Entscheidungsdatum: 14.12.2010
1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 9. Juni 2010 - 5 Sa 269/09 - wird als unzulässig verworfen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 97.745,28 Euro festgesetzt.
A. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Wartezeitkündigung sowie hilfsweise über Urlaubsabgeltungsansprüche des Klägers. Die Vorinstanzen haben - soweit für die Beschwerde von Bedeutung - die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat gegen seine Entscheidung die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde, deren Gegenstand ua. die von ihm behauptete Nichtberücksichtigung eines Schriftsatzes ist, den er nach Schluss der mündlichen Verhandlung, aber vor Verkündung der anzufechtenden Entscheidung dem Landesarbeitsgericht übermittelt haben will.
B. Die Beschwerde ist unzulässig.
I. Die Beschwerde ist unzulässig, soweit sie auf absolute Revisionsgründe (§ 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG iVm. § 547 Nr. 1 und Nr. 4 ZPO) gestützt ist.
1. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass das Landesarbeitsgericht bei der anzufechtenden Entscheidung nicht vorschriftsmäßig besetzt war (§ 547 Nr. 1 ZPO).
a) Liegt ein Verfahrensmangel iSd. § 547 Nr. 1 ZPO vor, wird dessen Entscheidungserheblichkeit unwiderleglich vermutet. Das entbindet den Beschwerdeführer jedoch nicht von der Pflicht darzulegen, dass der gerügte absolute Revisionsgrund tatsächlich vorliegt. § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ArbGG verlangt auch für eine ordnungsgemäße Begründung der auf die Rüge eines absoluten Revisionsgrundes gestützten Nichtzulassungsbeschwerde die Darlegung eines solchen Verfahrensfehlers. Die Anforderungen entsprechen denen bei Erhebung der Verfahrensrüge im Revisionsverfahren nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO (GK-ArbGG/Mikosch Stand November 2010 § 72a Rn. 69; GMP/Müller-Glöge 7. Aufl. § 72a Rn. 36). Das setzt die Angabe von Tatsachen voraus, aus denen sich der behauptete Verfahrensmangel ergeben soll. Handelt es sich dabei wie vorliegend um gerichtsinterne Vorgänge, muss der Beschwerdeführer zumindest darlegen, dass er eine zweckentsprechende Aufklärung versucht hat. Die Rüge darf nicht auf den bloßen Verdacht des Vorliegens eines Verfahrensmangels iSd. § 547 Nr. 1 ZPO erhoben werden (vgl. BGH 20. Juni 1991 - VII ZR 11/91 - NJW 1992, 512).
b) Das Gericht muss auch Vorbringen in einem erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung, aber noch vor Verkündung der Entscheidung eingereichten Schriftsatz beachten, insbesondere wenn damit nur Rechtsausführungen nachgeschoben werden. Es muss darüber hinaus prüfen, ob die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen ist. Das gilt auch dann, wenn das Urteil nach Beratung und Abstimmung bereits gefällt (§ 309 ZPO), aber noch nicht verkündet ist. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren haben auch die ehrenamtlichen Richter an der Entscheidung über eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung mitzuwirken. Nimmt allein der Berufsrichter von einem nachgereichten Schriftsatz Kenntnis, wird der Prozesspartei, die diesen Schriftsatz verfasst hat, der gesetzliche Richter entzogen (Senat 18. Dezember 2008 - 6 AZN 646/08 - Rn. 7, BAGE 129, 89).
c) Der Kläger hat nicht dargelegt, dass nach diesen Grundsätzen sein Anspruch auf den gesetzlichen Richter verletzt ist.
aa) Die Ausführungen des Senats im Beschluss vom 18. Dezember 2008 (- 6 AZN 646/08 - BAGE 129, 89) betreffen nicht den hier vorliegenden Fall eines Schriftsatzes, der zwischen Schluss der mündlichen Verhandlung und der am Ende des Sitzungstages, also am selben Tag, erfolgenden Verkündung bei Gericht eingeht. Sie beziehen sich vielmehr auf die Konstellation, in der das Gericht einen gesonderten Verkündungstermin bestimmt hat. Nur in dieser Situation stellt sich das Problem der Heranziehung der ehrenamtlichen Richter bei der Entscheidung über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (zur Zulässigkeit einer Entscheidung im Umlaufverfahren BGH 28. November 2008 - LwZR 4/08 - MDR 2009, 279). Geht dagegen ein Schriftsatz noch vor der am Terminstag erfolgenden Verkündung der Entscheidung bei Gericht ein und wird er noch vor Verkündung der Kammer zugänglich gemacht und verkündet die Kammer anschließend ein Urteil, ohne die Verhandlung wieder zu eröffnen, ist eine Entscheidung der gesamten Kammer als Gremium erfolgt, was einen Verstoß gegen den gesetzlichen Richter ausschließt. Wird der Schriftsatz vor der Verkündung der Kammer nicht mehr vorgelegt, liegt kein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter, sondern allenfalls eine Gehörsverletzung vor (dazu su. B III 1).
bb) Der Kläger hat nicht dargelegt, dass sein Schriftsatz vom 9. Juni 2010 der Kammer überhaupt noch vor Verkündung der anzufechtenden Entscheidung zur Kenntnis gelangt ist. Er beschränkt sich auf die Darlegung, dieser Schriftsatz sei noch vor Verkündung des anzufechtenden Urteils an das Landesarbeitsgericht per Fax übermittelt worden. Damit kommt der gerügte absolute Revisionsgrund der fehlerhaften Besetzung des Gerichts, wie ausgeführt, von vornherein nicht in Betracht.
cc) Damit werden die Anforderungen an die Darlegung des absoluten Revisionsgrundes des § 547 Nr. 1 ZPO nicht überspannt. Von demjenigen, der sich auf diesen Revisionsgrund beruft, kann die Einsichtnahme in die Gerichtsakten und die Einholung von Auskünften bei der Geschäftsstelle verlangt werden (vgl. BVerfG 30. April 2008 - 2 BvR 482/07 - Rn. 16, 19, NJW 2008, 3275). Eine Einsichtnahme des Klägers in die Gerichtsakte hätte ergeben, dass der Schriftsatz um 13:53 Uhr vom Faxgerät des Landesarbeitsgerichts empfangen worden ist. Der Kläger hätte bei der Geschäftsstelle nachfragen können, um welche Uhrzeit die laut Protokoll des Landesarbeitsgerichts vom 9. Juni 2010 am Schluss der Sitzung vorgenommene Verkündung der anzufechtenden Entscheidung erfolgt ist und ob sein Schriftsatz zuvor noch der Kammer in den Sitzungs- oder Beratungsraum gebracht worden ist. Erst wenn ihm entweder darüber keine Auskunft erteilt worden wäre oder eine Auskunft dem Landesarbeitsgericht nicht möglich gewesen wäre, etwa weil der Zeitpunkt der Verkündung bzw. des Schlusses der Sitzung vom 9. Juni 2010 nicht festgehalten worden ist, wäre er von weiteren Darlegungen entbunden gewesen.
dd) Ohnehin hat der Kläger nicht einmal konkret behauptet, sein nicht nachgelassener Schriftsatz vom 9. Juni 2010 sei vor Verkündung des anzufechtenden Urteils nur vom Vorsitzenden, nicht aber auch von den ehrenamtlichen Richtern zur Kenntnis genommen worden, sondern weist nur allgemein unter Bezug auf die Entscheidung des Senats vom 18. Dezember 2008 (- 6 AZN 646/08 - BAGE 129, 89) auf die Mitwirkungspflicht der ehrenamtlichen Richter bei der Entscheidung über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung hin.
2. Soweit die Beschwerde darauf gestützt wird, dass die Beklagte im Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen sei (§ 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG iVm. § 547 Nr. 4 ZPO), ist die Beschwerde ebenfalls unzulässig. Mit der Folge des § 547 ZPO kann der Mangel der Vertretung nur von der Partei geltend gemacht werden, die in dem Verfahren nicht ordnungsgemäß vertreten war, nicht aber auch von ihrem Prozessgegner. Das Fehlen der Vertretungsmacht berührt und beschwert nur den Vertretenen, falls dieser die Erklärungen und Handlungen seines Vertreters nicht gegen sich gelten lassen will. Das gilt auch für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren. Eine Beschwerde durch eine mangelhafte Vertretung des Gegners ist auch dann ausgeschlossen, wenn und soweit die Gegenseite im Rechtsstreit erfolgreich geblieben ist. Auf dem Vertretungsmangel kann die Entscheidung nicht beruhen (BAG 9. September 2010 - 4 AZN 354/10 - Rn. 11 mwN, NZA 2010, 1309).
II. Die Grundsatzbeschwerde des Klägers (§ 72 Abs. 2 Nr. 1, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG) ist unzulässig.
1. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die auf S. 15 der Beschwerdebegründung formulierte Rechtsfrage, ob es einem Arbeitnehmer wegen § 174 Satz 2 BGB verwehrt ist, ein von einem Personalleiter unterzeichnetes Kündigungsschreiben nach § 174 Satz 1 BGB zurückzuweisen, wenn der Arbeitnehmer hierarchisch mindestens auf der Ebene des Personalleiters angesiedelt ist, entscheidungserheblich ist. Das Landesarbeitsgericht hat solchen Arbeitnehmern nicht generell verwehrt, eine von einem Personalleiter unterzeichnete Kündigung nach § 174 BGB zurückzuweisen. Gerade darauf zielt jedoch die von der Beschwerde aufgeworfene Frage. Das Landesarbeitsgericht hat vielmehr unter II 3 des anzufechtenden Urteils mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts angenommen, dass die Voraussetzungen des § 174 Satz 2 BGB in der Regel bei einem in die Stellung als Leiter der Personalabteilung berufenen Arbeitnehmer erfüllt seien. Es hat ferner einen Ausnahmefall, in dem der Kläger ungeachtet der Bezeichnung als Personalleiterin über deren Kündigungsbefugnis nicht ausreichend informiert worden sei, aufgrund der Umstände des Einzelfalls ausgeschlossen. Insbesondere hat es angenommen, der Kläger könne nicht für sich in Anspruch nehmen, er sei auf einer höheren Hierarchieebene als die Personalleiterin angesiedelt und die Kenntnis, dass die Personalleiterin Einstellungen und Entlassungen vorgenommen habe, sei für ihn nicht von Bedeutung. Es hat damit einem in der Unternehmenshierarchie über dem Personalleiter stehenden Arbeitnehmer nicht generell verwehrt, die Kündigung nach § 174 Satz 1 BGB zurückzuweisen, sondern hat dies nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls für den Fall des Klägers angenommen.
2. Darüber hinaus hat der Kläger nicht dargelegt, dass sich die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und damit das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BAG 5. Oktober 2010 - 5 AZN 666/10 - Rn. 5, NZA 2010, 1372). Ob die Voraussetzungen des § 174 Satz 2 BGB erfüllt sind, wenn das Kündigungsschreiben von einem in der unternehmensinternen Hierarchie unter dem gekündigten Arbeitnehmer stehenden oder mit ihm gleichrangigen Personalleiter unterzeichnet ist, kann nicht abstrakt und für eine Vielzahl von Fällen, sondern stets nur nach den Umständen des Einzelfalls beantwortet werden. Dementsprechend weist die Beschwerde unter II 2.4. auch nur pauschal darauf hin, dass in einer Vielzahl von Unternehmen Führungskräfte beschäftigt seien, die auf derselben oder einer höheren hierarchischen Stufe als der Personalleiter angesiedelt seien, ohne dabei Organ der jeweiligen juristischen Person zu sein.
3. Schließlich hat der Kläger die Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der von ihm aufgeworfenen Rechtsfrage nicht im Einzelnen aufgezeigt. Es fehlen jegliche Ausführungen darüber, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist (vgl. BGH 10. Dezember 2002 - XI ZR 162/02 - FamRZ 2003, 440).
III. Auch die vom Kläger erhobene Gehörsrüge (§ 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Alt. 2 ArbGG) ist unzulässig.
1. Der Kläger rügt unter II 3.1. der Beschwerdebegründung, das Landesarbeitsgericht habe sich mit seinen Rechtsausführungen im Schriftsatz vom 9. Juni 2010, den er nach Schluss der mündlichen Verhandlung an das Landesarbeitsgericht gefaxt hat, nicht auseinandergesetzt. Damit ist keine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dargetan.
a) Der Kläger hat - wie bereits ausgeführt (B I 1 c bb) - nicht dargelegt, dass sein Schriftsatz vom 9. Juni 2010 der Kammer vor Verkündung des anzufechtenden Urteils überhaupt noch zur Kenntnis gelangt ist.
b) Allerdings ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Art. 103 Abs. 1 GG auch dann verletzt, wenn das Gericht einen ordnungsgemäß eingereichten Schriftsatz übersieht. Ob der Spruchkörper selbst Kenntnis von dem Schriftsatz erlangt hat, ist dabei unerheblich. Vielmehr ist das Gericht insgesamt dafür verantwortlich, dass dem Gebot des rechtlichen Gehörs Rechnung getragen wird. Auf ein Verschulden des Gerichts kommt es dabei nicht an (st. Rspr. seit BVerfG 14. Juni 1960 - 2 BvR 96/60 - BVerfGE 11, 218; vgl. auch 19. Oktober 1977 - 2 BvR 566/76 - BVerfGE 46, 185).
Der Kläger hat nicht hinreichend dargelegt, dass bei Eingang seines Schriftsatzes um 13:53 Uhr im Faxgerät des Landesarbeitsgerichts das anzufechtende Urteil noch nicht verkündet war. Er beschränkt sich insoweit auf Vermutungen und verweist darauf, dass am Terminstag vor der zuständigen Kammer des Landesarbeitsgerichts im Anschluss an die Verhandlung seines Rechtsstreits noch eine weitere Sache zu verhandeln gewesen sei und die Kammer möglicherweise vor der Verhandlung dieser Sache noch eine Pause gemacht habe. Die ihm, wie ausgeführt, zumutbare Nachfrage bei der Geschäftsstelle hat er nicht einmal versucht.
c) Selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, dass die Verkündung der anzufechtenden Entscheidung erst nach 13:53 Uhr und damit nach Eingang seines Schriftsatzes auf dem Faxgerät des Landesarbeitsgerichts erfolgt ist, bleibt seiner Gehörsrüge der Erfolg versagt.
aa) Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat unmittelbar im Anschluss an die mündliche Verhandlung einen angesichts der Entfernung zwischen dem Gerichtssitz in Halle und dem Kanzleisitz des Prozessbevollmächtigten in Leipzig offenkundig vorbereiteten Schriftsatz per Fax eingereicht. Dieser Schriftsatz war lediglich mit „Eilt! Bitte sofort vorlegen!“ überschrieben. Es war in keiner Weise kenntlich gemacht, dass der Rechtsstreit gerade verhandelt worden war und sich die Kammer möglicherweise noch in einer weiteren Verhandlung bzw. noch in der Beratung befand. Die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze dürften auf eine solche Konstellation nicht anwendbar sein. Es erscheint zweifelhaft, ob Gerichte organisatorische Vorkehrungen dafür treffen müssen, dass Anwälte ohne erkennbaren Anlass im unmittelbaren Anschluss an die mündliche Verhandlung durch Übermittlung von Schriftsätzen noch versuchen, Einfluss auf die Entscheidungsfindung der Kammer zu nehmen, statt die dafür an sich gesetzlich vorgesehene mündliche Verhandlung zu nutzen, oder sogar versuchen, durch ein derartiges Vorgehen Revisionsgründe bzw. Revisionszulassungsgründe zu schaffen.
bb) Jedenfalls kann der Kläger einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht geltend machen. Er hat es versäumt, sich vor Gericht in der dafür gesetzlich vorgesehenen mündlichen Verhandlung Gehör zu verschaffen.
(1) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (st. Rspr. seit BVerfG 14. Juni 1960 - 2 BvR 96/60 - BVerfGE 11, 218). Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die vom Fachgericht zu treffende Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben (BVerfG 20. April 1982 - 1 BvR 1242/81 - BVerfGE 60, 247, 249). Die auf unzureichende Kenntnisnahme des Parteivortrags gestützte Rüge der Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG dient jedoch nicht dazu, rechtliches Gehör zu ersetzen, das sich die Partei in zumutbarer Weise unter Nutzung ihrer prozessualen Möglichkeiten in der mündlichen Verhandlung hätte verschaffen können. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt darum grundsätzlich nicht vor, wenn die Partei es ohne sachlichen Grund versäumt hat, Sachvortrag in der mündlichen Verhandlung dem Gericht zur Kenntnis zu bringen und dies nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit einem nicht nachgelassenen Schriftsatz nachholen will (vgl. Senat 23. September 2008 - 6 AZN 84/08 - Rn. 11, BAGE 128, 13, für die Rüge der unzureichenden Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung; BFH 12. August 2008 - X S 35/08 (PKH) - Rn. 36, BFH/NV 2008, 2030; vgl. zum Subsidiaritätsgrundsatz bei der Gehörsrüge allgemein BGH 6. Mai 2010 - IX ZB 225/09 - Rn. 7 f., MDR 2010, 948).
(2) Unter Beachtung dieser Grundsätze liegt ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht vor. Der Kläger legt nicht dar, inwieweit es ihm nicht möglich gewesen ist, die rechtlichen Standpunkte, die er mit seinem Schriftsatz vom 9. Juni 2010 ins Gerichtsverfahren versucht hat einzuführen, bereits im Termin vorzutragen. Die Frage der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung der Zeugin H und die wirksame Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB war über beide Instanzen hinweg der wesentliche Streitgegenstand des Verfahrens. Die Voraussetzungen des § 174 Satz 2 BGB waren in der Berufungsbegründung vom Kläger ausführlich erörtert worden, ebenso im Schriftsatz vom 12. März 2010. Der Kläger macht nicht geltend, in der mündlichen Verhandlung sei von der Kammer zu dieser Rechtsfrage ein rechtlicher Standpunkt vertreten worden, auf den er ungeachtet des Umstands, dass ein Verfahrensbeteiligter grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf einstellen muss (BVerfG 15. August 1996 - 2 BvR 2600/95 - AP GG Art. 103 Nr. 56), nicht noch direkt im Termin hätte eingehen können. Dies gilt umso mehr, als über die zeitliche Abfolge hinaus auch die Formulierung des zweiten Absatzes auf S. 1 des Schriftsatzes vom 9. Juni 2010 darauf schließen lässt, dass dieser Schriftsatz bereits vor dem Termin vorbereitet war. Im Termin war über die Kündigungsbefugnis der Zeugin H Beweis erhoben worden. Bei ihrer Vernehmung hatte die Zeugin erklärt, dass der Geschäftsführer ihr ausdrücklich aufgegeben habe, dem Kläger eine Kündigung zu erklären (S. 3 des Protokolls des Landesarbeitsgerichts vom 9. Juni 2010). Der nochmalige Hinweis auf das Bestreiten einer solchen speziellen Bevollmächtigung durch den Kläger im Schriftsatz vom 9. Juni 2010 hatte daher wenig Sinn. Der Kläger macht auch nicht etwa geltend, es sei ihm von der Kammer unmöglich gemacht worden, seinen Rechtsstandpunkt im Rahmen der Sitzung vorzutragen.
Der Kläger hat demnach die ihm zur Verfügung stehenden Mittel, sich in der dafür gesetzlich vorgesehenen mündlichen Verhandlung Gehör zu verschaffen, nicht ausreichend genutzt. Auf eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör in der Zeit zwischen Schluss der mündlichen Verhandlung und Verkündung des anzufechtenden Urteils kann er sich daher nicht berufen.
d) Schließlich hat der Kläger auch die Entscheidungserheblichkeit der gerügten Gehörsverletzung nicht dargelegt. Der Kläger unternimmt nicht einmal den Versuch darzulegen, warum und inwieweit das Landesarbeitsgericht auf seinen Vortrag im Schriftsatz vom 9. Juni 2010 ganz oder teilweise anders entschieden hätte bzw. hätte entscheiden müssen. Der Kläger zieht auf S. 4 des Schriftsatzes vom 9. Juni 2010 aus der darin ausführlich wiedergegebenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 12. Januar 2006 (- 2 AZR 179/05 - AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68) den Schluss, das Zurückweisungsrecht nach § 174 Satz 2 BGB sei nur dann ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber denjenigen, gegenüber dem das einseitige Rechtsgeschäft vorgenommen werden solle, die Bevollmächtigung vorher mitgeteilt habe. Diese absolute Aussage enthält die von ihm zitierte Entscheidung nicht. Sie steht daher nicht in Widerspruch zu der vom Landesarbeitsgericht zur Begründung seiner Entscheidung herangezogenen Rechtsprechung. Sie betrifft vielmehr eine andere Konstellation. In der vom Kläger angeführten Entscheidung ging es nicht um die Kündigung durch einen Personalleiter, sondern durch einen Bauoberrat, über dessen Kündigungsvollmacht der dortige Kläger nicht iSv. § 174 Satz 2 BGB in Kenntnis gesetzt worden war. Das Bundesarbeitsgericht legt im unmittelbaren Anschluss an die im Schriftsatz vom 9. Juni 2010 vom Kläger zitierten Passagen unter B I 2 a dd in juris-Rn. 40 dar, dass der Bauoberrat auch keine Stellung innegehabt habe, die zwingend mit einem Kündigungsrecht verbunden zu sein pflege. Es verweist sodann ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Senats, wonach ein In-Kenntnis-Setzen auch darin liegen könne, dass der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter, zB Leiter einer Personalabteilung, in eine Stellung berufe, mit der das Kündigungsrecht üblicherweise verbunden zu sein pflege. Es führt sodann aus, dass davon bei einem Bauoberrat ohne allgemeine Personalkompetenz nicht ausgegangen werden könne.
Es ist nicht ersichtlich, inwieweit der Hinweis auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, die zu der für das anzufechtende Urteil entscheidungserheblichen Frage der Vermutung der Kenntnis der Kündigungsberechtigung eines Personalleiters nichts von der bisherigen Rechtsprechung Abweichendes enthält, zu einem anderen Ergebnis der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hätte führen können.
2. Soweit der Kläger schließlich unter II 3.2. der Beschwerdebegründung rügt, das Landesarbeitsgericht habe sein hilfsweises Begehren auf Abgeltung des Teilurlaubs aus dem Jahr 2007 nicht berücksichtigt, ist die Nichtzulassungsbeschwerde nicht statthaft. Der Kläger hätte gemäß § 321 ZPO Urteilsergänzung beantragen müssen. Mit dem Ablauf der Antragsfrist des § 321 Abs. 2 ZPO entfällt die Rechtshängigkeit der Klage, soweit sie Gegenstand des übergangenen Antrags gewesen ist. Ein übergangener Antrag, dessen Rechtshängigkeit durch Ablauf der Frist des § 321 Abs. 2 ZPO entfallen ist, kann allenfalls noch in der zweiten Instanz durch Klageerweiterung wieder in den Prozess eingeführt werden, wenn der Rechtsstreit wegen anderer Teile des Prozessstoffs (noch) in der Berufungsinstanz anhängig ist. Diese Möglichkeit scheidet vorliegend jedoch aus, weil der Rechtsstreit abgeschlossen ist. Da somit die vom Kläger hilfsweise geltend gemachten Urlaubsabgeltungsansprüche nicht mehr rechtshängig sind, ist die von ihm insoweit erhobene Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs nicht statthaft. Dem Kläger bleibt nur die Möglichkeit einer neuen Klage auf Urlaubsabgeltung (Senat 26. Juni 2008 - 6 AZN 1161/07 - Rn. 15, AP ArbGG 1979 § 72a Rechtliches Gehör Nr. 13 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 117).
IV. Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG abgesehen.
C. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
D. Die Wertfestsetzung erfolgt gemäß § 63 GKG. Dabei wurde die wirtschaftliche Identität der Kündigungsschutzklage mit den Zahlungsanträgen berücksichtigt.
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Fischermeier |
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