspruchsfassungen ursprünglich offenbart sind, dahinstehen.

65

So offenbaren die ursprünglichen Anmeldungsunterlagen dem Fachmann, hier einem Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Fahrzeugkonstruktion, zwar einen Träger (vgl. bspw. Offenlegungsschrift, Anspruch 1, "…Innenseite eines Trägers eines Bauteils einer Kraftfahrzeugkarosserie…" bzw. Offenlegungsschrift, Sp. 13, letzter Absatz), lassen jedoch die konkrete Ausgestaltung des Trägers offen. Hierbei ist der jeweils beanspruchte Träger offensichtlich nicht - wie von der Patentinhaberin argumentiert - auf die Front-, Zentral und Heckseitenstütze bzw. die Dachseitenschiene einer Kraftfahrzeugkarosserie beschränkt, sondern erstreckt sich offenbarungsgemäß auch auf ähnliche Bauteile mit hoher Steifigkeit (Offenlegungsschrift, Sp. 2, Z. 23 -26). Zur konkreten Ausgestaltung der jeweiligen Träger stehen dem Fachmann dabei eine Vielzahl von Materialien zur Verfügung. Beispielsweise wird er in diesem Zusammenhang aus Gründen der Gewichtreduktion an geeigneten Stellen auch Träger mit beliebigem Querschnitt aus nicht-metallischen Stoffen in Erwägung ziehen, insbesondere, da bereits der Energieabsorber anspruchsgemäß nicht-metallisch ausgestaltet ist (vgl. Offenlegungsschrift, Anspruch 1). Eine - wie vorliegend beansprucht - ausschließliche Trägerausgestaltung aus Formblech, wobei die Bezeichnung Blech einen metallischen Werkstoff bedingt, ist somit den ursprünglichen Anmeldeunterlagen des Streitpatents nicht unmittelbar und eindeutig als zur Erfindung gehörend zu entnehmen. Der Fachmann muss in diesem Zusammenhang eine weitergehende Erkenntnis, zu der er möglicherweise aufgrund seines allgemeinen Fachwissens gelangen kann, dem ursprünglichen Inhalt der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen hinzufügen. Dies begründet jedoch den Tatbestand einer unzulässigen Erweiterung (vgl. BGH GRUR 2010, 509 "Hubgliedertor I" und BGH GRUR 2010, 910 "Fälschungssicheres Dokument").

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Insofern liegt vorstehend sowohl beim Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag wie auch bei den entsprechenden Gegenständen der Ansprüche 1 nach den vier Hilfsanträgen mit dem nachträglich aufgenommenen Merkmal des "Formblechs" eine unzulässige Erweiterung der Ursprungsoffenbarung vor. Die entsprechenden Ansprüche 1 nach Hauptantrag bzw. nach den vier Hilfsanträgen sind daher nicht zulässig.

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3. Mit den jeweils nicht zulässigen Ansprüchen 1 nach Hauptantrag und den vier Hilfsanträgen fallen auch die auf die jeweiligen Ansprüche 1 rückbezogenen abhängigen Ansprüche 2 bis 8 (Hauptantrag sowie 3. und 4. Hilfsantrag) bzw. 2 bis 9 (1. und 2. Hilfsantrag), da deren Gegenstände durch den Rückbezug ebenfalls zwangsläufig eine unzulässige Erweiterung gegenüber dem Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung aufweisen.

68

4. Bei dieser Sachlage war das Patent zu widerrufen.