Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 31.03.2010


BPatG 31.03.2010 - 7 W (pat) 24/08

Patentbeschwerdeverfahren – kein ausreichender Nachweis der Vollmacht der Verfahrensbevollmächtigten zur Einlegung der Beschwerde – Unzulässigkeit der Beschwerde – Unzulässigkeit der (unselbständigen) Anschlussbeschwerde


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsdatum:
31.03.2010
Aktenzeichen:
7 W (pat) 24/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 10 2005 002 378

hat der 7. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 31. März 2010 durch den Richter Dipl.-Ing. Univ. Harrer als Vorsitzenden sowie die Richter Schwarz, Dipl.-Ing. Hilber und Dipl.-Ing. Schlenk

beschlossen:

Die Beschwerde der Einsprechenden und die Anschlussbeschwerde der Patentinhaberin werden als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

1

Die Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden haben namens einer Firma "G…" - die nach den Angaben ihrer Verfahrensbevollmächtigten später in "H…" umfirmiert worden sei - gegen das Patent 10 2005 002 378 mit der Bezeichnung "Verfahren zum Herstellen einer Dichtung, insbesondere für ein Kraftfahrzeug, und eine solche Dichtung" Einspruch wegen fehlender Patentfähigkeit nach den §§ 1 bis 5 PatG erhoben und diesen im Einzelnen begründet. Die Patentinhaberin hat im Einspruchsverfahren die Vollmacht der (angeblichen) Einsprechenden gerügt und im Übrigen ihr Patent hilfsweise beschränkt verteidigt.

2

Mit Beschluss vom 6. Dezember 2007 hat das Deutsche Patent- und Markenamt das Patent beschränkt aufrechterhalten. Die ordnungsgemäße Bevollmächtigung der Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden hat es dabei bejaht.

3

Gegen diesen Beschluss, der den Verfahrensbevollmächtigten beider Beteiligten jeweils am 10. März 2008 zugestellt worden ist, haben die Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden in deren Namen am 9. April 2008 Beschwerde mit dem Ziel des vollständigen Widerrufs des Streitpatents eingelegt.

4

Nachdem die Patentinhaberin zunächst mit Schriftsatz vom 19. Juni 2008 die Zurückweisung der Beschwerde beantragt hat, hat sie mit weiterem Schriftsatz vom 18. Februar 2009 Anschlussbeschwerde mit dem Ziel eingelegt, den Einspruch als unzulässig zu verwerfen, weil die Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden nicht ordnungsgemäß bevollmächtigt worden waren.

5

Nachdem der Senat mit Schreiben des juristischen Beisitzers vom 8. Juni 2009 und 30. September 2009 auf die Anforderungen, welche zum Nachweis der Bevollmächtigung eines ausländischen Verfahrensbeteiligten zu stellen sind und denen der bisherige Vortrag der Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden nicht genüge, hingewiesen hatte, haben die Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden mit Schriftsatz vom 18. Januar 2010 den Einspruch zurückgenommen. Mit weiterem Schriftsatz vom 17. März 2010 haben sie des Weiteren "zur Klarstellung" erklärt, dass die Rücknahme des Einspruchs auch als Rücknahme der Beschwerde anzusehen sei.

6

Die Patentinhaberin ist der Ansicht, trotz der vorgenannten Erklärungen sei weiterhin "vom Amts wegen" über die Zulässigkeit des Einspruchs zu befinden, da hierdurch das Beschwerdeverfahren nicht erledigt sei; denn die Rücknahme des Einspruchs setze die Bevollmächtigung der Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden voraus, an der es aber gerade mangele. Da die Verfahrensbevollmächtigten aber schon bei Einlegung des Einspruchs nicht ordnungsgemäß bevollmächtigt gewesen seien und der Einspruch daher von Anfang an unzulässig gewesen sei, sei der angefochtene Beschluss, damit das Streitpatent ohne jede Beschränkung Bestand habe, aufzuheben und der Einspruch als unzulässig zu verwerfen.

7

Die Patentinhaberin beantragt,

8

1. den Einspruch als unzulässig zu verwerfen;

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2. hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

10

Darüber hinaus regen sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

11

Die Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden haben keinen Antrag gestellt und sich im Übrigen dem gerichtlichen Hinweis des juristischen Beisitzers vom 11. März 2010 angeschlossen. In diesem war auf die nachstehenden Gründe bereits hingewiesen worden.

II.

12

A. Die Beschwerde war als unzulässig zu verwerfen, weil eine ordnungsgemäße Vollmacht der Verfahrensbevollmächtigten zur Einlegung der Beschwerde nicht ausreichend nachgewiesen wurde. Damit fehlt es an einem Nachweis, dass die Beschwerde namens und in Vollmacht der (angeblichen) Einsprechenden erhoben worden ist, was nach allgemeiner Ansicht zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels führt.

13

Näherer Ausführungen zu diesem Mangel bedarf es nicht, weil selbst für den Fall, dass eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung vorgelegen hätte und die Beschwerde somit zulässig gewesen wäre, das Beschwerdeverfahren durch die (dann ebenfalls wirksamen) Erklärungen vom 18. Januar 2010 und 17. März 2010, mit denen die Beschwerde der Einsprechenden  wirksam zurückgenommen worden war, beendet worden ist. Dabei kann es dahinstehen, ob die mit Schriftsatz vom 18. Januar 2010 erklärte Rücknahme des Einspruchs auch als Rücknahme der Beschwerde anzusehen ist (st. Rspr. des Bundespatentgerichts; vgl. auch Schulte/Moufang, 8. Aufl. § 59 Rn. 246 und § 61 Rn. 36), da die Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden jedenfalls mit Schriftsatz vom 17. März 2010 auch ausdrücklich die Rücknahme der Beschwerde erklärt haben. Soweit die Patentinhaberin meint, für eine solche Erklärung "sei kein Raum", ist ihr nicht näher erläuterter Einwand juristisch unverständlich.

14

B. Mit der Unzulässigkeit der Beschwerde der Einsprechenden ist auch die (unselbständige) Anschlussbeschwerde der Patentinhaberin nach § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 522 Abs. 1 Satz 2, § 524 Abs. 1, 2 Satz 2 zweiter Halbsatz, Abs. 4 ZPO als unzulässig zu verwerfen; zwar verliert mit der Unzulässigkeit der Beschwerde der Einsprechenden auch die Anschlussbeschwerde der Patentinhaberin schon kraft Gesetzes ihre Wirkung, ohne dass es an sich hierzu eines besonderen Ausspruchs bedürfte; da die Patentinhaberin schon aber ihre Anschlussbeschwerde weiterverfolgt hat, ist diese als unzulässig zu verwerfen (vgl. BGH NJW 2000, 3215).

15

Soweit die Patentinhaberin - was als Weiterverfolgung ihrer hierauf gestützten Anschlussbeschwerde anzusehen ist - geltend gemacht hat, die Frage der Zulässigkeit des Einspruchs sei unabhängig von der Frage der Zulässigkeit der Beschwerde der Einsprechenden "von Amts wegen" zu prüfen, ist ihre Rechtsansicht erkennbar rechtsirrig. Sie verkennt dabei wesentliche verfahrensrechtliche Grundsätze, die sich schon bei Anwendung einfachster Denkgesetze aufdrängen. Die Frage, ob der Einspruch zulässig war, kann sich für das Bundespatentgericht - auch "von Amts wegen" - nur im Rahmen der Überprüfung der Richtigkeit des patentamtlichen Beschlusses stellen, da nur dieser Gegenstand eines möglichen Verfahrens vor dem Bundespatentgericht sein kann. Ein solches Verfahren wiederum kann nur dann eröffnet sein, wenn das Bundespatentgericht hierfür von einem der Verfahrensbeteiligten ordnungsgemäß angerufen wurde; hierzu sieht das Gesetz aber nur die Möglichkeit der Einlegung einer Beschwerde vor. Dies bedeutet aber - was ungeachtet jeglicher juristischer Argumentation sich einem unbefangenen Betrachter schon rein logisch aufdrängen muss -, dass der patentamtliche Beschluss - und damit auch die von der Patentinhaberin erhobene Frage der Zulässigkeit des Einspruchs - vom Bundespatentgericht nur überprüft werden kann, wenn ein Rechtsmittel (hier dasjenige der Beschwerde) ordnungsgemäß eingelegt wurde; fehlt es aber hieran, ist es dem Gericht schon aus Gründen der Denklogik schlicht verwehrt, den patentamtlichen Beschluss einer Überprüfung zu unterziehen und sich hierbei inzidenter auch mit der Frage der Zulässigkeit des Einspruchs zu befassen. Das Gleiche gilt auch, wenn sich - wie vorliegend - der Beschwerdegegner der Beschwerde des Beschwerdeführers angeschlossen hat; denn wie sich aus § 99 PatG i. V. m. § 524 Abs. 4 ZPO ohne jede Ausnahme zwingend ergibt, teilt die Anschlussbeschwerde ihr Schicksal mit der (Haupt-) Beschwerde; ist diese aber - wie hier - unzulässig, ist dem Bundespatentgericht auch nicht über die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin eine Zuständigkeit zur Überprüfung der Richtigkeit des angefochtenen patentamtlichen Beschlusses (und damit inzidenter auch die Beurteilung der Zulässigkeit des Einspruchs) eröffnet. Offenbar versucht die Patentinhaberin mit ihrer "Argumentation" lediglich ihr eigenes Verschulden zu "korrigieren", das darin liegt, es verabsäumt zu haben,  ihrerseits eine eigenständige Beschwerde gegen den patentamtlichen Beschluss einzulegen.

16

D. Die vorliegende Entscheidung konnte trotz des entsprechenden Hilfsantrages der Patentinhaberin ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 79 Abs. 2 Satz 2 PatG). Dem steht der Hinweis der Patentinhaberin auf die Entscheidung des BGH vom 17. Dezember 2009 (Xa ZB 38/08 - Dichtungsanordnung , abrufbar unter http://juris.bundesgerichtshof.de/cgibin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2009-12&Seite=1&nr=50631&pos=48&anz=282) nicht entgegen, denn diese Entscheidung ist mit der vorliegenden Fallgestaltung ersichtlich nicht vergleichbar; sie befasst sich vielmehr allein mit der Frage, ob § 79 Abs. 2 PatG auch auf das vom Bundespatentgericht erstinstanzlich durchgeführte Einspruchsverfahren (nach § 147 Abs. 3 PatG a. F.) anwendbar ist; hier ist der Senat aber mit dem Streitpatent nicht erstinstanzlich im Rahmen eines Einspruchsverfahren , sondern allein im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens befasst; dass § 79 Abs. 2 PatG aber für das Beschwerdeverfahren , für welches das Gesetz seinen Regelungsinhalt ja ausdrücklich bestimmt hat, weiterhin gilt, ist nicht Gegenstand der vorgenannten Entscheidung; dies kann auch ernstlich nicht in Frage gestellt werden.

17

D. Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 80 Abs. 1 Satz 1 PatG sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

18

E. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war (§ 100 Abs. 2 Nr. 1 PatG) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 100 Abs. 2 Nr. 2 PatG). Soweit die Patentinhaberin ihre Anregung auf die verschiedenen Literaturstellen zu der Frage stützt, ob die Rücknahme eines Einspruchs im Verfahren über die Beschwerde der Einsprechenden auch als Beschwerderücknahme anzusehen ist, ist diese Frage vorliegend nicht entscheidungserheblich, weil diese Frage für die Beurteilung der Zulässigkeit der Beschwerde, über die vorliegend allein zu entschieden worden ist, keine Rolle spielt; ungeachtet dessen wäre sie aber auch ansonsten bedeutungslos, weil selbst bei Zulässigkeit der Beschwerde die Einsprechende mit ihrem Schriftsatz vom 17. März 2010 auf jeden Fall - dann ebenfalls wirksam - die (dann zulässige) Beschwerde ausdrücklich ordnungsgemäß zurückgenommen hätte.