Entscheidungsdatum: 25.05.2011
In der Patentnichtigkeitssache
…
…
betreffend das europäische Patent 1 316 199
(DE 501 08 026)
hat der 5. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25. Mai 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Gutermuth, der Richterin Dr. Mittenberger-Huber sowie der Richter Dipl.-Ing. Gottstein, Dipl.-Ing. Kleinschmidt und Dipl.-Ing. Musiol
für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 316 199 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 30. August 2001 unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Patentanmeldung 100 43 284.0 angemeldeten, mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 316 199 (Streitpatent), das ein "Funkgerät" betrifft. Das in deutscher Sprache abgefasste Streitpatent wird vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 501 08 026 geführt. Es umfasst acht Patentansprüche, von denen Patentanspruch 1 folgenden Wortlaut hat:
"1. Funkgerät (1) mit einer Schnittstelle zum Empfang wenigstens einer Nachricht und mit einer Anzeigevorrichtung (16), wobei die Anzeigevorrichtung vorgesehen ist, wenigstens einen eingeschalteten und wenigstens einen ausgeschalteten Betriebszustand einzunehmen, gekennzeichnet durch folgende Merkmale:
- das Funkgerät (1) umfasst einen Nachrichtenindikator (15), wobei der Eingang der Nachricht durch den Nachrichtenindikator (15) mittels einer Signalisierung unabhängig vom Betriebszustand der Anzeigevorrichtung (16) signalisierbar ist,
- der Nachricht ist wenigstens ein Nachrichtenparameter zugeordnet,
- das Funkgerät (1) weist Mittel zur Auswertung des Nachrichtenparameters auf, wobei die Signalisierung in Abhängigkeit der Auswertung des Nachrichtenparameters vorgesehen ist."
Bezüglich der Patentansprüche 2 bis 8 wird auf die Patentschrift EP 1 316 199 B1 Bezug genommen.
Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig. Er sei nicht neu, beruhe aber jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Sie verweist insbesondere auf die vorveröffentlichten Druckschriften JP 10-164664 A (K8) und US 6,018,232 (K11), die sie für neuheitsschädlich hält. Des Weiteren ist sie der Auffassung, dass der Patentgegenstand in dem Gerät "Nokia 9000 Communicator" offenkundig vorbenutzt worden sei.
Sie beruft sich zur Begründung ihrer Klage auf folgende vorveröffentlichte Druckschriften:
K5 DE 43 32 758 A1
K6 DE 198 57 902 A1
K7 DE 197 24 995 A1
K8 JP 10-164664 A
K9 deutsche Übersetzung der K8
K10 EP 0 494 525 B1
K11 US 6,018,232
K12 DE 198 23 882 A1
K13 NOKIA [Hrsg.]: "User’s Manual" für das Gerät "Nokia 9000i Communicator", 1998
K14 US 5,946,636
K18 ROCKMAN, Simon: Nokia 9000. In: MOBILE and cellphone magazine, Mai 1996, Seiten 42-44
K19 Nokia 9000 Communicator. In: MOBILE and cellphone magazine, November 1996, Seiten 23-28
K20 JOLAOSO, Ronke: inspecting gadgets. In: MOBILE and cellphone magazine, April 1997, Seiten 40-41
K21 mobile communications. In: MOBILE and cellphone magazine, September 1997, Seiten 20-21.
Die Klägerin legt darüber hinaus die Anlage
K17 Wikipedia-Artikel "Nokia Communicator"
vor, ohne Angaben zur Veröffentlichung zu machen. Außerdem legt sie ein funktionsfähiges Mobilfunkgerät vom Typ "Nokia 9000 Communicator" samt Zubehör zur Inaugenscheinnahme vor. Sie verweist ferner auf eine Reihe von Fotos dieses Gerätes (Anlage K16).
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 1 316 199 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen das Patent im Umfang des im Termin übergebenen neuen Hauptantrags richtet.
Hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent in den Fassungen der in der mündlichen Verhandlung übergebenen Hilfsanträge I bis III sowie des Hilfsantrags IV vom 25. März 2011.
Die geltenden Anträge haben folgenden Wortlaut:
Hauptantrag :
"1. Funkgerät (1) mit einer Schnittstelle zum Empfang wenigstens einer Nachricht und mit einer Anzeigevorrichtung (16), wobei die Anzeigevorrichtung vorgesehen ist, wenigstens einen eingeschalteten und wenigstens einen ausgeschalteten Betriebszustand einzunehmen, gekennzeichnet durch folgende Merkmale:
- das Funkgerät (1) umfasst einen Nachrichtenindikator (15), wobei der Eingang der Nachricht durch den Nachrichtenindikator (15) mittels einer Signalisierung unabhängig vom Betriebszustand der Anzeigevorrichtung (16) signalisierbar ist,
- der Nachricht ist wenigstens ein Nachrichtenparameter zugeordnet,
- das Funkgerät (1) weist Mittel zur Auswertung des Nachrichtenparameters auf, wobei die Signalisierung in Abhängigkeit der Auswertung des Nachrichtenparameters vorgesehen ist, und
- der Nachrichtenindikator ist eine Leuchtdiode.
2. Funkgerät (1) nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass als Nachrichtenparameter die Anzahl der wenigstens einen eingegangenen Nachricht und/oder der Typ der wenigstens einen eingegangenen Nachricht und/oder der Absender der wenigstens einen eingegangenen Nachricht vorgesehen ist.
3. Funkgerät (1) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Nachrichtenindikator (15) ein Ausgabesignal vorsieht und dass die Signalisierung durch wenigstens eine vorgegebene Intensität und/oder Intensitätsänderung des Ausgabesignals vorgesehen ist.
4. Funkgerät (1) nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Anzahl der wenigstens einen Intensitätsänderung einem Vielfachen der Anzahl der wenigstens einen eingegangenen Nachricht entspricht.
5. Funkgerät (1) nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Ausgabesignal ein optisches Signal ist und dass die Signalisierung durch eine vorgegebene Farbe und/oder Farbänderung des Ausgabesignals vorgesehen ist.
6. Funkgerät (1) nach Anspruch 3 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass der Nachrichtenindikator (15) eine Leuchtdiode ist.
7. Funkgerät (1) nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass eine Betriebsinformation durch den Nachrichtenindikator (15) mittels einer weiteren Signalisierung signalisierbar ist.
8. Funkgerät (1) nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass eine Betriebsinformation durch einen weiteren Nachrichtenindikator mittels einer weiteren Signalisierung signalisierbar ist."
Hilfsantrag I :
"1. Funkgerät (1) mit einer Schnittstelle zum Empfang wenigstens einer Nachricht und mit einer Anzeigevorrichtung (16), wobei die Anzeigevorrichtung vorgesehen ist, wenigstens einen eingeschalteten und wenigstens einen ausgeschalteten Betriebszustand einzunehmen, gekennzeichnet durch folgende Merkmale:
- das Funkgerät (1) umfasst einen Nachrichtenindikator (15), wobei der Eingang der Nachricht durch den Nachrichtenindikator (15) mittels einer Signalisierung unabhängig vom Betriebszustand der Anzeigevorrichtung (16) signalisierbar ist,
- der Nachricht ist wenigstens ein Nachrichtenparameter zugeordnet,
- das Funkgerät (1) weist Mittel zur Auswertung des Nachrichtenparameters auf, wobei die Signalisierung in Abhängigkeit der Auswertung des Nachrichtenparameters vorgesehen ist,
- als Nachrichtenparameter ist der Typ der wenigstens einen eingegangenen Nachricht vorgesehen,
- der Nachrichtenindikator (15) sieht ein optisches Ausgabesignal vor und die Signalisierung ist durch eine vorgegebene Farbe und vorgegebene Intensitätsänderungen des Ausgabesignals vorgesehen, und der Nachrichtenindikator (15) ist eine Leuchtdiode.
2. Funkgerät (1) nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Anzahl der wenigstens einen Intensitätsänderung einem Vielfachen der Anzahl der wenigstens einen eingegangenen Nachricht entspricht.
3. Funkgerät (1) nach Anspruch 1 dadurch gekennzeichnet, dass eine Betriebsinformation durch den Nachrichtenindikator (15) mittels einer weiteren Signalisierung signalisierbar ist.
4. Funkgerät (1) nach Anspruch 1 dadurch gekennzeichnet, dass eine Betriebsinformation durch einen weiteren Nachrichtenindikator mittels einer weiteren Signalisierung signalisierbar ist."
Hilfsantrag II :
"1. Funkgerät (1) mit einer Schnittstelle zum Empfang wenigstens einer Nachricht und mit einer Anzeigevorrichtung (16), wobei die Anzeigevorrichtung vorgesehen ist, wenigstens einen eingeschalteten und wenigstens einen ausgeschalteten Betriebszustand einzunehmen, gekennzeichnet durch folgende Merkmale:
- das Funkgerät (1) umfasst einen Nachrichtenindikator (15), wobei der Eingang der Nachricht durch den Nachrichtenindikator (15) mittels einer Signalisierung unabhängig vom Betriebszustand der Anzeigevorrichtung (16) signalisierbar ist,
- der Nachricht ist wenigstens ein Nachrichtenparameter zugeordnet,
- das Funkgerät (1) weist Mittel zur Auswertung des Nachrichtenparameters auf, wobei die Signalisierung in Abhängigkeit der Auswertung des Nachrichtenparameters vorgesehen ist,
- als Nachrichtenparameter ist der Typ der wenigstens einen eingegangenen Nachricht vorgesehen, wobei eine E-Mail-Nachricht einen Typ einer eingegangenen Nachricht darstellt,
- der Nachrichtenindikator (15) sieht ein optisches Ausgabesignal vor und die Signalisierung ist durch eine vorgegebene Farbe und vorgegebene Intensitätsänderungen des Ausgabesignals vorgesehen, und der Nachrichtenindikator (15) ist eine Leuchtdiode.
2. Funkgerät (1) nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Anzahl der wenigstens einen Intensitätsänderung einem Vielfachen der Anzahl der wenigstens einen eingegangenen Nachricht entspricht.
3. Funkgerät (1) nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass eine Betriebsinformation durch den Nachrichtenindikator (15) mittels einer weiteren Signalisierung signalisierbar ist.
4. Funkgerät (1) nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass eine Betriebsinformation durch einen weiteren Nachrichtenindikator mittels einer weiteren Signalisierung signalisierbar ist."
Hilfsantrag III :
"1. Funkgerät (1) mit einer Schnittstelle zum Empfang wenigstens einer Nachricht und mit einer Anzeigevorrichtung (16), wobei die Anzeigevorrichtung vorgesehen ist, wenigstens einen eingeschalteten und wenigstens einen ausgeschalteten Betriebszustand einzunehmen, gekennzeichnet durch folgende Merkmale:
- das Funkgerät (1) umfasst einen Nachrichtenindikator (15), wobei der Eingang der Nachricht durch den Nachrichtenindikator (15) mittels einer Signalisierung unabhängig vom Betriebszustand der Anzeigevorrichtung (16) signalisierbar ist,
- der Nachricht ist wenigstens ein Nachrichtenparameter zugeordnet,
- das Funkgerät (1) weist eine Auswerteeinheit (20) zur Auswertung des Nachrichtenparameters auf, wobei die Signalisierung in Abhängigkeit der Auswertung des Nachrichtenparameters vorgesehen ist,
- als Nachrichtenparameter ist der Typ der wenigstens einen eingegangenen Nachricht vorgesehen, wobei eine E-Mail-Nachricht einen Typ einer eingegangenen Nachricht darstellt und die Auswertung sich auf den Text der Nachricht bezieht und als Auswahlkriterium das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein des Wortes "E-Mail" verwendet wird,
- der Nachrichtenindikator (15) sieht ein optisches Ausgabesignal vor und die Signalisierung ist durch eine vorgegebene Farbe und vorgegebene Intensitätsänderungen des Ausgabesignals vorgesehen, und
- der Nachrichtenindikator (15) ist eine Leuchtdiode.
2. Funkgerät (1) nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Anzahl der wenigstens einen Intensitätsänderung einem Vielfachen der Anzahl der wenigstens einen eingegangenen Nachricht entspricht.
3. Funkgerät (1) nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass eine Betriebsinformation durch den Nachrichtenindikator (15) mittels einer weiteren Signalisierung signalisierbar ist.
4. Funkgerät (1) nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass eine Betriebsinformation durch einen weiteren Nachrichtenindikator mittels einer weiteren Signalisierung signalisierbar ist."
Hilfsantrag IV :
"1. Funkgerät (1) mit einer Schnittstelle zum Empfang wenigstens einer Nachricht und mit einer Anzeigevorrichtung (16), wobei die Anzeigevorrichtung vorgesehen ist, wenigstens einen eingeschalteten und wenigstens einen ausgeschalteten Betriebszustand einzunehmen, gekennzeichnet durch folgende Merkmale:
- das Funkgerät (1) umfasst einen Nachrichtenindikator (15), wobei der Eingang der Nachricht durch den Nachrichtenindikator (15) mittels einer Signalisierung unabhängig vom Betriebszustand der Anzeigevorrichtung (16) signalisierbar ist,
- der Nachricht ist wenigstens ein Nachrichtenparameter zugeordnet,
- das Funkgerät (1) weist Mittel zur Auswertung des Nachrichtenparameters auf, wobei die Signalisierung in Abhängigkeit der Auswertung des Nachrichtenparameters vorgesehen ist,
- als Nachrichtenparameter ist die Anzahl der wenigstens einen eingegangenen Nachricht vorgesehen,
- der Nachrichtenindikator (15) sieht ein optisches Ausgabesignal vor und die Signalisierung ist durch vorgegebene Intensitätsänderungen des Ausgabesignals vorgesehen, wobei die Anzahl der Intensitätsänderungen einem Vielfachen der Anzahl der wenigstens einen eingegangenen Nachricht entspricht, und
- der Nachrichtenindikator (15) ist eine Leuchtdiode.
2. Funkgerät (1) nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass eine Betriebsinformation durch den Nachrichtenindikator (15) mittels einer weiteren Signalisierung signalisierbar ist.
3. Funkgerät (1) nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass eine Betriebsinformation durch einen weiteren Nachrichtenindikator mittels einer weiteren Signalisierung signalisierbar ist."
Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält das Streitpatent für patentfähig. Die von der Klägerin zur Begründung herangezogenen Druckschriften nehmen den Patentgegenstand weder neuheitsschädlich vorweg, noch führten sie den Fachmann ohne das Hinzutreten erfinderischer Tätigkeit zu ihm hin. Das in Augenschein genommene Gerät "Nokia 9000 Communicator" enthalte keinen Hinweis darauf, dass der Eingang einer Nachricht tatsächlich zwingend - unabhängig vom Zustand der Hauptnachricht - signalisiert werde. Auch eine Zusammenschau der Druckschrift K8 mit den Unterlagen K16 (Fotos des Gerätes "Nokia 9000 Communicator") führe nicht zum Patentanspruch 1.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen Bezug genommen.
I. Die Klage, mit der der Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ i. V. m. Art. 52 bis Art. 57 EPÜ), und zwar insbesondere fehlende Neuheit (Art. 54 i. V. m. Art. 52 Abs. 1 EPÜ) und mangelnde erfinderische Tätigkeit (Art. 56 i. V. m. Art. 52 Abs. 1 EPÜ) geltend gemacht wird, ist zulässig und begründet.
Das Streitpatent ist, nachdem es in einer eingeschränkten Fassung verteidigt wird, in dem Umfang, in dem es nicht mehr verteidigt wird, ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2006 - X ZR 236/01, BGHZ 170, 215 Tz. 15 - Carvedilol II m. w. N.; vgl. Benkard/Rogge, Patentgesetz, 10. Aufl., § 22 Rn. 50 m. w. N.).
Die weitergehende Klage hat ebenfalls Erfolg, weil der Patentgegenstand weder im Umfang des Hauptantrages, noch im Umfang der Hilfsanträge patentfähig ist.
II. 1. Die Erfindung betrifft ein Funkgerät mit einer Schnittstelle zum Empfang wenigstens einer Nachricht und mit einer Anzeigevorrichtung, wobei die Anzeigevorrichtung vorgesehen ist, wenigstens einen eingeschalteten und wenigstens einen ausgeschalteten Betriebszustand einzunehmen.
Sie geht davon aus, dass es in Mobilfunksystemen, wie beispielsweise nach dem GSM-Standard (groupe speciale mobile) funktionierende Mobilfunksysteme, vorgesehen ist, dass Teilnehmer in Mobilfunknetzen Kurznachrichten senden und empfangen können. Ein Beispiel für einen solchen Kurznachrichtendienst ist der sogenannte SMS-Dienst (Short Message Service). Der Eingang einer solchen Kurznachricht wird bei typischen Mobilfunktelefonen dem Adressaten durch eine entsprechende Anzeige im Display des Telefons mitgeteilt (Absatz [0001] der Patentschrift).
Mit dem Patentgegenstand soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass dem Benutzer ohne Änderung des Betriebszustands der Anzeigevorrichtung mitgeteilt werden kann, dass eine Nachricht, beispielsweise eine Kurznachricht, für ihn eingetroffen ist (Absatz [0003] der Patentschrift).
Damit richtet sich die Lehre des Streitpatents ihrem Inhalt nach allgemein an einen Elektroingenieur mit Fachhochschulabschluss und mehrjähriger Berufserfahrung im Entwickeln von Funkgeräten, insbesondere Mobilfunkgeräten, wie z. B. Mobiltelefonen. Von einem solchen Fachmann kann erwartet werden, dass er über Kenntnisse im Bereich der Entwicklung einer bedienerfreundlichen Mensch-Maschine-Schnittstelle verfügt.
2. a) Zur Lösung der genannten Aufgabe sieht der verteidigte Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ein Funkgerät vor, das nach Merkmalen gegliedert wie folgt charakterisiert ist:
(1) Funkgerät
(2) mit einer Schnittstelle zum Empfang wenigstens einer Nachricht
(3) und mit einer Anzeigevorrichtung,
(3.1) wobei die Anzeigevorrichtung vorgesehen ist, wenigstens einen eingeschalteten und
(3.2) wenigstens einen ausgeschalteten Betriebszustand einzunehmen.
(4) Das Funkgerät umfasst einen Nachrichtenindikator,
(4.1) wobei der Eingang der Nachricht durch den Nachrichtenindikator mittels einer Signalisierung,
(4.2) unabhängig vom Betriebszustand der Anzeigevorrichtung signalisierbar ist und
(4.3) der Nachrichtenindikator eine Leuchtdiode ist.
(5) Der Nachricht ist wenigstens ein Nachrichtenparameter zugeordnet.
(6) Das Funkgerät weist Mittel zur Auswertung des Nachrichtenparameters auf.
(7) Die Signalisierung ist vorgesehen
(7.1) in Abhängigkeit der Auswertung des Nachrichtenparameters.
Einige der im Anspruch verwendeten Begriffe bedürfen der näheren Erläuterung. Der Senat legt dem Anspruch folgendes Verständnis zu Grunde:
Der Begriff "Funkgerät" (Merkmal 1) bezeichnet jedwede technische Vorrichtung, die in der Lage ist, Funkwellen zu verarbeiten. Die Fähigkeit des Funkgeräts, selbst auch Funkwellen auszusenden, ist nicht notwendig, wie sich schon aus dem Merkmal 2 ergibt.
Unter einer "Anzeigevorrichtung" (Merkmale 3, 3.1, 3.2, 4.2) wird eine Vorrichtung verstanden, die etwas anzeigen kann, mithin eine optisch wahrnehmbare Information wiedergeben kann. Typischerweise handelt es sich um ein sogenanntes Display, wobei es allerdings auf die Größe, Funktionsweise etc. nicht ankommt, sondern lediglich von Belang ist, dass die Vorrichtung einen eingeschalteten (Merkmal 3.1) und einen ausgeschalteten Betriebszustand (Merkmal 3.2) einnehmen kann.
Die Begriffe "eingeschalteter Betriebszustand" (Merkmal 3.1) und "ausgeschalteter Betriebszustand" (Merkmal 3.2) sind weit auszulegen und beschreiben nicht nur die herkömmlichen Zustände "Ein" und "Aus". So wird beispielsweise dem Begriff "ausgeschalteter Betriebszustand" nicht allein die Bedeutung zugeordnet, dass die Anzeigevorrichtung in diesem Zustand vollständig abgeschaltet und deaktiviert ist. Dieses weite Verständnis ergibt sich aus dem Zusatz "wenigstens einen", der vom Fachmann nur so verstanden werden kann, dass es auch mehrere qualitativ unterscheidbare ein- bzw. ausgeschaltete Betriebszustände geben kann, die sich beispielsweise im Grad des "Ausgeschaltetseins" unterscheiden. Das bedeutet, dass auch ein Zustand, in dem die Anzeige auf bestimmte Teile der Anzeigevorrichtung eingeschränkt ist, als ausgeschaltet anzusehen ist.
Der Begriff "Nachricht" (Merkmale 2, 4.1, 5) wird mangels einer einengenden Definition in Beschreibung und Ansprüchen des Streitpatents als sehr umfassend verstanden und bezeichnet jede Art von Information oder Signal, die vom Funkgerät empfangen werden kann.
Unter einem "Nachrichtenindikator" als solchen (Merkmale 4, 4.1) wird jede Einrichtung verstanden, die einen Hinweis auf eine Nachricht oder den Nachrichteneingang (Merkmal 4.1) liefern kann. Dazu gehören nicht nur Anzeigevorrichtungen. Vom Begriff umfasst wird auch jede andere Art von Einrichtung angesehen, die eine wahrnehmbare Signalisierung, wie z. B. eine akustische [Klingelton] oder mechanische [Vibration], ermöglicht. Nur soweit durch Merkmal 4.3 definiert ist, dass der Nachrichtenindikator eine Leuchtdiode ist, erfährt der Begriff des Nachrichtenindikators eine Einschränkung. Im Übrigen wird der Fachmann verstehen, dass der Nachrichtenindikator nicht Teil der Anzeigevorrichtung selbst, sondern eine davon physisch getrennte Einrichtung ist. Der Senat geht bei dieser Auslegung davon aus, dass die vom Nachrichtenindikator vorgenommene Signalisierung gemäß Merkmal 4.2 unabhängig zum Betriebszustand der Anzeigevorrichtung erfolgen soll. Wäre der Nachrichtenindikator selbst Teil der Anzeigevorrichtung, wäre er nicht in der Lage, unabhängig von deren Zustand, d. h. in jedem denkbaren Zustand der Anzeigevorrichtung, zu signalisieren.
Der Begriff "Nachrichtenparameter" (Merkmale 5, 6, 7.1) bezeichnet eine die Nachricht beschreibende Information (griechisch: παρά = zu; μέτρον = Maß), die mit der Nachricht selbst eng verbunden sein kann, aber nicht verbunden sein muss. Der Nachrichtenparameter ist der Nachricht nämlich "zugeordnet", wobei das diesbezügliche Merkmal keine Einschränkung dahingehend definiert, durch welche Mittel und zu welchem Zeitpunkt die Zuordnung erfolgt. Somit ist das Merkmal 5, nach dem der Nachricht wenigstens ein Nachrichtenparameter zugeordnet ist, kein Merkmal des beanspruchten Funkgeräts als solchen, sondern ein Merkmal der mit dem Funkgerät empfangbaren und auswertbaren (verarbeitbaren) Nachricht. Das Merkmal bestimmt das Funkgerät lediglich insoweit, dass es die Fähigkeit haben muss, eine Nachricht empfangen zu können und den der Nachricht zugeordneten Nachrichtenparameter auswerten zu können, wozu ausdrücklich in den Merkmalen 2 und 6 entsprechende Mittel vorgesehen sind. Das hat zur Folge, dass das Merkmal 5 als solches für die Beurteilung der Patentfähigkeit des Patentgegenstandes außer Betracht bleiben kann. Jegliche Implikationen werden von den übrigen Merkmalen aufgefangen.
Den Begriff "Auswertung" (Merkmale 6, 7.1) legt der Senat dahingehend aus, dass hierunter Berechnungen, Vergleiche, Analysen und sonstige Methoden der Beurteilung des Wertes oder des Bedeutungsgehalts des Nachrichtenparameters verstanden werden. Von dem Begriff nicht umfasst ist allerdings die Bestimmung des Wertes des Nachrichtenparameters. Die Bestimmung des Wertes des Nachrichtenparameters wäre ein der Auswertung desselben vorausgehender Schritt.
b) Der so verstandene Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag wird durch die Druckschrift JP 10-164664 A (K8) neuheitsschädlich vorweggenommen.
Aus der Druckschrift K8 ist ein Mobiltelefon, mithin ein Funkgerät (Titel der Erfindung; Merkmal 1), als bekannt entnehmbar, das zum Datenempfang und insbesondere zum Nachrichtenempfang eingerichtet ist und demzufolge eine Schnittstelle zum Empfang wenigstens einer Nachricht (Patentansprüche 1, 3; Merkmal 2) und eine Displayeinheit 2, mithin eine Anzeigevorrichtung, aufweist (Patentanspruch 1, Absatz 0008, Figur 2; Merkmal 3). Die Anzeigevorrichtung ist - für den Fachmann selbstverständlich - vorgesehen, wenigstens einen eingeschalteten Betriebszustand einzunehmen (Merkmal 3.1).
Die Displayeinheit 2 kann infolge der mit einem Klappscharnier 5A versehenen Gehäusekonstruktion zwei Positionen einnehmen: eine Position, in der das Telefon zusammengeklappt ist und eine Position, in der das Telefon aufgeklappt ist. Der jeweilige Zustand des Telefons wird - sofern das Telefon überhaupt eingeschaltet ist - mittels eines Schalters 210 detektiert und in einer Schaltung 160 ausgewertet. Es ist zwar in der Druckschrift nicht unmittelbar und eindeutig offenbart, dass die Displayeinheit in der Position, in der das Mobiltelefon zusammengeklappt ist, ausgeschaltet wäre, sondern lediglich, dass es von der Eingabeeinheit 3 verdeckt und damit nicht sichtbar ist (Absatz 0013). Es ist aber in Bezug auf ein aus dem Stand der Technik prinzipiell bekanntes Telefon, bei dem die beschriebene Erfindung zum Einsatz kommen soll, beschrieben, dass die Anzeige auf dem Display im zusammengeklappten Zustand mit dem Ziel, den Verbrauch an elektrischer Energie zu vermindern, auf bestimmte Inhalte eingeschränkt ist (Absatz 0003). Insoweit versteht der Fachmann auch ohne ausdrückliche Offenbarung, dass die Displayeinheit in der Lage ist, "wenigstens einen ausgeschalteten Betriebszustand einzunehmen" (Merkmal 3.2). Ein weiterer "ausgeschalteter Betriebszustand" ergibt sich zudem, wenn das Telefon als Ganzes vollständig ausgeschaltet ist. Auch insoweit bedarf es für den Fachmann keiner ausdrücklichen Offenbarung in der Druckschrift.
Das aus der Druckschrift K8 als bekannt entnehmbare Mobiltelefon weist eine Zustandsanzeigeeinheit (LEDs 4A, 4B) auf, welche in der Lage ist, verschiedene Klassen von Empfangs- und Gerätezuständen in jeweils unterschiedlicher Art durch Aufblinken und/oder Farbwechsel anzuzeigen (Patentanspruch 1, Absatz 0008). Dadurch, dass auch Empfangszustände, wie z. B der Eingang einer E-Mail signalisiert werden können (Absätze 0011, 0023), handelt es sich bei der Zustandsanzeigeeinheit praktisch zugleich um einen Nachrichtenindikator (Merkmale 4, 4.1) in Form einer Leuchtdiode (LEDs 4A, 4B; Merkmal 4.3).
Das Gerät ist in der Lage, zwischen eingehenden Anrufen und eingehenden Daten (Nachrichten) zu unterscheiden (Absätze 0002, 0021). Dabei ist den Nachrichten wenigstens ein Nachrichtenparameter, z. B. ein Datentransferfähigkeitscode, zugeordnet (Absatz 0021, Figur 5B; Merkmal 5), der von dem Mobiltelefon (zumindest zur Erkennung der Nachricht als solcher) in der Einrichtung 131, die der Unterscheidung von Sprache und Daten dient, ausgewertet wird (Absatz 0021; Merkmal 6). Die Signalisierung erfolgt dann auch in Abhängigkeit von der Auswertung des Parameters, indem z. B. bei Vorhandensein eines Datentransferfähigkeitscodes mit Hilfe des als Nachrichtenindikator dienenden LED 4B der Empfang einer E-Mail (statt eines Anrufs) signalisiert wird (Absatz 0023; Merkmale 7, 7.1).
Die Druckschrift K8 lehrt weiter, dass auf Grundlage der Detektionssignale aus der Detektorschaltereinrichtung die Darstellungsform zumindest einer der auf der Zustandsanzeigeeinheit angezeigten Zustandsklassen (einschließlich der Nichtanzeige), je nach dem, ob das Gerät zu- oder aufgeklappt ist, verändert wird (vgl. Patentanspruch 1). Der Begriff "Zustandsklassen" steht dabei als Sammelbegriff für Empfangs- und Gerätezustandsklassen. Empfangszustandsklassen kennzeichnen unterschiedliche Empfangszustände, z. B. eingehende Anrufe oder Nachrichten, und Gerätezustandsklassen kennzeichnen unterschiedliche Gerätezustände, wie den Akku-Ladezustand, die Empfangsbereitschaft etc..
Dieser Offenbarungsgehalt lässt offen, welche Zustandsklassen in Abhängigkeit davon, ob das Gerät zu- oder aufgeklappt ist, mit einer veränderten Darstellungsform, d. h. unterschiedlich signalisiert werden. Eine der Möglichkeiten ist in dem - auch hinsichtlich der Offenbarung nicht beschränkend wirkenden - Ausführungsbeispiel beschrieben. Dabei werden die verschiedenen Empfangszustände abhängig vom Betriebszustand der Anzeigevorrichtung signalisiert, insbesondere abhängig davon, ob das Telefon aufgeklappt oder zugeklappt ist (Absatz 0022). Dem Fachmann ist durch die allgemeine Formulierung der Offenbarung mit Patentanspruch 1 aber auch die Alternative mitgeteilt, dass die zumindest eine der auf der Zustandsanzeigeeinheit angezeigten Zustandsklassen, bei der die Darstellungsform in Abhängigkeit vom Betriebszustand der Telefons verändert wird, eine Gerätezustandklasse sein kann und die Darstellungsform bei den anderen Klassen, insbesondere also auch bei den Empfangszustandsklassen, unabhängig vom aufgeklappten bzw. zugeklappten Zustand des Telefons ist. Wegen des unmittelbaren Zusammenhangs zwischen aufgeklapptem bzw. zugeklapptem Telefon einerseits und Betriebszustand andererseits ist somit in der Druckschrift zugleich als eine offensichtliche Ausgestaltung offenbart, dass die Signalisierung der Empfangszustandsklassen unabhängig vom Betriebszustand der Anzeigevorrichtung sein kann (Merkmal 4.2).
Der Druckschrift K8 kann somit ein Gerät mit allen Merkmalen des mit dem Hauptantrag verteidigten Patentanspruchs 1 entnommen werden.
Unter diesen Umständen kann dahinstehen, ob der beschränkt verteidigte Patentanspruch 1 in zulässiger Weise dadurch gebildet werden konnte, dass nur das Merkmal 4.3 des erteilten Patentanspruchs 6 in den erteilten Patentanspruch 1 aufgenommen wurde, oder ob wegen der im erteilten Patentanspruch 6 enthaltenen Rückbeziehung auf die erteilten Patentansprüche 3 bis 5 noch weitere Merkmale hätten berücksichtigt werden müssen.
c) Mit dem Patentanspruch 1 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung kann das Patent somit keinen Bestand haben. Dass in den rückbezogenen Unteransprüchen eigenständig erfinderische Gegenstände enthalten seien, hat die Beklagte weder geltend gemacht, noch ist dies für den Senat ersichtlich. Vielmehr hat die Beklagte im Rahmen ihrer Hilfsanträge versucht, zur Patentfähigkeit der dort beanspruchten Gegenstände zu gelangen.
3. a) Der hilfsweise verteidigte Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag I sieht ein Funkgerät vor, das nach Merkmalen gegliedert wie folgt charakterisiert ist (Änderungen gegenüber dem Hauptantrag kursiv):
(1) Funkgerät
(2) mit einer Schnittstelle zum Empfang wenigstens einer Nachricht
(3) und mit einer Anzeigevorrichtung,
(3.1) wobei die Anzeigevorrichtung vorgesehen ist, wenigstens einen eingeschalteten und
(3.2) wenigstens einen ausgeschalteten Betriebszustand einzunehmen.
(4) Das Funkgerät umfasst einen Nachrichtenindikator,
(4.1) wobei der Eingang der Nachricht durch den Nachrichtenindikator mittels einer Signalisierung,
(4.2) unabhängig vom Betriebszustand der Anzeigevorrichtung signalisierbar ist,
(4.3) der Nachrichtenindikator eine Leuchtdiode ist und
(4.4) ein optisches Ausgabesignal vorsieht.
(5) Der Nachricht ist wenigstens ein Nachrichtenparameter zugeordnet, wobei
(5.1) als Nachrichtenparameter der Typ der wenigstens einen eingegangenen Nachricht vorgesehen ist.
(6) Das Funkgerät weist Mittel zur Auswertung des Nachrichtenparameters auf.
(7) Die Signalisierung ist vorgesehen
(7.1) in Abhängigkeit der Auswertung des Nachrichtenparameters und
(7.2) durch eine vorgegebene Farbe und vorgegebene Intensitätsänderungen des Ausgabesignals.
b) Auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag I wird durch die Druckschrift JP 10-164664 A (K8) neuheitsschädlich vorweggenommen.
Neben den unter 2.b erläuterten Merkmalen sind aus der Druckschrift K8 auch die hinzugefügten Merkmale 4.4, 5.1 und 7.2 bereits vorbekannt. So signalisiert die als Nachrichtenindikator verwendete Zustandsanzeigeeinheit in Form von Leuchtdioden (LEDs 4A, 4B) die verschiedenen Zustände, insbesondere das Eintreffen einer Nachricht, durch hinsichtlich der Farbe und Impulsanzahl unterscheidbares Blinken (Absätze 0015, 0022, 0026). Mithin sieht der Nachrichtenindikator ein optisches Ausgabesignal vor (Merkmal 4.4). Die Signalisierung erfolgt dabei durch eine vorgegebene Farbe (rote LED 4A, grüne LED 4B) und vorgegebene Blinkmuster (Merkmal 7.2). Ein Blinken stellt sich technisch gesehen als (mehrfache) Intensitätsänderung dar, und zwar von einem Zustand geringer Intensität - im Extremfall auch dem ausgeschalteten Zustand - zu einem Zustand höherer Intensität und umgekehrt.
Soweit gemäß der Druckschrift K8 auch unterschieden werden kann, ob eine E-Mail empfangen und gespeichert wurde (Absätze 0011, 0021, 0023), ist als auswertbarer und ausgewerteter Nachrichtenparameter der Typ der empfangenen Nachricht vorgesehen (Merkmal 5.1).
Folglich fehlt es dem Gegenstand des mit Hilfsantrag I verteidigten Patentanspruchs 1 an der erforderlichen Neuheit.
Unter diesen Umständen kann auch hier dahinstehen, ob der beschränkt verteidigte Patentanspruch 1 in zulässiger Weise dadurch gebildet werden konnte, dass das Merkmal 4.3 aus dem erteilten Patentanspruch 6, das Merkmal 4.4 aus dem erteilten Patentanspruch 5 und das Merkmal 7.2 aus dem erteilten Patentanspruch 3 in den erteilten Patentanspruch 1 aufgenommen wurden, oder ob wegen der in den erteilten Patentansprüchen 3 bis 6 enthaltenen Rückbeziehungen auf jeweils vorangehende Patentansprüche noch weitere Merkmale hätten berücksichtigt werden müssen.
c) Mit dem Patentanspruch 1 in der mit dem Hilfsantrag I verteidigten Fassung kann das Patent keinen Bestand haben. Bezüglich der Unteransprüche gilt das unter 2.c Ausgeführte entsprechend.
4. a) Der hilfsweise verteidigte Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag II sieht ein Funkgerät vor, das nach Merkmalen gegliedert wie folgt charakterisiert ist (Änderungen gegenüber dem Hilfsantrag I kursiv):
(1) Funkgerät
(2) mit einer Schnittstelle zum Empfang wenigstens einer Nachricht
(3) und mit einer Anzeigevorrichtung,
(3.1) wobei die Anzeigevorrichtung vorgesehen ist, wenigstens einen eingeschalteten und
(3.2) wenigstens einen ausgeschalteten Betriebszustand einzunehmen.
(4) Das Funkgerät umfasst einen Nachrichtenindikator,
(4.1) wobei der Eingang der Nachricht durch den Nachrichtenindikator mittels einer Signalisierung,
(4.2) unabhängig vom Betriebszustand der Anzeigevorrichtung signalisierbar ist,
(4.3) der Nachrichtenindikator eine Leuchtdiode ist und
(4.4) ein optisches Ausgabesignal vorsieht.
(5) Der Nachricht ist wenigstens ein Nachrichtenparameter zugeordnet, wobei
(5.1) als Nachrichtenparameter der Typ der wenigstens einen eingegangenen Nachricht vorgesehen ist und
(5.1.1) eine E-Mail-Nachricht einen Typ einer eingegangenen Nachricht darstellt.
(6) Das Funkgerät weist Mittel zur Auswertung des Nachrichtenparameters auf.
(7) Die Signalisierung ist vorgesehen
(7.1) in Abhängigkeit der Auswertung des Nachrichtenparameters und
(7.2) durch eine vorgegebene Farbe und vorgegebene Intensitätsänderungen des Ausgabesignals.
b) Der durch Hinzufügung des Merkmals 5.1.1 gegenüber dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag I weiter eingeschränkte Gegenstand wird ebenfalls durch die Druckschrift JP 10-164664 A (K8) neuheitsschädlich vorweggenommen.
Neben den unter 3.b erläuterten Merkmalen ist aus der Druckschrift K8 auch das hinzugefügte Merkmal 5.1.1 bekannt. Denn in der Druckschrift K8 ist gerade offenbart, dass das Eintreffen einer E-Mail erkannt und entsprechend signalisiert wird (Absätze 0011, 0021, 0023). Dies dient der Unterscheidung von anderen eintreffenden Nachrichten, insbesondere von Nachrichten über eintreffende Anrufe. Insoweit stellt eine E-Mail-Nachricht einen Typ einer eingegangenen Nachricht dar (Merkmal 5.1.1).
Folglich fehlt es dem Gegenstand des mit Hilfsantrag II verteidigten Patentanspruchs 1 an der erforderlichen Neuheit.
Unter diesen Umständen kann die Zulässigkeit des Anspruchs wiederum dahinstehen (vgl. hierzu schon die Ausführungen unter 2.b. und 3.b).
c) Mit dem Patentanspruch 1 in der mit dem Hilfsantrag II verteidigten Fassung kann das Patent keinen Bestand haben. Bezüglich der Unteransprüche gilt das unter 2.c und 3.c Ausgeführte entsprechend.
5. a) Der hilfsweise verteidigte Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag III sieht ein Funkgerät vor, das nach Merkmalen gegliedert wie folgt charakterisiert ist (Änderungen gegenüber dem Hilfsantrag II kursiv):
(1) Funkgerät
(2) mit einer Schnittstelle zum Empfang wenigstens einer Nachricht
(3) und mit einer Anzeigevorrichtung,
(3.1) wobei die Anzeigevorrichtung vorgesehen ist, wenigstens einen eingeschalteten und
(3.2) wenigstens einen ausgeschalteten Betriebszustand einzunehmen.
(4) Das Funkgerät umfasst einen Nachrichtenindikator,
(4.1) wobei der Eingang der Nachricht durch den Nachrichtenindikator mittels einer Signalisierung,
(4.2) unabhängig vom Betriebszustand der Anzeigevorrichtung signalisierbar ist,
(4.3) der Nachrichtenindikator eine Leuchtdiode ist und
(4.4) ein optisches Ausgabesignal vorsieht.
(5) Der Nachricht ist wenigstens ein Nachrichtenparameter zugeordnet, wobei
(5.1) als Nachrichtenparameter der Typ der wenigstens einen eingegangenen Nachricht vorgesehen ist und
(5.1.1) eine E-Mail-Nachricht einen Typ einer eingegangenen Nachricht darstellt.
(6’) Das Funkgerät weist eine Auswerteeinheit zur Auswertung des Nachrichtenparameters auf, wobei
(6.1) sich die Auswertung auf den Text der Nachricht bezieht und
(6.2) als Auswahlkriterium das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein des Wortes "E-Mail" verwendet wird.
(7) Die Signalisierung ist vorgesehen
(7.1) in Abhängigkeit der Auswertung des Nachrichtenparameters und
(7.2) durch eine vorgegebene Farbe und vorgegebene Intensitätsänderungen des Ausgabesignals.
Dabei entspricht das Merkmal 6’, wonach das Funkgerät eine "Auswerteeinheit zur Auswertung des Nachrichtenparameters" aufweist, technisch dem in den vorausgehenden Anträgen enthaltenen Merkmal 6, gemäß dem das Funkgerät "Mittel zur Auswertung des Nachrichtenparameters" aufweist.
b) Der so verteidigte Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag III erweist sich als unzulässig.
Mit dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag III wird nämlich etwas beansprucht, was nicht Gegenstand des erteilten Patents ist.
Gegenstand des erteilten Patents ist eine Lehre, nach der das Funkgerät Mittel zur Auswertung des einer Nachricht zugeordneten wenigstens einen Nachrichtenparameters aufweist, wobei als Nachrichtenparameter u. a. der Typ der eingegangenen Nachricht vorgesehen ist. Ausgehend von dem oben unter 2.a erläuterten Verständnis des Begriffs "Nachrichtenparameter" handelt es dabei um eine die Nachricht in irgendeiner Weise beschreibende Information, die der Nachricht zugeordnet ist. Es handelt sich folglich nicht um die Nachricht selbst, insbesondere nicht um deren Text.
Damit sind vom Schutz nur solche Lösungen umfasst, bei denen sich die Auswertung gerade nicht auf den Text der Nachricht bezieht, sondern auf den der Nachricht - und damit auch deren Text zugeordneten - Nachrichtenparameter.
Demgegenüber wird nunmehr mit dem Hilfsantrag III beansprucht, dass sich die Auswertung auf den Text der Nachricht bezieht (Merkmal 6.1). Dies steht jedoch nicht im Einklang mit dem erteilten Patentanspruch 1, der solche Lösungen nicht erfasst.
Zwar ist in der ursprünglichen Anmeldung und auch in der Beschreibung des erteilten Patents erläutert, dass die Auswertung in der Auswerteeinheit 20 nicht auf die Rufnummer des Absenders beschränkt sei, sondern sich ebenso auf den Text der Nachricht, beziehungsweise der Kurznachricht, die Art der Nachricht, die Anzahl der vorhandenen Nachrichten oder dergleichen, beziehen könne und als Auswahlkriterien beispielsweise das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein der Wörter "Mailbox" oder "E-Mail" verwendet werden könne, um den Typ der Nachricht festzustellen (Absatz [0028] der Patentschrift). Dies bezieht sich aber ersichtlich nicht auf die Auswertung des Nachrichtenparameters, sondern auf seine Bestimmung. Dabei kann dahinstehen, ob - wie die Klägerin in Zweifel zieht - anhand des Vorhandenseins oder Nichtvorhandenseins des Wortes "E-Mail" überhaupt zutreffend ermittelt werden kann, ob die eingegangene Nachricht vom Typ "E-Mail" ist.
c) Mit dem Patentanspruch 1 in der mit dem Hilfsantrag III verteidigten Fassung kann das Patent keinen Bestand haben. Bezüglich der Unteransprüche gilt das unter 2.c, 3.c und 4.c Ausgeführte entsprechend.
6. a) Der hilfsweise verteidigte Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag IV sieht ein Funkgerät vor, das nach Merkmalen gegliedert wie folgt charakterisiert ist (Änderungen gegenüber dem Hauptantrag kursiv):
(1) Funkgerät
(2) mit einer Schnittstelle zum Empfang wenigstens einer Nachricht
(3) und mit einer Anzeigevorrichtung,
(3.1) wobei die Anzeigevorrichtung vorgesehen ist, wenigstens einen eingeschalteten und
(3.2) wenigstens einen ausgeschalteten Betriebszustand einzunehmen.
(4) Das Funkgerät umfasst einen Nachrichtenindikator,
(4.1) wobei der Eingang der Nachricht durch den Nachrichtenindikator mittels einer Signalisierung,
(4.2) unabhängig vom Betriebszustand der Anzeigevorrichtung signalisierbar ist,
(4.3) der Nachrichtenindikator eine Leuchtdiode ist und
(4.4) ein optisches Ausgabesignal vorsieht.
(5) Der Nachricht ist wenigstens ein Nachrichtenparameter zugeordnet, wobei
(5.2) als Nachrichtenparameter die Anzahl der wenigstens einen eingegangenen Nachricht vorgesehen ist.
(6) Das Funkgerät weist Mittel zur Auswertung des Nachrichtenparameters auf.
(7) Die Signalisierung ist vorgesehen
(7.1) in Abhängigkeit der Auswertung des Nachrichtenparameters und
(7.3) durch vorgegebene Intensitätsänderungen des Ausgabesignals, wobei
(7.3.1) die Anzahl der Intensitätsänderungen einem Vielfachen der Anzahl der wenigstens einen eingegangenen Nachricht entspricht.
Die Merkmale 5.2 und 7.3.1 werden vom Senat dahingehend ausgelegt, dass mit dem darin verwendeten Begriff "Anzahl der wenigstens einen eingegangenen Nachricht" tatsächlich die Anzahl der eingegangenen Nachrichten bezeichnet wird. Diese Anzahl kann einen bestimmten Startwert der Zählung berücksichtigten, wobei der Startwert infolge der Bedienung des Funkgeräts geändert werden kann, z. B. indem er beispielsweise beim Lesen einer bis dahin ungelesenen Kurznachricht dekrementiert wird. Eine andere Auslegung des Begriffs "Anzahl der wenigstens einen eingegangenen Nachricht", etwa in dem Sinne, dass damit die Anzahl einer einzigen Nachricht bezeichnet wird, erscheint im Lichte der Beschreibung (vgl. z. B. Absätze [0024], [0026] und [0029] der Patentschrift) technisch unsinnig.
b) Der so verteidigte Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag IV beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Neben den unter 2.b zum Hauptantrag erläuterten Merkmalen 1 bis 4.3, 5, 6, 7 und 7.1 ist aus der Druckschrift K8 auch das hinzugefügte Merkmal 4.4 bereits vorbekannt. Wie unter 3.b zum Hilfsantrag I bereits erläutert, signalisiert die als Nachrichtenindikator verwendete Zustandsanzeigeeinheit in Form von Leuchtdioden (LEDs 4A, 4B) die verschiedenen Zustände, insbesondere das Eintreffen einer Nachricht, durch hinsichtlich der Farbe und Impulsanzahl unterscheidbares Blinken (Absätze 0015, 0022, 0026). Mithin sieht der Nachrichtenindikator ein optisches Ausgabesignal vor (Merkmal 4.4).
Die Signalisierung erfolgt dabei durch unterschiedliche Farben (rote LED 4A, grüne LED 4B) und Blinkmuster, wobei mindestens fünf verschiedene Blinkmuster vorgesehen sind. Ein Blinken stellt sich technisch gesehen als (mehrfache) Intensitätsänderung dar, und zwar von einem Zustand geringer Intensität - im Extremfall auch dem ausgeschalteten Zustand - zu einem Zustand höherer Intensität und umgekehrt. Mithin offenbart die Druckschrift K8 auch die gemäß Merkmal 7.3 vorgesehene Signalisierung durch Intensitätsänderungen.
Ausgehend von dem Funkgerät gemäß der Druckschrift K8 stellt sich für den Fachmann in der Praxis die Aufgabe von selbst, die Signalisierung eingehender Nachrichten so zu verbessern, dass sie vom Benutzer besser wahrgenommen werden kann.
Hierzu kennt der Fachmann aus dem sonstigen Stand der Technik auch Signalisierungen, die sich auf die Anzahl der eingetroffenen Nachrichten beziehen. Eine derartige Signalisierung ist beispielsweise bei dem während der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen Gerät "Nokia 9000 Communicator" realisiert. Der Senat konnte sich durch die Inaugenscheinnahme davon überzeugen, dass bei dem Gerät die Anzahl neu eingetroffener Kurznachrichten im Display als Zahl angezeigt wird, wie dies auch schon in den von der Klägerin vorgelegten Figuren 9 bis 11 der Anlage K16 in Form der Anzeige "2 KURZMITT. EMPFANGEN" ersichtlich ist. Eine solche Anzeige ist - für den Fachmann offensichtlich - technisch nur möglich, wenn die eintreffenden Nachrichten gezählt werden, den Nachrichten mithin als Nachrichtenparameter ihre Anzahl zugeordnet ist (Merkmal 5.2) sowie dieser Parameter ausgewertet und zur Anzeige gebracht wird (Merkmale 7, 7.1).
Zur Überzeugung des Senats liegt dabei eine Abwandlung im Griffbereich des Fachmanns, die Anzahl nicht - wie beim Gerät "Nokia 9000 Communicator" - als Ziffer anzuzeigen, sondern in Form einer bestimmten Impulsanzahl - verallgemeinert: einer Anzahl von Intensitätsänderungen - zu signalisieren. Das von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung herangezogene Beispiel einer schlagenden Uhr, die neben der optischen Anzeige der Uhrzeit die vollendete Stunde jeweils durch eine entsprechende Anzahl von Schlägen signalisiert, regt den Fachmann an, eine solche akustische Signalisierung auch auf andere Formen der Signalisierung, insbesondere der optischen Signalisierung, zu übertragen. Eine Signalisierung mit Hilfe optischer Impulse, wie sie nach Überzeugung des Senats für den Fachmann naheliegt, ist verallgemeinert aber nichts anderes als eine Signalisierung mit Hilfe von Intensitätsänderungen, wie sie im Merkmal 7.3.1 definiert sind: Jeder Impuls umfasst nämlich zumindest zwei Intensitätsänderungen, eine Änderung an der ansteigenden Impulsflanke und eine Änderung an der abfallenden Flanke, so dass für den Fall, dass die Impulszahl der Anzahl der Nachrichten entspricht, zur Signalisierung eine demgegenüber doppelte so große Anzahl von Intensitätsänderungen genutzt wird.
Damit gelangt der Fachmann ausgehend von einem bekannten Funkgerät gemäß der Druckschrift K8 auf naheliegende Weise zu dem im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag IV definierten Funkgerät. Es mangelt infolge dessen an der für die Patentierung notwendigen erfinderischen Tätigkeit.
Es kann somit dahinstehen, ob - wie die Klägerin vorgetragen hat - das Merkmal 7.3.1 ein nicht-technisches Merkmal darstellt, das lediglich die Art und Weise der Wiedergabe von Information betrifft, und damit auch, ob dieses Merkmal für eine Prüfung auf das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit beachtlich ist.
c) Auch mit dem Patentanspruch 1 in der mit dem Hilfsantrag IV verteidigten Fassung kann das Patent keinen Bestand haben. Bezüglich der Unteransprüche gilt das unter 2.c, 3.c, 4.c und 5.c Ausgeführte entsprechend.
III. Als Unterlegene hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG, § 709 ZPO.