Entscheidungsdatum: 18.01.2012
In der Patentnichtigkeitssache
…
betreffend das europäische Patent 1 121 760(DE 599 01 520)
hat der 5. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Gutermuth, die Richterin Martens sowie die Richter Dipl.-Ing. Gottstein, Dipl.-Ing. Kleinschmidt und Dipl.-Ing. Musiol
für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 121 760 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 27. August 1999 angemeldeten europäischen Patents 1 121 760 (Streitpatent), das auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilt wurde und in der Verfahrenssprache Deutsch die Bezeichnung "Vorrichtung und Verfahren zur Codierung und Decodierung von Daten mit einem Fire Code" trägt. Das beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 599 01 520 geführte Streitpatent nimmt die Priorität der deutschen Anmeldung 198 46 723 vom 13. Oktober 1998 in Anspruch. Es umfasst neun Patentansprüche, die alle mit der Nichtigkeitsklage angegriffen sind.
Die unabhängigen Patentansprüche 1, 3, 6 und 7 haben in der erteilten Fassung folgenden Wortlaut:
"1. Vorrichtung zur Codierung von Daten nach einem Fire-Code G (x) = P (x) (1 + xc), wobei P (x) ein irreduzibles Polynom vom Grade m ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Wert für C in vorgegebenen Grenzen frei einstellbar ist.
3. Decoder zur Decodierung von Daten nach einem Fire-Code G (x) = P (x) (1 + xc), wobei P (x) ein irreduzibles Polynom vom Grade m ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Wert für C in vorgegebenen Grenzen frei einstellbar ist.
6. Verfahren zur Codierung von Daten nach einem Fire-Code G (x) = P (x) (1 + xc), wobei P (x) ein irreduzibles Polynom vom Grade m ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Wert für C in vorgegebenen Grenzen frei einstellbar ist.
7. Verfahren zur Decodierung von Daten nach einem Fire-Code G (x) = P (x) (1 + xc), wobei P (x) ein irreduzibles Polynom vom Grade m ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Wert für C in vorgegebenen Grenzen frei einstellbar ist."
Wegen der Unteransprüche 2, 4, 5, 8 und 9 wird auf die Streitpatentschrift EP 1 121 760 B1 Bezug genommen.
Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig, da er gegenüber dem Stand der Technik weder neu sei noch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Zur Begründung der Klage beruft sich die Klägerin auf folgende vorveröffentlichte Druckschriften:
D2 DE 30 32 468 C2
D3 WICKER, Stephen B.: Error Control Systems for Digital Comunication and Storage. Upper Saddle River, New Jersey 07458 : Prentice Hall, 1995, ISBN 0-13-200809-2 (Seiten 99, 109-113 und 437-440)
D4 FLEISCHMANN, Michael: Konstruktion und Decodierung inhomogener Blockcodes zur Übertragung mit dynamischem Fehlerschutz, Fortschrittberichte VDI, Reihe 10, Nr. 309, VDI-Verlag, Düsseldorf, 1994, ISBN 3-18-33-910-6 (Seiten 5-11)
D5 US 5,699,369
D6 DE 44 08 163 A1
D7 US 5,148,432
D8 SWEENEY, Peter: Error Control Coding - An Introduction. New York [u. a.] : Prentice-Hall, 1991, ISBN 0-13-284118-5 (Seiten 1-69, 133-149)
D9 EP 0 750 399 A2
D10 CHIEN, R. T.; TANG, D. T.: Error Control Through Coding, Volume III - Variable Redundancy Codes, Technical Documentary Report No. RADC-TDR-64-149, Juli 1964.
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 1 121 760 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung verteidigt sie das Streitpatent hilfsweise mit einem neuen Hilfsantrag 1, weiter hilfsweise mit den Hilfsanträgen gemäß Schriftsatz vom 30. Oktober 2009 in der nunmehr neuen Nummerierung als Hilfsanträge 2 bis 4.
Die im Rahmen des Hilfsantrags 1 verteidigten Patentansprüche lauten wie folgt (Änderung gegenüber den jeweiligen erteilten Ansprüchen unterstrichen):
"1. Vorrichtung zur Codierung von Daten nach einem Fire-Code G (x) = P (x) (1 + xc), wobei P(x) ein irreduzibles Polynom vom Grade m ist, wobei die Vorrichtung zur Codierung- einen ersten Teilcodierer (1000) aufweist, der die Daten (20) erhält und mittels des irreduziblen Polynoms P(x) kodiert;- einen zweiten Teilcodierer (3000) aufweist, der ebenfalls die Daten (20) erhält und gemäß x c P (x) kodiert, und dadurch gekennzeichnet, dass die Vorrichtung zur Codierung eine Vorrichtung (2000) zur Erzeugung variabler Redundanz zwischen dem ersten Teilcodierer (1000) und dem zweiten Teilcodierer (3000) aufweist, mit der der Wert für c in vorgegebenen Grenzen frei einstellbar ist.
2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die obere Grenze für c durch einen Maximalwert vorgegeben wird, und dass die Codierungseinrichtung Speicherelemente (3) und Modulo-2-Addierer (4) aufweist, deren Zahl der Maximalzahl entspricht, und dass Schalter (51, 52,..., 53, 54) vorgesehen sind, durch die die Speicherplätze (3) und Modulo-2-Addierer (4) zu einem Coder entsprechend dem gewählten Wert für c zusammenschaltbar sind.
3. Decoder zur Decodierung von Daten nach einem Fire-Code G (x) = P (x) (1 + xc), wobei P(x) ein irreduzibles Polynom vom Grade m ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Wert für c in vorgegebenen Grenzen frei einstellbar ist, und dass ein Schieberegister (103) vorgesehen ist, wobei die Länge des Schieberegisters (103) in Abhängigkeit vom Wert für c einstellbar ist.
4. Decoder nach Anspruch 43, dadurch gekennzeichnet, dass ein zweites Schieberegister (102) vorgesehen ist, dessen Länge auf einen Wert b einstellbar ist, wobei b auf jeden Fall kleiner als m ist, und wobei durch b die maximale Anzahl der korrigierbaren Bitfehler angegeben wird.
5. Verfahren zur Codierung von Daten nach einem Fire-Code G (x) = P (x) (1 + xc), wobei P(x) ein irreduzibles Polynom vom Grade m ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Wert für c in vorgegebenen Grenzen frei einstellbar ist.
6. Verfahren zur Decodierung von Daten nach einem Fire-Code G (x) = P (x) (1 + xc), wobei P(x) ein irreduzibles Polynom vom Grade m ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Wert für c in vorgegebenen Grenzen frei einstellbar ist.
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Werte b und d - Länge eines korrigierbaren bzw. erkennbaren Fehlerbündels - für die Fehlerkorrektur- und Erkennungseigenschaften der eingefügten Redundanz in vorgegebenen Grenzen und gemäß d = c + 1 - b frei einstellbar sind.
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Werte b und d für die Fehlerkorrektur- und Erkennungseigenschaften der eingefügten Redundanz an die jeweilige Qualität des Übertragungskanals (z. B. Bitfehlerrate) angepasst werden."
Die im Rahmen des Hilfsantrags 2 verteidigten Patentansprüche lauten:
"1. Vorrichtung zur Codierung von Daten nach einem Fire-Code G (x) = P (x) (1 + xc) mit variabler Redundanz (VRC), wobei P(x) ein irreduzibles Polynom vom Grade m ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Wert für c in vorgegebenen Grenzen frei einstellbar ist.
2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die obere Grenze für c durch einen Maximalwert vorgegeben wird, und dass die Codierungseinrichtung Speicherelemente (3) und Modulo-2-Addierer (4) aufweist, deren Zahl der Maximalzahl entspricht, und dass Schalter (51, 52,..., 53, 54) vorgesehen sind, durch die die Speicherplätze (3) und Modulo-2-Addierer (4) zu einem Coder entsprechend dem gewählten Wert für c zusammenschaltbar sind.
3. Decoder zur Decodierung von Daten nach einem Fire-Code G (x) = P (x) (1 + xc) mit variabler Redundanz (VRC), wobei P(x) ein irreduzibles Polynom vom Grade m ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Wert für c in vorgegebenen Grenzen frei einstellbar ist.
4. Decoder nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass ein Schieberegister (103) vorgesehen ist, wobei die Länge des Schieberegisters (103) in Abhängigkeit vom Wert für c einstellbar ist.
5. Decoder nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass ein zweites Schieberegister (102) vorgesehen ist, dessen Länge auf einen Wert b einstellbar ist, wobei b auf jeden Fall kleiner als m ist, und wobei durch b die maximale Anzahl der korrigierbaren Bitfehler angegeben wird.
6. Verfahren zur Codierung von Daten nach einem Fire-Code G (x) = P (x) (1 + xc) mit variabler Redundanz (VRC), wobei P(x) ein irreduzibles Polynom vom Grade m ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Wert für c in vorgegebenen Grenzen frei einstellbar ist.
7. Verfahren zur Decodierung von Daten nach einem Fire-Code G (x) = P (x) (1 + xc) mit variabler Redundanz (VRC), wobei P(x) ein irreduzibles Polynom vom Grade m ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Wert für c in vorgegebenen Grenzen frei einstellbar ist.
8. Verfahren nach 7 dadurch gekennzeichnet, dass die Werte b und d (gemäß der Beschreibung) für die Fehlerkorrektur- und Erkennungseigenschaften der eingefügten Redundanz in vorgegebenen Grenzen und gemäß d = c + 1 - b frei einstellbar sind.
9. Verfahren nach 8 dadurch gekennzeichnet, dass die Werte b und d (gemäß der Beschreibung) für die Fehlerkorrektur- und Erkennungseigenschaften der eingefügten Redundanz an die jeweilige Qualität des Übertragungskanals (z. B. Bitfehlerrate) angepasst werden."
Die im Rahmen des Hilfsantrags 3 verteidigten Patentansprüche lauten:
"1. Vorrichtung zur Codierung von Daten nach einem Fire-Code G (x) = P (x) (1 + xc), wobei P(x) ein irreduzibles Polynom vom Grade m ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Wert für c während der Codierung in vorgegebenen Grenzen frei einstellbar ist.
2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die obere Grenze für c durch einen Maximalwert vorgegeben wird, und dass die Codierungseinrichtung Speicherelemente (3) und Modulo-2-Addierer (4) aufweist, deren Zahl der Maximalzahl entspricht, und dass Schalter (51, 52, ..., 53, 54) vorgesehen sind, durch die die Speicherplätze (3) und Modulo-2-Addierer (4) zu einem Coder entsprechend dem gewählten Wert für c zusammenschaltbar sind.
3. Decoder zur Decodierung von Daten nach einem Fire-Code G (x) = P (x) (1 + xc), wobei P(x) ein irreduzibles Polynom vom Grade m ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Wert für c während der Decodierung in vorgegebenen Grenzen frei einstellbar ist.
4. Decoder nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass ein Schieberegister (103) vorgesehen ist, wobei die Länge des Schieberegisters (103) in Abhängigkeit vom Wert für c einstellbar ist.
5. Decoder nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass ein zweites Schieberegister (102) vorgesehen ist, dessen Länge auf einen Wert b einstellbar ist, wobei b auf jeden Fall kleiner als m ist, und wobei durch b die maximale Anzahl der korrigierbaren Bitfehler angegeben wird.
6. Verfahren zur Codierung von Daten nach einem Fire-Code G (x) = P (x) (1 + xc), wobei P(x) ein irreduzibles Polynom vom Grade m ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Wert für c während der Codierung in vorgegebenen Grenzen frei einstellbar ist.
7. Verfahren zur Decodierung von Daten nach einem Fire-Code G (x) = P (x) (1 + xc), wobei P(x) ein irreduzibles Polynom vom Grade m ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Wert für c während der Decodierung in vorgegebenen Grenzen frei einstellbar ist.
8. Verfahren nach 7 dadurch gekennzeichnet, dass die Werte b und d (gemäß der Beschreibung) für die Fehlerkorrektur- und Erkennungseigenschaften der eingefügten Redundanz in vorgegebenen Grenzen und gemäß d = c + 1 - b frei einstellbar sind.
9. Verfahren nach 8 dadurch gekennzeichnet, dass die Werte b und d (gemäß der Beschreibung) für die Fehlerkorrektur- und Erkennungseigenschaften der eingefügten Redundanz an die jeweilige Qualität des Übertragungskanals (z. B. Bitfehlerrate) angepasst werden."
Die im Rahmen des Hilfsantrags 4 verteidigten Patentansprüche lauten:
"1. Vorrichtung zur Codierung von Daten nach einem Fire-Code G (x) = P (x) (1 + xc), wobei P(x) ein irreduzibles Polynom vom Grade m ist und wobei der Wert für c in vorgegebenen Grenzen frei einstellbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Werte b und d für die Fehlerkorrektur- und Erkennungseigenschaften der eingefügten Redundanz in vorgegebenen Grenzen und gemäß d = c + 1 - b frei einstellbar sind.
2. Vorrichtung zur Decodierung von Daten nach einem Fire-Code G (x) = P (x) (1 + xc), wobei P(x) ein irreduzibles Polynom vom Grade m ist und wobei der Wert für c in vorgegebenen Grenzen frei einstellbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Werte b und d für die Fehlerkorrektur- und Erkennungseigenschaften der eingefügten Redundanz in vorgegebenen Grenzen und gemäß d = c + 1 - b frei einstellbar sind.
3. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, wobei b frei einstellbar ist wobei b kleiner als m ist und wobei durch b die maximale Anzahl der korrigierbaren Bitfehler angegeben wird.
4. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, wobei die Werte b und d für die Fehlerkorrektur- und Erkennungseigenschaften der eingefügten Redundanz an die jeweilige Qualität des Übertragungskanals (z. B. Bitfehlerrate) angepasst werden.
5. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, wobei der Wert für c der Bedingung c ³ 2 b - 1 genügt, wobei b maximal den Wert m annehmen kann.
6. Verfahren zur Codierung von Daten nach einem Fire-Code G (x) = P (x) (1 + xc), wobei P(x) ein irreduzibles Polynom vom Grade m ist und wobei der Wert für c in vorgegebenen Grenzen frei einstellbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Werte b und d für die Fehlerkorrektur- und Erkennungseigenschaften der eingefügten Redundanz in vorgegebenen Grenzen und gemäß d = c + 1 - b frei einstellbar sind.
7. Verfahren zur Decodierung von Daten nach einem Fire-Code G (x) = P (x) (1 + xc), wobei P(x) ein irreduzibles Polynom vom Grade m ist und wobei der Wert für c in vorgegebenen Grenzen frei einstellbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Werte b und d für die Fehlerkorrektur- und Erkennungseigenschaften der eingefügten Redundanz in vorgegebenen Grenzen und gemäß d = c + 1 - b frei einstellbar sind.
8. Verfahren nach Anspruch 6 oder 7, wobei b frei einstellbar ist, wobei b kleiner als m ist und wobei durch b die maximale Anzahl der korrigierbaren Bitfehler angegeben wird.
9. Verfahren nach Anspruch 6 oder 7, wobei die Werte b und d für die Fehlerkorrektur- und Erkennungseigenschaften der eingefügten Redundanz an die jeweilige Qualität des Übertragungskanals (z. B. Bitfehlerrate) angepasst werden.
10. Verfahren nach Anspruch 6 oder 7, wobei der Wert für c der Bedingung c ³ 2 b - 1 genügt, wobei b maximal den Wert m annehmen kann."
Die Beklagte tritt der Klage in allen Punkten entgegen und vertritt die Auffassung, dass der Gegenstand des Streitpatents sowohl neu sei als auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Für den Fachmann läge es insbesondere nicht nahe, die Codeauswahl zur Anpassung an unterschiedliche Datenraten mit Hilfe des Parameters c vorzunehmen, die Anpassung während der Codierung vorzunehmen und eine bestimmte Auswahl der Parameter b und d in Abhängigkeit von c vorzusehen ( d = c + 1 - b ).
Die Klägerin hält auch die Gegenstände der hilfsweise verteidigten Fassungen des Streitpatents für nicht patentfähig, insbesondere da diese unklar bzw. nicht ausführbar, unzulässig geändert und zudem nicht neu und nicht erfinderisch seien.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die gewechselten Schriftsätze samt allen Anlagen Bezug genommen.
I.
Die zulässige Klage, mit der der in Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Absatz 1 Buchstabe a EPÜ i. V. m. Artikel 54 Absatz 1, 2 und Artikel 56 EPÜ vorgesehene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist in vollem Umfang begründet.
Die Klage hat Erfolg, weil der Patentgegenstand weder im erteilten Umfang (Hauptantrag), noch im Umfang der Hilfsanträge patentfähig ist.
II.
1. Das Streitpatent betrifft das Gebiet der Kanalcodierung und insbesondere Vorrichtungen und Verfahren zur Codierung und Decodierung von Daten mit einem Fire-Code (vgl. Titel). Bei einem Fire-Code handelt es sich um einen linearen, insbesondere zyklischen Blockcode für die Vorwärtsfehlerkorrektur. Er folgt der grundlegenden Formel G(x) = P(x)(1 + x c ) für das Generatorpolynom, wobei P(x) ein sogenanntes irreduzibles Polynom vom Grade m gemäß der allgemeinen Formel
ist. Die Fehlererkennungs- und -korrekturfähigkeit des Codes werden durch das definierende Polynom P(x) sowie die Größe c bestimmt. Irreduzibel ist ein Polynom, wenn es sich nicht als Produkt zweier nicht invertierbarer Polynome darstellen lässt.
Die Erfindung richtet sich an einen Nachrichtentechniker mit Hochschul- oder Universitätsabschluss und mehrjähriger Berufserfahrung im Entwickeln von Codier- und Decodiervorrichtungen und -verfahren. Von einem solchen Fachmann kann erwartet werden, dass er diverse Codeklassen und deren Eigenschaften kennt. Darüber hinaus verfügt er über Fachwissen bezüglich der Anforderungen an die Fehlerkorrektur- und -erkennung bei der Datenübertragung, wie die Ausnutzung der verfügbaren Bandbreite, Datenratenanpassung und Codewahl.
Fire-Codes sind dem Fachmann als solche - wovon auch in der Streitpatentschrift (vgl. Absatz [0001]) zutreffend ausgegangen wird - allgemein bekannt. Insbesondere werden sie im Rahmen der Kanalcodierung bei der Vorwärtsfehlerkorrektur eingesetzt. Eine nach dem Fire-Code arbeitende Codiervorrichtung fügt den zu übertragenden Daten redundante Informationsanteile ("Redundanz") hinzu, die auf der Empfangsseite zur Fehlererkennung und/oder -korrektur genutzt werden können.
Ausgehend von den aus dem Stand der Technik bekannten Codierungs- und Decodierungsvorrichtungen und -verfahren, wie sie beispielsweise in der DE 30 32 468 C2 (D2) beschrieben sind, soll mit der Lehre des Streitpatents erreicht werden, dass die Redundanz des Fire-Codes in einfacher Weise verändert werden kann. Die variable Redundanz des Codes kann besonders einfach zur Anpassung von Datenraten genutzt werden (vgl. Absatz [0003] der Streitpatentschrift).
2. a) Vor diesem Hintergrund lehrt das Patent in der erteilten Fassung (Hauptantrag), dass der Wert für die Größe c des Generatorpolynoms G(x) = P(x)(1 + x c ) in vorgegebenen Grenzen frei einstellbar sein soll. Durch unterschiedliche Werte der Größe c, die insoweit als Parameter wirkt, wird codierungsseitig eine unterschiedliche Redundanz erzeugt, die jeweils den Bedürfnissen angepasst ist und dann decodierungsseitig zur Fehlererkennung und -korrektur verwendet werden kann.
Die Anweisung, durch Einstellung verschiedener Werte für die Größe c des Generatorpolynoms bedarfsgerechte Generatorpolynome und damit unterschiedliche Redundanz zur Verfügung zu stellen, wird gleichermaßen vorrichtungs- wie verfahrensmäßig jeweils codierungs- und decodierungsseitig umgesetzt (Patentansprüche 1, 3, 6, 7). Das ist zur Überzeugung des Senats aus Sicht des Fachmanns auch zwingend, da anderenfalls eine sinnvolle, durch Codierung und Decodierung geprägte Datenübertragung nicht möglich ist.
b) Der Gegenstand des Streitpatents in der unterschiedlichen Ausprägung der erteilten Nebenansprüche beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Aus der von der Klägerin als Anlage D10 vorgelegten technischen Dokumentation "Error Control Through Coding, Volume III - Variable Redundancy Codes" (siehe oben) ist bekannt, variablen Fehlerschutzanforderungen dadurch gerecht zu werden, dass Fehlerschutzcodes mit variabler Redundanz ("Variable Redundancy Codes", vgl. Titel der Druckschrift, Seite 25, 2. und 3. Absatz) eingesetzt werden. Als ein Beispiel für solche Codes mit variablen Fehlerschutzeigenschaften offenbart die Druckschrift D10 Codepaare aus einem hoch-redundanten Code der Form g 1(x) g 2(x) und einem niedrig-redundanten Code g 1(x) (Seite 42, 2. Absatz). Als spezielles, diesen Ansatz konkretisierendes Beispiel beschreibt die Druckschrift ein Paar von Codes der Form
g 1(x) g 2(x) = x c + 1) p(x)
g 1(x) = (x c + 1) p(x)
(Seite 46). Beide Codes erweisen sich als Fire-Codes mit demselben Grundpolymon p(x), aber mit unterschiedlichen Werten des Parameters c, einerseits dem Wert c und andererseits dem Wert c 1. Dass der erste Code auf einem Generatorpolynom basiert, das sich als Produkt zweier Polynome g 1(x) und g 2(x) darstellt, verletzt die Bildungsregel für den Fire-Code nicht, da lediglich das Grundpolynom p(x) irreduzibel sein muss. Mithin kennt der Fachmann aus der Druckschrift D10 die Verwendung von zwei Fire-Codes, die sich allein in dem Wert der Größe c aus der allgemeinen Formel unterscheiden. Dabei ist dem Fachmann offensichtlich, dass mit zwei Codes nur zwei unterschiedlichen Fehlerschutzanforderungen Genüge getan werden kann.
Steht der Fachmann in Kenntnis der Lehre der Druckschrift D10 vor der technischen Aufgabe, nicht nur zwei unterschiedlichen Fehlerschutzanforderungen, sondern mehreren solcher Anforderungen gerecht zu werden, beispielsweise weil die Übertragungsbedingungen (Sicherheitsbedarf, Bandbreite, sonstige Kanaleigenschaften etc.) nicht nur zwischen zwei Alternativen wechseln, liegt es für den Fachmann zur Überzeugung des Senats geradezu auf der Hand, weitere Fire-Codes vorzusehen, die dann andere Werte für die Größe c aufweisen. Mithin wird der Fachmann unter diesen Umständen den Parameter c in vorbestimmten Grenzen, nämlich in den von den unterschiedlichen Bedingungen vorgegebenen Grenzen, frei einstellen.
Damit werden aber sowohl die Lehre des erteilten Patentanspruchs 1 als auch die Lehren der Nebenansprüche 3, 6 und 7 durch den Stand der Technik nahe gelegt. Keiner der Gegenstände beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
c) Mit den Patentansprüchen 1, 3, 6 und 7 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung kann das Patent somit keinen Bestand haben. Hinsichtlich der auf die einander nebengeordneten Patentansprüche rückbezogenen Unteransprüche 2, 4, 5, 8 und 9 ist ein weitergehender erfinderischer Gehalt von der Beklagten weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 - X ZR 131/02, GRUR 2007, 309 Rn. 42 - Schussfädentransport).
3. a) Im Rahmen des Hilfsantrags 1 verteidigt die Beklagte ihr Patent mit geänderten Patentansprüchen 1 bis 8. Insbesondere ist der erteilte Patentanspruch 1 dadurch geändert worden, dass in ihn Merkmale aus der Beschreibung (Absätze [0006], [0007] der Patentschrift; Seite 2, Zeilen 19-21 und 25-28 der als Druckschrift WO 00/22737 A1 veröffentlichten ursprünglichen Anmeldung) aufgenommen wurden, die den Patentanspruch einschränken sollen.
Der Senat geht davon aus, dass die darüber hinausgehende Änderung des im Anspruch genannten Generatorpolynoms, die darin besteht, dass die Größe c nicht mehr - wie im erteilten Anspruch 1 - als Exponent, sondern als Faktor erscheint, von der Beklagten unbeabsichtigt ist und lediglich einen offensichtlichen Schreibfehler darstellt. Anderenfalls würden durch die Formel bei variabler Größe c nicht unterschiedliche Fire-Codes mit unterschiedlicher Redundanz definiert werden.
b) Mit Hilfsantrag 1 kann die Beklagte das Streitpatent nicht in zulässiger Weise verteidigen. Dem geänderten Patentanspruch 1 mangelt es an der nach Art. 84 EPÜ zu fordernden Deutlichkeit und Klarheit (BGH, Urteil vom 18. März 2010 - Xa ZR 54/06 - GRUR 2010, 709 Tz. 55 - Proxyserversystem).
Zwar sind die in den Anspruch aufgenommenen Merkmale nahezu wortwörtlich der Beschreibung entnommen, aber schon die Offenbarung ist nicht hinreichend deutlich und klar. Die Offenbarungsstelle lautet (vgl. Absätze [0006] und [0007] des Streitpatents):
"In der Figur 1 wird die erfindungsgemäße Codierungsvorrichtung schematisch dargestellt. Die Gesamtvorrichtung nach der Figur 1 ist zur Codierung nach einem Fire-Code ausgebildet. Der Codierer weist einen ersten Teilcodierer 1000 auf, der die Daten 20 erhält und mittels eines irreduziblen Polynoms P (x) codiert. Die Daten 20 wurden mittels einer Modulo 2 Verknüpfung des Eingangs 10 mit dem Ausgang des Teilcodierers 3000 erzeugt.
Der Codierer weist einen zweiten Teilcodierer 3000 auf, der ebenfalls die Daten 20 erhält und gemäß xc × P (x) codiert. Zwischen diesen beiden Teilcodierern befindet sich eine Vorrichtung 2000 zur Erzeugung variabler Redundanz. Die so codierten Daten werden dann am Ausgang 30 ausgelesen."
Die nachfolgend wiedergegebene, in Bezug genommene Figur 1 zeigt jedoch eine Struktur, die mit dem Beschreibungstext nicht in Einklang zu bringen ist.
Nach der Zeichnung werden Eingangsdaten 10 der Codiervorrichtung als Ganzes zugeführt und am Ausgang des Codierers als codierter Datenstrom 30 zur Verarbeitung bzw. zur Übertragung bereitgestellt. Zunächst werden die Eingangsdaten in einem XOR-Glied mit den Daten am Ausgang des Teilcodierers 3000 modulo-2-verknüpft. Die Ausgangsdaten 20 des XOR-Gliedes, das sind nicht mehr die eigentlich zu codierenden Daten, werden anschließend dem ersten Teilcodierer 1000 zugeführt. Dieser Teilcodierer codiert die Daten 20 mittels eines irreduziblen Polynoms P (x). Insoweit besteht Klarheit. Die Daten 20 werden jedoch gemäß der Figur 1 keinem weiteren Teilcodierer, insbesondere auch nicht dem Teilcodierer 3000, zugeführt. Dem letztgenannten Teilcodierer werden vielmehr die Ausgangsdaten des Teilcodierers 2000 zugeführt. Diese werden in dem Teilcodierer 3000 codiert. Dass die Daten 20 dabei allerdings gemäß xc × P (x) codiert werden, ist unvereinbar mit dem in Figur 1 wiedergegebenen Blockschaltbild der Codiervorrichtung, die für die beiden Teilcodierer 1000 und 3000 das gleiche Symbol zeigt. Dass schließlich ein weiterer Teilcodierer 2000 allein für die Zufügung der Redundanz zuständig sein könnte, ist mit dem Grundgedanken der Kodierung mittels Fire-Code unvereinbar und infolge dessen unklar. Die Hinzufügung der Redundanz erfolgt beim Fire-Code im Zusammenspiel aller Elemente der Codiervorrichtung und nicht einer einzelnen Teilvorrichtung, wie dem Teilcodierer 2000. Wie dies dennoch mit der Erfindung erreicht werden könnte, wird in der gesamten Beschreibung nicht angesprochen und bleibt damit völlig offen.
Die im verteidigten Patentanspruch 1 vorgenommenen Änderungen sind folglich unzulässig.
c) Mit dem Anspruch 1 fällt der gesamte Anspruchssatz des Hilfsantrags 1.
Hinzukommt, dass der Anspruchssatz mit den Ansprüchen 5 und 6 ohnehin noch auf Gegenstände gerichtet ist, die sich, wie unter 2.b näher dargelegt, als nicht patentfähig erweisen.
4. a) Der Anspruchssatz gemäß Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von den Ansprüchen des erteilten Patents dadurch, dass in den einander nebengeordneten Ansprüchen 1, 3, 6 und 7 jeweils besonders angegeben ist, dass es sich bei dem Fire-Code um einen solchen mit variabler Redundanz (VRC) handelt.
b) Die eingefügten Präzisierungen können die Patentfähigkeit dieser Ansprüche nicht begründen.
Dass der Fire-Code variable Redundanz aufweist ("Fire-Code … mit variabler Redundanz (VRC)"), versteht der Fachmann dahingehend, dass durch Wahl der Größe c ein Code mit einer bestimmten Redundanz ausgewählt wird, die sich von der Redundanz eines anderen Codes mit einem anderen Wert der Größe c unterscheidet. Dieses Verständnis legt auch der Senat den Ansprüchen zugrunde.
Der vorgenannte Zusammenhang erweist sich für den Fachmann jedoch als Selbstverständlichkeit und als in der allgemeinen Formel G(x) = P(x)(1 + x c ) für das Generatorpolynom von Fire-Codes schon angelegte Eigenschaft dieser Codeklasse. Insoweit heben sich die Gegenstände der im Rahmen des Hilfsantrags 2 verteidigten Nebenansprüche nicht von denen der erteilten Nebenansprüche ab, die sich gegenüber der Druckschrift D10 als nicht erfinderisch erwiesen haben.
c) Bezüglich der Unteransprüche gilt das unter 2.c Ausgeführte entsprechend.
5. a) Der Anspruchssatz gemäß Hilfsantrag 3 unterscheidet sich von den Ansprüchen des erteilten Patents dadurch, dass in den einander nebengeordneten Ansprüchen 1, 3, 6 und 7 jeweils angegeben ist, dass die Einstellung des Wertes für c während der Codierung erfolgt.
b) Die eingefügten Präzisierungen können die Patentfähigkeit dieser Ansprüche nicht begründen.
Das hinzugefügte Merkmal kann nämlich weder der Patentschrift noch der ursprünglichen Anmeldung entnommen werden. Bezüglich des Zeitpunkts der Einstellung des Parameters c auf einen bestimmten Wert schweigt die Anmeldung und das Patent. Dass überhaupt die Möglichkeit zur Änderung besteht und von dieser Möglichkeit einer Änderung im Rahmen der Erfindung auch Gebrauch gemacht werden kann, ist Gegenstand des erteilten Patents. Das geht aber nicht über das hinaus, was - wie oben dargelegt - auch der Stand der Technik den Fachmann lehrt, nämlich den jeweils zu verwendenden Code in Abhängigkeit von konkreten Übertragungsanforderungen vor der Codierung festzulegen.
Die Angabe "während der Codierung" kann vom Fachmann sinnvoll nur so verstanden werden, dass der Parameter c vor der Codierung eines zu übertragenden Datenblocks eingestellt wird. Wie eine Änderung des Parameters c ansonsten während der Codierung, also innerhalb eines Datenblocks, erfolgen könnte, ist weder offenbart, noch für den Fachmann etwa durch sein Fachwissen ersichtlich.
Mithin kann die Beklagte das Patent nicht mit Ansprüchen verteidigen, die die genannte Änderung enthalten. Dies betrifft gleichermaßen die einander nebengeordneten Patentansprüche 1, 3, 6 und 7.
c) Bezüglich der Unteransprüche gilt das unter 2.c Ausgeführte entsprechend.
6. a) Die Beklagte verteidigt das Patent weiter hilfsweise mit einem Anspruchssatz, bei dem codier- und decodierseitig, sowohl vorrichtungs- als auch verfahrensmäßig vorgesehen ist, dass die Werte b und d für die Fehlerkorrektur- und Erkennungseigenschaften der eingefügten Redundanz in vorgegebenen Grenzen und gemäß der Formel d = c + 1 - b frei einstellbar sind (Hilfsantrag 4).
Der Senat legt den Anspruch dahingehend aus, dass der Wert b die Länge eines Bündelfehlers bezeichnet, der noch mit Hilfe des jeweiligen Codes korrigiert werden kann (Spalte 4, Zeilen 45-47; Spalte 5, Zeilen 2-3 der Patentschrift), und d die Länge eines erkennbaren Bündelfehlers eines Datenrahmens bezeichnet (Spalte 5, Zeilen 1-2 der Patentschrift). Insbesondere bezeichnen die Werte b und d jeweils die Maximallängen der entsprechenden Bündelfehler. Beide Parameter beschreiben somit die Grenzen der Erkennbarkeit und Korrigierbarkeit von Fehlern bei der Verwendung eines bestimmten Codes. Sie sind insoweit zugleich ein Maß für die Fehlererkennung- und -korrektureigenschaften des Codes.
b) Ausgehend von der Definition der Werte b und d und unter Berücksichtigung sowohl der ursprünglichen Offenbarung als auch des Wortlauts des erteilten Patents, erweist sich die Aufnahme des hinzugefügten Merkmals in die die Codierungsseite betreffenden Ansprüche 1 und 6 als unzulässig.
Die Berücksichtigung des Zusammenhangs zwischen den Größen b und d ist nämlich ausschließlich in Verbindung mit der Decodierseite und insbesondere im Zusammenhang mit dem Decodierverfahren offenbart, wie sich unmittelbar aus dem alleinigen Rückbezug des dahingehenden, erteilten Patentanspruchs 8 auf den erteilten Patentanspruch 7 ergibt. Auch die Ausführungen in der Beschreibung des Streitpatents (Absatz [0017] ff.) offenbaren in keiner Weise, dass die Werte b und d zur freien Disposition ("frei einstellbar") auf der Codierseite bereitstünden.
Selbst wenn man zugunsten der Beklagten die Zulässigkeit der Änderung unterstellen würde, führte das nicht zu patentfähigen Ansprüchen 1 und 6.
Denn der Zusammenhang zwischen den maximalen Längen erkennbarer bzw. korrigierbarer Bündelfehler bei Fire-Codes ist schon aus der deutschen Patentschrift DE 30 32 468 C2 (Druckschrift D2) bekannt (vgl. dort Spalte 4, Zeilen 5-13), nachdem dort offenbart ist:
"Mit diesem Fire-Code kann jedes einzelne Fehlerbündel der Länge b 0 oder kleiner b 0 korrigiert und gleichzeitig jedes Bündel, dessen Länge kleiner oder gleich d ³b 0 ist, erkannt werden, sofern c ³b 0 + d - 1 und m ³b 0 ³b c ist, wobei b 0 die Länge bzw. Bitzahl eines maximal fehlerkorrigierbaren Einzelbündels, b c die implementierte Korrigierbarkeit und d die Länge bzw. Bitzahl eines erkennbaren Fehlerbündels bedeuten."
Der Wert b 0 gemäß Druckschrift D2 ist nichts anderes als der anspruchsgemäße Wert b und der Maximalwert für den Wert d ergibt sich gemäß der Druckschrift D2 im Fall c = b 0 + d - 1. Nach Umstellung der Gleichung ergibt sich unmittelbar d = c + 1 - b 0, oder mit den anspruchsgemäßen Symbolen unmittelbar der anspruchsgemäße Zusammenhang d = c + 1 - b. Dies ist somit trivial und kann jedenfalls das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit nicht begründen.
c) Bezüglich Nebenanspruch 2, der eine Vorrichtung zur Decodierung von Daten betrifft, fehlt es an einer ursprünglichen Offenbarung des hinzugefügten Merkmals. Die Offenbarung des Merkmals ist auf das Verfahren zur Decodierung beschränkt. Im Übrigen beruht der Gegenstand des Nebenanspruchs 2 ausgehend vom Stand der Technik, wie er aus den Druckschriften D10 und D2 bekannt ist, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Erwägungen unter Punkt 6.b gelten diesbezüglich entsprechend.
d) Nebenanspruch 7 gemäß Hilfsantrag 4 ist demgegenüber zulässig, weil er dem ursprünglich eingereichten sowie dem erteilten Patentanspruch 8 nach Auflösung der Rückbeziehung auf den ursprünglich eingereichten sowie erteilten Anspruch 7 entspricht. Der Entfall des Klammereinschubs "…(gemäß der Beschreibung)…" gegenüber dem ursprünglich eingereichten Patentanspruch 8 ändert hieran nichts. Der so definierte Gegenstand des Nebenanspruchs 7 beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die freie Einstellbarkeit der Werte b und d unter Berücksichtigung des Zusammenhangs d = c + 1 - b spiegelt lediglich den Zusammenhang zwischen erkennbaren Fehlern einerseits und korrigierbaren Fehlern andererseits wieder, wie er dem Fachmann hinlänglich aus seinem Fachwissen, insbesondere aber auch aus der Druckschrift D2 bekannt ist. Diesen Zusammenhang auch verfahrensmäßig abzubilden, liegt für den Fachmann auf der Hand.
e) Hinsichtlich der auf die Nebenansprüche rückbezogenen Unteransprüche 3 bis 5 und 8 bis 10 ist ein weitergehender erfinderischer Gehalt von der Beklagten weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 - X ZR 131/02, GRUR 2007, 309 Rn. 42 - Schussfädentransport).
7. Nach alledem kann das Patent in keiner der verteidigten Fassungen Bestand haben.
III.
Als Unterlegene hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG, § 709 ZPO.