Entscheidungsdatum: 07.03.2018
In der Patentnichtigkeitssache
…
betreffend das europäische Patent 1 133 827
(DE 698 36 767)
hat der 6. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 2018 durch die Vorsitzende Richterin Friehe sowie die Richter Schwarz, Dipl.-Ing. Müller, Dipl.-Ing. Matter und Dipl.-Phys. Univ. Dr. Haupt
für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 133 827 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
II. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Bundesgerichtshof trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte ist seit 21. Februar 2011 eingetragene Inhaberin des aufgrund der internationalen Anmeldung PCT/US98/19270 vom 16. September 1998, veröffentlicht als WO 00/16480 A1 am 23. März 2000, mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in der Verfahrenssprache Englisch erteilten europäischen Patents 1 133 827 (Streitpatent).
Das beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 698 36 767.7 geführte Streitpatent trägt die Bezeichnung
„LOCATION REPORTING SATELLITE PAGING SYSTEM
WITH OPTIONAL BLOCKING OF LOCATION REPORTING“
(in Deutsch laut Streitpatentschrift:
„SATELLITENVASIERTES PERSONENRUFSYSTEM MIT STANDORTÜBERMITTLUNG, WOBEI DIE STANDORTÜBERMITTLUNG
BLOCKIERBAR IST“)
und umfasst in der erteilten Fassung 6 Patentansprüche, die mit der am 5. Januar 2012 eingereichten, ursprünglich unter dem Aktenzeichen 1 Ni 10/13 (EP) geführten Nichtigkeitsklage in vollem Umfang angegriffen werden.
Die angegriffenen unabhängigen Patentansprüche 1 und 5 lauten wie folgt:
1. A communication system for selectively limiting access to the location information of a pager or call receiver (8), comprising:
(i) a pager or call receiver (8) that is able to periodically communicate with satellite and/or earth based communication means to establish its location within the system for a time;
(ii) callers accessing the system to receive the location of the pager/call receiver within the system during said time;
(iii) means to provide the location of the pager/call receiver to individual callers that have been authorized to receive the location information of the pager/call receiver during said time;
(iv) means for activating or deactivating a location disclosure feature for a pager/call receiver, such a feature used to allow/deny access to the location information of said pager/call receiver to said individual authorized callers during said time;
(v) the system able to use said location disclosure feature of the pager/call receiver to allow access to the location information of said pager/call receiver to one of said individual authorized callers while also being able to use said location disclosure feature to deny access to another of said individual_authorized callers during said time that the location of the pager/call receiver is periodically established within the system.
5. A method for selectively limiting access to the location information of a pager or call receiver (8) in a communication system, comprising:
(i) periodically communicating with satellite and/or earth based communication means to establish the location of a pager or call receiver (8) within the system for a time;
(ii) giving callers access to the system to be able to receive the location of the pager/call receiver within the system during said time;
(iii) providing the location of the pager or call receiver to individual callers that have been authorized to receive the location of the pager/call receiver during said time;
(iv) specifying location disclosure feature for said pager to the system, such a feature used to allow/deny access to the location information of said pager/call receiver to said individual authorized_callers during said time;
(v) using said location disclosure feature of the pager or call receiver (8) to allow access to the location information of said pager or call receiver (8) to one of said individual authorized callers while also being able to use said location disclosure feature to deny access to another of said individual_authorized callers during said time that the location of the pager or call receiver (8) is periodically established within the system.
In der korrigierten deutschen Übersetzung (als DE 698 36 767 T4 am 5. Juli 2012 vom Deutschen Patent- und Markenamt veröffentlicht) lauten die unabhängigen Ansprüche wie folgt:
1. Kommunikationssystem zum selektiven Beschränken von Zugang zu den Standortinformationen eines Funkrufempfängers oder Rufempfängers (8), umfassend:
(i) einen Funkrufempfänger oder Rufempfänger (8), der fähig ist, periodisch mit satelliten- und/oder erdbasierten Kommunikationsmitteln zu kommunizieren, um seinen Standort innerhalb des Systems für eine Zeit zu ermitteln;
(ii) Rufer, die auf das System zugreifen, um den Standort des Funkrufempfängers/Rufempfängers innerhalb des Systems während der Zeit zu empfangen;
(iii) Mittel zum Bereitstellen des Standorts des Funkrufempfängers/Rufempfängers an individuelle Rufer, die autorisiert worden sind, die Standortinformationen des Funkrufempfängers/Rufempfängers während der Zeit zu empfangen;(iv) Mittel zum Aktivieren oder Deaktivieren eines Standortoffenlegungsmerkmals für einen Funkrufempfänger/Rufempfänger, wobei ein derartiges Merkmal verwendet wird, Zugang zu den Standortinformationen des Funkrufempfängers/Rufempfängers den individuellen autorisierten Rufern während der Zeit zu gewähren/verweigern;
(v) wobei das System fähig ist, das Standortoffenlegungsmerkmal des Funkrufempfängers/Rufempfängers zu verwenden, um während der Zeit, in der der Standort des Funkrufempfängers/Rufempfängers periodisch innerhalb des Systems ermittelt wird, einem der individuellen autorisierten Rufer Zugang zu den Standortinformationen des Funkrufempfängers/Rufempfängers zu gewähren, wobei es auch fähig ist, das Standortoffenlegungsmerkmal zu verwenden, um einem weiteren der individuellen autorisierten Rufer den Zugang zu verweigern.
5. Verfahren zum selektiven Beschränken von Zugang zu den Standortinformationen eines Funkrufempfängers oder Rufempfängers (8) in einem Kommunikationssystem, umfassend:
(i) periodisches Kommunizieren mit satelliten- und/oder erdbasierten Kommunikationsmitteln, um den Standort eines Funkrufempfängers oder Rufempfängers (8) innerhalb des Systems für eine Zeit zu ermitteln;
(ii) Rufern Zugang zu dem System geben, um in der Lage zu sein, den Standort des Funkrufempfängers/Rufempfängers (8) innerhalb des Systems während der Zeit zu empfangen;
(iii) Bereitstellen des Standorts des Funkrufempfängers oder Rufempfängers an individuelle Rufer, die autorisiert worden sind, den Standort des Funkrufempfängers/Rufempfängers während der Zeit zu empfangen;
(iv) Spezifizieren eines Standortoffenlegungsmerkmals für den Funkrufempfänger an dem System, wobei dieses Merkmal verwendet wird, Zugang zu den Standortinformationen des Funkrufempfängers/Rufempfängers den individuellen autorisierten Rufern während der Zeit zu gewähren/verweigern;
(v) Verwenden des Standortoffenlegungsmerkmals des Funkrufempfängers oder Rufempfängers (8), um während der Zeit, in der der Standort des Funkrufempfängers oder Rufempfängers (8) periodisch innerhalb des Systems ermittelt wird, einem der individuellen autorisierten Rufer Zugang zu den Standortinformationen des Funkrufempfängers oder Rufempfängers (8) zu gewähren, wobei es auch möglich ist, das Standortoffenlegungsmerkmal zu verwenden, um einem weiteren der individuellen autorisierten Rufer den Zugang zu verweigern.
Bei den ebenfalls angegriffenen Patentansprüchen 2 bis 4 handelt es sich um auf Patentanspruch 1, bei dem weiter angegriffenen Patentanspruch 6 um auf Patentanspruch 5 rückbezogene Unteransprüche.
Die Klägerin ist der Ansicht, das Streitpatent sei wegen unzulässiger Erweiterung, unzureichender Offenbarung und fehlender Patentfähigkeit für nichtig zu erklären. Dies stützt sie auf die Druckschriften (Nummerierung und Kurzzeichen nach den Schriftsätzen der Klägerin):
D1 WO 98/52379 A1
D1‘ DE 698 30 709 T2 (Übersetzung der D1)
D2 WO 95/23478 A1
D2‘ DE 695 09 755 T2 (Übersetzung der D2)
D3 US 5 731 785 A
D4 Spreitzer, M., Theimer, M.: “Providing Location Information in a Ubiquitous Computing Environment”,
SIGOPS '93/12/93/N.C., USA, Seiten 270 – 283
© ACM 0-89791-632-8/93/0012
D6 EP 0 782 352 A2
D7 US 5 661 652 A
D8 GB 2 317 305 A
NK1 Streitpatentschrift EP 1 133 827 B1
NK2 DE 698 36 767 T2 (Übersetzung der Streitpatentschrift)
NK6 Offenlegungsschrift WO 00/16480 A1 der internationalen Anmeldung zum Streitpatent
Der 1. Senat des Bundespatentgerichts hat in seinem gerichtlichen Hinweis vom 19. Juli 2013 zu der Thematik der Satelliten-Paging-Kommunikationssysteme mit bidirektionalen Pagern und Standortoffenlegung u. a. die Druckschriften
WO 91/08621 A1 und
US 5 506 886 A
in das Nichtigkeitsverfahren eingeführt.
Die Klägerin hat im Verfahren vor dem 1. Nichtigkeitssenat beantragt,
das europäische Patent 1 113 827 in vollem Umfang mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte hat sinngemäß beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit sie sich auch gegen eine der Fassungen des Streitpatent nach den Hilfsanträgen 1 oder 2 vom 2. Oktober 2013, nach den Hilfsanträgen 1 [alt] oder 2 [alt] vom 22. Juli 2013 oder nach den Hilfsanträgen 3 bis 9 vom 22. Juli 2013 – in dieser Reihenfolge – richtet.
Mit Urteil vom 2. Oktober 2013 hat der 1. Senat des Bundespatentgerichts das Streitpatent für nichtig erklärt, da der Gegenstand des Streitpatents sowohl in der erteilten Fassung als auch in jeder hilfsweise verteidigten Fassung über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinausgehe.
Auf die Berufung der Beklagten hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 19. Juli 2016 das Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 2. Oktober 2013 aufgehoben und das Streitpatent mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt, soweit sein Gegenstand über folgende Fassung seiner Patentansprüche hinausgeht:
1. A paging communication system for selectively limiting access to the location information of a pager or call receiver (8), comprising:
(i) a pager or call receiver (8) that is able to periodically communicate with satellite and/or earth based communication means to establish its location within the system for a time;
(ii) callers accessing the system to receive the location of the pager/call receiver within the system during said time;
(iii) means to provide the location of the pager/call receiver to individual callers that have been authorized to receive the location information of the pager/call receiver during said time;
(iv) means for activating or deactivating a location disclosure feature for a pager/call receiver, such a feature used to allow/deny access to the location information of said pager/call receiver to said individual authorized callers during said time;
(v) the system able to use said location disclosure feature of the pager/call receiver to allow access to the location in- formation of said pager/call receiver to one of said indivi-dual authorized callers while also being able to use said location disclosure feature to deny access to another of said individual authorized callers during said time that the location of the pager/call receiver is periodically established within the system.
2. The system of claim 1, wherein the location of the call receiver or pager (8) always is disclosed in emergency circumstances and when required for operational use by the system.
3. The system of claim 1 the call receiver/pager (8) being able to communicate with satellite and terrestrial transmitters, said pager/call receiver (8) further comprising:
connecting means (102) to connect satellite signals to satellite receiving means (103) and terrestrial signals to a terrestrial receiving means (104); and
storage means (107) to hold cither data from the satellite or terrestrial receiving means for later retrieval.
4. The system of claim 1 also comprising means to authorize a caller to be able to access the location information of said pager or call receiver within the system.
5. A method for selectively limiting access to the location information of a pager or call receiver (8) in a paging communication system, comprising:
(i) periodically communicating with satellite and/or earth based communication means to establish the location of a pager or call receiver (8) within the system for a time;
(ii) giving callers access to the system to be able to receive the location of the pager/call receiver within the system during said time;
(iii) providing the location of the pager or call receiver to individual callers that have been authorized to receive the location of the pager/call receiver during said time;
(iv) specifying location disclosure feature for said pager/call receiver to the system, such a feature used to allow/deny access to the location information of said pager/call receiver to said individual authorized callers during said time;
(v) using said location disclosure feature of the pager or call receiver (8) to allow access to the location information of said pager or call receiver (8) to one of said individual authorized callers while also being able to use said location disclosure feature to deny access to another of said individual authorized callers during said time that the location of the pager or call receiver (8) is periodically established within the system.
6. The method of claim 5 further comprising disclosing the location of the call receiver or pager (8) in emergency circumstances and when required for operational use by the system.
Nach dem Urteilstenor des Bundesgerichtshofs können dabei aus Merkmal (v) in den Ansprüchen 1 und 5 keine Rechte hergeleitet werden. Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Patentgericht zurückverwiesen.
Die Klägerin ist unverändert der Auffassung, das Streitpatent sei sowohl in der vom Bundesgerichtshof erkannten Fassung als auch in den Fassungen nach den Hilfsanträgen der Beklagten mangels Patentfähigkeit für nichtig zu erklären.
Die Klägerin beantragt weiterhin,
das europäische Patent 1 133 827 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit sie sich auch gegen eine der Fassungen nach den Hilfsanträgen 1 vom 7. März 2018, 2 bis 9 vom 18. Januar 2018 sowie 10 bis 12 vom 7. März 2018, in dieser Reihenfolge, richtet.
Die jeweiligen Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen haben den folgenden Wortlaut (Änderungen gegenüber der im Urteil des Bundesgerichtshofs erkannten Fassung jeweils durch Unter- und/oder Durchstreichungen gekennzeichnet):
Hilfsantrag 1:
A paging communication system for selectively limiting access to the location information of a pager or call receiver (8), comprising:
(i) a pager or call receiver (8) that is able to periodically communicate with satellite and/or earth based communication means to establish its location within the system for a time, the pager/call receiver comprising means to resolve a global position from signals transmitted from the satellites and earth based communication means;
(ii) callers accessing the system to receive the location of the pager/call receiver within the system during said time;
(iii) means to provide the location of the pager/call receiver to individual callers that have been authorized to receive the location information of the pager/call receiver during said time;
(iv) means for activating or deactivating a location disclosure feature for a pager/call receiver,
such a feature used to allow/deny access to the location information of said pager/call receiver to said individual authorized callers during said time;
(v) the system able to use said location disclosure feature of the pager/call receiver to allow access to the location information of said pager/call receiver to one of said individual authorized callers while also being able to use said location disclosure feature to deny access to another of said individual authorized callers during said time that the location of the pager/call receiver is periodically established within the system.
Hilfsantrag 2:
A paging communication system for selectively limiting access to the location information of a pager or call receiver (8), comprising:
(i) a pager or call receiver (8) that is able to periodically communicate with satellite and/or earth based communication means to establish its location within the system for a time;
(ii) callers accessing the system to receive the location of the pager/call receiver within the system during said time;
(iii) means to provide the location of the pager/call receiver to individual callers that have been authorized to receive the location information of the pager/call receiver during said time;
(iv) means for activating or deactivating a location disclosure feature for a pager/call receiver, such a feature used to allow/deny access to the location information of said pager/call receiver to said individual authorized callers during said time, wherein the location information of the pager/call receiver that is provided to individual authorized callers is resolved and transmitted within the system, also when the location disclosure feature is blocked and the access to the location information of said pager/call receiver to said individual authorized callers is denied;
(v) the system able to use said location disclosure feature of the pager/call receiver to allow access to the location information of said pager/call receiver to one of said individual authorized callers while also being able to use said location disclosure feature to deny access to another of said individual authorized callers during said time that the location of the pager/call receiver is periodically established within the system.
Hilfsantrag 3:
A paging communication system for selectively limiting access to the location information of a pager or call receiver (8), comprising:
(i) a pager or call receiver (8) that is able to periodically communicate with satellite and/or earth based communication means to establish its location within the system for a time;
(ii) callers accessing the system to receive the location of the pager/call receiver within the system during said time;
(iia) means to identify a request from a caller to access the location information of the pager/call receiver, wherein the caller is notified that the request is not authorized when a code required to access the location information of the pager/call receiver is not detected;
(iii) means to provide the location of the pager/call receiver to individual callers that have been authorized to receive the location information of the pager/call receiver during said time;
(iv) means for activating or deactivating a location disclosure feature for a pager/call receiver, such a feature used to allow/deny access to the location information of said pager/call receiver to said individual authorized callers after detecting the code during said time;
(v) the system able to use said location disclosure feature of the pager/call receiver to allow access to the location information of said pager/call receiver to one of said individual authorized callers while also being able to use said location disclosure feature to deny access to another of said individual authorized callers during said time that the location of the pager/call receiver is periodically established within the system.
Hilfsantrag 4:
A paging communication system for selectively limiting access to the location information of a pager or call receiver (8), comprising:
(i) a pager or call receiver (8) that is able to periodically communicate with satellite and/or earth based communication means to establish its location within the system for a time, wherein the pager/call receiver determines its location to be provided to callers and transmits that information within the system;
(ii) callers accessing the system to receive the location of the pager/call receiver within the system during said time;
(iii) means to provide the location of the pager/call receiver to individual callers that have been authorized to receive the location information of the pager/call receiver during said time;
(iv) means for activating or deactivating a location disclosure feature for a pager/call receiver, such a feature used to allow/deny access to the location information of said pager/call receiver to said individual authorized callers during said time; wherein the location information of the pager/call receiver that is provided to individual authorized callers is resolved and transmitted within the system, also when the location disclosure feature is blocked and the access to the location information of said pager/call receiver to said individual authorized callers is denied;
(v) the system able to use said location disclosure feature of the pager/call receiver to allow access to the location information of said pager/call receiver to one of said individual authorized callers while also being able to use said location disclosure feature to deny access to another of said individual authorized callers during said time that the location of the pager/call receiver is periodically established within the system.
Hilfsantrag 5:
A paging communication system for selectively limiting access to the location information of a pager or call receiver (8), comprising:
(i) a pager or call receiver (8) that is able to periodically communicate with satellite and/or earth based communication means to establish its location within the system for a time, wherein the pager/call receiver determines its location to be provided to callers and transmits that information within the system;
(ii) callers accessing the system to receive the location of the pager/call receiver within the system during said time;
(iia) means to identify a request from a caller to access the location information of the pager/call receiver, wherein the caller is notified that the request is not authorized when a code required to access the location information of the pager/call receiver is not detected;
(iii) means to provide the location of the pager/call receiver to individual callers that have been authorized to receive the location information of the pager/call receiver during said time;
(iv) means for activating or deactivating a location disclosure feature for a pager/call receiver, such a feature used to allow/deny access to the location information of said pager/call receiver to said individual authorized callers after detecting the code during said time, wherein the location information of the pager/call receiver that is provided to individual authorized callers is resolved and transmitted within the system, also when the location disclosure feature is blocked and the access to the location information of said pager/call receiver to said individual authorized callers is denied;
(v) the system able to use said location disclosure feature of the pager/call receiver to allow access to the location information of said pager/call receiver to one of said individual authorized callers while also being able to use said location disclosure feature to deny access to another of said individual authorized callers during said time that the location of the pager/call receiver is periodically established within the system.
Hilfsantrag 6:
A paging communication system for selectively limiting access to the location information of a pager or call receiver (8), comprising:
(i) a pager or call receiver (8) that is able to periodically communicate with satellite and/or earth based communication means to establish its location within the system for a time, the pager/call receiver comprising means to resolve a global position from signals transmitted from the satellites and/or earth based communication means, wherein the pager/call receiver determines its location to be provided to callers and transmits that information within the system;
(ii) callers accessing the system to receive the location of the pager/call receiver within the system during said time;
(iia) means to identify a request from a caller to access the location information of the pager/call receiver, wherein the caller is notified that the request is not authorized when a code required to access the location information of the pager/call receiver is not detected;
(iii) means to provide the location of the pager/call receiver to individual callers that have been authorized to receive the location information of the pager/call receiver during said time;
(iv) means for activating or deactivating a location disclosure feature for a pager/call receiver, such a feature used to allow/deny access to the location information of said pager/call receiver to said individual authorized callers after detecting the code during said time, wherein the location information of the pager/call receiver that is provided to individual authorized callers is resolved and [transmitted] within the system, also when the location disclosure feature is blocked and the access to the location information of said pager/call receiver to said individual authorized callers is denied;
(v) the system able to use said location disclosure feature of the pager/call receiver to allow access to the location information of said pager/call receiver to one of said individual authorized callers while also being able to use said location disclosure feature to deny access to another of said individual authorized callers during said time that the location of the pager/call receiver is periodically established within the system.
Hilfsantrag 7:
A paging communication system for selectively limiting access to the location information of a pager or call receiver (8), comprising:
(i) a pager or call receiver (8) that is able to periodically communicate with satellite and/or earth based communication means to establish its location within the system for a time, the pager/call receiver comprising means to resolve a global position from signals transmitted from the satellites and/or earth based communication means,
(ii) callers accessing the system to receive the location of the pager/call receiver within the system during said time;
(iia) means to identify a request from a caller to access the location information of the pager/call receiver, wherein the caller is notified that the request is not authorized when a code required to access the location information of the pager/call receiver is not detected;
(iii) means to provide the location of the pager/call receiver to individual callers that have been authorized to receive the location information of the pager/call receiver during said time;
(iv) means for activating or deactivating a location disclosure feature for a pager/call receiver, such a feature used to allow/deny access to the location information of said pager/call receiver to said individual authorized callers after detecting the code during said time;
(v) the system able to use said location disclosure feature of the pager/call receiver to allow access to the location information of said pager/call receiver to one of said individual authorized callers while also being able to use said location disclosure feature to deny access to another of said individual authorized callers during said time that the location of the pager/call receiver is periodically established within the system.
Hilfsantrag 8:
A paging communication system for selectively limiting access to the location information of a pager or call receiver (8), comprising:
(i) a pager or call receiver (8) that is able to periodically communicate with satellite and/or earth based communication means to establish its location within the system for a time;
(ii) callers accessing the system to receive the location of the pager/call receiver within the system during said time;
(iii) means to provide the location of the pager/call receiver to individual callers that have been authorized to receive the location information of the pager/call receiver during said time;
(iv) means for activating or deactivating a location disclosure feature for a pager/call receiver, such a feature used to allow/deny access to the location information of said pager/call receiver to said individual authorized callers during said time, wherein the location information of the pager/call receiver that is provided to individual authorized callers is resolved and disclosed within the system, also when the location disclosure feature is blocked;
(v) the system able to use said location disclosure feature of the pager/call receiver to allow access to the location information of said pager/call receiver to one of said individual authorized callers while also being able to use said location disclosure feature to deny access to another of said individual authorized callers during said time that the location of the pager/call receiver is periodically established within the system.
Hilfsantrag 9:
A paging communication system for selectively limiting access to the location information of a pager or call receiver (8), comprising:
(i) a pager or call receiver (8) that is able to periodically communicate with satellite and/or earth based communication means to establish its location within the system for a time the pager/call receiver comprising means to resolve a global position from signals transmitted from the satellites and/or earth based communication means;
(ii) callers accessing the system to receive the location of the pager/call receiver within the system during said time;
(iii) means to provide the location of the pager/call receiver to individual callers that have been authorized to receive the location information of the pager/call receiver during said time;
(iv) means for activating or deactivating a location disclosure feature for a pager/call receiver, such a feature used to allow/deny access to the location information of said pager/call receiver to said individual authorized callers during said time, wherein the location information of the pager/call receiver that is provided to individual authorized callers is resolved and disclosed within the system, also when the location disclosure feature is blocked;
(v) the system able to use said location disclosure feature of the pager/call receiver to allow access to the location information of said pager/call receiver to one of said individual authorized callers while also being able to use said location disclosure feature to deny access to another of said individual authorized callers during said time that the location of the pager/call receiver is periodically established within the system.
Hilfsantrag 10:
A paging communication system for selectively limiting access to the location information of a pager or call receiver (8), comprising:
(i) a pager or call receiver (8) that is able to periodically communicate with satellite and/or earth based communication means to establish its location within the system for a time, the pager/call receiver comprising means to resolve a global position from signals transmitted from the satellites and earth based communication means, said pager/call receiver (8) further comprising connecting means (102) to connect satellite signals to satellite receiving means (103) and terrestrial signals to a terrestrial receiving means (104); and storage means (107) to hold either data from the satellite or terrestrial receiving means for later retrieval;
(ii) callers accessing the system to receive the location of the pager/call receiver within the system during said time;
(iii) means to provide the location of the pager/call receiver to individual callers that have been authorized to receive the location information of the pager/call receiver during said time;
(iv) means for activating or deactivating a location disclosure feature for a pager/call receiver, such a feature used to allow/deny access to the location information of said pager/call receiver to said individual authorized callers during said time;
(v) the system able to use said location disclosure feature of the pager/call receiver to allow access to the location information of said pager/call receiver to one of said individual authorized callers while also being able to use said location disclosure feature to deny access to another of said individual authorized callers during said time that the location of the pager/call receiver is periodically established within the system.
Hilfsantrag 11:
A paging communication system for selectively limiting access to the location information of a pager or call receiver (8), comprising:
(i) a pager or call receiver (8) that is able to periodically communicate with satellite and/or earth based communication means to establish its location within the system for a time, the pager/call receiver comprising means to resolve a global position from signals transmitted from the satellites and earth based communication means;
(ii) callers accessing the system to receive the location of the pager/call receiver within the system during said time;
(iia) means to authorize a caller by detecting a location disclosure code when a request is submitted by the caller;
(iii) means to provide the location of the pager/call receiver to individual callers that have been authorized to receive the location information of the pager/call receiver during said time ;
(iv) means for activating or deactivating a location disclosure feature for a pager/call receiver,
such a feature used to allow/deny access to the location information of said pager/call receiver to said individual authorized callers during said time by establishing whether the location disclosure feature is activated or deactivated for the request received from the caller, wherein the location information is provided to the caller in the case that the location disclosure feature is activated for the request received from the caller and wherein the caller is notified with an appropriate message in the case that the location disclosure feature is deactivated for the request received from the caller;
(v) the system able to use said location disclosure feature of the pager/call receiver to allow access to the location information of said pager/call receiver to one of said individual authorized callers while also being able to use said location disclosure feature to deny access to another of said individual authorized callers during said time that the location of the pager/call receiver is periodically established within the system.
Hilfsantrag 12:
A paging communication system for selectively limiting access to the location information of a pager or call receiver (8), comprising:
(i) a pager or call receiver (8) that is able to periodically communicate with satellite and/or earth based communication means to establish its location within the system for a time, the pager/call receiver comprising means to resolve a global position from signals transmitted from the satellites and earth based communication means, said pager/call receiver (8) further comprising connecting means (102) to connect satellite signals to satellite receiving means (103) and terrestrial signals to a terrestrial receiving means (104); and storage means (107) to hold either data from the satellite or terrestrial receiving means for later retrieval;
(ii) callers accessing the system to receive the location of the pager/call receiver within the system during said time;
(iia) means to authorize a caller by detecting a location disclosure code when a request is submitted by the caller;
(iii) means to provide the location of the pager/call receiver to individual callers that have been authorized to receive the location information of the pager/call receiver during said time;
(iv) means for activating or deactivating a location disclosure feature for a pager/call receiver, such a feature used to allow/deny access to the location information of said pager/call receiver to said individual authorized callers during said time time by establishing whether the location disclosure feature is activated or deactivated for the request received from the caller, wherein the location information is provided to the caller in the case that the location disclosure feature is activated for the request received from the caller and wherein the caller is notified with an appropriate message in the case that the location disclosure feature is deactivated for the request received from the caller;
(v) the system able to use said location disclosure feature of the pager/call receiver to allow access to the location information of said pager/call receiver to one of said individual authorized callers while also being able to use said location disclosure feature to deny access to another of said individual authorized callers during said time that the location of the pager/call receiver is periodically established within the system.
Die Beklagte tritt der Argumentation der Klägerin entgegen und erachtet den Gegenstand des Streitpatents in der vom Bundesgerichtshof erkannten Fassung, zumindest aber in einer der von ihr mit den Hilfsanträgen beschränkt verteidigten Fassungen für schutzfähig.
Der Senat hat den Parteien einen qualifizierten Hinweis vom 1. Dezember 2017 mit Stellungnahmefristen bis zum 12. Januar 2018 auf den Hinweis und zunächst bis zum 16. Februar 2018 auf das Vorbringen der jeweiligen Gegenseite zukommen lassen. Der Hinweis ist den Vertretern beider Parteien jeweils am 7. Dezember 2017 zugestellt worden. Die Frist zur Stellungnahme auf das Vorbringen der jeweiligen Gegenseite ist in der Ladung zum Verhandlungstermin bis zum 23. Februar 2018 verlängert worden. Dem Hinweis war eine Belehrung der Parteien über die Folgen einer Fristversäumung beigefügt.
Zum Wortlaut der weiteren Ansprüche nach den Hilfsanträgen der Beklagten, zum Wortlaut des qualifizierten Hinweises sowie zu weiteren Unterlagen und den Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die Akte verwiesen.
A.
Auf die zulässige Klage ist das Streitpatent insgesamt für nichtig zu erklären, weil gegenüber der mit Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. Juli 2016 nicht für nichtig erklärten Fassung des Streitpatents der Nichtigkeitsgrund mangelnder Patentfähigkeit nach Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Art. 52, 56 EPÜ besteht und die Beklagte das Streitpatent auch nicht erfolgreich in einer der Fassungen nach den zuletzt gestellten Hilfsanträgen verteidigen kann, da die Hilfsanträge 2, 4, 8 und 9 mangels Einschränkung unzulässig sind, den Hilfsanträgen 1, 3, 5 bis 7 und 10 ebenfalls der Nichtigkeitsgrund mangelnder Patentfähigkeit entgegensteht und die erst in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsanträge 11 und 12 wegen Verspätung zurückzuweisen sind.
I. Zum Gegenstand des Streitpatents
1. Das Streitpatent bezieht sich auf Funkruf-Telekommunikationsdienste und -systeme (paging telecommunication services and systems), insbesondere satellitengestützte Dienste und Systeme dieser Art (NK1, Absatz 0001).
Der Beschreibung zufolge verteuert es die Übertragungskosten für Funkrufnachrichten unangemessen, wenn Teilnehmer (subscriber) von Funkruf- Netzwerken (paging networks) an sie adressierte Nachrichten vorbehaltslos weltweit übermittelt bekommen, weil jede Nachricht selbst dann in entsprechender Reichweite gesendet wird, wenn Anrufer und Teilnehmer sich am gleichen geografischen Standort oder nur in geringer Entfernung voneinander aufhalten. Zur Vermeidung eines unverhältnismäßig hohen Sendeaufwands könnten die Teilnehmer in manchen Funkrufsystemen vorab ein (begrenztes) Gebiet zum Empfang von Funkrufnachrichten festlegen, das periodisch aktualisiert werde, wenn der Teilnehmer seinen Standort (current global position, active area) verändere. Jedes Mal, wenn ein Funkruf-Netzwerk eine Nachricht für einen Teilnehmer verarbeite, werde der aktuelle Standort ihres Empfängers mit den vorab bestimmten Gebieten abgeglichen (validated against the areas pre-selected by the subscriber). Befinde sich der aktive Bereich (und damit der Teilnehmer) in dem von diesem Teilnehmer vorab festgelegten Gebiet, werde ihm die Nachricht übermittelt. Verlasse er im Zuge größerer Ortsveränderungen seinen vorab gewählten Bereich, sei es notwendig, ihn darauf aufmerksam zu machen. Das setze voraus, dass der aktuelle Standort des Funk-Rufempfängers dem betreffenden Teilnehmer zugänglich gemacht werde, damit das Netzwerk bei Bedarf mit dieser Information aktualisiert werden kann. Dafür müsse der Empfänger mit angemessenen Mitteln zur Bestimmung seines eigenen Standorts an jedem Punkt der Erde ausgestattet sein. Die Kosten für die Übermittlung einer Nachricht an einen Teilnehmer würden reduziert, da die Funkruf-Nachrichten (paging messages) nur an zuvor ausgewählte Gebiete gerichtet würden (NK1, Absätze 0002 und 0004).
Das Streitpatent führt – ausgehend vom Anmeldetag – aus, Funkrufempfänger (pager) seien in der Bevölkerung aufgrund ihrer relativ geringen Anschaffungskosten weiter verbreitet als Mobiltelefone und ihr Nutzen für Familie, Freunde und Beruf sei enorm (NK1, Absatz 0003).
2. Vor diesem Hintergrund schlägt das Streitpatent mit Patentanspruch 1 in der mit Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. Juli 2016 nicht für nichtig erklärten Fassung ein Funkruf-Kommunikationssystem (paging communication system) vor.
a) Anspruch 1 in der vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 19. Juli 2016 (X ZR 36/14) erkannten Fassung kann dabei entsprechend dem vorgenannten Urteil wie folgt gegliedert werden:
(0) A paging communication system for selectively limiting access to the location information of a pager or call receiver (8), comprising:
(1) (i) a pager or call receiver (8) that is able to periodically communicate with satellite and/or earth based communication means to establish its location within the system for a time;
(2) (ii) callers accessing the system to receive the location of the pager/call receiver within the system during said time;
(3) (iii) means to provide the location of the pager/call receiver to individual callers that have been authorized to receive the location information of the pager/call receiver during said time;
(4) (iv) means for activating or deactivating a location disclosure feature for a pager/call receiver,
(41) such a feature used to allow/deny access to the location information of said pager/call receiver to said individual authorized callers during said time;
(5) (v) the system able to use said location disclosure feature of the pager/call receiver to allow access to the location information of said pager/call receiver to one of said individual authorized callers while also being able to use said location disclosure feature to deny access to another of said individual authorized callers during said time that the location of the pager/call receiver is periodically established within the system.
In seinem Urteil hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass aus dem Merkmal (v) in den Ansprüchen 1 und 5 in der Fassung nach Hauptantrag keine Rechte hergeleitet und es nicht zur Stützung der Patentfähigkeit herangezogen werden kann. Das Merkmal (v) darf somit bei der Prüfung auf Patentfähigkeit nicht berücksichtigt werden.
3. Wegen der Auslegung der Ansprüche des Streitpatents in der Fassung nach Hauptantrag wird auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 19. Juli 2016 – X ZR 36/14 - verwiesen. Der Senat legt seiner Entscheidung diese rechtliche Beurteilung zugrunde (§ 119 Abs. 4 PatG).
Zu ergänzen ist, wie der Fachmann - ein Ingenieur der Nachrichtentechnik mit Kenntnissen auf dem Gebiet mobiler Kommunikationssysteme und einigen Jahren Berufserfahrung auf dem Gebiet der Übertragung von Daten und deren nutzerspezifischer Verwaltung bei Funk-Rufempfängern - das Merkmal (0) versteht, da sich der Bundesgerichtshof in seiner Urteilsbegründung hierzu nicht geäußert hat.
Im Streitpatent wird durchgängig die Formulierung „a pager or call receiver“ verwendet wird, nicht jedoch „a pager or a call receiver“. Hierdurch kommt bereits sprachlich zum Ausdruck, dass die Begriffe „pager“ und „call receiver“ als Synonyme für ein- und denselben Gegenstand verwendet werden. Zudem deutet auch in inhaltlicher Hinsicht im Streitpatent nichts darauf hin, dass mit „pager“ und „call receiver“ unterschiedliche Gegenstände gemeint sein könnten.
Auch das Streitpatent unterscheidet zwischen Pagern und anderen mobilen Telekommunikationseinrichtungen, wie Mobiltelefonen (vgl. NK1, Absatz 0003). Nach Überzeugung des Senats erkennt der Fachmann aufgrund dieser Aussage, dass das Streitpatent ausschließlich solche auch im Deutschen fachüblich als „Pager“ bezeichnete Funk-Rufempfänger betrifft, mit denen Personen „angepiepst“ und/oder ihnen kurze Textnachrichten übermittelt werden können. Im Englischen werden für diese Geräte die Begriffe „pager“ und „call receiver“ synonym verwendet, sie waren am Anmeldetag (16. September 1998) weltweit verbreitet.
Der Senat sieht somit den Begriff „call receiver“ nicht als eine Sammelbezeichnung an, unter die nicht nur ein Pager, sondern z. B. auch ein Mobiltelefon fallen würde. Es ergeben sich für den Fachmann aus dem Streitpatent keinerlei Anhaltspunkte oder Hinweise – weder aus dem technischen Hintergrund, der Aufgabe oder ihrer Lösung – dass sich das Streitpatent neben Pagern auch auf Mobiltelefone beziehen könnte.
II. Zur aufgrund des Urteils des Bundesgerichtshof s geltenden Fassung (Hauptantrag)
1. Zulässigkeit der Änderungen
Aufgrund des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 19. Juli 2016 steht mit (Teil-) Rechtskraft fest, dass der mit der Klage ursprünglich geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. c) EPÜ) nicht besteht.
2. Offenbarung der Erfindung
Es sind keine Gründe erkennbar, weshalb der Fachmann, insbesondere bei der Realisierung der in den Merkmalen (4) und (41) genannten Standortbekanntgabefunktion und ihrer Aktivierung oder Deaktivierung Schwierigkeiten haben sollte. Auch dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. Juli 2016 – X ZR 36/14 - ist nicht zu entnehmen, dass das Streitpatent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.
3. Patentfähigkeit
Gegenüber Anspruch 1 nach Hauptantrag ist der Nichtigkeitsgrund nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ gegeben, weil der hiermit unter Schutz gestellte Gegenstand gegenüber dem Stand der Technik nach Druckschrift EP 0 785 352 A2 (D6) unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens des Fachmanns nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit i. S. d. Art. 52, 56 EPÜ beruht.
Die von einem Zwei-Wege-Paging-Kommunikationssystem ausgehende Druckschrift D6 möchte die Standortinformationen der einen Funkruf-Empfänger tragenden Teilnehmer auch Anrufern ohne Kommunikationswunsch zur Verfügung stellen (vgl. Sp. 1, Z. 11 – 26). Die Druckschrift D6 lehrt, dass nur autorisierte Anrufer den in einer Datenbank des Paging-Kommunikationssystems gespeicherten Standort eines Funkruf-Empfängers erfahren dürfen (vgl. Sp. 1, Z. 21 – 23: “a wife, employer, probation officer or other individual may want to know the location of a spouse, employee, parolee or friend“; vgl. Sp. 3, Z. 1 – 3: “the system can be designed so that only certain callers have the option of accessing the database“).
Die Druckschrift D6 nennt als alternative Varianten der Standortanfrageberechtigung die Namensüberprüfung des Anrufers (vgl. Anspruch 4: “requesting the caller to state their name, and querying a database to determine if the caller has clearance to receive location information”; Ansprüche 10, 11) und die Überprüfung einer vom Anrufer eingegebenen PIN-Nummer (“Customer Entered Digits“; “collect the CED (e. g. a Personal Identification Number, or PIN) via the reception of up to ten Dual Tone Multi Frequency (DTMF) digits“; Sp. 5, Z. 13 – 17: “If … the proper PIN number is entered“), wobei zusätzlich oder alternativ zur Überprüfung der eingegeben PIN-Nummer die Telefonnummer des Anrufers ausgewertet wird (vgl. Sp. 4, Z. 5 – 10: “In the query, the NCP sends the CED, the PTN, and the caller telephone number (Automatic Number Identification number, or "ANI"). Based on the ANI and/or CED, the CRP screens the call, deciding whether or not the caller is to receive the subscriber location information.”; Fig. 2).
Danach ist in den Worten des Anspruchs 1 aus der Druckschrift D6 bekannt
(0) A paging communication system (“two-way paging service”) for selectively limiting access to the location information (“location information”; “location parameter”) of a pager or call receiver (“two-way pager”; “paging device 77”), comprising
(vgl. Sp. 2, Z. 20 - 23: “a communication system … that allows a caller to locate a subscriber of a two-way paging service.”; Sp. 3, Z. 1 – 3: “the system can be designed so that only certain callers have the option of accessing the database.”; Sp. 5, Z. 6 und 7: “A location parameter … is then stored within a database”; Fig. 2)
(1) (i) a pager or call receiver (“paging device 77”), that is able to periodically communicate with earth based communication means (“transceiver 74”) to establish its location within the system (“cell-resolution location information”) for a time
(wie der Funkruf-Empfänger seinen Standort bestimmt, wird in der Druckschrift D6 nicht weiter ausgeführt, jedoch liest der Fachmann bei dem in der Druckschrift D6 beschriebenen Zwei-Wege-Paging-Kommunikationssystem mit, dass der Pager zumindest durch Kommunikation mit dem nächstgelegenen terrestrischen Sender-Empfänger 74 seinen Standort (periodisch) bestimmt, da als eine Ausgestaltung der Standortinformation eine den Standort zumindest implizit offenbarende Zellnummer genannt ist, vgl. auch Fig. 2 und Sp. 5, Z. 17: “cell site number“);
(2) (ii) callers (“callers”; 40) accessing the system to receive the location (“location information”; “location parameter”) of the pager/call receiver (77), within the system during said time
(vgl. Sp. 2, Z. 20 - 23: “a communication system incorporating the present invention that allows a caller to locate a subscriber of a two-way paging service.”; vgl. Sp. 3, Z. 24 – 27: “a caller 40 seeks the location of a mobile party, or "subscriber", 76 who is assigned a Personal Telephone Number (PTN) and is equipped with a two-way pager 77”);
(3) (iii) means (68, 67, 66, 78, 44, 43) to provide the location of the pager/call receiver (77), to individual callers (40) that have been authorized to receive the location information (“location information”) of the pager/call receiver (77), during said time
(vgl. Sp. 4, Z. 13 – 20: “If the caller is to receive location information, the CRP accesses a
subscriber record stored within the CRP, retrieves the location parameter for the subscriber from the record, and returns the parameter to the NCP via CCIS link 67. The NCP relays the location parameter to the originating access switch via CCIS link 78 where the parameter could be subject to a text-to-voice translation.”; Sp. 5, Z. 10 – 17: “A Voice Response Unit can request the caller to state their name or enter a PIN through a series of Dual Tone Multi Frequency signals (Block 206). If the correct name is spoken or the proper PIN number entered, the database is queried to retrieve the location parameter (Block 208) which is then forwarded to the caller through a text-to-speech conversion such as a cell cite number or a city location”).
Soweit geht der Gegenstand des Anspruchs 1 in der Fassung nach Hauptantrag nicht über das aus D6 bekannten Paging-Kommunikationssystem hinaus. Als Unterschied verbleiben lediglich die Mittel zur Aktivierung oder Deaktivierung einer dem Funkruf-Empfänger zugeordneten Standortbekanntgabefunktion nach Merkmal (4), die gemäß Merkmal (41) dazu genutzt wird, den an sich autorisierten Anrufern den Zugang zu der Standortinformation des jeweiligen Funkruf-Empfängers zu erlauben bzw. zu verweigern.
Die Druckschrift D6 nennt als mögliche Paarungen von Anrufern bzw. den Standort anfragenden Personen und Angerufenen bzw. den Standort preisgebenden Personen u. a. die Kombinationen „Ehefrau-Ehemann“, „Arbeitgeber-Mitarbeiter“ und „Bewährungshelfer-auf Bewährung Entlassener“ (vgl. Sp. 1, Z. 21 – 23). Jedenfalls die beiden erstgenannten Varianten geben dem Fachmann eine Veranlassung, eine Möglichkeit zur zeitweiligen Abschaltung der Standortbekanntgabe an dem Funkruf-Empfänger vorzusehen. Denn beispielsweise möchte ein Mitarbeiter eines Unternehmens nicht permanent, insbesondere nicht nach Dienstschluss, von seinem Arbeitgeber ortbar sein.
Zwar könnte der Nutzer des Funkruf-Empfängers durch eine zeitweilige Änderung oder Löschung der in der Datenbank 68 hinterlegten PIN-Nummer bzw. der dort abgespeicherten Namen verhindern, dass die an sich autorisierten Nutzer, wie seine Ehefrau oder sein Arbeitgeber, seinen Standort in Erfahrung bringen können. Jedoch erkennt der Fachmann, dass ein solches Vorgehen, insbesondere die Wieder-Eingabe der PIN bzw. der Namensliste, für den Nutzer des Funkruf-Empfängers umständlich, zeitaufwändig und fehlerträchtig ist.
Auch ein einfaches Ausschalten des Funkruf-Empfängers kommt nicht in Betracht, denn auch wenn der Ehemann bzw. der Mitarbeiter zeitweise nicht von seiner Ehefrau bzw. von seinem Arbeitgeber geortet werden möchte, soll dennoch die Übertragung von, insbesondere Notfälle betreffenden, Funkruf-Nachrichten möglich sein.
Damit stellt sich dem Fachmann die Aufgabe, eine für den Nutzer des Funkruf-Empfängers einfach durchführbare Aktivierung bzw. Deaktivierung der Standortbekanntgabe vorzusehen. Dabei geht es über fachmännisches Vorgehen nicht hinaus, am Funkruf-Empfänger eine entsprechende Funktion, z. B. in Form eines Hardware- oder Software-Schalters, vorzusehen. Bei der Betätigung des Schalters wird eine entsprechende Information an die Datenbank 68 (vgl. Fig. 2) übermittelt und dort der Zugriff der an sich berechtigen Anrufer auf die Standortdaten des Funkruf-Empfängers erlaubt oder verweigert (Merkmale (4) und (41)).
Danach ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Druckschrift D6 aufgrund seines Fachwissens.
III. Zu den Hilfsanträgen
Die Beklagte kann das Streitpatent auch nicht erfolgreich mit den gestellten Hilfsanträgen verteidigen, da die Hilfsanträge 2, 4, 8 und 9 mangels Einschränkung unzulässig sind, den Hilfsanträgen 1, 3, 5 bis 7 und 10 ebenfalls der Nichtigkeitsgrund mangelnder Patentfähigkeit entgegensteht und die erst in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsanträge 11 und 12 wegen Verspätung zurückzuweisen sind.
1. Änderungen gegenüber dem Hauptantrag
a) Soweit über die Hilfsanträge zu entscheiden ist, ist zu berücksichtigen, dass dem jeweils geänderten Anspruch 1 einzelne Merkmale zugrundeliegen, die sich teilweise in unterschiedlichen Kombinationen mit anderen Merkmalen beim jeweils geänderten Anspruch 1 anderer Hilfsanträgen wiederholen, wie folgende Tabelle verdeutlicht:
Merkmale |
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0 |
1 |
1* |
2 |
3 |
4 |
41 |
5 |
6 |
6* |
7 |
8 |
9 |
10 |
11 |
12 |
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Hauptantrag |
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HA 1 |
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HA 2 |
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HA 3 |
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HA 4 |
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HA 5 |
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HA 6 |
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HA 7 |
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HA 8 |
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HA 9 |
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HA 10 |
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x |
Daher können die jeweiligen geänderten Merkmale und die mit ihnen verbundenen Auslegungsfragen vor der jeweiligen Erörterung möglicher Nichtigkeitsgründe vorab erörtert werden.
b) Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 1 vom 7. März 2018 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag durch das gegenüber Merkmal (1) geänderte Merkmal (1*) und durch das zwischen die Merkmale (1) und (2) eingefügte Merkmal (6*):
(1*) (i) a pager or call receiver (8) that is able to periodically communicate with satellite and/or earth based communication means to establish its location within the system for a time,
(6*) the pager/call receiver comprising means to resolve a global position from signals transmitted from the satellites and/or earth based communication means;
b) Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 2 vom 18. Januar 2018 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag durch das zwischen die Merkmale (41) und (5) eingefügte Merkmal (7):
(7) wherein the location information of the pager/call receiver that is provided to individual authorized callers is resolved and transmitted within the system, also when the location disclosure feature is blocked and the access to the location information of said pager/call receiver to said individual authorized callers is denied;
d) Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 3 vom 18. Januar 2018 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag durch das zwischen die Merkmale (2) und (3) eingefügte zusätzliche Merkmal (8) und das in das Merkmal (41) eingebettete Merkmal (9):
(8) (iia) means to identify a request from a caller to access the location information of the pager/call receiver, wherein the caller is notified that the request is not authorized when a code required to access the location information of the pager/call receiver is not detected;
…
(41) such a feature used to allow/deny access to the location information of said pager/call receiver to said individual authorized callers
(9) after detecting the code
(41) during said time;
e) Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 4 vom 18. Januar 2018 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag durch das zwischen die Merkmale (41) und (5) eingefügte Merkmal (7) (wie Hilfsantrag 2) und durch das zwischen die Merkmale (1) und (2) eingefügte Merkmal (10):
(10) wherein the pager/call receiver determines its location to be provided to callers and transmits that information within the system;
f) Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 5 vom 18. Januar 2018 kombiniert die Hilfsanträge 3 und 4, d. h. er unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag durch die zusätzlichen Merkmale (7) und (10) (wie Hilfsantrag 4) sowie (8) und (9) (wie Hilfsantrag 3).
g) Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 6 vom 18. Januar 2018 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag durch das zusätzliche Merkmal (6) (ähnlich zum Merkmal (6*) nach Hilfsantrag 1) sowie die zusätzlichen Merkmale (7), (10), (8) und (9) (wie Hilfsantrag 5):
(6) the pager/call receiver comprising means to resolve a global position from signals transmitted from the satellites and/or earth based communication means,
h) Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 7 vom 18. Januar 2018 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag durch das zwischen die Merkmale (1) und (2) eingefügte Merkmal (6) (vgl. Hilfsantrag 6) sowie die zusätzlichen Merkmale (8) und (9) (wie Hilfsantrag 3).
i) Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 8 vom 18. Januar 2018 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag durch das zwischen die Merkmale (41) und (5) eingefügte zusätzliche Merkmal (11):
(11) wherein the location information of the pager/ call receiver that is provided to individual authorized callers is resolved and disclosed within the system, also when the location disclosure feature is blocked;
j) Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 9 vom 18. Januar 2018 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag durch das zwischen die Merkmale (1) und (2) eingefügte Merkmal (6) (vgl. Hilfsantrag 6) sowie das zusätzliche Merkmal (11) (wie Hilfsantrag 8).
k) Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 10 vom 7. März 2018 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag durch das geänderte Merkmal (1*) (wie Hilfsantrag 1), das zwischen die Merkmale (1) und (2) eingefügte Merkmal (6*) (ebenfalls wie Hilfsantrag 1) und das zwischen die Merkmale (6*) und (2) eingefügte Merkmal (12), das auf dem Unteranspruch 3 der vom Bundesgerichtshof erkannten Fassung basiert:
(12) said pager/call receiver (8) further comprising connecting means (102) to connect satellite signals to satellite receiving means (103) and terrestrial signals to a terrestrial receiving means (104); and storage means (107) to hold either data from the satellite or terrestrial receiving means for later retrieval;
2. Auslegung der geänderten Merkmale
Die Ansprüche des Streitpatents in der Fassung der Hilfsanträge versteht der Fachmann wie folgt:
a) Nach Merkmal (1*) (Hilfsanträge 1, 10) ist der Funkruf-Empfänger in der Lage, seinen Standort durch regelmäßige Kommunikation mit satelliten- und erdgestützten Kommunikationsmitteln zu bestimmen. Nach den Angaben in der Beschreibung des Streitpatents (vgl. NK1, Absatz 0020) kann der Funkruf-Empfänger durch Empfang von GPS-Signalen seinen Standort mit einer Genauigkeit von ca. 100 Metern bestimmen, welche durch den zusätzlichen Empfang von terrestrisch ausgestrahlten referenzierten Positionssignalen auf ca. 5 Meter verbessert werden könne. Der Fachmann kann dem Merkmal (1*) keine zeitliche Reihenfolge des Empfangs der unterschiedlichen Positionssignale entnehmen. Die nach Merkmal (1) auch mögliche Standortbestimmung durch ausschließliche Kommunikation mit satelliten- oder mit erdgestützten Kommunikationsmitteln ist somit durch Merkmal (1*) ausgeschlossen. Das Merkmal (1*) schränkt daher den Gegenstand des Anspruchs 1 in der vom Bundesgerichtshof erkannten Fassung ein.
b) Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes bezieht sich das Merkmal (1) in der von ihm erkannten Fassung bereits (Unterstreichungen vom Senat hinzugefügt)
„auf die nach der Beschreibung für die Weitergabe solcher Standortinformationen vorauszusetzende Ausstattung des (Funk-)Rufempfängers mit Mitteln zur Bestimmung seines eigenen jeweiligen geografischen Standorts . Dazu sieht das Merkmal die periodische Ortung des Geräts durch Kommunikation mit satelliten- oder erdgestützten Kommunikationsmitteln vor. Zu den dafür verfügbaren technischen Möglichkeiten heißt es in der Beschreibung, dass einige der Funkruf-Nachrichten übertragenden Satelliten und erdgestützten Übertragungseinrichtungen auch dazu eingesetzt werden könnten, referenzierte Positionssignale an den (Funk-)Rufempfänger zu übertragen. Alternativ könne das bekannte Global Positioning System (GPS) vom Empfänger dazu benutzt werden, seinen jeweiligen Standort zu bestimmen “
Merkmal (1) spricht zwar von der Fähigkeit des Pagers zur „Kommunikation“ mit den Satelliten- und/oder terrestrischen Kommunikationsmitteln, worunter der Fachmann grundsätzlich eine bidirektionale Signalübertragung verstehen könnte, nach Auffassung des Bundesgerichtshofes beschreibt jedoch Merkmal (1) (im Lichte der Lehre des Streitpatents) nur die Fähigkeit des Pagers zum Empfang solcher Positionssignale. Insofern schränkt das Merkmal (6), das nur den Empfang der von den Satelliten und/oder terrestrischen Kommunikationsmitteln ausgesendeten Signale anspricht, den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht ein. Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass der Fachmann unter der im Merkmal 1 genannten „location“ des Funkruf-Empfängers nichts anderes als dessen „global position“ nach Merkmal (6) versteht.
c) Auch dem Merkmal (6*) entnimmt der Fachmann nichts anderes als aus dem Merkmal (1*), nämlich die Fähigkeit des Funkruf-Empfängers zum Empfang von satelliten- und erdgestützten Positionssignalen zur Bestimmung seines Standorts. Der Fachmann entnimmt bereits dem Merkmal (1*), dass der Funkruf-Empfänger mit entsprechenden Empfangsmitteln ausgestattet ist.
d) Nach den Angaben im Merkmal (7) soll die Standortinformation des Pagers, die grundsätzlich den individuell autorisierten Anrufern (auf deren Anfrage hin) zur Verfügung gestellt wird, auch dann vom Funkruf-Empfänger bestimmt und innerhalb des Systems (von dem Funkruf-Empfänger an die Netzwerk-Steuereinrichtung) gesendet werden, wenn die Standortbekanntgabefunktion nach Merkmal (4) deaktiviert und dadurch der Zugang der individuell autorisierten Anrufer zu der Standortinformation verweigert wird/gesperrt ist.
Da nach Festlegung des Bundesgerichtshofes (vgl. die obigen Ausführungen zu den Merkmalen (6) und (6*)) der Fachmann bereits dem Anspruch 1 in der Fassung nach Hauptantrag entnimmt, dass weder eine Zugriffsverweigerung nach Merkmal (3) noch nach den Merkmalen (4)/(41) die kontinuierliche Übermittlung der vom Pager selber ermittelten Standort-Informationsdaten an die Netzwerk-Steuereinrichtung unterbricht, schränkt Merkmal (7) den Anspruch 1 nicht ein.
e) Nach den Angaben im Merkmal (8) verfügt das Paging-System über Mittel zur Identifikation einer Anfrage eines Anrufers zum Zugriff auf die Standortinformation des Funkruf-Empfängers, wobei im Falle der Nicht-Detektion des erforderlichen Codes in der Anfrage der Anrufer benachrichtigt wird, dass seine Anfrage nicht autorisiert ist. Der Fachmann entnimmt dem Anspruch 1 vor dem Hintergrund der technischen Lehre des Streitpatents, dass die Mittel zur Identifikation der Standortanfrage und zur Überprüfung der Anfrageberechtigung in der Netzwerk-Steuereinrichtung des im Merkmal (0) genannten Funkruf-Kommunikationssystems angeordnet sind.
Merkmal (9) definiert eine zeitliche Reihenfolge bei der Überprüfung der Voraussetzungen für die Übermittlung der Standortinformationsdaten des Funkruf-Empfängers an den Anrufer. Zunächst wird anhand der Detektion bzw. Nicht-Detektion des erforderlichen Codes festgestellt, ob der Anrufer zur Standortanfrage autorisiert ist. Im Falle einer Detektion des Codes, d. h. einer autorisierte Anfrage, wird anschließend überprüft, ob der angerufene bzw. angefragte Funkruf-Empfänger seine Standortfreigabefunktion aktiviert oder blockiert hat.
f) Wie zum Merkmal (6) ausgeführt entnimmt der Fachmann nach der Auslegung des Bundesgerichtshofes dem Anspruch 1 in der Fassung nach Hauptantrag, dass der Funkrufempfänger über Mittel zur Bestimmung seines Standorts verfügt und die entsprechenden Standortinformationsdaten dem System und damit grundsätzlich den autorisierten Anrufern zur Verfügung stehen. Damit entnimmt der Fachmann bereits dem Anspruch 1 in der Fassung nach Hauptantrag, dass der Funkrufempfänger seine selbst ermittelten Standortinformationsdaten regelmäßig an das Funkruf-Kommunikationssystem sendet. Damit schränkt das Merkmal (10) den Anspruch 1 in der Fassung nach Hauptantrag nicht ein.
g) Das Merkmal (11) umfasst einen Teil des Merkmals (7), wobei die Standortinformationen nach Merkmal (11) innerhalb des Systems offengelegt und nach Merkmal (7) innerhalb des Systems gesendet werden. Auch das Merkmal (11) schränkt den Gegenstand des Anspruchs 1 in der Fassung nach Hauptantrag nicht ein, da der Fachmann bereits dieser Fassung entnimmt, dass der vom Funkruf-Empfänger ermittelte Standort bedingungsfeindlich, d. h. insbesondere unabhängig von den Überprüfungen nach den Merkmalen (3) und (4)/(41), an die Netzwerk-Steuereinrichtung des Paging-Systems übermittelt und dort abgespeichert wird. Damit stehen die Standortinformationen dem System uneingeschränkt zur Verfügung, z. B. um Nachrichten aufwandsarm und damit kostengünstig an die Funkruf-Empfänger des Paging-Kommunikationssystems zustellen zu können (vgl. NK1, Absätze 0010, 0014 und 0017, insbesondere Spalte 5, Zeilen 3 und 4).
h) Dem Fachmann ist bekannt, dass Satellitensignale oftmals höhere Frequenzen (z. B. ca. 1,6 GHz im GPS L-Band) aufweisen als terrestrisch ausgestrahlten Signale zur Übertragung von Nachrichten oder Positionssignalen an Funkruf-Empfänger (z. B. im UHF-Bereich zwischen 450 und 500 MHz). Geräte zum Empfang von Signalen mehrerer Funkstandards weisen daher regelmäßig mehrere unterschiedliche Empfänger bzw. Empfängerzweige auf, die entweder jeweils über eine eigene Antenne verfügen, um optimalen Empfang zu garantieren oder sich aus Platz- und/oder Kostengründen eine gemeinsame, ggfs. abstimmbare, Antenne teilen, wobei in diesem Fall z. B. Frequenzweichen zur Signaltrennung verwendet werden. Da der Funkruf-Empfänger gemäß den Angaben in den Merkmalen (1*), (6*) und (12) Positionssignale sowohl von satelliten- als auch von erdbasierten Kommunikationsmitteln empfangen können soll, versteht der Fachmann unter den in Merkmal (12) genannten Verbindungsmitteln (connecting means) Betriebsmittel wie z. B. Antennen, Schalter, Filter, Koppler und/oder Frequenzweichen.
Weiter ist dem Fachmann bekannt, dass Geräte mit zwei Empfängern bzw. Empfangszweigen oftmals nicht in der Lage sind, Signale verschiedener Standards gleichzeitig zu empfangen. Daher dient das in Merkmal (12) genannte Speichermittel der Zwischenspeicherung der von einem der beiden Empfängern (z. B. dem Satellitenempfänger) in einer ersten Zeitspanne empfangenen Daten, um diese anschließend in einer zweiten Zeitspanne, in der der andere Empfänger (z. B. der UHF-Empfänger) aktiv ist, aus dem Speichermittel auszulesen und einer zentralen Auswerteeinheit, wie einem Microcontroller, zuzuführen.
3. Zu den Hilfsanträgen 1 bis 10
a) Zu Hilfsantrag 1
Mit der Änderung nach dem Hilfsantrag 1 vom 7. März 2018 kann die Beklagte ihr Patent nicht erfolgreich verteidigen, weil dieser auf einer zulässigen Änderung beruhenden Fassung der Nichtigkeitsgrund fehlender Patentfähigkeit entgegensteht.
aa) Die Änderungen des Anspruchs 1 nach dem Hilfsantrag 1, d. h. die Änderung des Merkmals (1) zu dem Merkmal (1*) und die Aufnahme des Merkmals (6*) sind zulässig, da sich die Beklagte auf eine der im Anspruch 1 nach Hauptantrag in einem Anspruch zusammengefassten drei Alternativen (Kommunikation über Satellit, über Erde sowie über Satellit und Erde), die als drei nebengeordnete Ansprüche anzusehen sind (vgl. BGH GRUR 2013, 363 - Polymerzusammensetzung), einschränkt.
bb) In der Fassung nach dem Hilfsantrag 1 ist das Streitpatent aber nicht patentfähig, weil der Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem Hilfsantrag 1 gegenüber dem Stand der Technik nach Druckschrift D6 bei Berücksichtigung des Fachwissens des Fachmanns, wie es beispielsweise durch die Druckschriften US 5 661 652 A (D7), WO 91/08621 A1 und US 5 506 886 A belegt ist, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit i. S. d. Art. 52, 56 EPÜ beruht.
Der Fachmann entnimmt der Druckschrift D6 (vgl. Fig. 2; Sp. 2, Z. 45 – 50) – wie zum Hauptantrag ausgeführt – eine Standortermittlung des Funkruf-Empfängers durch regelmäßige Kommunikation mit einem terrestrischen Sende-Empfänger, eine automatische Übertragung der Standortinformationsdaten (location parameter) von dem Funkruf-Empfänger zu dem Paging-Kommunikationssystem und eine Abspeicherung dieser Daten in einer zentralen Datenbank des Paging-Kommunikationssystems (vgl. Sp. 2, Z. 51 – 53; Sp. 4, Z. 21 – 23, Z. 32 – 34, Z. 50 – 52). Dieses umfasst neben terrestrischen Sende-Empfängern auch Satelliten 72, 114 und zugehörige Bodenstationen 70, 116, die in die Übermittlung der Standortinformationsdaten an die zentrale Datenbank 68 eingebunden sind (vgl. Sp. 4, Z. 25 – 32, Z. 40 – 45).
Der Fachmann liest hier mit, dass nicht nur die Übertragung der Standortinformationsdaten, sondern auch die originäre Nachrichtenübermittlung in Abhängigkeit von der Entfernung zwischen Zentrale und Funkrufempfänger einen oder mehrere Satelliten einbezieht. Eine unmittelbare Kommunikation zwischen Funkruf-Empfänger und Satellit ist in der Druckschrift D6 zwar nicht angesprochen, jedoch war die Nachrichtenübertragung von der Zentrale an den Funkrufempfänger sowohl über unmittelbare Kommunikation mit terrestrischen Kommunikationsmitteln als auch über unmittelbare Kommunikation mit Satelliten am Anmeldetag des Streitpatents bekannt (vgl. z. B. die vom 1. Senat des Bundespatentgerichts im Hinweisbescheid vom 18. Juni 2013 genannte WO 91/08621 A1, Anspruch 1: „call receivers … capable of receiving the paging information from the satellite based communication means and the terrestrial based communication means“; Fig. 2, 11).
Der Druckschrift D6 kann der Fachmann keine näheren Angaben zu der Standortbestimmung des Funkruf-Empfängers entnehmen. Daher stellt sich ihm bei der Realisierung des aus der Druckschrift D6 bekannten, erd- und satellitenbasierte Kommunikationsmittel umfassenden, 2-Wege-Paging-Kommunikationssystems die Aufgabe, den Funkruf-Empfänger mit einer geeigneten Standortermittlungsfunktionalität auszustatten.
Dabei wird der Fachmann nicht nur die bereits bekannte Integration eines GPS-Empfängers in den Funkruf-Empfänger der Druckschrift D6 in Betracht ziehen (vgl. US 5 661 652 A (D7), Sp. 2, Z. 57 – 59, Sp. 3, Z. 45 – 51). Denn dies ermöglicht zwar eine weltweite und relativ (am Anmeldetag des Streitpatents auf ca. 100 Meter) genaue Standortbestimmung, jedoch weist ein GPS-Empfänger in – insbesondere für mobile Geräte – nachteiliger Weise einen hohen Energieverbrauch auf und funktioniert zudem in Gebäuden und Fahrzeugen nicht oder nur stark eingeschränkt.
Um situationsabhängig (Ladezustand der Batterie, Aufenthalt im Gebäude oder im Freien) die jeweiligen Vorteile nutzen und die Nachteile vermeiden zu können, stattet der Fachmann daher den aus der Druckschrift D6 bekannten Funkruf-Empfänger sowohl mit einer Vorrichtung zum Empfang von terrestrischen als auch mit einer Vorrichtung zum Empfang von über Satelliten ausgestrahlten Positionssignalen aus.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass am Anmeldetag des Streitpatents Funkruf-Empfänger bekannt waren, die eine Standortbestimmung sowohl mittels integriertem GPS-Empfänger als auch mittels anderen Positionsermittlungsempfängern erlaubten (vgl. die im Hinweisbescheid des 1. Senats vom 19. Juni 2013 genannte US 5 506 886 A, Sp. 5, Z. 9 – 25: “other position location systems may also be used. Such other systems may broadcast signals from space or from near the earth ”, Sp. 5, Z. 41 – 46: „Position-determining receivers 42 which are compatible with GPS signals, for example, provide such location information and are well known to those skilled in the art. In addition , other types of position-determining receivers may be used by subscriber unit 24“).
cc) Danach ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem Hilfsantrag 1 vom 7. März 2018 für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Druckschrift D6 aufgrund seines Fachwissens, wie es beispielsweise durch die Druckschriften US 5 661 652 A (D7), WO 91/08621 A1 oder US 5 506 886 A belegt ist.
b) Zu Hilfsantrag 2
Mit der Änderung nach dem Hilfsantrag 2 vom 18. Januar 2018 kann die Beklagte ihr Patent nicht erfolgreich verteidigen, weil diese Änderung mangels erforderlicher Beschränkung des Schutzgegenstandes unzulässig ist. Das zusätzliche Merkmal (7) schränkt den Gegenstand des Anspruchs 1 in der Fassung nach Hauptantrag – wie zur Auslegung dargelegt – nicht ein.
aa) Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag durch das zusätzliche Merkmal (7), wonach die Standortinformation des Funkruf-Empfängers auch dann innerhalb des Paging-Kommunikationssystems ermittelt und gesendet wird, wenn die Standortbekanntgabefunktion blockiert ist und dadurch dem an sich autorisierten Anrufer der Zugriff auf die Standortinformation verweigert wird.
bb) Da nach der Auslegung des Bundesgerichtshofes (vgl. die einleitenden Ausführungen) der Fachmann bereits dem Anspruch 1 in der Fassung nach Hauptantrag entnimmt, dass weder eine Zugriffsverweigerung aufgrund einer Nicht-Autorisierung des Anrufers nach Merkmal (3) noch eine Deaktivierung der Standortbekanntgabefunktion nach den Merkmalen (4)/(41) die kontinuierliche Übermittlung der vom Pager selber ermittelten Standort-Informationsdaten an die Netzwerk-Steuereinrichtung unterbricht, schränkt Merkmal (7) den Anspruch 1 nicht ein.
c) Zu Hilfsantrag 3
Auch mit der Änderung nach dem Hilfsantrag 3 vom 18. Januar 2018 kann die Beklagte ihr Patent nicht erfolgreich verteidigen, weil dieser auf einer – jedenfalls hinsichtlich der erforderlichen Beschränkung des Schutzgegenstands – zulässigen Änderung beruhenden Fassung der Nichtigkeitsgrund fehlender Patentfähigkeit entgegensteht.
aa) Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 3 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag zum einen durch das zusätzliche Merkmal (8), wonach das Paging-Kommunikationssystem Mittel zum Identifizieren einer Standortanfrage eines Anrufers umfasst und der Anrufer darüber benachrichtigt wird, dass seine Standortanfrage nicht autorisiert war, wenn ein zum Zugriff auf die Standortinformation des Funkrufempfängers benötigter Code in der Anfrage nicht detektiert wurde. Zudem wird nach Merkmal (9) die von der Aktivierung bzw. Deaktivierung der Standortbekanntgabefunktion abhängige Zugriffsgewährung oder –verweigerung auf die Standortinformation des Funkruf-Empfängers erst nach Detektion des Autorisierungs-Codes durchgeführt.
bb) Auch das Paging-Kommunikationssystem nach der Druckschrift D6 umfasst Mittel zum Identifizieren einer Standortanfrage eines Anrufers (vgl. Anspruch 7, Unterstreichung hinzugefügt: „means for generating a location message to a caller when the caller queries the network for the subscriber location “; die Mittel zum Identifizieren einer Standortanfrage liest der Fachmann bei der Druckschrift D6 mit, da deren technische Lehre ausdrücklich zwischen einer „normalen“ Übermittlung einer Nachricht und einer reinen Standortanfrage ohne Kommunikationswunsch unterscheidet, vgl. Sp. 1, Z. 23 - 32) und benachrichtigt den Anrufer im Falle einer, aufgrund eines nicht detektierten Codes, nicht autorisierten Standortanfrage (vgl. Sp. 4, Z. 7 – 13: „Based on the ANI and/or CED, the CRP screens the call, deciding whether or not the caller is to receive the subscriber location information. If the caller is not to receive subscriber information, the CRP instructs the NCP to route the call to a switch where an announcement could be played.”). Damit ist das Merkmal (8) vollständig aus der Druckschrift D6 bekannt.
cc) Wie zum Hauptantrag ausgeführt, sind die Merkmale (0) bis (3) aus der Druckschrift D6 bekannt, und das Vorsehen einer Standortbekanntgabefunktion nach den Merkmalen (4) und (41) ergibt sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus der D6 aufgrund seines Fachwissens. Da zwei Bedingungen erfüllt sein müssen („Code detektiert?“ und „Standortbekanntgabefunktion aktiviert?“), bevor ein den Standort eines Funkruf-Empfängers anfragender Anrufer diesen erfährt, muss der Fachmann die Reihenfolge dieser beiden Überprüfungen festlegen.
Eine Überprüfung der Standortbekanntgabefunktion vor Überprüfung der Anruferautorisierung würde einem nicht-autorisierten Anrufer bei deaktivierter Standortbekanntgabefunktion aufgrund der ausbleibenden Bekanntgabe des Standorts und der ausbleibenden Nachricht über seine Nicht-Autorisierung die Information liefern, dass der Nutzer des Funkruf-Empfängers seine Standortbekanntgabefunktion deaktiviert hat. Der Fachmann schließt diese Überprüfungsreihenfolge somit bereits aus Überlegungen zum Datenschutz aus und sieht statt dessen die Überprüfung der Standortbekanntgabefunktion erst nach der – erfolgreichen – Autorisierungsprüfung des Anrufers gemäß Merkmal (9) vor.
dd) Danach ergibt sich auch der Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem Hilfsantrag 3 vom 18. Januar 2018 für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Druckschrift D6 aufgrund seines Fachwissens.
d) Zu Hilfsantrag 4
Mit der Änderung nach dem Hilfsantrag 4 vom 18. Januar 2018 kann die Beklagte ihr Patent nicht erfolgreich verteidigen, weil diese Änderung mangels erforderlicher Beschränkung des Schutzgegenstandes unzulässig ist. Die Merkmale (7) und (10) schränken den Gegenstand des Anspruchs 1 in der Fassung nach Hauptantrag – wie zur Auslegung dargelegt (vgl. 4.d) und 4.f)) – nicht ein.
e) Zu Hilfsantrag 5
Auch mit der Änderung nach dem Hilfsantrag 5 vom 18. Januar 2018 (Aufnahme der Merkmale (7) bis (10)) kann die Beklagte ihr Patent nicht erfolgreich verteidigen, weil dieser auf einer – jedenfalls hinsichtlich der erforderlichen Beschränkung des Schutzgegenstands – zulässigen Änderung beruhenden Fassung (Merkmale (8) und (9) schränken im Gegensatz zu den Merkmalen (7) und (10) den Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ein) aus den bereits zum Hilfsantrag 3 dargelegten Gründen der Nichtigkeitsgrund fehlender Patentfähigkeit entgegensteht.
f) Zu Hilfsantrag 6
Auch mit der Änderung nach dem Hilfsantrag 6 vom 18. Januar 2018 (Aufnahme der Merkmale (6) bis (10)) kann die Beklagte ihr Patent nicht erfolgreich verteidigen, weil dieser auf einer – jedenfalls hinsichtlich der erforderlichen Beschränkung des Schutzgegenstands – zulässigen Änderung beruhenden Fassung (Merkmale (8) und (9) schränken im Gegensatz zu den Merkmalen (6), (7) und (10) den Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ein) aus den bereits zum Hilfsantrag 3 dargelegten Gründen der Nichtigkeitsgrund fehlender Patentfähigkeit entgegensteht.
g) Zu Hilfsantrag 7
Auch mit der Änderung nach dem Hilfsantrag 7 vom 18. Januar 2018 (Aufnahme der Merkmale (6), (8) und (9)) kann die Beklagte ihr Patent nicht erfolgreich verteidigen, weil dieser auf einer – jedenfalls hinsichtlich der erforderlichen Beschränkung des Schutzgegenstands – zulässigen Änderung beruhenden Fassung (Merkmale (8) und (9) schränken im Gegensatz zu Merkmal (6) den Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ein) aus den bereits zum Hilfsantrag 3 dargelegten Gründen der Nichtigkeitsgrund fehlender Patentfähigkeit entgegensteht.
h) Zu Hilfsantrag 8
Mit der Änderung nach dem Hilfsantrag 8 vom 18. Januar 2018 kann die Beklagte ihr Patent nicht erfolgreich verteidigen, weil das zusätzliche Merkmal (11) – wie zur Auslegung dargelegt (vgl. unter 4g)) – den Gegenstand des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung nicht beschränkt, so dass die Änderung nach dem Hilfsantrag 8 mangels erforderlicher Beschränkung des Schutzgegenstandes unzulässig ist.
i) Zu Hilfsantrag 9
Auch mit der Änderung nach dem Hilfsantrag 9 kann die Beklagte ihr Patent nicht erfolgreich verteidigen, weil die Merkmale (6) und (11) den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht beschränken und somit der Hilfsantrag 9 mangels erforderlicher Beschränkung des Schutzgegenstandes unzulässig ist.
j) Zu Hilfsantrag 10
Mit der Änderung nach dem Hilfsantrag 10 vom 7. März 2018 kann die Beklagte ihr Patent nicht erfolgreich verteidigen, weil dieser auf einer – jedenfalls hinsichtlich der erforderlichen Beschränkung des Schutzgegenstands – zulässigen Änderung beruhenden Fassung der Nichtigkeitsgrund fehlender Patentfähigkeit entgegensteht.
Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 10 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag durch das im Vergleich zu Merkmal (1) geänderte Merkmal (1*) und das zusätzliche Merkmal (6*) (beides wie Hilfsantrag 1 vom 7. März 2018) und das zusätzliche Merkmal (12), das Schaltungsteile nennt, die zum Empfang von terrestrischen Signalen und Satellitensignalen dienen.
aa) Hinsichtlich der Merkmale (0), (1*), (2), (3), (4), (41) und (6*) wird auf die Ausführungen zum Hilfsantrag 1 vom 7. März 2018 verwiesen, wonach sich ein Paging-Kommunikationssystem mit diesen Merkmalen für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Druckschrift D6 aufgrund seines Fachwissens, wie es beispielsweise durch die Druckschriften US 5 661 652 A (D7), WO 91/08621 A1 oder US 5 506 886 A belegt ist, ergibt.
bb) Da der Funkruf-Empfänger nach den Merkmalen (1*) und (6*) dazu eingerichtet ist, seinen Standort durch Empfang von terrestrischen Signalen und Satellitensignalen zu bestimmen, muss er über geeignete Mittel zum Empfang und zur Auswertung dieser Signale verfügen.
Darunter versteht der Fachmann zumindest eine (oder mehrere) Antenne(n), die das Signalgemisch empfangen und an Verbindungsmittel (connecting means) nach Merkmal (12), z. B. Schalter, Filter und/oder Frequenzweichen weiterleiten. Diese trennen das Signalgemisch auf und führen die Satellitensignale einer Satellitenempfängerschaltung (satellite receiving means) nach Merkmal (12) (z. B. GPS-Empfänger) und die terrestrischen Signale einer Empfängerschaltung für terrestrisch ausgestrahlte Signale (terrestrial receiving means) nach Merkmal (12) (z. B. VHF-Empfänger) zu. Die beiden Empfängerschaltungen umfassen fachüblich jeweils z. B. einen Low-Noise-Amplifier (LNA), Mischer, Filter, Demodulierer, Decodierer, etc. und liefern als Ausgangssignale (digitale Positions-) Daten, die in einem Speichermittel (storage means) nach Merkmal (12) abgespeichert werden, damit sie von einer Standortbestimmungseinheit, z. B. einem Mikroprozessor oder einem digitalen Signalprozessor, ausgewertet werden können.
Als Beleg dafür, dass die im Merkmal (12) genannten Schaltungen bei einem Funkruf-Empfänger, der sowohl von Satelliten als auch von terrestrischen Sendern ausgestrahlte Signale empfangen kann, fachüblich sind, sei auf die im Hinweisbescheid vom 19. Juni 2013 genannten Druckschriften WO 91/08621 A1 (vgl. Fig. 11 und S. 20, Z. 5 – S. 21, Z. 4) und US 5 506 886 A (Fig. 3) verwiesen.
Der nur abwechselnd mögliche Betrieb der beiden Empfängerschaltungen ist ebenfalls fachüblich, denn ein gleichzeitiger Empfang würde nicht nur einen sehr hohen Energieverbrauch zur Folge haben, sondern insbesondere den die Positionssignale auswertenden Mikrokontroller des Funkruf-Empfängers überlasten.
cc) Danach ergibt sich auch der Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem Hilfsantrag 10 vom 7. März 2018 für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Druckschrift D6 aufgrund seines Fachwissens.
k) Zu den Hilfsanträgen 11 und 12
Einer Prüfung der Zulässigkeit dieser Hilfsanträge bedarf es nicht, weil diese beiden in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträge – wie auch die Klägerin geltend gemacht hat – nach § 83 Abs. 4 PatG als verspätet zurückzuweisen sind.
Die Beklagte hat diese Hilfsanträge erst nach Ablauf der im Hinweis gesetzten und mit der Ladung bis zum 23. Februar 2018 verlängerten (letzten) Stellungnahmefrist vorgelegt. Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 18. Januar 2018 die Dauer der Stellungnahmefristen als Verletzung des rechtlichen Gehörs beanstandet hat, ändert dies nichts an der Fristversäumnis. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten sind die gesetzten Stellungnahmefristen von jeweils etwas mehr als einem Monat nicht unbillig kurz gewählt und verletzen nicht das rechtliche Gehör der Beklagten. Denn soweit das Verfahrensrecht überhaupt Mindestfristen für Stellungnahmen vorsieht (vgl. etwa § 82 Abs. 3 PatG; §§ 132, 217, 274 Abs. 3 ZPO), belaufen sich diese in der Regel auf ein bis zwei Wochen und höchstens auf einen Monat. Da bereits die im Hinweis zunächst gesetzten Fristen und erst recht infolge der Fristverlängerung die abschließende Frist diese gesetzlichen Mindestfristen deutlich übersteigen, bestehen gegen die vorliegenden Fristsetzungen keine Bedenken. Der qualifizierte Hinweis beschränkte sich auf eine bloße Bewertung der im Verfahren befindlichen Unterlagen.
Die Beklagte hat die verspätete Vorlegung dieser Hilfsanträge auch nicht hinreichend entschuldigt (§ 83 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 PatG) und glaubhaft gemacht (§ 83 Abs. 4 Satz 2 PatG). Ihr mündlicher Vortrag dazu, die Vorlage erfolge als Reaktion auf die pauschale Mitteilung des Senats zu Beginn der mündlichen Verhandlung, wonach dieser, anders als noch im qualifizierten Hinweis geäußert, die Druckschrift D6 nunmehr doch für die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit als relevant erachte, reicht hierfür nicht aus. Grundsätzlich sind die Parteien gehalten, sich vollständig zu allen verfahrensrelevanten Tatsachen zu erklären (§ 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 138 Abs. 1 und 2 ZPO). Dazu gehört auf Seiten der Patentinhaberin und Beklagten auch die Vorlage möglicher Hilfsanträge, mit denen sie auf den zuvor klägerseits genannten Stand der Technik reagieren möchte. Die Druckschrift D6 war seitens der Klägerin bereits mit Schriftsatz vom 21. Juli 2017 eingeführt worden. Ab diesem Zeitpunkt bestand daher die Verpflichtung der Beklagten, u. a. mitzuteilen, wie sie auf diese Druckschrift für den Fall reagiert, falls der Senat dem Klägervortrag folgen sollte. Dass der Senat in seinem qualifizierten Hinweis geäußert hat, dass nach „der vorläufigen Auffassung des Senats … aus der Druckschrift D6 zumindest das Merkmal (4) nicht bekannt [sei], und es … sich für den Fachmann auch nicht in naheliegender Weise aus ihr [ergebe]“, hat die Beklagte hiervon nicht entbunden. Beim qualifizierten Hinweis handelt es sich – wie das vorgenannte Zitat nochmals deutlich zum Ausdruck bringt – nur um eine vorläufige Auffassung des Senats, deren Mitteilung dazu dient, gerade diese Auffassung in der mündlichen Verhandlung – denn ansonsten wäre deren Durchführung überflüssig - zur Diskussion zu stellen. Aus der Bewertung einer Druckschrift im qualifizierten Hinweis kann daher ein Patentinhaber nicht schließen, dass diese Druckschrift für die Entscheidung des Gerichts keine Rolle mehr spielt und er sich daher auf eine Verteidigung seines Patents gegenüber dieser nicht mehr einzustellen brauche. Insofern musste die Beklagte bereits vor der mündlichen Verhandlung damit rechnen, dass die Druckschrift D6 in der mündlichen Verhandlung doch als patenthindernd zur Sprache gebracht wird, wenn nicht seitens des Senats, so doch möglicherweise seitens der Klägerin. Sie musste damit rechnen, dass die Klägerin ihren Standpunkt aus dem Schriftsatz vom 21. Juli 2017, der sich allein mit der Druckschrift D6 befasst, vertiefen würde, was diese ja mit ihrem Schriftsatz vom 18. Januar 2018 auf den Hinweis hin auch getan hat, und dass diese damit der vorläufigen Auffassung des Senats entgegentritt. Spätestens daraufhin bestand für die Beklagte bereits die Notwendigkeit, entsprechende Hilfsanträge zu formulieren; hierfür war die weitere Frist im Hinweis nach § 83 PatG – mit der Ladung zum Termin auf den 23. Februar 2018 verlängert – gesetzt. Die bloß pauschale Ankündigung des Senats, die von der Klägerin bereits lange vor der mündlichen Verhandlung vorgelegte Druckschrift D6 in die Erörterung der Sach- und Rechtslage einzubeziehen, vermag daher nicht hinreichend zu entschuldigen, dass die weiteren Hilfsanträge erst in der mündlichen Verhandlung und nicht schon (spätestens) innerhalb der Stellungnahmefristen zum qualifizierten Hinweis vorgelegt wurden.
Die Berücksichtigung einer beschränkten Verteidigung mit den Hilfsanträgen 11 und 12 hätte zudem eine Vertagung erforderlich gemacht, da andernfalls das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt worden wäre. Mit diesen Hilfsanträgen soll das Streitpatent jeweils mit Merkmalskombinationen beschränkt verteidigt werden, die – quasi „bausatzartig“ – verschiedenen Stellen der Beschreibung entnommen sind und – wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung selbst bestätigt hat – in den konkreten Kombinationen der beiden Hilfsanträge weder in einem der erteilten oder zuletzt geltenden Unteransprüche oder einem der früheren vor dem 1. Nichtigkeitssenat oder dem Bundesgerichtshof gestellten Hilfsanträge enthalten waren. Auf solche, allein verschiedenen Textstellen der Beschreibung entnommene neue Merkmalskombinationen brauchten sich weder die Klägerin noch der Senat aufgrund des bisherigen Verfahrensverlaufs einzustellen. Insbesondere müsste dem Einwand der Klägerin, dass die jeweilige Merkmalskombination sowohl eine detaillierte Überprüfung anhand des bereits im Verfahren befindlichen Standes der Technik als auch eine neue Recherche nach einem sie möglicherweise erfassenden oder zumindestens nahelegenden Stand der Technik erfordere, Rechnung getragen werden, was angesichts des Umfangs der vorgenommenen Änderungen nicht mehr in der laufenden mündlichen Verhandlung möglich war. Mit einer bloßen Schriftsatzfrist (§ 283 ZPO) hätte dem nicht Rechnung getragen werden können, denn bei einem (zu unterstellenden) neuen Vorbringen der Klägerin hätte der Beklagten wiederum eine Stellungnahmefrist zur Wahrung des rechtlichen Gehörs eingeräumt werden müssen. Damit wäre bei einer Zulassung der erst in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Hilfsanträge eine Vertagung und eine neu anzusetzende mündliche Verhandlung unumgänglich geworden. Gerade die Erforderlichkeit einer neuen mündlichen Verhandlung infolge einer neuen Verteidigung des Beklagten mit einer geänderten Fassung des Patents will aber § 83 Abs. 4 PatG im Interesse der Verfahrensbeschleunigung dadurch vermeiden, dass die Vorlage der neuen Hilfsanträge als verspätet zurückgewiesen werden kann.
Da die Voraussetzungen des § 83 Abs. 4 PatG somit vorlagen, waren die Hilfsanträge 11 und 12 als verspätet zurückzuweisen mit der Folge, dass die Beklagte das Streitpatent mit ihnen nicht beschränkt verteidigen kann.
B.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.