Entscheidungsdatum: 09.06.2016
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 8. Mai 2015 - 3 Sa 627/14 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Die Parteien streiten über die Verkürzung der Stufenlaufzeit gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 der Durchgeschriebenen Fassung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) für den Bereich Verwaltung im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-V).
Die Klägerin ist seit dem 1. Januar 2009 bei dem beklagten Landkreis beschäftigt. Sie wird als Fallmanagerin in dem Jobcenter eingesetzt, das der Beklagte zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende als gemeinsame Einrichtung mit der Bundesagentur für Arbeit gemäß § 44b SGB II gebildet hat. Arbeitsvertraglich ist die Geltung des TVöD-V vereinbart. Am 31. Januar 2013 beschloss die Trägerversammlung für die gemeinsame Einrichtung die von § 44c Abs. 5 SGB II verlangten Grundsätze der Qualifizierungsplanung und Personalentwicklung.
In der Dokumentation des „Leistungs- und Entwicklungsdialogs für Mitarbeiter/-innen“ vom 9. Oktober 2013 wurden der Klägerin erheblich über dem Durchschnitt liegende Leistungen bescheinigt. Sie wurde deshalb für das vorzeitige Aufrücken in den Stufen vorgeschlagen. Die Klägerin war zu diesem Zeitpunkt der Stufe 3 der Entgeltgruppe 10 zugeordnet. Der reguläre Stufenaufstieg stand für den 1. Oktober 2014 an. Ausweislich des Protokolls der Entwicklungskonferenz 2013 betreffend die kommunalen Mitarbeiter vom 19. Dezember 2013 wurde die Geschäftsführerin des Jobcenters angewiesen, den vorgeschlagenen vorzeitigen Stufenaufstieg der Klägerin mit der Begründung abzulehnen, dass § 17 TVöD-V nicht umsetzbar sei. Dementsprechend teilte sie der Klägerin in einem Schreiben vom 13. Januar 2014 mit, beim Beklagten fehle eine Dienstvereinbarung zur leistungsorientierten Bezahlung. Deshalb sei die Umsetzung der Regelungen des TVöD zur Stufenregelung und zum Leistungsentgelt nicht möglich. Für bei der Bundesagentur für Arbeit angestellte Mitarbeiter des Jobcenters entschied die Geschäftsführerin des Jobcenters dagegen in der Vergangenheit positiv über Stufenlaufzeitverkürzungen.
Die Klägerin begehrt nach ihrem zum 1. Oktober 2014 erfolgten Aufstieg in die Stufe 4 ihrer Entgeltgruppe zuletzt noch ihre Vergütung aus der Stufe 4 bereits seit dem 1. Januar 2014.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe die für gemeinsame Einrichtungen bestehenden Regelungen des SGB II nicht beachtet. Danach solle das Personal weitgehend gleich behandelt werden. Vor diesem Hintergrund stelle es eine Ungleichbehandlung dar, wenn für Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit eine Verkürzung der Stufenlaufzeit erfolge, für Arbeitnehmer des Beklagten dagegen nicht. Der Beklagte habe keinen Zeitpunkt für das vorzeitige Aufrücken in den Stufen benannt. Die Klägerin habe deshalb davon ausgehen dürfen, dass der vorzeitige Stufenaufstieg zum nächstmöglichen Zeitpunkt und deshalb zum 1. Januar 2014 erfolge.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
|
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin bereits ab dem 1. Januar 2014 bis zum 30. September 2014 nach der Entgeltgruppe 10, Stufe 4 TVöD-V zu vergüten. |
Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags vorgetragen, bei seinen Beschäftigten gebe es deutlich mehr Funktionsgruppen als bei der Bundesagentur für Arbeit. Es seien noch nicht alle Stellen mit Anforderungsprofilen beschrieben und bewertet. Eine Einigung mit dem Personalrat über die Art und Weise der Anwendung der § 17 Abs. 2 sowie § 18 TVöD-V stehe noch aus. Wende er aber § 17 Abs. 2 TVöD-V auf Teile seiner Beschäftigten an und auf andere nicht, sei das mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbaren. Er mache darum von der Möglichkeit des § 17 Abs. 2 TVöD-V grundsätzlich noch keinen Gebrauch. Aus der Tatsache, dass die Bundesagentur für Arbeit für ihre Mitarbeiter eine Stufenlaufzeitverkürzung vorsehe, könne die Klägerin für sich nichts herleiten, da die Bundesagentur ein anderer Arbeitgeber sei. Schließlich sei nicht ersichtlich, warum die Klägerin meine, gerade zum 1. Januar 2014 die Stufe wechseln zu können.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Klägerin steht der begehrte vorgezogene Stufenaufstieg nach § 17 Abs. 2 Satz 1 TVöD-V nicht zu.
I. § 17 Abs. 2 Satz 1 TVöD-V gewährt dem Beschäftigten, der erheblich über dem Durchschnitt liegende Leistungen erbracht hat, keinen Anspruch auf einen vorgezogenen Stufenaufstieg. Die Bestimmung steckt nur den Rahmen ab, innerhalb dessen der Arbeitgeber sein ihm tariflich eröffnetes Ermessen und das damit verbundene Leistungsbestimmungsrecht wahrnehmen kann. Zu den durch § 17 Abs. 2 Satz 1 TVöD-V eröffneten Entscheidungsmöglichkeiten gehört auch die Entscheidung, gänzlich von Laufzeitverkürzungen abzusehen (Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand März 2008 E § 17 Rn. 13; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Juli 2014 § 17 Rn. 6). Von dieser Möglichkeit hat der Beklagte nach den mit der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts Gebrauch gemacht.
II. Die Klägerin hat auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung mit den Beschäftigten, die dem Jobcenter von der Bundesagentur für Arbeit zugewiesen worden sind, keinen Anspruch auf den begehrten vorgezogenen Stufenaufstieg.
1. Die Klägerin hat bereits nicht hinreichend dargelegt, dass sich nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung im Arbeitsrecht überhaupt ein Anspruch auf den Aufstieg in die Stufe 4 im begehrten Umfang ergeben kann. Dazu wäre Vortrag erforderlich gewesen, dass die Beschäftigten der Bundesagentur für Arbeit bei einer vergleichbaren Empfehlung, wie sie die Klägerin erhalten hat, mindestens neun Monate vor dem regulären Stufenaufstieg der nächsthöheren Stufe zugeordnet worden sind.
2. Darüber hinaus liegen die Voraussetzungen für ein Eingreifen des Grundsatzes der Gleichbehandlung im Arbeitsrecht nicht vor.
a) Dieser Grundsatz begrenzt die Gestaltungsmacht des Arbeitgebers. Er gebietet ihm, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbstgesetzten Regel gleich zu behandeln. Dies gilt trotz des Grundsatzes der Vertragsfreiheit auch im Bereich der Entgeltzahlung, sofern die Vergütung aufgrund eines bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzips erfolgt. Bei der Festlegung der Anspruchsvoraussetzungen durch den Arbeitgeber ist diesem eine Gruppenbildung untersagt, für die sich kein vernünftiger, aus dem Zweck der Leistung ergebender oder sonstiger sachlich einleuchtender Grund finden lässt (BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 48).
b) Die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes scheitert vorliegend schon daran, dass dieser Grundsatz nur im Verhältnis zu demselben Arbeitgeber gilt, also nur den Vertragsarbeitgeber bindet. Darum werden durch diesen Grundsatz die Träger von Jobcentern bzw. deren Geschäftsführer nicht verpflichtet, die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten des einen Trägers an den Bedingungen des anderen Trägers auszurichten. Insoweit gilt nichts anderes als im Gemeinschaftsbetrieb (vgl. dazu BAG 12. Dezember 2006 - 1 ABR 38/05 - Rn. 23).
aa) Aus der von der Revision angeführten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 17. November 1998 (- 1 AZR 147/98 - zu III 1 b aa der Gründe) folgt nichts anderes. Die dort angestellten - das Urteil nicht tragenden - Erwägungen betreffen lediglich die betriebs-, nicht aber die hier von der Klägerin begehrte unternehmensübergreifende Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes.
bb) Entgegen der Ansicht der Revision bildet die Klägerin ungeachtet der Bestimmungen in §§ 44b ff. SGB II nicht mit sämtlichen Mitarbeitern der gemeinsamen Einrichtung bezogen auf den Gleichbehandlungsgrundsatz eine Gruppe. Die gemeinsame Einrichtung stellt insoweit auch kein „eigenständiges arbeitsrechtliches Gebilde“ dar, in dem sich alle Mitarbeiter nach dem Willen des Gesetzgebers in einer vergleichbaren Lage befänden. Die Revision berücksichtigt bei dieser Argumentation nicht, dass der Gesetzgeber ungeachtet seines Ziels, durch die dem Geschäftsführer nach § 44d Abs. 4 SGB II übertragenen Befugnisse die „weitgehende“ Gleichbehandlung des Personals sowie eine einheitliche Personalführung und -steuerung in den gemeinsamen Einrichtungen zu erreichen (BT-Drs. 17/1555 S. 26), gemäß § 44g Abs. 4 Satz 1 SGB II die arbeitsrechtliche Stellung der zugewiesenen Arbeitnehmer unberührt gelassen hat. Deren Vertragsarbeitgeber ist also weiterhin die Bundesagentur für Arbeit bzw. die Kommune. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist in den Jobcentern deshalb im Verhältnis der beiden von den Trägern zugewiesenen Beschäftigtengruppen nicht anwendbar. Das hat der Gesetzgeber durch die Regelung in § 44g Abs. 4 Satz 1 SGB II in Kauf genommen.
c) Darüber hinaus hat die Geschäftsführerin des Jobcenters als Vorgesetzte der Klägerin (vgl. zu dieser Funktion: BAG 23. Juni 2015 - 9 AZR 261/14 - Rn. 20; BVerwG 1. Oktober 2014 - 6 P 15.13 - Rn. 14; BT-Drs. 17/1555 S. 26) zur Umsetzung der Empfehlung von Führungskräften, einzelnen Beschäftigten des Jobcenters leistungsbezogen einen vorgezogenen Stufenaufstieg zu gewähren, keine Regel gesetzt, die sie unterschiedlich auf die Klägerin als kommunale Beschäftigte einerseits und Beschäftigte, die von der Bundesagentur für Arbeit zugewiesen worden sind, andererseits angewandt hätte. Es fehlt damit an einer weiteren Voraussetzung für das Eingreifen des Grundsatzes der Gleichbehandlung im Arbeitsrecht.
aa) Die Geschäftsführerin konnte bezüglich der von der Bundesagentur für Arbeit zugewiesenen Beschäftigten keine eigenständige Entscheidung über den vorgezogenen Stufenaufstieg treffen und schon deshalb hinsichtlich dieses Personenkreises keine selbstgesetzte Regel anwenden. Der Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit vom 28. März 2006 in der seit 1. November 2008 geltenden Fassung des 6. Änderungstarifvertrags vom 7. April 2009 (TV-BA) sieht in § 19 Abs. 2 Satz 1 zwar ebenfalls die Möglichkeit vor, bei erheblich über dem Durchschnitt liegenden Leistungen die Stufenlaufzeit in den Entwicklungsstufen 3 bis 6 zu verkürzen. Anders als im Anwendungsbereich des TVöD-V trifft die Entscheidung darüber aber nicht der Arbeitgeber selbst, sondern gemäß § 19 Abs. 3 TV-BA auf Vorschlag der vorgesetzten Führungskraft eine Kommission der Dienststelle. Die Geschäftsführerin des Jobcenters hatte diese Entscheidung in den von der Klägerin angeführten Fällen, in denen es bei Beschäftigten der Bundesagentur für Arbeit zu vorgezogenen Stufenaufstiegen gekommen ist, nur noch umzusetzen.
bb) Auch hinsichtlich der von dem Beklagten dem Jobcenter zugewiesenen Beschäftigten fehlt es an der eigenständigen Begründung einer Anspruchsgrundlage durch die Geschäftsführerin (vgl. zu dieser Voraussetzung für das Eingreifen des Gleichbehandlungsgrundsatzes Creutzfeldt JbArbR Bd. 52 S. 25, 27). Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei der Weisung der Entwicklungskonferenz vom 19. Dezember 2013 um eine Weisung nach § 44k Abs. 2 Satz 2 SGB II handelte und ob bejahendenfalls die Geschäftsführerin verpflichtet war, dieser Weisung Folge zu leisten (ebenfalls offengelassen von BVerwG 1. Oktober 2014 - 6 P 15.13 - Rn. 22; vgl. zum Streitstand zur Reichweite des Weisungsrechts des jeweiligen Trägers bei der Überschneidung mit den personalrechtlichen Kompetenzen des Geschäftsführers nach § 44d Abs. 4 SGB II Knapp in Schlegel/Voelzke jurisPK-SGB II 4. Aufl. § 44k Rn. 16 f.). Selbst wenn der Geschäftsführerin insoweit ein Rechtsirrtum unterlaufen sein sollte, läge ein Fall des vermeintlichen Normen- bzw. Weisungsvollzugs vor, der die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ausschließt (vgl. BAG 17. März 2016 - 6 AZR 92/15 - Rn. 38), weil es dann an einer subjektiv freiwillig gesetzten Regel fehlt (vgl. BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 76; Creutzfeldt aaO S. 29 f.). Die Geschäftsführerin hat bezüglich der vom Beklagten zugewiesenen Mitarbeiter keine selbstgesetzte, sondern eine fremdgesetzte Verpflichtung erfüllt. Es fehlt darum an einem Verpflichtungsverhalten, das die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes eröffnet hätte (vgl. Creutzfeldt aaO S. 30). Der Umstand, dass die Trägerversammlung in Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflichtung aus § 44c Abs. 5 SGB II einheitliche Beurteilungskriterien aufgestellt hat, ändert daran entgegen der Auffassung der Revision nichts.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
|
Fischermeier |
|
Spelge |
|
Krumbiegel |
|
|||
|
|
Wollensak |
|
C. Klar |