Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 06.02.2012


BPatG 06.02.2012 - 5 Ni 37/10 (EP)

Patentnichtigkeitsklageverfahren – Neuheit – erfinderische Tätigkeit – Kostenauferlegung bei beschränkter Verteidigung -


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
5. Senat
Entscheidungsdatum:
06.02.2012
Aktenzeichen:
5 Ni 37/10 (EP)
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
nachgehend BGH, 13. August 2013, Az: X ZR 73/12, Urteil
Zitierte Gesetze
Art II § 6 Abs 1 IntPatÜbkG
Art 52 EuPatÜbk
Art 56 EuPatÜbk
Art 138 Abs 1 EuPatÜbk

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 1 262 035

(DE 501 09 955)

hat der 5. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 6. Februar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Gutermuth, die Richterin Martens sowie die Richter Dipl.-Ing. Gottstein, Dipl.-Ing. Kleinschmidt und Dipl.-Geophys. Dr. Wollny

für Recht erkannt:

I. Das europäische Patent 1 262 035 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des u. a. für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 262 035 (Streitpatent), das unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Patentanmeldung DE 100 08 377 vom 23. Februar 2000 am 23. Februar 2001 angemeldet worden ist. Das in deutscher Verfahrenssprache veröffentlichte Streitpatent betrifft ein "Verfahren zur Übertragung von Daten in Netzwerken über Datenleitungen" und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 501 09 955 geführt. Es umfasst 14 Patentansprüche, die alle mit der Nichtigkeitsklage angegriffen sind.

2

Patentanspruch 1 des Streitpatents lautet wie folgt:

3

"1. Verfahren zur Übertragung von Daten in Netzwerken,

4

dadurch gekennzeichnet, dass

5

die an der Anbindung eines Endgerätes zur Datenübertragung verfügbare Bandbreite vor und/oder während der Übertragung der Daten in zumindest zwei Bandbreitenbereiche unterteilt wird, wobei die Unterteilung der Bandbreite manuell durch einen die Datenübertragung steuernden Nutzer vorgenommen wird, mindestens ein Bandbreitenbereich den zu übertragenden Daten zugeteilt wird und die übrige Bandbreite dem Nutzer für die parallele Übertragung anderer Daten zur Verfügung stehen."

6

Wegen der direkt oder indirekt auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 14 wird auf die Streitpatentschrift (EP 1 262 035 B1) Bezug genommen.

7

Die Klägerin trägt vor, der Gegenstand des Streitpatents in allen verteidigten Fassungen gehe in einigen Merkmalen des Patentanspruchs 1 über den Inhalt der ursprünglichen Offenbarung hinaus, so dass jeweils der Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung gegeben sei. Darüber hinaus macht sie geltend, der jeweilige Gegenstand nach Patentanspruch 1 sei gegenüber dem Stand der Technik nicht neu, zumindest aber dem Fachmann nahe gelegt.

8

Zur Begründung fehlender Patentfähigkeit bezieht sich die Klägerin u. a. auf folgende Druckschriften:

9

LR11 ICQ: Screenshot der ICQ Dateieigenschaften

10

LR12 ICQ: Screenshot des "Datei senden"-Dialogs und der ICQ 98a Beta Hilfe Datei

11

LR13 ICQ: Ausdruck der FAQ Frage und Antwort URL: http://web.archive.org/web/20000301150058/www.icq.com/faq/files.html [recherchiert am 16. März 2010]

12

LR14 SlowPipe - Free C source code to restrict bandwidth with a Unix pipe. Ausdruck der Internetseite URL:http://www.birdsoft.demon.co.uk/progIib/slowpipe.html vom 3. November 1996 [recherchiert am 11. März 2010]

13

LR15 BIRD, I. W.: Quellcode des Programms slowpipe.c . URL: http://www.birdsoft.demon.co.uk/progIib/slowpipe.c [recherchiert am 11. März 2010]

14

LR16 lftp news. Versionsliste. URL: http://lftp.var.ru/news.html [recherchiert am 28. Mai 2010]

15

LR17 lftp.1: User commands. URL: http://lftp.var.ru/lftp-man.html [recherchiert am 28. Mai 2010]

16

LR18  WO 95/24802 A1

17

LR18a DE 695 18 913 T2 (dt. Übersetzung von LR18)

18

LR21 EVERS, D.: Using HTTP Compression On Your IIS 5.0 Web Site. [recherchiert am 8. Juli 2010]

19

LR22 JP 09 016354 A

20

LR23 EP 0 852 445 A2 (aus EP-Prüfungsverfahren)

21

LR24 Print Manager Plus. URL: http://web.archive.org/web/20030726065328/www.gIobalsoft.de/PR... [recherchiert am 19. Mai 2010]

22

LR25 COTTAM, S. & DAVIS, D.: Optimizing printing with NetWare 4.x and 3.1x. URL: http://support.novell.com/techcenter/articles/ana1993090I.html [recherchiert am 19. Mai 2010]

23

LR26 WO 97/32274 A2

24

LR27 US 4 839 829 A

25

LR31 DE BRY, R.K. et. al.: Initial Draft – Hypertext Printing Protocol – HTPP/1.0, Proposed Internet Draft October 1996, 1996, 23 S.

26

LR32 WEVERKA, P.; TAYLOR, M.: ICQ for Dummies. IDG Books Worldwide Inc., 1999, S. 154, 155

27

LR34 GETTYS, J.; NIELSEN, H.F: W3C: SMUX Protocol Specification, Working Draft 10-July-1998. URL: http://www.w3.org/TR/1998/WD-mux-19980710, 16 S. [recherchiert am 25. Januar 2012].

28

Die Klägerin beantragt,

29

das europäische Patent 1 262 035 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

30

Die Beklagte, die das Streitpatent mit geänderten Ansprüchen (s. unten) verteidigt, beantragt,

31

die Klage insoweit abzuweisen.

32

Patentanspruch 1 der verteidigten Fassung lautet wie folgt:

33

"1. Verfahren zur Übertragung von Daten zwischen einem Endgerät und einem Server in Netzwerken,

34

dadurch gekennzeichnet, daß durch einen Nutzer des Endgeräts auf dem Server ein Druckprozess gestartet wird, die an der Anbindung des Endgerätes zur Datenübertragung verfügbare Bandbreite vor und/oder während der Übertragung von durch den Druckprozess erzeugten Daten in zumindest zwei Bandbreitenbereiche unterteilt wird, wobei die Unterteilung der Bandbreite manuell durch den die Datenübertragung steuernden Nutzer vorgenommen wird, mindestens ein Bandbreitenbereich den zu übertragenden, durch den Druckprozess erzeugten Daten zugeteilt wird, indem für die Übertragung dieser Daten von dem Server zu dem Endgerät die Bandbreite vorgegeben wird, und die übrige Bandbreite dem Nutzer für die parallele Übertragung anderer Daten zur Verfügung steht."

35

Hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent in der Fassung der Ansprüche 1 bis 14 gemäß Hilfsantrag 1.

36

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet wie folgt:

37

"1. Verfahren zur Übertragung von Daten zwischen einem Endgerät und einem Server in Netzwerken,

38

dadurch gekennzeichnet, daß durch einen Nutzer des Endgeräts auf dem Server ein Druckprozess gestartet wird, die an der Anbindung des Endgerätes zur Datenübertragung verfügbare Bandbreite vor oder während der Übertragung von durch den Druckprozess erzeugten Daten in zumindest zwei Bandbreitenbereiche unterteilt wird, wobei die Unterteilung der Bandbreite manuell durch den die Datenübertragung steuernden Nutzer vorgenommen wird, mindestens ein Bandbreitenbereich den zu übertragenden, durch den Druckprozess erzeugten Daten zugeteilt wird, indem für die Übertragung dieser Daten von dem Server zu dem Endgerät die Bandbreite vorgegeben wird, und die übrige Bandbreite dem Nutzer für die parallele Übertragung anderer Daten zur Verfügung steht."

39

Weiter hilfsweise verteidigt die Beklagte das Streitpatent in der Fassung der Ansprüche 1 bis 14 gemäß Hilfsantrag 2.

40

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet wie folgt:

41

"1. Verfahren zur Übertragung von Daten zwischen einem Endgerät und einem Server in Netzwerken,

42

dadurch gekennzeichnet, daß durch einen Nutzer des Endgeräts auf dem Server ein Druckprozess gestartet wird, die an der Anbindung des Endgerätes zur Datenübertragung verfügbare Bandbreite vor der Übertragung von durch den Druckprozess erzeugten Daten in zumindest zwei Bandbreitenbereiche unterteilt wird, wobei die Unterteilung der Bandbreite manuell durch den die Datenübertragung steuernden Nutzer vorgenommen wird, mindestens ein Bandbreitenbereich den zu übertragenden, durch den Druckprozess erzeugten Daten zugeteilt wird, indem für die Übertragung dieser Daten von dem Server zu dem Endgerät die Bandbreite vorgegeben wird, und die übrige Bandbreite dem Nutzer für die parallele Übertragung anderer Daten zur Verfügung steht."

43

Wegen des Wortlauts der Patentansprüche 2 bis 14 der nach dem Haupt- und den Hilfsanträgen 1 und 2 verteidigten Fassungen des Streitpatents wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 23. Januar 2012 Bezug genommen.

44

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält das Streitpatent in den verteidigten Fassungen für rechtsbeständig. Sie ist der Auffassung, wegen des Verzichts auf die erteilte Fassung im Verletzungsverfahren fielen der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits in entsprechender Anwendung des § 93 ZPO auch insoweit zur Last, als die Beklagte auch der Klägerin gegenüber auf die Geltendmachung von Rechten aus der erteilten Fassung verzichtet hatte.

45

Die Klägerin macht die gegenüber der erteilten Fassung klageweise geltend gemachten Nichtigkeitsgründe auch in Bezug auf die verteidigten Fassungen geltend und widerspricht einer Kostentragung mit der Begründung, trotz der Erklärung der Beklagten entfalte das Patent in der erteilten Fassung weiterhin Rechtswirkungen.

46

Der Senat hat den Parteien einen gerichtlichen Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG vom 21. Dezember 2011 übermittelt. Insoweit wird ebenso wie wegen des weiteren Vorbringens der Parteien auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

47

Die Klage ist zulässig und begründet, denn der Gegenstand des Streitpatents beruht in keiner der verteidigten Fassungen auf erfinderischer Tätigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a, Art. 56 EPÜ). Ob darüber hinaus der weitere Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. c EPÜ) gegeben ist, kann vorliegend dahin gestellt bleiben.

I.

48

Das Streitpatent ist ohne Sachprüfung insoweit für nichtig zu erklären, als es über die von der Beklagten nur noch beschränkt verteidigte Fassung nach Hauptantrag hinausgeht (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2006 - X ZR 236/01, BGHZ 170, 215 = GRUR 2007, 404 - Carvedilol II).

II.

49

1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Übertragung von Daten in Netzwerken über Datenleitungen. Nach der Beschreibung des Streitpatents tritt bei den an sich bekannten Verfahren zur Übermittlung von Daten, die mit Hilfe ebenfalls bekannter Verfahren komprimiert wurden, das Problem auf, dass durch die Komprimierung zwar das zu übertragende Datenvolumen verringert wird, aber der Versender und Empfänger der Daten während der Datenübertragung keinen Zugriff auf im Netzwerk zur Verfügung stehende Daten hat. Der Empfänger ist für die Zeit der Datenübertragung blockiert und nicht in der Lage, mit anderen Endgeräten oder der Zentraleinheit des jeweiligen Netzwerkes zu kommunizieren (vgl. Absatz [0008] Streitpatent). Es sei daher Aufgabe der Erfindung (vgl. Absatz [0010] Streitpatent) ein Verfahren zu entwickeln, bei dem während der Übertragung von umfangreichen Daten in einem Netzwerk eine ungehinderte Kommunikation des Versenders und/oder des Empfängers der Daten innerhalb des Netzwerks gewährleistet bleiben soll. Die in Patentanspruch 1 gefundene Lösung besteht in erster Linie darin, vor der Übertragung von Daten die Bandbreite der Datenleitung in mindestens zwei Bandbreitenbereiche zu unterteilen, wobei ein Bereich der Bandbreite zur Übertragung von Daten und ein anderer Bereich der Bandbreite für weitere Netzwerkkommunikation reserviert wird (Streitpatent Patentanspruch 1 und Absätze [0012], [0025] und [0026]).

50

2. Da die streitpatentgemäße Lösung letztlich auf die Einstellung der Bereiche der Bandbreite im Kontext des Netzwerkes abzielt und damit im Hinblick auf eine mögliche Resourcenaufteilung Kenntnisse über das zur Anwendung kommende Übertragungsverfahren vorauszusetzen sind, richtet sich die Lehre des Streitpatents ihrem Inhalt nach allgemein an einen Diplomingenieur (FH) der Nachrichtentechnik, der Kenntnisse auf dem Gebiet der Übertragung und Verwaltung von Daten in Computernetzwerken besitzt und ausbildungsbedingt auch über Grundlagenwissen der auf seinem Fachgebiet zur Anwendung kommenden Programmiertechniken verfügt. Diesem sind folglich auch verschiedene Netzwerkprotokolle vertraut und er weiß auch das OSI-Schichtenmodell oder andere Referenzmodelle im Rahmen einer Netzwerkarchitektur und/oder der Kommunikation zwischen Teilen dieses Netzwerkes einzuschätzen und für seine Zwecke zu nutzen. Entgegen der Auffassung der Beklagten, die meint, die patentgemäße Lehre richte sich vielmehr an einen Programmierer, mag dieser im Durchschnitt zwar über ein bestimmtes technisches Grundlagenwissen verfügen, umfassende Kenntnisse der Übertragungstechnik, die für das Auffinden und die Realisierung des Gegenstands der Erfindung vorauszusetzen sind, können einem Programmierer aber nicht unterstellt werden.

51

Zwar umfasst die streitpatentgemäße Lösung auch die softwaretechnische Festlegung eines Frequenzbereiches für die Übertragung von Signalen in Form eines Frequenzbandes und die Aufteilung dieses Frequenzbandes in Subfrequenzbänder (sog. "Bereiche der Bandbreite") mit, jedoch stellt die jeweils bedarfsgerechte Umsetzung im Kontext eines hier zugrunde zu legenden Netzwerkes ein typisches Problem der Übertragungstechnik dar, für dessen Lösung der vom Senat bereits im Hinweis definierte Durchschnittsfachmann die erforderlichen Kenntnisse zuverlässig mitbringt und daher als zuständig zur Lösung der vom Streitpatent genannten Problemstellung anzusehen ist.

III.

52

1. Zum Hauptantrag

53

Das erfindungsgemäße Verfahren nach der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung des Patentanspruchs 1 ergibt sich für den Fachmann bereits aufgrund seines Fachwissens und beruht somit nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Art. 56 EPÜ).

54

Es lässt sich wie folgt in Merkmale gliedern:

55

M1 Verfahren zur Übertragung von Daten zwischen einem Endgerät und einem Server in Netzwerken,

dadurch gekennzeichnet, dass

56

M1a durch einen Nutzer des Endgeräts auf dem Server ein Druckprozess gestartet wird,

57

M2 die an der Anbindung des Endgerätes zur Datenübertragung verfügbare Bandbreite vor und/oder während der Übertragung von durch den Druckprozess erzeugten Daten in zumindest zwei Bandbreitenbereiche unterteilt wird,

58

M3 wobei die Unterteilung der Bandbreite manuell durch den die Datenübertragung steuernden Nutzer vorgenommen wird,

59

M4 mindestens ein Bandbreitenbereich den zu übertragenden, durch den Druckprozess erzeugten Daten zugeteilt wird,

60

M4a indem für die Übertragung dieser Daten von dem Server zu dem Endgerät die Bandbreite vorgegeben wird,

61

M5 und die übrige Bandbreite dem Nutzer für die parallele Übertragung anderer Daten zur Verfügung stehen.

62

Dem maßgeblichen Fachmann ist in Bezug auf die Netzwerkadministration bekannt, dass bei der Abwicklung von Prozessen im Rahmen eines Netzwerkes für unterschiedliche Komponenten und/oder Nutzer desselben unterschiedliche Prioritäten vergeben werden. Dies bedeutet etwa neben dem Zur-Verfügung-Stellen entsprechender Rechenzeit an lokalen oder im Netz verteilten CPUs auch die Öffnung von Datenkanälen mit bestimmten Bandbreiten für den Datentransfer. Der zuständige Fachmann hat hierbei stets darauf zu achten, dass für den Datenaustausch zwischen den einzelnen Komponenten des Netzwerkes genügend Ressourcen zur Verfügung stehen, also Bandbreite, Rechenzeit, etc., also etwa auch für einen Druckprozess, der durch einen Nutzer des Endgeräts auf einem Server gestartet wird (M1, M1a), und dass diese auch ökonomisch ausgenutzt werden. Diesen Vorgaben folgend, wird der Fachmann bei einem vorhandenen Bedarf an paralleler Kommunikation in mehreren Datenströmen einen bis dato vorgesehenen einzigen für die Kommunikation vorhandenen Kanal in mehrere Teilkanäle (Unterkanäle) aufteilen, um die Datenübertragung zeitnah abzuwickeln. Dies kann, wie der Fachmann ebenfalls weiß, durch Zeitmultiplex, Frequenzmultiplex, Codemultiplex etc. erfolgen. Aus den genannten Möglichkeiten das Frequenzmultiplexverfahren, mithin die Bandbreitenaufteilung des Kanals, auszuwählen, diesen in Folge in beispielsweise zwei Subfrequenzbänder aufzuteilen (auch "Bereiche der Bandbreite" genannt) und entsprechend der gegebenen Randbedingungen zu einem günstigen Zeitpunkt "vor und/oder während" der Übertragung von durch einen o. g. "Druckprozeß erzeugten Daten" vorzunehmen, liegt im Belieben des Fachmanns. Diese Vorgehensweise ist dem Fachmann zur Überzeugung des Senats insbesondere dann nahe gelegt, wenn es sich um einen umfangreichen Druckprozess handelt, der zunächst über die paketweise Zufuhr der zu druckenden Daten angestoßen und dann seitenweise abgewickelt werden muss (M2), und gleichzeitig der Server weiterhin ansprechbar bleiben muss. Da der Bandbreitenbedarf abhängig von der zu übertragenden Druckdatenmenge ist, wird der Fachmann im Hinblick auf eine ökonomische Ausnutzung der gesamten Bandbreite eine manuelle Einstellung für den Nutzer vorsehen (M3), damit dieser die für die Übertragung der Druckdaten erforderliche Bandbreite in Kenntnis der zu übertragenen Datenmenge vorgeben kann (M4, M4a) und daneben als Kommunikationskanal ein Teil der insgesamt zur Verfügung stehenden Bandbreite des Kommunikationskanals für andere Zwecke offengehalten wird (M5).

63

Dem Fachmann ist damit, ohne dass er erfinderisch tätig werden muss, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 bereits aus seinem Fachwissen heraus nahegelegt.

64

Zwar hält die Beklagte ein Naheliegen deshalb nicht für gegeben, weil der von ihr angenommene Fachmann (Programmierer) nicht über die entsprechenden Kenntnisse verfügen würde, da sich seine Programmierarbeiten auf die Anwendungsschicht des OSI-Referenzmodells beschränken würden und er nur hier deren Auswirkungen abschätzen könne. Insbesondere die Kanalteilung in der Übertragungsschicht des OSI-Referenzmodells zur Lösung der Problemstellung des Streitpatents vorzusehen, würde er daher nicht in Betracht ziehen. Die Klägerin trat diesem Vorbringen in der Verhandlung entgegen und sieht den seitens der Beklagten genannten Programmierer durchaus in der Lage, wenn nicht bereits aus eigener Fachkenntnis, so jedoch in Zusammenarbeit mit einem auch mit den übrigen Schichten des OSI-Referenzmodells vertrauten Fachmann, sich die notwendigen Informationen zur Lösung der im Streitpatent gestellten Frage zu besorgen. Letztlich können beide Sichtweisen des für dieses Verfahren maßgeblichen Fachmanns aber dahinstehen, da aus Sicht des Senats der derselbe eben nicht nur über die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Programmierers im Sinne der Argumentation der Beklagten oder der Klägerin verfügt, sondern umfassend mit allen sieben Schichten des OSI-Referenzmodells, sowie deren Wirkungsweise und Einsatz im Kontext eines Netzwerks vertraut ist, um auf diese Weise zur Lösung gemäß Streitpatent zu gelangen.

65

Die Frage der Zulässigkeit der geänderten Fassung konnte daher dahingestellt bleiben.

66

2. Zu den Hilfsanträgen 1 und 2

67

a) Die streitpatentgemäße Lösung nach Hilfsantrag 1 auf der Basis des Hauptantrags mit einem demgegenüber nur im Merkmal M2 modifizierten Anspruch 1 ist dem Fachmann ebenfalls nahegelegt.

68

Merkmal M2 nach Hilfsantrag 1 lautet wie folgt:

69

M2 die an der Anbindung des Endgerätes zur Datenübertragung verfügbare Bandbreite vor oder während der Übertragung von durch den Druckprozess erzeugten Daten in zumindest zwei Bandbreitenbereiche unterteilt wird,

70

Dieser Anspruch unterscheidet sich vom Anspruch 1 gemäß Hauptantrag nur durch die Streichung des Wortes "und" im Merkmal M2. Folglich werden im Unterschied zum Anspruch 1 gemäß Hauptantrag nur noch zwei der dort genannten drei Ausgestaltungsmöglichkeiten einer möglichen zeitlichen Realisierung der Unterteilung der verfügbaren Bandbreite beansprucht. In Bezug auf den Hauptantrag wurde bereits erläutert, dass keine der dort beanspruchten drei Ausgestaltungsmöglichkeiten auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sondern vom Fachmann je nach den gegebene Randbedingungen gewählt werden wird. Ergänzend sei zum Merkmal M2 dieser Fassung noch angemerkt, dass es auch deshalb eine fachmännische Maßnahme darstellt, zum jeweils geeigneten und/oder möglichen Zeitpunkt eine derartige Unterteilung vorzunehmen, da er schon zum Prioritätstag des Streitpatents über hinreichende technische Mittel verfügte, die ihm die Auslastung der Datenkanäle angezeigt haben und auf deren Grundlage er entscheiden konnte, wann und auf welchem Kanal er zweckmäßigerweise eingreift.

71

Mithin kann auch der nur diese zwei Möglichkeiten umfassende Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 keinen Bestand haben.

72

b) Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2, der sich vom Hauptantrag ebenfalls nur in Merkmal M2 unterscheidet, ist dem Fachmann gleichfalls nahegelegt.

73

Merkmal M2 dieser Fassung lautet wie folgt:

74

M2 die an der Anbindung des Endgerätes zur Datenübertragung verfügbare Bandbreite vor der Übertragung von durch den Druckprozess erzeugten Daten in zumindest zwei Bandbreitenbereiche unterteilt wird,

75

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 umfasst somit nur noch eine der mit dem Hauptantrag verteidigten drei Alternativen, nämlich diejenige, bei der die Bandbreitenunterteilung "vor der Übertragung" vorgenommen wird. Wie bereits zum Hauptantrag ausführlich erläutert, beruht auch die mit dem Hilfsantrag 2 allein verteidigte Alternative nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

76

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist daher nicht patentfähig. Auch insoweit konnte dahingestellt bleiben, ob die jeweilige Fassung der Hilfsanträge eine zulässige Beschränkung darstellt.

77

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.

78

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist für eine entsprechende Anwendung des § 93 ZPO zu Ihren Gunsten bezüglich der erteilten Fassung des Streitpatents kein Raum. Auch wenn die Beklagte die erteilte Fassung nicht mehr verteidigt, kann die "Differenz" zur verteidigten Fassung nur durch eine Nichtigerklärung (oder ein abgeschlossenes Beschränkungsverfahren) beseitigt werden, die auch immer von der Klägerin beantragt werden muss, wenn sie nun - wie vorliegend - gegen die beschränkt verteidigte Fassung ebenfalls vorgehen will. Durch die bloße beschränkte Verteidigung im Nichtigkeitsverfahren sichert die Beklagte der Klägerin nicht bereits einen Erfolg ihres Klagebegehrens (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juli 2003 - X ZR 26/00, GRUR 2004, 138 (Leitsatz und IV.) - Dynamisches Mikrofon).