Entscheidungsdatum: 07.02.2012
In der Patentnichtigkeitssache
…
betreffend das europäische Patent 0 900 971
(DE 597 09 978)
hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 7. Februar 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Engels, der Richterin Dr. Mittenberger-Huber, der Richter Dipl.-Phys. Dr. rer. nat. Müller und Dipl.-Ing. Veit und der Richterin Dipl.-Phys. Univ. Zimmerer
für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 900 971 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Die Firma des Beklagten ist als Inhaberin des am 9. September 1997 angemeldeten, mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents Nr. 0 900 971 (Streitpatent) eingetragen, das vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 597 09 978 geführt wird und das seine geltende Fassung in der geänderten Patentschrift DE 597 09 978 C5 vom 9. Februar 2010 durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. September 2009 - X ZR 169/07 (GRUR 2010, 41 - Diodenbeleuchtung erhalten hat. Das in deutscher Verfahrenssprache erteilte Streitpatent betrifft eine „Beleuchtungsvorrichtung mit Leuchtdioden aufweisender Glasplatte und Kombination einer Vitrine mit einer solchen Beleuchtungsvorrichtung“. Es umfasst in seiner den geltenden deutschen Teil betreffenden und durch Urteil vom 29. September 2009 beschränkt aufrecht erhaltenen Fassung 16 Patentansprüche, die - nach einer Klageerweiterung auf die Patentansprüche 9 bis 16 - insgesamt angegriffen sind. Die Patentansprüche 1 und 9 bis 13 haben folgenden Wortlaut:
1. Beleuchtungsvorrichtung bestehend aus einer Vielzahl von auf der Fläche einer Trägerplatte befestigten Leuchtdioden, welche mit auf der Trägerplatte angebrachten Leiterbahnen elektrisch verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Trägerplatte als glasklare Glasplatte (1) ausgebildet ist und eine Fensterscheibe bildet und dass die Leiterbahnen (2, 3) als elektrisch leitende, dünne und unsichtbare bzw. nahezu unsichtbare Schicht auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind.
9. Kombination einer Vitrine mit einer Beleuchtungsvorrichtung nach Anspruch 1, wobei die Glasplatte einen oder mehrere Teile einer Vitrine bildet, dadurch gekennzeichnet, dass die Glasplatte (1) als Zwischenboden (13) in der Vitrine eingesetzt ist, wobei die Leuchtdioden (6) auf der Unterseite der Glasplatte (1) angebracht sind.
10. Kombination einer Vitrine mit einer Beleuchtungsvorrichtung nach Anspruch 1, wobei die Glasplatte einen oder mehrere Teile einer Vitrine bildet, dadurch gekennzeichnet, dass die Glasplatte (1) unterhalb des Oberteils (14) der Vitrine angebracht ist bzw. das Oberteil (14) selbst bildet, wobei sich die Leuchtdioden (6) auf der dem Innenraum der Vitrine zugewandten Seite der Glasplatte (1) befinden.
11. Kombination einer Vitrine mit einer Beleuchtungsvorrichtung nach Anspruch 1, wobei die Glasplatte einen oder mehrere Teile einer Vitrine bildet, dadurch gekennzeichnet, dass die Glasplatte (1) in Form eines schmalen Streifens in einer oder mehreren Ecken (15) innerhalb der Vitrine angebracht ist, wobei die Leuchtdioden (6) sich auf der dem Innenraum der Vitrine zugewandten Seite der Glasplatte (1) befinden.
12. Kombination einer Vitrine mit einer Beleuchtungsvorrichtung nach Anspruch 1, wobei die Glasplatte einen oder mehrere Teile einer Vitrine bildet, dadurch gekennzeichnet, dass eine ganze Seitenwand (16) oder auch nur ein Teil derselben der Vitrine aus der Glasplatte (1) gebildet wird, wobei die Leuchtdioden (6) sich auf der dem Innenraum der Vitrine zugewandten Seite befinden.
13. Kombination einer Vitrine mit einer Beleuchtungsvorrichtung nach Anspruch 1, wobei die Glasplatte einen oder mehrere Teile einer Vitrine bildet, dadurch gekennzeichnet, dass die Leuchtdioden (6) von einer Stromversorgungseinrichtung mit elektrischer Energie versorgt werden, die in der Vitrine eingebaut ist.
Wegen der Patentansprüche 2 bis 8 und 14 bis 16 wird auf die Patentschrift DE 597 09 978 C5 Bezug genommen.
Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig. So sei die Lehre nach Patentanspruch 1 in der Fassung sämtlicher Anträge bereits von der Druckschrift JP 9-192310 A (= K9) vorweggenommen, im Übrigen beruhe der jeweilige Gegenstand sämtlicher Patentansprüche des Streitpatents nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Ferner stützt die Klägerin ihre Nichtigkeitsklage auf den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit der beanspruchten Lehre. Geschützt werden solle eine glasklare Glasplatte mit Leiterbahnen, auf der mittels einer metallisch verdampften Schicht dünne und unsichtbare bzw. nahezu unsichtbare Drähte angeordnet werden sollen. Der vom Bundesgerichtshof für den identischen Streitgegenstand im Verfahren „Diodenbeleuchtung“ (GRUR 2010, 41 ff.) definierte Fachmann, nämlich ein Glasbautechniker, könne, selbst wenn man entgegen der dort zutreffend vertretenen Rechtsansicht die Hinzuziehung eines weiteren Fachmanns in Erwägung ziehe und auf einen Ingenieur der Elektrotechnik abstellen wollte, Leiterbahnen als dünne, nahezu unsichtbare Schichten aufbringen. Der angesprochene Fachmann erhalte insbesondere keinen Anhaltspunkt, in welchen Grenzen der Querschnitt des Leiters gewählt werden könne, ohne einen elektrischen Widerstand zu erzeugen, der zu einer übermäßigen Belastung der Stromquelle führe. Die zum Nachweis der Ausführbarkeit vom Beklagten genannte deutsche Offenlegungsschrift 44 27 215 (K30) jedenfalls zeige transparente und leitfähige Filme, die bspw. als Elektrodenmaterial in Flüssigkristallanzeigevorrichtungen verwendet werden und bei einer Lichtpermeabilität von 30 - 90 % einen Widerstand von 1 - 100 kOhm/□ aufweisen, der für eine Verwendung als Verdrahtung für Leuchtdioden viel zu hoch sei. Mit der im Patent angegebenen Metallbeschichtung sei der Gegenstand des Patents jedenfalls nicht ausführbar.
Die Klägerin beruft sich hierzu u. a. auf folgende Druckschriften:
K4 EP 0 267 331 A1
K5 Auszug (zum Stichwort „Lumineszenzdiode”) aus der Brockhaus Enzyklopädie, 1970 (nach Angaben der Klägerin)
K6 JP 5-119706 A (mit „Abstract”)
K7 JP 4-16476 U (mit deutscher Übersetzung)
K8 FR 2 639 752 A1 (mit deutscher Übersetzung)
K9 JP 9-192310 A (mit deutscher Übersetzung)
K10 FR 2 624 712 A1
K11 JP 4-81183 U (mit deutscher Übersetzung)
K12 JP 4-37982 U (mit deutscher Übersetzung)
K13 US 5 059 254
K14 EP 0 724 174 A1
K15 EP 0 704 342 A2
K16 Fachbuch „Lamps and Lighting”, edited by J.R. Coaton and A.M. Marsden, John Wiley & Sons, New York, 1997, erste Seite des Abschn. „16 Electroluminescence”, P. Martin (ggf. nachveröffentlicht)
K18 JP 8-20851 B2 (mit deutscher Übersetzung)
K19 US 4 645 970
K20 US 4 665 351
K21 EP 0 697 615 A2
K22 JP 3-290983 A (mit deutscher Übersetzung)
K24a Auszug (Seiten 64 - 80) aus dem Buch (nach Angaben der Klägerin): Winnig Pachinko, Eric Sedensky, Charles E. Tuttle Publishing Co., Tokyo, 1991
K24b Auszug (Seiten 146/147 - 148/149) aus dem Buch (nach Angaben der Klägerin): Automatenwelten, Hornbostel /Jockel, 1998 (nachveröffentlicht)
K24c Auszug (1 Seite) aus dem Buch: „The Human Race”, Terence Dixon & Martin Lucas, Book Club Associates, London, 1982
K25 Gmelins Handbuch der Anorganischen Chemie, Verlag Chemie GmbH, Weinheim/Bergstr., 1970, Seiten 291 - 295
K26 Jörg Krujatz: „Herstellung Von Spiegelschichtsystemen auf der Basis von Aluminium oder Silber für den Einsatz in der Mikrosystemtechnik”, Dissertation, TU Chemnitz, 2003 (nachveröffentlicht)
K27 US 5 529 829
K30 DE 44 27 215 A1
K31 Auszug (Seiten 7 - 9) aus der Publikation: Der Ausstellungsraum im Ausstellungsraum/Moderne Vitrinentechnik für Museen. Alfons W. Biermann (Hrsg.), Reinland-Verlag GmbH Köln, 1994
K32 Auszug (Seiten 64 - 97) aus der Publikation K31.
Der Beklagte hat das Streitpatent zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 7. Februar 2012 hilfsweise mit den Fassungen gemäß der Hilfsanträge I - VI verteidigt:
Hilfsantrag I:
1. Beleuchtungsvorrichtung bestehend aus einer Vielzahl von auf der Fläche einer Trägerplatte befestigten Leuchtdioden, welche mit auf der Trägerplatte angebrachten Leiterbahnen elektrisch verbunden sind,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Trägerplatte als glasklare Glasplatte (1) ausgebildet ist, eine Fensterscheibe bildet und auf der Fläche (9) mehrere erste und zweite Leiterbahnen (2, 3) aufweist, dass die mehreren ersten und zweiten Leiterbahnen (2, 3) als elektrisch leitende, dünne und unsichtbare bzw. nahezu unsichtbare Schicht auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind.
Hieran schließen sich die Patentansprüche 2 bis 8 unter Rückbeziehung auf die (jeweils) geänderte Fassung des Patentanspruchs 1 an.
9. Kombination einer Vitrine mit einer Beleuchtungsvorrichtung bestehend aus einer Vielzahl von auf der Fläche einer Trägerplatte befestigten Leuchtdioden, welche mit auf der Trägerplatte angebrachten Leiterbahnen elektrisch verbunden sind, wobei die Trägerplatte als glasklare Glasplatte (1) ausgebildet ist und eine Fensterscheibe bildet und dass die Leiterbahnen (2, 3) als elektrisch leitende, dünne und unsichtbare bzw. nahezu unsichtbare Schicht auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind, und wobei die Glasplatte einen oder mehrere Teile einer Vitrine bildet, dadurch gekennzeichnet, dass die Glasplatte (1) als Zwischenboden (13) in der Vitrine eingesetzt ist, wobei die Leuchtdioden (6) auf der Unterseite der Glasplatte (1) angebracht sind.
10. Kombination einer Vitrine mit einer Beleuchtungsvorrichtung bestehend aus einer Vielzahl von auf der Fläche einer Trägerplatte befestigten Leuchtdioden, welche mit auf der Trägerplatte angebrachten Leiterbahnen elektrisch verbunden sind, wobei die Trägerplatte als glasklare Glasplatte (1) ausgebildet ist und eine Fensterscheibe bildet und dass die Leiterbahnen (2, 3) als elektrisch leitende, dünne und unsichtbare bzw. nahezu unsichtbare Schicht auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind, und wobei die Glasplatte einen oder mehrere Teile einer Vitrine bildet, dadurch gekennzeichnet, dass die Glasplatte (1) unterhalb des Oberteils (14) der Vitrine angebracht ist bzw. das Oberteil (14) selbst bildet, wobei sich die Leuchtdioden (6) auf der dem Innenraum der Vitrine zugewandten Seite der Glasplatte (1) befinden.
11. Kombination einer Vitrine mit einer Beleuchtungsvorrichtung bestehend aus einer Vielzahl von auf der Fläche einer Trägerplatte befestigten Leuchtdioden, welche mit auf der Trägerplatte angebrachten Leiterbahnen elektrisch verbunden sind, wobei die Trägerplatte als glasklare Glasplatte (1) ausgebildet ist und eine Fensterscheibe bildet und dass die Leiterbahnen (2, 3) als elektrisch leitende, dünne und unsichtbare bzw. nahezu unsichtbare Schicht auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind, und wobei die Glasplatte einen oder mehrere Teile einer Vitrine bildet, dadurch gekennzeichnet, dass die Glasplatte (1) in Form eines schmalen Streifens in einer oder mehreren Ecken (15) innerhalb der Vitrine angebracht ist, wobei die Leuchtdioden (6) sich auf der dem Innenraum der Vitrine zugewandten Seite der Glasplatte (1) befinden.
12. Kombination einer Vitrine mit einer Beleuchtungsvorrichtung bestehend aus einer Vielzahl von auf der Fläche einer Trägerplatte befestigten Leuchtdioden, welche mit auf der Trägerplatte angebrachten Leiterbahnen elektrisch verbunden sind, wobei die Trägerplatte als glasklare Glasplatte (1) ausgebildet ist und eine Fensterscheibe bildet und dass die Leiterbahnen (2, 3) als elektrisch leitende, dünne und unsichtbare bzw. nahezu unsichtbare Schicht auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind, und wobei die Glasplatte einen oder mehrere Teile einer Vitrine bildet, dadurch gekennzeichnet, dass eine ganze Seitenwand (16) oder auch nur ein Teil derselben der Vitrine aus der Glasplatte (1) gebildet wird, wobei die Leuchtdioden (6) sich auf der dem Innenraum der Vitrine zugewandten Seite befinden.
13. Kombination einer Vitrine mit einer Beleuchtungsvorrichtung bestehend aus einer Vielzahl von auf der Fläche einer Trägerplatte befestigten Leuchtdioden, welche mit auf der Trägerplatte angebrachten Leiterbahnen elektrisch verbunden sind, wobei die Trägerplatte als glasklare Glasplatte (1) ausgebildet ist und eine Fensterscheibe bildet und dass die Leiterbahnen (2, 3) als elektrisch leitende, dünne und unsichtbare bzw. nahezu unsichtbare Schicht auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind, und wobei die Glasplatte einen oder mehrere Teile einer Vitrine bildet, dadurch gekennzeichnet, dass die Leuchtdioden (6) von einer Stromversorgungseinrichtung mit elektrischer Energie versorgt werden, die in der Vitrine eingebaut ist.Hieran schließen sich die Patentansprüche 14 bis 16 unter Rückbeziehung auf die geänderte Fassung der Patentansprüche 9 bis 13 an.
Hilfsantrag II:
1. Beleuchtungsvorrichtung bestehend aus einer Vielzahl von auf der Fläche einer Trägerplatte befestigten Leuchtdioden, welche mit auf der Trägerplatte angebrachten Leiterbahnen elektrischverbunden sind,
dadurch gekennzeichnet, dass die Trägerplatte als glasklare Glasplatte (1) ausgebildet ist, eine Fensterscheibe bildet und auf der Fläche (9) mehrere erste und zweite Leiterbahnen (2, 3) aufweist, dass die mehreren ersten und zweiten Leiterbahnen (2, 3)als elektrisch leitende, dünne und unsichtbare bzw. nahezu unsichtbare Schicht auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind, wobei der Abstand der ersten Leiterbahn (2) zur zweiten Leiterbahn (3) dem Abstand zwischen einem ersten Anschluss (7) und einem zweiten Anschluss (8) einer Leuchtdiode (6) entspricht.
Zu den Patentansprüchen 2 bis 16 siehe Hilfsantrag I.
Hilfsantrag III:
1. Beleuchtungsvorrichtung bestehend aus einer Vielzahl von auf der Fläche einer Trägerplatte befestigten Leuchtdioden, welche mit auf der Trägerplatte angebrachten Leiterbahnen elektrischverbunden sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Trägerplatte als glasklare Glasplatte (1) ausgebildet ist, eine Fensterscheibe bildet und auf der Fläche (9) mehrere erste und zweite Leiterbahnen (2, 3) aufweist, dass die mehreren ersten und zweiten Leiterbahnen (2, 3)als elektrisch leitende, dünne und unsichtbare bzw. nahezu unsichtbare Schicht auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind, wobei der Abstand der ersten Leiterbahn (2) zur zweiten Leiterbahn (3) dem Abstand zwischen einem ersten Anschluss (7) und einem zweiten Anschluss (8) einer Leuchtdiode (6) entspricht und, dass sämtliche erste Leiterbahnen (2) mit einem gemeinsamen Anschluss (4) und sämtliche zweite Leiterbahnen (3) mit einem gemeinsamen Anschluss (5) verbunden sind.
Zu den Patentansprüchen 2 bis 16 siehe Hilfsantrag I.
Hilfsantrag IV:
1. Beleuchtungsvorrichtung bestehend aus einer Vielzahl von auf der Fläche einer Trägerplatte befestigten Leuchtdioden, welche mit auf der Trägerplatte angebrachten Leiterbahnen elektrisch verbunden sind,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Trägerplatte als glasklare Glasplatte (1) ausgebildet ist, eine Fensterscheibe bildet und auf der Fläche (9) mehrere erste und zweite Leiterbahnen (2, 3) aufweist, dass die mehreren ersten und zweiten Leiterbahnen (2, 3) als elektrisch leitende, dünne und unsichtbare bzw. nahezu unsichtbare Schicht auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind, dass sämtliche erste Leiterbahnen (2) mit einem gemeinsamen Anschluss (4) und sämtliche zweite Leiterbahnen (3) mit einem gemeinsamen Anschluss (5) verbunden sind, dass die Anschlüsse (4, 5) der Leiterbahnen (2, 3) ebenfalls als elektrisch leitende, dünne und unsichtbar bzw. nahezu unsichtbare Schicht auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind, dass die ersten und zweiten Leiterbahnen (2, 3) abwechselnd parallel auf der Glasplatte (1) angebracht sind, wobei die Anschlüsse (4, 5) orthogonal zu den ersten und zweiten Leiterbahnen (2, 3) stehen.
Hieran schließen sich die Unteransprüche 3 bis 8 geltender Fassung als Unteransprüche 2 bis 7 sowie die Ansprüche 9 bis 16 geltender Fassung als Ansprüche 8 bis 15 an.
Hilfsantrag V:
1. Beleuchtungsvorrichtung bestehend aus einer Vielzahl von auf der Fläche einer Trägerplatte befestigten Leuchtdioden, welche mit auf der Trägerplatte angebrachten Leiterbahnen elektrischverbunden sind,
dadurch gekennzeichnet, dass die Trägerplatte als glasklare Glasplatte (1) ausgebildet ist, eine Fensterscheibe bildet und auf der Fläche (9) mehrere erste und zweite Leiterbahnen (2, 3) aufweist, dass die mehreren ersten und zweiten Leiterbahnen (2, 3)als elektrisch leitende, dünne und unsichtbare bzw. nahezu unsichtbare Schicht auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind, wobei der Abstand der ersten Leiterbahn (2) zur zweiten Leiterbahn (3) dem Abstand zwischen einem ersten Anschluss (7) und einem zweiten Anschluss (8) einer Leuchtdiode (6) entspricht, und dass sämtliche erste Leiterbahnen (2) mit einem gemeinsamen Anschluss (4) und sämtliche zweite Leiterbahnen (3) mit einem gemeinsamen Anschluss (5) verbunden sind, dass die Anschlüsse (4, 5) der Leiterbahnen (2, 3) ebenfalls als elektrisch leitende, dünne und unsichtbar bzw. nahezu unsichtbare Schicht auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind, und dass die ersten und zweiten Leiterbahnen (2, 3) abwechselnd parallel auf der Glasplatte angebracht sind.
Hieran schließen sich die Unteransprüche 3 bis 8 geltender Fassung als Unteransprüche 2 bis 7 sowie die Ansprüche 9 bis 16 geltender Fassung als Ansprüche 8 bis 15 an.
Hilfsantrag VI:
1. Beleuchtungsvorrichtung bestehend aus einer Vielzahl von auf der Fläche einer Trägerplatte befestigten Leuchtdioden, welche mit auf der Trägerplatte angebrachten Leiterbahnen elektrischverbunden sind,
dadurch gekennzeichnet, dass die Trägerplatte als glasklare Glasplatte (1) ausgebildet ist, eine Fensterscheibe bildet und auf der Fläche (9) mehrere erste und zweite Leiterbahnen (2, 3) aufweist, dass die mehreren ersten und zweiten Leiterbahnen (2, 3)als elektrisch leitende, dünne und unsichtbare bzw. nahezu unsichtbare Schicht auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind, wobei der Abstand der ersten Leiterbahn (2) zur zweiten Leiterbahn (3) dem Abstand zwischen einem ersten Anschluss (7) und einem zweiten Anschluss (8) einer Leuchtdiode (6) entspricht, und dass sämtliche erste Leiterbahnen (2) mit einem gemeinsamen Anschluss (4) und sämtliche zweite Leiterbahnen (3) mit einem gemeinsamen Anschluss (5) verbunden sind, dass die Anschlüsse (4, 5) der Leiterbahnen (2, 3) ebenfalls als elektrisch leitende, dünne und unsichtbar bzw. nahezu unsichtbare Schicht auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind, und dass die ersten und zweiten Leiterbahnen (2, 3) abwechselnd parallel auf der Glasplatte angebracht sind, wobei die Anschlüsse (4, 5) orthogonal zu den ersten und zweiten Leiterbahnen (2, 3) stehen.
Hieran schließen sich die Unteransprüche 3 bis 8 geltender Fassung als Unteransprüche 2 bis 7 sowie die Ansprüche 9 bis 16 geltender Fassung als Ansprüche 8 bis 15 an.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das europäische Patent EP 0 900 971 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise soweit das Streitpatent mit den Hilfsanträgen I - VI verteidigt wird.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass die erhobene Nichtigkeitsklage wegen Rechtsmissbrauchs bereits unzulässig sei. In der Sache tritt er den Ausführungen der Klägerin entgegen. Keine der entgegen gehaltenen Druckschriften treffe das Streitpatent neuheitsschädlich. Zu einer Kombination von Druckschriften habe der vom Bundesgerichtshof zutreffend definierte berufserfahrene Glasbautechniker als Fachmann keinerlei Veranlassung. Er ziehe zum einen für Fragen der Beleuchtung einer Fensterscheibe keine Druckschriften über eine Anzeigeeinrichtung wie in Form der Druckschrift K9 heran, noch ziehe er Anregungen aus dem Stand der Technik heran, welche, wie die u. a. für Autofensterscheiben anwendbare Beleuchtungseinrichtung in der Druckschrift K4 - die zudem nicht der aktiven Beleuchtung diene, sondern selbstleuchtend sei - eine Wechselspannung von 240 V benötigen, die dort über einen Transformator erzeugt wird. Denn das Anlegen einer derartigen Wechselspannung sei bei Fensterscheiben überhaupt nicht zulässig. Auch die floatende Anordnung des Emblems in der K4 bringe ihn von einer Heranziehung ab. Der hier angesprochene Fachmann erkenne derartige technische Lösungen als für seine Zwecke ungeeignet. Zum anderen habe der Glasbautechniker als angesprochener Fachmann keinerlei Veranlassung auf die Druckschrift K18 zurückzugreifen, die zudem lediglich eine LED-Anzeigeeinrichtung und keine Beleuchtungseinrichtung offenbare, da dort zwei Glasplatten, die die Anode und Kathode bildeten, verklebt würden, nicht aber über eine strukturierte Beschichtung mit Leiterbahnen verfügten. Schließlich bestehe für den angesprochenen Fachmann auch kein Anlass, Anregungen aus der Publikation K32 zu entnehmen, die sich mit der Beleuchtungsplanung und -gestaltung für Vitrinen beschäftigt. Denn durch die dort in der Vitrine verwendeten und nicht in die Glasböden integrierten Glasfaserkabel würde die Aufgabe, keine sich erwärmende Lichtquelle zu verwenden, bereits gelöst.
Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie den Inhalt der eingereichten Unterlagen sowie den Inhalt der informationshalber beigezogenen Verfahren 4 Ni 53/04 und 4 Ni 10/06 Bezug genommen.
I.
Die Klage, mit der die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ i. V. m. Art. 54 Abs. 1, 2 und Art. 56 EPÜ) und der fehlenden Ausführbarkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. b EPÜ) geltend gemacht werden, ist zulässig.
Die Klage ist insbesondere nicht unzulässig, weil die Beklagte geltend macht, dass die Firma L… GmbH im Parallelverfahren 4 Ni 10/06 als Kooperationspartner der jetzigen Klägerin und Strohmann für diese aufgetreten sei und deshalb die subjektive Rechtskraftwirkung des § 325 ZPO der streitgegenständlichen Klage entgegenstehe. Selbst wenn man den Beklagtenvortrag in tatsächlicher Hinsicht als richtig unterstellt, rechtfertigt dieser nicht die geltend gemachte Rechtsfolge. Nach ständiger Rechtsprechung kann eine Nichtigkeitsklage zwar nicht nur in den Fällen einer (wirksam) vereinbarten Nichtangriffsabrede unzulässig sein, sondern wegen des auch im Prozessrecht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und der darin liegenden unzulässigen Rechtsausübung auch dann, wenn sich aus der Person des Klägers oder aus den Beziehungen der Parteien zueinander besondere Umstände ergeben, welche die Durchführung des Nichtigkeitsverfahrens gerade zwischen diesen Parteien und unter den besonderen Umständen dieses Falls als anstößig oder jedenfalls als dem auch im Prozessrecht zu beachtenden Grundsatz von Treu und Glauben widersprechend erscheinen lassen (BGH GRUR-RR 2010, 136, Tz. 17 - sealing lamina; GRUR 1987, 900, 901 - Entwässerungsanlage). Derartige Umstände sind von der Beklagten aber nicht einmal behauptet, insbesondere sind diese nicht aufgrund der bloßen Angabe einer Kooperationspartnerschaft ersichtlich. Dies gilt auch für die Frage einer Strohmanneigenschaft der früheren Klägerin L…GmbH in dem Verfahren 4 Ni 10/06, welche dort hätte geltend gemacht werden müssen und welche zudem nur im Zusammenhang mit einer damaligen, durch Lizenzvertrag begründeten Nichtangriffspflicht der jetzigen Klägerin steht, nicht aber auf einer gegenwärtigen Nichtangriffspflicht beruht.
Soweit die Klägerin sich auf eine subjektive Rechtskrafterstreckung beruft, beachtet sie bereits nicht hinreichend, dass die für den Einwand der Nichtangriffsabrede aus Treu und Glauben aufgestellten Grundsätze von dem Rechtskrafteinwand zu unterscheiden sind und sich auf diesen nicht anwenden lassen. Eine über § 325 Abs. 1 ZPO hinausgehende Rechtskraftwirkung (Rechtskrafterstreckung) kommt nicht als Folge von Treu und Glauben in Betracht, sondern nur auf Grund gesetzlicher Regelung oder aufgrund der Vorschriften des materiellen Rechts (BGH Urt. v. 29.11.2011 X ZR 23/11 - Rohrreinigungsdüse). Derartige Voraussetzungen stehen hier nicht einmal andeutungsweise in Rede, auch wenn sich die Beklagte auf eine „Kooperationspartnerschaft“ beruft.
Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten steht der Zulässigkeit der Klage auch das Urteil des Senats vom 29. November 2005 im Verfahren 4 Ni 53/04 nicht entgegen, obwohl dieses die jetzigen Streitparteien betraf. Denn das Urteil vom 29. November 2005, aufgrund dessen die Klage wegen Verstoßes gegen die damals bestehende vertragliche Nichtangriffsabrede zwischen den Parteien als unzulässig abgewiesen wurde, ist als Prozessurteil nur in Bezug auf die darin entschiedene Prozessfrage der materiellen Rechtskraft im Sinne von § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 322 Abs. 1 ZPO fähig (Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl. (2011), § 322 Rn. 3). Eine weitere Klage über denselben Streitgegenstand kann deshalb nur dann zulässig sein, wenn sich die prozessualen Umstände - deretwegen die Klage für unzulässig gehalten wurde - in dem fraglichen Punkt gegenüber dem Vorprozess geändert haben (Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Auflage (2012), § 322 Rn. 1a). Dies ist vorliegend der Fall, da zwischen den Parteien eine vertragliche Nichtangriffsvereinbarung nicht mehr besteht und die Beklagte insoweit auch keine Rechte herleitet.
II.
Die Klage ist auch begründet. Sie führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, denn der Gegenstand des Streitpatents beruht weder in der Fassung des Hauptantrags, noch in der Fassung nach den Hilfsanträgen I bis VI gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a, Art. 56 EPÜ).
1. Das Streitpatent betrifft eine Beleuchtungsvorrichtung, bei der mehrere Leuchtdioden auf einer Trägerplatte befestigt und mit auf dieser Trägerplatte angebrachten Leiterbahnen elektrisch verbunden sind, sowie die Kombination einer Vitrine mit einer solchen Beleuchtungsvorrichtung (Streitpatentschrift, Abs. [0001] und [0002]).
Gemäß den Angaben in der Streitpatentschrift ist eine derartige Beleuchtungsvorrichtung aus der deutschen Patentschrift 42 08 922 bekannt, die ein Flächendisplay zur Ausleuchtung von Hintergrundflächen betrifft, bei dem Leuchtdioden auf einer lichtdurchlässigen Leiterplatte angebracht sind (vgl. Abs. [0003] und [0004]). Die Streitpatentschrift verweist ferner auf einen Katalog der Firma Westfalia, in dem ein Infrarot-Scheinwerfer aus einer Vielzahl von matrixförmig auf einer Leiterplatte angebrachten Infrarot-Leuchtdioden gezeigt ist sowie auf die französische Offenlegungsschrift 2 624 712, aus der eine säulenförmige, mehreckige Vitrine mit Seitenteilen aus Glas, drehbaren, scheibenförmigen Präsentationsflächen und einer im Oberteil befindlichen Beleuchtungsvorrichtung bekannt ist (vgl. Abs. [0005] bis [0007]). Die noch in der Streitpatentschrift genannte Offenlegungsschrift WO 97/03460 A1 betrifft ein aus einer Glasplatte bestehendes Substrat, auf dem elektronische Bauteile in Dünnschichttechnik angebracht sind.
2. Vor diesem Hintergrund liegt nach den Angaben in der Streitpatentschrift dem Patentgegenstand die Aufgabe zugrunde, „eine Beleuchtungsvorrichtung der eingangs genannten Art dahingehend anzugeben, dass diese insbesondere zur Beleuchtung von Schaufenstern, Verkaufs- und/oder Ausstellungsvitrinen geeignet ist“ (vgl. Abs. [0008]). „Ferner sollen Kombinationen aus einer Vitrine mit einer Beleuchtungsvorrichtung geschaffen werden“ (vgl. Abs. [0009]).
3. Zur Lösung dieser Aufgabe sieht Patentanspruch 1 in der geltenden, nach Hauptantrag verteidigten Fassung eine Beleuchtungsvorrichtung vor, die folgende Merkmale aufweist (Merkmalsgliederung hinzugefügt):
M1 Beleuchtungsvorrichtung bestehend aus
M1.1 einer Vielzahl von auf der Fläche einer Trägerplatte befestigten Leuchtdioden,
M1.2 welche mit auf der Trägerplatte angebrachten Leiterbahnen elektrisch verbunden sind,
dadurch gekennzeichnet,
M2 dass die Trägerplatte
M2.1 als glasklare Glasplatte (1) ausgebildet ist und
M2.2 eine Fensterscheibe bildet und
M3 dass die Leiterbahnen (2, 3)
M3.1 als elektrisch leitende,
M3.2 dünne und unsichtbare bzw. nahezu unsichtbare Schicht
M3.3 auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind.
Ferner wird in den nebengeordneten Ansprüchen 9 bis 13 in der geltenden Fassung nach Hauptantrag beansprucht (Merkmalsgliederung hinzugefügt):
Anspruch 9:
N1 Kombination
N1.1 einer Vitrine
N1.2 mit einer Beleuchtungsvorrichtung nach Anspruch 1,
N1.3 wobei die Glasplatte einen oder mehrere Teile einer Vitrine bildet,
dadurch gekennzeichnet,
N2 dass die Glasplatte (1)
N2.1 als Zwischenboden (13) in der Vitrine eingesetzt ist,
N2.2 wobei die Leuchtdioden (6) auf der Unterseite der Glasplatte (1) angebracht sind.
Anspruch 10:
N1 Kombination
N1.1 einer Vitrine
N1.2 mit einer Beleuchtungsvorrichtung nach Anspruch 1,
N1.3 wobei die Glasplatte einen oder mehrere Teile einer Vitrine bildet,
dadurch gekennzeichnet,
O2 dass die Glasplatte (1)
O2.1 unterhalb des Oberteils (14) der Vitrine angebracht ist bzw. das Oberteil (14) selbst bildet,
O2.2 wobei sich die Leuchtdioden (6) auf der dem Innenraum der Vitrine zugewandten Seite der Glasplatte (1) befinden.
Anspruch 11:
N1 Kombination
N1.1 einer Vitrine
N1.2 mit einer Beleuchtungsvorrichtung nach Anspruch 1,
N1.3 wobei die Glasplatte einen oder mehrere Teile einer Vitrine bildet,
dadurch gekennzeichnet,
P2 dass die Glasplatte (1)
P2.1 in Form eines schmalen Streifens in einer oder mehreren Ecken (15) innerhalb der Vitrine angebracht ist,
P2.2 wobei die Leuchtdioden (6) sich auf der dem Innenraum der Vitrine zugewandten Seite der Glasplatte (1) befinden.
Anspruch 12:
N1 Kombination
N1.1 einer Vitrine
N1.2 mit einer Beleuchtungsvorrichtung nach Anspruch 1,
N1.3 wobei die Glasplatte einen oder mehrere Teile einer Vitrine bildet,
dadurch gekennzeichnet,
Q2 dass eine ganze Seitenwand (16) oder auch nur ein Teil derselben der Vitrine aus der Glasplatte (1) gebildet wird,
Q2.1 wobei die Leuchtdioden (6) sich auf der dem Innenraum der Vitrine zugewandten Seite befinden.
Anspruch 13:
N1 Kombination
N1.1 einer Vitrine
N1.2 mit einer Beleuchtungsvorrichtung nach Anspruch 1,
N1.3 wobei die Glasplatte einen oder mehrere Teile einer Vitrine bildet,
dadurch gekennzeichnet,
R2 dass die Leuchtdioden (6) von einer Stromversorgungseinrichtung mit elektrischer Energie versorgt werden,
R2.1 die in der Vitrine eingebaut ist.
Nach Patentanspruch 1 in der mit dem Hilfsantrag I verteidigten Fassung weist die Beleuchtungsvorrichtung folgende Merkmale auf (Merkmalsgliederung hinzugefügt; Unterschiede zum Anspruch 1 nach Hauptantrag durch Fettdruck gekennzeichnet):
M1 Beleuchtungsvorrichtung bestehend aus
M1.1 einer Vielzahl von auf der Fläche einer Trägerplatte befestigten Leuchtdioden,
M1.2 welche mit auf der Trägerplatte angebrachten Leiterbahnen elektrisch verbunden sind,
dadurch gekennzeichnet,
M2 dass die Trägerplatte
M2.1 als glasklare Glasplatte (1) ausgebildet ist und
M2.2 eine Fensterscheibe bildet und
M2.3 auf der Fläche (9) mehrere erste und zweite Leiterbahnen (2, 3) aufweist,
M3’ dass die mehreren ersten und zweiten Leiterbahnen (2, 3)
M3.1 als elektrisch leitende,
M3.2 dünne und unsichtbare bzw. nahezu unsichtbare Schicht
M3.3 auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind.
Ferner wird in den nebengeordneten Ansprüchen 9 bis 13 gemäß Hilfsantrag I beansprucht (Merkmalsgliederung hinzugefügt; Unterschiede zu den jeweiligen nebengeordneten Ansprüchen 9 bis 13 nach Hauptantrag durch Fettdruck gekennzeichnet):
Anspruch 9:
N1 Kombination
N1.1 einer Vitrine
N1.2’ mit einer Beleuchtungsvorrichtung bestehend aus
N1.2.1 einer Vielzahl von auf der Fläche einer Trägerplatte befestigten Leuchtdioden,
N1.2.2 welche mit auf der Trägerplatte angebrachten Leiterbahnen elektrisch verbunden sind,
N1.2.3 wobei die Trägerplatte
N1.2.4 als glasklare Glasplatte (1) ausgebildet ist und
N1.2.5 eine Fensterscheibe bildet und
N1.2.6 dass die Leiterbahnen (2, 3)
N1.2.7 als elektrisch leitende,
N1.2.8 dünne und unsichtbare bzw. nahezu unsichtbare Schicht
N1.2.9 auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind, und
N1.3 wobei die Glasplatte einen oder mehrere Teile einer Vitrine bildet,
dadurch gekennzeichnet,
N2 dass die Glasplatte (1)
N2.1 als Zwischenboden (13) in der Vitrine eingesetzt ist,
N2.2 wobei die Leuchtdioden (6) auf der Unterseite der Glasplatte (1) angebracht sind.
Anspruch 10:
N1 Kombination
N1.1 einer Vitrine
N1.2’ mit einer Beleuchtungsvorrichtung bestehend aus
N1.2.1 einer Vielzahl von auf der Fläche einer Trägerplatte befestigten Leuchtdioden,
N1.2.2 welche mit auf der Trägerplatte angebrachten Leiterbahnen elektrisch verbunden sind,
N1.2.3 wobei die Trägerplatte
N1.2.4 als glasklare Glasplatte (1) ausgebildet ist und
N1.2.5 eine Fensterscheibe bildet und
N1.2.6 dass die Leiterbahnen (2, 3)
N1.2.7 als elektrisch leitende,
N1.2.8 dünne und unsichtbare bzw. nahezu unsichtbare Schicht
N1.2.9 auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind, und
N1.3 wobei die Glasplatte einen oder mehrere Teile einer Vitrine bildet,
dadurch gekennzeichnet,
O2 dass die Glasplatte (1)
O2.1 unterhalb des Oberteils (14) der Vitrine angebracht ist bzw. das Oberteil (14) selbst bildet,
O2.2 wobei sich die Leuchtdioden (6) auf der dem Innenraum der Vitrine zugewandten Seite der Glasplatte (1) befinden.
Anspruch 11:
N1 Kombination
N1.1 einer Vitrine
N1.2’ mit einer Beleuchtungsvorrichtung bestehend aus
N1.2.1 einer Vielzahl von auf der Fläche einer Trägerplatte befestigten Leuchtdioden,
N1.2.2 welche mit auf der Trägerplatte angebrachten Leiterbahnen elektrisch verbunden sind,
N1.2.3 wobei die Trägerplatte
N1.2.4 als glasklare Glasplatte (1) ausgebildet ist und
N1.2.5 eine Fensterscheibe bildet und
N1.2.6 dass die Leiterbahnen (2, 3)
N1.2.7 als elektrisch leitende,
N1.2.8 dünne und unsichtbare bzw. nahezu unsichtbare Schicht
N1.2.9 auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind, und
N1.3 wobei die Glasplatte einen oder mehrere Teile einer Vitrine bildet,
dadurch gekennzeichnet,
P2 dass die Glasplatte (1)
P2.1 in Form eines schmalen Streifens in einer oder mehreren Ecken (15) innerhalb der Vitrine angebracht ist,
P2.2 wobei die Leuchtdioden (6) sich auf der dem Innenraum der Vitrine zugewandten Seite der Glasplatte (1) befinden.
Anspruch 12:
N1 Kombination
N1.1 einer Vitrine
N1.2’ mit einer Beleuchtungsvorrichtung bestehend aus
N1.2.1 einer Vielzahl von auf der Fläche einer Trägerplatte befestigten Leuchtdioden,
N1.2.2 welche mit auf der Trägerplatte angebrachten Leiterbahnen elektrisch verbunden sind,
N1.2.3 wobei die Trägerplatte
N1.2.4 als glasklare Glasplatte (1) ausgebildet ist und
N1.2.5 eine Fensterscheibe bildet und
N1.2.6 dass die Leiterbahnen (2, 3)
N1.2.7 als elektrisch leitende,
N1.2.8 dünne und unsichtbare bzw. nahezu unsichtbare Schicht
N1.2.9 auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind, und
N1.3 wobei die Glasplatte einen oder mehrere Teile einer Vitrine bildet,
dadurch gekennzeichnet,
Q2 dass eine ganze Seitenwand (16) oder auch nur ein Teil derselben der Vitrine aus der Glasplatte (1) gebildet wird,
Q2.1 wobei die Leuchtdioden (6) sich auf der dem Innenraum der Vitrine zugewandten Seite befinden.
Anspruch 13:
N1 Kombination
N1.1 einer Vitrine
N1.2’ mit einer Beleuchtungsvorrichtung bestehend aus
N1.2.1 einer Vielzahl von auf der Fläche einer Trägerplatte befestigten Leuchtdioden,
N1.2.2 welche mit auf der Trägerplatte angebrachten Leiterbahnen elektrisch verbunden sind,
N1.2.3 wobei die Trägerplatte
N1.2.4 als glasklare Glasplatte (1) ausgebildet ist und
N1.2.5 eine Fensterscheibe bildet und
N1.2.6 dass die Leiterbahnen (2, 3)
N1.2.7 als elektrisch leitende,
N1.2.8 dünne und unsichtbare bzw. nahezu unsichtbare Schicht
N1.2.9 auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind, und
N1.3 wobei die Glasplatte einen oder mehrere Teile einer Vitrine bildet,
dadurch gekennzeichnet,
R2 dass die Leuchtdioden (6) von einer Stromversorgungseinrichtung mit elektrischer Energie versorgt werden,
R2.1 die in der Vitrine eingebaut ist.
Nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag II wird eine Beleuchtungsvorrichtung mit den Merkmalen M1 bis M3.3 gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag I und dem folgenden Merkmal beansprucht (Merkmalsgliederung hinzugefügt):
M4 wobei der Abstand der ersten Leiterbahn (2) zur zweiten Leiterbahn (3) dem Abstand zwischen einem ersten Anschluss (7) und einem zweiten Anschluss (8) einer Leuchtdiode (6) entspricht.
Die nebengeordneten Patentansprüche 9 bis 13 gemäß Hilfsantrag II entsprechen den nebengeordneten Ansprüchen 9 bis 13 nach Hilfsantrag I.
Im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag III wird eine Beleuchtungsvorrichtung mit den Merkmalen M1 bis M3.3 gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag I und den folgenden Merkmalen beansprucht (Merkmalsgliederung hinzugefügt):
M4 wobei der Abstand der ersten Leiterbahn (2) zur zweiten Leiterbahn (3) dem Abstand zwischen einem ersten Anschluss (7) und einem zweiten Anschluss (8) einer Leuchtdiode (6) entspricht, und
M5 dass sämtliche erste Leiterbahnen (2) mit einem gemeinsamen Anschluss (4) und sämtliche zweite Leiterbahnen (3) mit einem gemeinsamen Anschluss (5) verbunden sind.
Die nebengeordneten Patentansprüche 9 bis 13 gemäß Hilfsantrag III entsprechen den nebengeordneten Ansprüchen 9 bis 13 nach Hilfsantrag I.
Hinsichtlich des Wortlauts der übrigen, unmittelbar oder mittelbar auf den Patentanspruch 1 bzw. auf die nebengeordneten Patentansprüche 9 bis 13 rückbezogenen Ansprüche in der Fassung des Hauptantrags und der Hilfsanträge I bis III wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung und die Akten verwiesen.
Im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag IV wird eine Beleuchtungsvorrichtung mit den Merkmalen M1 bis M3.3 gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag I und den folgenden Merkmalen beansprucht (Merkmalsgliederung hinzugefügt):
M5 dass sämtliche erste Leiterbahnen (2) mit einem gemeinsamen Anschluss (4) und sämtliche zweite Leiterbahnen (3) mit einem gemeinsamen Anschluss (5) verbunden sind,
M6 dass die Anschlüsse (4, 5) der Leiterbahnen (2, 3) ebenfalls als elektrisch leitende, dünne und unsichtbar bzw. nahezu unsichtbare Schicht auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind,
M7 dass die ersten und zweiten Leiterbahnen (2, 3) abwechselnd parallel auf der Glasplatte (1) angebracht sind,
M8 wobei die Anschlüsse (4, 5) orthogonal zu den ersten und zweiten Leiterbahnen (2, 3) stehen.
Im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag V wird eine Beleuchtungsvorrichtung mit den Merkmalen M1 bis M3.3 gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag I und den folgenden Merkmalen beansprucht (Merkmalsgliederung hinzugefügt):
M4 wobei der Abstand der ersten Leiterbahn (2) zur zweiten Leiterbahn (3) dem Abstand zwischen einem ersten Anschluss (7) und einem zweiten Anschluss (8) einer Leuchtdiode (6) entspricht, und
M5 dass sämtliche erste Leiterbahnen (2) mit einem gemeinsamen Anschluss (4) und sämtliche zweite Leiterbahnen (3) mit einem gemeinsamen Anschluss (5) verbunden sind,
M6 dass die Anschlüsse (4, 5) der Leiterbahnen (2, 3) ebenfalls als elektrisch leitende, dünne und unsichtbar bzw. nahezu unsichtbare Schicht auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind, und
M7 dass die ersten und zweiten Leiterbahnen (2, 3) abwechselnd parallel auf der Glasplatte (1) angebracht sind.
Im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag VI wird eine Beleuchtungsvorrichtung mit den Merkmalen M1 bis M3.3 gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag I und den folgenden Merkmalen beansprucht (Merkmalsgliederung hinzugefügt):
M4 wobei der Abstand der ersten Leiterbahn (2) zur zweiten Leiterbahn (3) dem Abstand zwischen einem ersten Anschluss (7) und einem zweiten Anschluss (8) einer Leuchtdiode (6) entspricht, und
M5 dass sämtliche erste Leiterbahnen (2) mit einem gemeinsamen Anschluss (4) und sämtliche zweite Leiterbahnen (3) mit einem gemeinsamen Anschluss (5) verbunden sind,
M6 dass die Anschlüsse (4, 5) der Leiterbahnen (2, 3) ebenfalls als elektrisch leitende, dünne und unsichtbar bzw. nahezu unsichtbare Schicht auf der Glasplatte (1) aufgebracht sind, und
M7 dass die ersten und zweiten Leiterbahnen (2, 3) abwechselnd parallel auf der Glasplatte (1) angebracht sind,
M8 wobei die Anschlüsse (4, 5) orthogonal zu den ersten und zweiten Leiterbahnen (2, 3) stehen.
Bei den Hilfsanträgen IV bis VI schließen sich an Patentanspruch 1 die Unteransprüche 3 bis 8 geltender Fassung (Hauptantrag) als Unteransprüche 2 bis 7 sowie die nebengeordneten Ansprüche 9 bis 13 und die Unteransprüche 14 bis 16 geltender Fassung (Hauptantrag) als Ansprüche 8 bis 15 an. Bezüglich ihres Wortlauts wird auf die Akten verwiesen.
4. Als maßgeblicher Fachmann ist nach Auffassung des Senats ein Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik mit beruflicher Erfahrung in der Beleuchtungstechnik anzusehen und nicht ein berufserfahrener Glasbautechniker, wie die Beklagte unter Berufung auf die Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung „Diodenbeleuchtung“ (X ZR 169/07 - GRUR 2010, 41 - Tz. 21) geltend macht.
Der zuständige Fachmann ist objektiv nach der technischen Aufgabe der Erfindung zu bestimmen und derjenige, dem üblicherweise die Lösung der gestellten Aufgabe übertragen wird (BGH GRUR 1978, 37 - Börsenbügel; GRUR 1962, 290, 293 - Brieftauben-Reisekabine II; Schulte, PatG, 8. Aufl. (2008), § 4 Rdn. 48). Die objektiv zu bestimmende technische Aufgabe richtet sich nach dem, was die beanspruchte Lehre gegenüber dem Stand der Technik tatsächlich leistet, also nach der objektiven technischen Problemlösung (BGH GRUR 2010, 602, Tz. 27 - Gelenkanordnung; BGH GRUR 2010, 607, Tz. 18 - Fettsäurezusammensetzung; BGH GRUR 2003, 693 - Hochdruckreiniger). Die Bestimmung des zutreffenden Fachmanns mag deshalb vielfach mit dem in der Streitpatentschrift hervorgehobenen Gebiet der Technik bzw. Anwendungsgebiet der Erfindung oder dem dort angesprochenen Personenkreis sowie der subjektiv formulierten Aufgabe übereinstimmen. Maßgeblich sind diese Angaben in der Streitpatentschrift jedoch nicht. Denn ebenso wie derartige Angaben zur „Aufgabe” der Erfindung zwar Hinweise auf das richtige Verständnis des Patentanspruchs enthalten können, den Vorrang des Patentanspruchs für die Bestimmung der technischen Aufgabe aber nicht in Frage stellen (BGH GRUR 2010, 602, Tz. 27 - Gelenkanordnung), kann der Vorrang des Patentanspruchs auch nicht für die Bestimmung des Fachmanns durch Angaben in der Patentschrift in Frage gestellt werden. Würde man dies anders sehen, hätte es der Patentinhaber in der Hand, durch seine Angaben in der Patentschrift die Auswahl des Fachmanns trotz eines umfassenden Patentanspruchs auf ein technisches Gebiet zu begrenzen oder - wie hier - in den Fokus der Betrachtungen zu rücken und damit den Maßstab für die Auslegung des Patentanspruchs und die Beurteilung der erfinderische Tätigkeit zu verschieben. Es ist vielmehr Sache des Patentinhabers durch die - ggf. auch beschränkende Fassung - des beanspruchten Patentanspruchs das maßgebliche technische Gebiet zu konkretisieren, so wie die Beklagte hier durch Auswahl der Patentkategorie und Aufnahme weiterer beschränkender Merkmale die im Fokus der Beschreibung stehende Verwendung einer Beleuchtungseinrichtung zur Beleuchtung von Schaufenstern hätte beanspruchen können.
Der vorliegend - insbesondere hinsichtlich der Patentansprüche 1 bis 8 für die beanspruchte Beleuchtungseinrichtung, aber auch hinsichtlich der mit den Patentansprüchen 9 bis 15 beanspruchten Kombination einer Vitrine mit Beleuchtungsvorrichtung - objektiv zu bestimmende Fachmann ist danach ein Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik und nicht ein Glasbautechniker, weil die beanspruchte Lehre des Streitpatents eine Beleuchtungsvorrichtung mit Leuchtdioden betrifft, einschließlich ihrer Verdrahtung auf einer Glasplatte, und der Schwerpunkt der durch die objektiven Aufgabe bestimmten Tätigkeit in der Konstruktion einer Beleuchtungsvorrichtung liegt, die im konkreten Fall mit einer Glasscheibe kombiniert werden soll. Dass nach den Angaben in der Streitpatentschrift aufgabengemäß insbesondere die Eignung zur Beleuchtung von Schaufenstern und Vitrinen angesprochen wird (vgl. Abs. [0008]), ist hierbei für die objektiv zu bestimmende Problemlösung und den insoweit angesprochenen Fachmann aus den genannten Gründen ebenso wenig maßgeblich wie der Umstand, dass im geltenden Patentanspruch 1 die Ausbildung der Trägerplatte durch eine Fensterscheibe beansprucht wird. Denn das Betätigungsfeld von Glasbautechnikern umfasst gewöhnlich lediglich die Fertigung, Konstruktion und Gestaltung von Glas- und Fensterbauelementen sowie die Veredelung und Bearbeitung von Glas. Hierzu zählen bspw. der Bau von Glasvitrinen und Schaufensterverglasungen sowie die Herstellung von beschichtetem Glas oder auch elektrochromem Verbundglas. Entsprechend der Berufsbeschreibung für einen Techniker/in - Glastechnik (Glas- und Fensterbautechnik) durch die Bundesagentur für Arbeit (www.berufenet.arbeitsagentur.de/berufe/berufId.do;jsessionid=81D1…), gehört zum Aufgabenbereich des Glasbautechnikers die Anfertigung von Entwürfen, Berechnungen und Konstruktionen von Grundkonzeptionen und Alternativlösungen zur technischen Ausführung von Glas- und Fensterbauarbeiten. Danach sind u. a. Bauteile, -elemente und -objekte entsprechend den Vorgaben von Kundenwünschen einschließlich der Werkzeichnungen zu erstellen. Hierzu gehört auch die Herstellung, Veredelung und Bearbeitung von Glas.
Die Entwicklung und Konstruktion einer Beleuchtungsvorrichtung, wie sie das Streitpatent beansprucht, zählt hingegen nicht zu den üblichen Tätigkeiten eines Glasbautechnikers, sondern zur Entwicklungstätigkeit eines Fachmanns auf dem Gebiet der Beleuchtungstechnik und zwar auch dann, wenn ein Bauelement - wie vorliegend die als glasklare Glasplatte ausgebildete Trägerplatte für die darauf angebrachten Leiterbahnen - als Fensterscheibe ausgebildet ist. Denn auch insoweit bleibt der Gegenstand dessen, was die beanspruchte Lehre aufgabengemäß löst und gegenüber dem Stand der Technik tatsächlich leistet ein weitergebildetes Leuchtmittel (vorliegend Leuchtdioden), bei dem die elektrischen und physikalischen Eigenschaften der Verdrahtung im Vordergrund stehen. Dies gilt ebenso für die Kombination einer Vitrine mit einer so ausgestalteten Beleuchtungseinrichtung. Dieser Fachmann zog bezüglich der Frage der Art der in den jeweiligen Einsatzgebieten - wie bei Fensterscheiben oder Vitrinen - verwendeten Glassubstrate bzw. Glasscheiben ggf. weitere Spezialfachleute, wie einen Glasbautechniker, zu Rate (vgl. BGH GRUR 2009, 1039 Tz. 19 - Fischbissanzeiger). Insoweit boten sich im Stand der Technik auch in den hier zu berücksichtigenden technischen Gebieten bereits bekannte Lösungen an, welche Fensterscheiben als konstruktives Bauelement von Beleuchtungseinrichtungen verwendeten, wie die Druckschriften K4, K18 und K32 belegen, so dass die Zuziehung eines weiteren Experten erwartet werden konnte (zu den Voraussetzungen BGH GRUR 2010, 41 - Diodenbeleuchtung).
5. Zum Verständnis des Patentgegenstandes
Den Grundsätzen zu Art. 69 Abs. 1 EPÜ folgend, ist bei der Auslegung eines europäischen Patents der Patentanspruch in seinem technischen Sinn und nicht in seiner philologischen Bedeutung aufzufassen. Die Frage, ob eine bestimmte Anweisung zum Gegenstand eines Anspruchs des Patents gehört, entscheidet sich deshalb danach, ob sie in dem betreffenden Patentanspruch Ausdruck gefunden hat (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2007, 778 - Ziehmaschinenzugeinheit; GRUR 2007, 959 - Pumpeinrichtung). Danach ist entscheidend, welcher technische Sinngehalt aus der Sicht des angesprochenen Fachmanns den Merkmalen des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit (BGH GRUR 2002, 515, 517 - Schneidmesser I; GRUR 2001, 232, 233 - Brieflocher, jeweils m. w. N.) aufgrund einer am technischen Gesamtzusammenhang orientierten Betrachtung zukommt (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2011, 129 - Fentanyl-TTS; GRUR 2004, 845 - Drehzahlermittlung, m. w. N.). Hierbei sind auch Begriffe in den Patentansprüchen so zu deuten, wie sie der angesprochene Fachmann nach dem Gesamtinhalt der Patentschrift unter Berücksichtigung der in ihr objektiv offenbarten Lösung bei unbefangener Erfassung der im Anspruch umschriebenen Lehre zum technischen Handeln versteht (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2006, 311 - Baumscheibenabdeckung; GRUR 2004, 845 - Drehzahlermittlung). Die Patentschrift bildet daher ihr eigenes Lexikon. Im Einzelnen ist von folgendem Verständnis auszugehen:
5.1. Danach sind entgegen dem Vortrag der Patentinhaberin mit dem im Merkmal M1 der Ansprüche 1 angegebenen Begriff „Beleuchtungseinrichtung“ nicht nur Vorrichtungen zur Fremdbeleuchtung, bspw. zur Ausleuchtung einer Ausstellungsvitrine oder zur Beleuchtung der Auslage hinter einem Schaufenster, gemeint. Der Begriff „Beleuchtungseinrichtung“ ist in der Patentschrift allgemeiner definiert. Dort ist als ein weiteres Anwendungsgebiet der beanspruchten Beleuchtungseinrichtung bspw. der Einsatz auch zu Werbezwecken durch die Darstellung von Schriftzeichen oder Figuren mit leuchtenden Dioden, genannt (vgl. Streitpatent, Spalte 2, Zeilen 38 bis 46 und ab Spalte 3, Zeile 56 bis Spalte 4, Zeile 3). Danach ist auch eine selbstleuchtende Werbeschrift oder Figur eine Beleuchtungseinrichtung. Auch geht das Streitpatent selbst von einem nächstliegenden Stand der Technik aus, wie er in dem deutschen Patent 42 08 922 beschrieben ist, das ein Flächendisplay - also eine Anzeigevorrichtung - mit Leuchtdioden zeigt (vgl. Spalte 1, Zeilen 10 bis 26). Somit sind mit der Angabe „Beleuchtungseinrichtung“ im Sinne des Streitpatents auch Anzeigen jeglicher Art umfasst, insbesondere sind diese nicht auf Beleuchtungseinrichtungen zur Ausleuchtung von Auslagen in einem Schaufenster oder einer Verkaufs- oder Ausstellungsvitrine beschränkt.
5.2 Unter der im Merkmal M2.1 der Ansprüche 1 genannten „glasklaren Glasplatte“, sind gemäß der im Streitpatent enthaltenen Definition nicht nur glasklare Glasplatten aus Mineralglas zu verstehen, sondern auch „Glasplatten“ aus einem entsprechenden Kunststoff (vgl. Spalte 3, Zeilen 28 bis 30). Die Patentschrift bildet insoweit ihr eigenes Lexikon.
5.3 Nach Ansicht des Senats ist unter einer „Fensterscheibe“ gemäß dem Merkmal M2.2 nach Anspruch 1 allgemein eine Scheibe zu verstehen, die als Bauteil in eine Öffnung eingesetzt ist und durch die hindurch - wie bei einem Fenster eben - auf einen dahinter liegenden Bereich bzw. Raum und ggf. in diesem befindliche Objekte geblickt werden kann. Insoweit ist wesentlich, dass nach dem maßgeblichen technischen Sinngehalt dieses in der Patentschrift verwendeten Begriffs stärker noch als bereits nach seinem semantischen Gehalt aus der Sicht des angesprochenen Fachmanns die „Fensterscheibe“ als durchsichtige „glasklar“ ausgebildete Trägerplatte der Beleuchtungsvorrichtung dient, also als Konstruktionsbauteil (so auch BGH GRUR 2010, 41, Tz. 16 - Diodenbeleuchtung), auf welcher die elektrischen Leiterbahnen aufgebracht sind Hierbei folgt der Senat der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs, dass der Begriff der „Glasplatte“ nach dem Verständnis der Streitpatentschrift „Fensterscheiben“ als Element der Beleuchtungsvorrichtung zwanglos einschließt (so BGH GRUR 2010, 41, Tz. 16 - Diodenbeleuchtung), obwohl weder die Anmeldeunterlagen noch die Patentschrift diesen Begriff enthalten und deshalb die beschränkende Aufnahme des Begriffs „Fensterscheibe“ in den Patentanspruch eine zulässige Zwischenerweiterung gegenüber den in der Beschreibung genannten engeren Ausführungsbeispielen, wie der Schaufensterscheibe und Vitrine, darstellt (hierzu BGH GRUR 2012, 149 Tz. 84 - Sensoranordnung; GRUR 2008, 60, Tz. 30 - Sammelhefter II; GRUR 2005, 316, 318 - 319 - Fußbodenbelag). Auch hieraus kann aber kein engeres begriffliches Verständnis abgeleitet werden. Denn auch wenn eine „Fensterscheibe“ eine besondere Ausführungsform einer Glasplatte darstellt, impliziert dies noch keinerlei begriffliche Einschränkungen i. S. von Gebäudefensterscheiben. Danach sind als „Fensterscheiben“ im Sinne des Streitpatents nicht nur Scheiben anzusehen, die als Bauteil in Öffnungen an Außenflächen von Gebäuden oder im Gebäudeinneren eingesetzt werden, sondern bspw. auch die Scheiben in Vitrinen- oder Autofenstern, oder allgemein eine Scheibe zu verstehen, die als Bauteil in eine Öffnung eingesetzt ist und durch die hindurch auf einen dahinter liegenden Bereich bzw. Raum und ggf. in diesem befindliche Objekte geblickt werden kann. Dass auch die Scheiben in Vitrinen- oder Autofenstern erfasst sind, hat die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung nicht mehr in Abrede gestellt.
III.
1. Die geänderten Ansprüche in der Fassung der Hilfsanträge I bis VI, die losgelöst von den geltend gemachten Nichtigkeitsgründen auf ihre Zulässigkeit zu überprüfen sind, weisen insbesondere keine unzulässige Erweiterung des Inhalts der Anmeldung oder des Schutzbereichs auf und sind auch im Übrigen zulässig.
1.1 Das Merkmal M2.2 nach Patentanspruch 1, wonach die Trägerplatte eine Fensterscheibe bildet, ist durch nachträgliche Beschränkung im vorgehenden Nichtigkeitsverfahren 4 Ni 10/06 (BGH GRUR 2010, 41 - Diodenbeleuchtung) hervorgegangen. Wie bereits ausgeführt (siehe Abschnitt II 5.3) folgt der Senat der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs, dass der Begriff „Fensterscheibe“ als Trägerplatte bereits in der ursprünglichen Anmeldung (vgl. EP 0 900 971 A1) durch die Verwendung des Begriffs der „Glasplatte“ offenbart war und es sich auch um eine zulässige Zwischenerweiterung handelt. Dies geht auch insbesondere aus dem Zusammenhang mit der als zur Erfindung gehörend beschriebenen Verwendung der beanspruchten Vorrichtung zur Beleuchtung von insbesondere Schaufenstern und Vitrinen hervor (vgl. Spalte 1, Zeilen 28 bis 31 und Zeilen 37 bis 53). Der erteilte Anspruch 1 ist deshalb zulässig aus den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 6 hervorgegangen.
1.2 Die aufgenommenen Beschränkungen der Merkmale M2.3 und M3’ wonach mehrere erste und zweite Leiterbahnen vorhanden sind, sind sowohl im Streitpatent (vgl. Spalte 3, Zeilen 12 bis 15) als auch in der ursprünglichen Anmeldung (vgl. Spalte 2, Zeilen 12 bis 15) offenbart.
Die Unteransprüche 2 bis 8 stimmen mit den erteilten Ansprüchen 2 bis 8 überein. Diese gründen ihrerseits auf den ursprünglichen Ansprüchen 2 bis 5 und 7 bis 9, wobei sich der erteilte Anspruch 7 aus der Kombination der ursprünglichen Ansprüche 7 und 8 ergibt.
In den nebengeordneten Ansprüchen 9 bis 13 nach Hilfsantrag I ist der Rückbezug auf den Anspruch 1 im Merkmal N1.2 der Ansprüche 9 bis 13 geltender Fassung durch den entsprechenden Wortlaut des Anspruchs 1 geltender Fassung ersetzt (Merkmale N1.2’ und N1.2.1 bis N1.2.9). Inhaltlich entsprechen die nebengeordneten Ansprüchen 9 bis 13 nach Hilfsantrag I somit den Ansprüchen 9 bis 13 geltender Fassung. Diese sind aus den erteilten Ansprüchen 9 bis 13 unter Aufnahme des Merkmals N1.3, wonach die Glasplatte einen oder mehrere Teile einer Vitrine bildet, hervorgegangen. Dieses Merkmal ist in der ursprünglichen Anmeldung offenbart (vgl. Spalte 1, Zeilen 37 und 38). Die erteilten Ansprüche 9 bis 13 gründen jeweils auf einer Kombination des ursprünglichen Anspruchs 10 mit jeweils einem der Ansprüche 11 bis 15.
Die Unteransprüche 14 bis 16 entsprechen den erteilten Ansprüchen 14 bis 16, welche ihrerseits jeweils auf einer Kombination des ursprünglichen Anspruchs 10 mit jeweils einem der Ansprüche 16 bis 18 gründen.
1.3 In den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag II ist gegenüber dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag I noch das weitere einschränkende Merkmal M4 aufgenommen, das im Streitpatent (vgl. Spalte 3, Zeilen 22 bis 26) und in der ursprünglichen Anmeldung (vgl. Spalte 2, Zeilen 22 bis 25) offenbart ist.
Die Ansprüche 2 bis 16 nach Hilfsantrag 2 entsprechen den jeweiligen Ansprüchen nach Hilfsantrag I.
1.4 In den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag III ist gegenüber dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag II noch das weitere einschränkende Merkmal M5 aufgenommen, das im Streitpatent (vgl. Spalte 3, Zeilen 15 bis 18) und in der ursprünglichen Anmeldung (vgl. Spalte 2, Zeilen 15 bis 18) offenbart ist.
Die Ansprüche 2 bis 16 nach Hilfsantrag III entsprechen den jeweiligen Ansprüchen nach Hilfsantrag I.
1.5 In den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag IV sind gegenüber dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag I noch die weiteren einschränkenden Merkmale M5 bis M8 aufgenommen. Das Merkmal M6 ist dem Anspruch 2 geltender Fassung entnommen und die Merkmale M5, M7 und M8 sind im Streitpatent (vgl. Spalte 3, Zeilen 12 bis 22) und in der ursprünglichen Anmeldung (vgl. Spalte 2, Zeilen 12 bis 21) offenbart.
1.6 In den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag V sind gegenüber dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag I noch die weiteren einschränkenden Merkmale M4 bis M7 und in den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag VI ist gegenüber dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag V noch das einschränkende Merkmal M8 aufgenommen. Diese Merkmale sind - wie vorstehend ausgeführt - im Streitpatent (vgl. a. a. O.) und in der ursprünglichen Anmeldung (vgl. a. a. O.) offenbart.
An den jeweiligen Anspruch 1 in der Fassung der Hilfsanträge IV bis VI schließen sich die Unteransprüche 3 bis 8 geltender Fassung als Unteransprüche 2 bis 7 sowie die Ansprüche 9 bis 16 geltender Fassung als Ansprüche 8 bis 15 an.
2. Das Patent offenbart die Erfindung so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Insoweit ist zu beachten, dass mangels entsprechender weiterer Beschränkung der beanspruchten Beleuchtungseinrichtung das Merkmal M2.2. der „Fensterscheibe“ auch keine Eingrenzung des Fachmanns auf ein bestimmtes technisches Gebiet zu schaffen vermag, hier also auf Beleuchtungseinrichtungen zu einem bestimmten Verwendungszweck, wie dies z. B. für Fensterscheiben in einem Gebäude oder der in der Patentschrift angesprochenen Ausleuchtung von Schaufensterscheiben.
2.1. Wie der Bundesgerichtshof (GRUR 2004, 1023, 1025 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung) ausgeführt hat werden fachmännisches Denken, Erkennen und Vorstellen bemüht, „um mit dem auf dem betreffenden Gebiet der Technik üblichen allgemeinen Fachwissen sowie den durchschnittlichen Kenntnissen, Erfahrungen und Fähigkeiten der dort tätigen Fachwelt und dem hierdurch geprägten sinnvollen Verständnis vom Inhalt einer Lehre zum technischen Handeln eine verlässliche Entscheidungsgrundlage zu haben.“ Die als Vorrichtungs- und nicht Verwendungsansprüche gefassten Patentansprüche 1 bis 8 wenden sich deshalb an einen Elektroingenieur mit beruflicher Erfahrung in der Beleuchtungstechnik, der sich mit der Entwicklung anspruchsgemäß ausgestalteter Beleuchtungseinrichtungen im oben verstandenen Sinn befasst - und dessen Kenntnisse und Fähigkeiten auch die Entwicklung von Beleuchtungsvorrichtungen für die jeweiligen unterschiedlichen technischen Anwendungen erfasst, wie sie auch die im Verfahren befindlichen Druckschriften, insbesondere auch die K4, K9, K14, K18 und K32 repräsentieren.
2.2. Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, dass der Fachmann nicht in der Lage sei, das Merkmal M3.2 des Anspruchs 1 nachzuarbeiten, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar ist im Patent lediglich angegeben, dass die Leiterbahnen durch Verdampfung von Metall auf die Glassplatte aufgebracht werden, wobei deren Abmessungen so gewählt werden sollen, dass sie einerseits eine ausreichende elektrische Leitfähigkeit aufweisen und andererseits unsichtbar bzw. nahezu unsichtbar bleiben (vgl. Abs. [0017]). Dem zuständigen Fachmann - der wie bereits vorstehend ausgeführt, ein Elektroingenieur ist - sind jedoch aus dem Stand der Technik und seinem allgemeinen, auch das in der K18 angesprochene technische Gebiet von Kfz-Beleuchtung erfassende Fachwissen für die Verdrahtung von Leuchtdioden geeignete Beschichtungen bekannt. Hierbei wird er nicht nur die im Patent genannte Beschichtung mit (reinem) Metall in Betracht ziehen, sondern auch leitende Materialien, die Metall enthalten. So ist bspw. in dem japanischen Patent 8-20851 (K18) ein Zusatzbremslicht mit Leuchtdioden beschrieben, bei dem Zinnoxid als Elektrodenmaterial auf Glasplatten aufgedampft ist (vgl. Übersetzung, Seite 5, erster Absatz). Überdies lässt das Patent offen, was unter „nahezu unsichtbar” verstanden werden soll und auch über die erforderliche Beleuchtungsstärke der Leuchtdioden sagt das Patent nichts aus. Nach Überzeugung des Senats, soll mit der Angabe „unsichtbar bzw. nahezu unsichtbar” im Patent lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass die Verdrahtung der Leuchtdioden beim Betrachten von Gegenständen, bspw. in einem Schaufenster oder in einer Vitrine, den Betrachter nur wenig stört. Somit kann diese Verdrahtung auch mit aufgedampften dünnen Leiterbahnen ausgeführt sein, die in ihren Abmessungen so gehalten sind, dass auf jeden Fall eine ausreichende Leitfähigkeit zur Stromversorgung der Leuchtdioden gegeben ist, und muss nicht wie in der DE 44 27 215 A1 (K30) angegeben, in Form eines ultradünnen Films mit hohem Widerstand aufgebracht werden. Der Senat sieht daher keine Hindernisse für den zuständigen Fachmann die Lehre des Streitpatents auszuführen.
3. Patentfähigkeit
3.1. Die Lehre nach Patentanspruch 1 in der geltenden Fassung (Hauptantrag) und in der jeweiligen Fassung der Hilfsanträge I bis V ist neu, ergibt sich aber für den hier angesprochenen Fachmann in naheliegender Weise aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik (Art. 56 EPÜ).
Sein Gegenstand wird jeweils von dem Gegenstand des jeweils enger gefassten Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag I - VI umfasst. Nachdem letzterer - wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen - nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, trifft dies auch für den jeweiligen Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen I bis V zu. Ferner bedarf es hinsichtlich der weiteren angegriffenen Patentansprüche 2 - 16 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen I - III, der Patentansprüche 2 - 15 nach Hilfsantrag IV - V keiner weiteren isolierten Prüfung, weil der Beklagte das Streitpatent weiter hilfsweise mit dem Anspruchsatz nach Hilfsantrag VI verteidigt und sich der Senat mit einer hiervon abweichenden teilweisen Aufrechterhaltung einzelner, weiterer Patentansprüche gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen I - V in Widerspruch zu dem maßgeblichen Willen des Patentinhabers setzen würde. Verteidigt dieser nämlich das Streitpatent im Nichtigkeitsverfahren mit mehreren Anspruchssätzen gemäß Haupt- und Hilfsanträgen, so bringt er hiermit zum Ausdruck, in welcher Reihenfolge und in welcher Form er das Streitpatent beschränkt verteidigen will und eine Prüfung wünscht. Es besteht deshalb kein Anlass für die Annahme, dass er nur einzelne Patentansprüche aus einem Anspruchssatz vorrangig vor der Überprüfung des nachrangigen vollständigen Anspruchssatzes wünscht, hier durch den letzten Hilfsantrag VI. Eine hiervon abweichende Teilnichtigerklärung würde deshalb dem erklärten Willen des Patentinhabers widersprechen, der auch im Nichtigkeitsverfahren zu beachten ist (BPatG GRUR 2009, 46, 49 - Ionenaustauschverfahren m. w. N.; BPatG GRUR 2012, 99, Tz. 92 - Lysimeterstation).
3.2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag VI beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns. Für die Beurteilung, ob eine beanspruchte technische Lehre auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist von dem auszugehen, was das Beanspruchte in der Gesamtheit seiner Lösungsmerkmale in ihrem technischen Zusammenhang (BGH GRUR 2007, 1055, Tz. 28 - Papiermaschinengewebe) gegenüber dem Stand der Technik im Ergebnis tatsächlich leistet (BGH GRUR 2010, 607, Tz. 18 - Fettsäurezusammensetzung; BGH GRUR 2010, 602, Tz. 27 - Gelenkanordnung). Hiervon ausgehend ist auch die Aufgabe zu formulieren (BGH GRUR 2005, 141 - Anbieten interaktiver Hilfe; BGH GRUR 2010, 602, Tz. 27 - Gelenkanordnung). Diese bestand vorliegend darin, eine Leuchtdioden aufweisende Beleuchtungseinrichtung weiter zu entwickeln, bei der das Konstruktionsbauteil eines durchsichtigen Trägerelements bzw. die darauf befindlichen Leiterbahnen möglichst vorteilhaft ausgebildet werden sollten.
3.2.1. Den Ausgangspunkt für die Überlegungen des Fachmanns bei seinem Bemühen um eine Problemlösung bildet hier entgegen der Meinung des Beklagten die Druckschrift K9. Denn wie unter Abschnitt II 5.1. bereits erläutert worden ist, war ausgehend von der objektiven Aufgabe vorliegend nicht nur der Fachmann angesprochen, der eine Beleuchtungseinrichtung weitergestalten wollte, die zur Beleuchtung von Schaufenstern oder Vitrinen geeignet ist - wie es sich das Streitpatent als subjektive Aufgabe gestellt hat (vgl. Absatz [0008]), sondern auch der Fachmann, der sich mit selbstleuchtenden Beleuchtungsvorrichtungen befasst, die u. a. der Darstellung bzw. Anzeige von Schriftzeichen oder Figuren mit leuchtenden Dioden dienen. Eine derartige Beleuchtungsvorrichtung zeigt auch die in der Druckschrift K9 beschriebene Anzeigevorrichtung für Spielautomaten (variable display device for game machine). Bei dieser können nicht nur Ziffern angezeigt, sondern auch verschiedene Muster mit in einer Matrix auf einer durchsichtigen Grundplatte 51 angeordneten Leuchtdioden (LEDs 52) dargestellt werden (vgl. die Figuren 1 bis 4 und die übersetzte Beschreibung auf Seite 1, Zeilen 28 bis 32 und ab Seite 7, Zeile 22 bis Seite 12, Zeile 19). Die K9 zeigt somit eine „Beleuchtungseinrichtung“ im Sinne des Streitpatents [= Merkmal M1], die zudem aus einer Vielzahl von auf der Fläche einer Trägerplatte (Grundplatte 51) befestigten Leuchtdioden (LEDs 52) [= Merkmal M1.1] besteht, welche mit auf der Trägerplatte angebrachten Leiterbahnen elektrisch verbunden sind (vgl. Seite 10, Zeilen 14 bis 27: „… die Verdrahtung auf der o. e. Grundplatte 51 …“) [= Merkmal M1.2].
Die Trägerplatte (Grundplatte 51) [= Merkmal M2] der bekannten Beleuchtungs-vorrichtung ist flexibel und als eine durchsichtige dünne Platte ausgeformt (vgl. Seite 9, Zeilen 18 bis 20 und Seite 10, Zeilen 20 bis 21). Die K9 lässt offen, aus welchem Material die Trägerplatte (Grundplatte 51) besteht. Da diese jedoch flexibel und gekrümmt sein soll (vgl. Seite 10, Zeilen 3 bis 5), wird der Fachmann eine Trägerplatte aus Kunststoff bevorzugen. Als Glasplatte im Sinne des Streitpatents ist neben einer Mineralglasplatte auch eine Trägerplatte aus Kunststoff zu verstehen (vgl. Streitpatentschrift, Spalte 3, Zeilen 28 bis 30) [= Teil des Merkmals M2.1 (Glasplatte)]. Diese Trägerplatte findet bei der Anzeigevorrichtung der K9 bspw. bei einem Pachinkoautomaten Verwendung (vgl. Seite 3, Zeilen 13 bis 20) und ist dort an der Brettoberfläche des Automaten angeordnet (vgl. Seite 2, Zeilen 11 bis 14). Da bei Pachinkoautomaten in den Raum hinter der Brettoberfläche üblicherweise Spielkugeln eingeworfen werden, die den Automaten durchlaufen (vgl. Seite 7, Zeilen 29 bis 37), liegt es für den Fachmann auf der Hand, die durchsichtige Trägerplatte (Grundplatte 51) möglichst glasklar auszubilden, damit die Spielkugeln gut sichtbar sind [= Teil des Merkmals M2.1 (glasklar)].
3.2.2. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten, dass die Trägerplatte (Grundplatte 51) der in der Druckschrift K9 gezeigten Anzeigevorrichtung jedenfalls keine „Fensterscheibe“ sei, sondern dass es sich hierbei um eine Anzeige handle. Dem kann nicht gefolgt werden, da nach dem bereits unter Abschnitt II 5.3 erläuterten Verständnis des Streitpatents dieses Merkmal allgemein als eine Scheibe zu verstehen ist, die als Bauteil in eine Öffnung eingesetzt ist und durch die hindurch auf einen dahinter liegenden Bereich bzw. Raum und ggf. in diesem befindliche Objekte geblickt werden kann. Insoweit ist daran zu erinnern, dass insbesondere im Hinblick auf das gebotene technische Verständnis des auszulegenden Merkmals der auch in der Beschreibung allgemein zum Ausdruck kommende Erfindungsgedanke einer im Hinblick auf die optischen Eigenschaften vorteilhaften Ausgestaltung der glasklaren Trägerplatte [Spalte 4 Abs. 0019 Zeilen 4 - 7] mit aufgebrachten dünnen, nahezu unsichtbaren Leiterbahnen sogar ausdrücklich als Beispiel der Einsatz von Schriftzeichen und Figuren auf der Innen- oder Außenseite einer Schaufensterscheibe zu Reklamezwecken [Spalte 2 Abs. 0011 Zeilen 39 - 46] und die „Schaufensterscheibe“ einer Verkaufs- und Ausstellungsvitrine als weitere Anwendungsfälle [Spalte 3 Abs. 0019 Zeilen 56 - 58] genannt sind. Auch die in der Druckschrift K9 gezeigte durchsichtige Trägerplatte (Grundplatte 51) ist deshalb als eine „Fensterscheibe“ im Sinne des Streitpatents anzusehen, da diese als Bauteil der Anzeigevorrichtung 30 in den Zierrahmen 20 eines Pachinkoautomaten eingesetzt ist (vgl. ab Seite 7, Zeile 29 bis Seite 8, Zeile 6) und durch sie hindurch auf die im Raum hinter der Trägerplatte (Grundplatte 51) durchlaufenden Spielkugeln und dort ggf. befindliche Objekte (bspw. Hindernisse für die Spielkugeln) geblickt werden kann [= Merkmal M2.2]. Auf dieser durchsichtigen Trägerplatte (Grundplatte 51) [= Merkmal M3.3] sind die einzelnen Leuchtdioden (LEDs 52) in Form einer Matrix aufgereiht (vgl. die Figuren 2 und 3 mit Beschreibung auf Seite 9, Zeilen 18 bis 23) und die Leiterbahnen zur Verdrahtung der Leuchtdioden als elektrisch leitende, dünne und unsichtbare bzw. nahezu unsichtbare Schicht aufgebracht (vgl. Seite 10, Zeilen 21 bis 27: „Wird aber die Verdrahtung auf der o. e. Grundplatte 51 z. B. durch einen durchsichtigen Metallhautüberzug, der elektrisch leitfähig ist, ausgebildet …“) [= Merkmale M3.1 und M3.2]. Da jede Leuchtdiode gewöhnlich über zwei Anschlüsse (Anode, Kathode) verfügt, an die zur Lichterzeugung unterschiedliche Spannungen angelegt werden müssen, sind diese Anschlüsse selbstverständlich an zwei verschiedenen Leiterbahnen (= erste und zweite Leiterbahnen) angeschlossen [= Merkmale M2.3 und M3/M3’]. Für den zuständigen Fachmann lag es deshalb auf der Hand, sein Augenmerk zunächst auf die Druckschrift zu richten, die für ihn ganz offensichtlich einen deutlichen Fingerzeig für die angestrebte Lösung enthält, auch wenn über die weitere Ausgestaltung bzw. Anordnung dieser mehreren ersten und zweiten Leiterbahnen in der Druckschrift K9 nichts ausgesagt wird.
3.2.3. Für den Fachmann lag es ferner auch im Anmeldezeitpunkt des Streitpatents auf der Hand, bei einer matrixförmigen Anordnung von Leuchtdioden den Abstand der ersten Leiterbahn (bspw. zum Anschließen der Anode) zur zweiten Leiterbahn (bspw. zum Anschließen der Kathode) so zu wählen, dass dieser dem Abstand zwischen einem ersten Anschluss (bspw. die Anode) und einem zweiten Anschluss (bspw. die Kathode) einer Leuchtdiode entspricht [= Merkmal M4]. Denn dann sind keine zusätzlichen Anschlussfähnchen an den Leiterbahnen zum Anschluss der Leuchtdioden notwendig, sondern diese können direkt mit der jeweiligen Leiterbahn verbunden werden, wie der angesprochene Elektroingenieur weiß. Durch den Wegfall von zusätzlichen Anschlussfähnchen an den Leiterbahnen belegen diese insgesamt weniger Fläche auf der Trägerplatte (durchsichtige Grundplatte 51) und wirken daher auch weniger störend auf einen Betrachter. Zur Darstellung eines großflächigen Musters wie bspw. eines Emblems oder Logos, bei dem alle Leuchtdioden gleichzeitig eingeschaltet sind, ist es auch zweckmäßig und entspricht bloßen handwerklichen Überlegungen alle Leiterbahnen zum Anschluss der jeweiligen Anode (= erste Leiterbahnen) und alle Leiterbahnen zum Anschluss der jeweiligen Kathode (= zweite Leiterbahnen) mit jeweils einem gemeinsamen Anschluss zu verbinden [= Merkmal M5]. Dadurch ist nur eine Stromversorgung für alle Leuchtdioden erforderlich.
Damit die Anschlüsse der ersten und zweiten Leiterbahnen nicht störend auf einen Betrachter wirken, wird der Fachmann diese Anschlüsse auch selbstverständlich wie die Leiterbahnen als elektrisch leitende, dünne und unsichtbare bzw. nahezu unsichtbare Schicht auf der Trägerplatte (Grundplatte 51) aufbringen [= Merkmal M6]. Bei der in der Druckschrift K9 gezeigten matrixförmigen Anordnung der Leuchtdioden (LEDs 52) sind abwechselnde, parallele Leiterbahnen zum wechselweise Anschließen der Anoden und Kathoden (= erste und zweite Leiterbahnen) zwingend [= Merkmal M7]. Bei parallelen, sich abwechselnden Leiterbahnen zum Anschließen der Anoden und Kathoden (= erste und zweite Leiterbahnen) liegt es für den Fachmann auf der Hand, diese an jeweils einem Ende mit einem gemeinsamen Anschluss zu verbinden. Der Fachmann wird die Enden der jeweiligen Leiterbahnen für die Anoden- und Kathodenanschlüsse auf kürzestem Wege verbinden, um die optische Beeinträchtigung für einen Betrachter möglichst gering zu halten. Dadurch ergeben sich aber zwangsläufig Leiterbahnen als Anschlüsse, die orthogonal zu den Leiterbahnen für den Anschluss der Anoden und Kathoden (= erste und zweite Leiterbahnen) stehen [= Merkmal M8].
Im Ergebnis liegen deshalb auch hinsichtlich der weiteren Merkmale M4 bis M7 insgesamt nur handwerkliche Optimierungen vor, zu denen der Fachmann stets bestrebt ist, und die ihn ausgehend von der K9 in naheliegende Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag VI führten.
3.3. Auch die Gegenstände der nebengeordneten Patentansprüche 8 bis 12 gemäß Hilfsantrag VI beruhen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns.
3.3.1. Die Ansprüche 8 bis 11 nach Hilfsantrag VI betreffen die Kombination einer Vitrine mit einer Beleuchtungseinrichtung nach dem geltenden Anspruch 1 (Hauptantrag), wobei die Glasplatte mit den Leuchtdioden einen oder mehrere Teile der Vitrine bildet und an jeweils unterschiedlichen Stellen in die Vitrine eingesetzt ist.
a) So soll beim Gegenstand des Anspruchs 8 die Glasplatte als Zwischenboden in der Vitrine eingesetzt sein, wobei die Leuchtdioden auf der Unterseite der Glasplatte angebracht sind.
Der Fachveröffentlichung K32 entnimmt der Fachmann verschiedene Möglichkeiten der Beleuchtungsplanung und -gestaltung für Vitrinen. So zeigt bspw. die Abb. 20 (links) auf Seite 78 eine mit Zwischenböden unterteilte Vitrine, die mit dem aus den Enden von Glasfasern austretenden Licht einer Kaltlichtquelle ausgeleuchtet wird (vgl. den Abschnitt „Vitrinenbeleuchtung über Glasfasertechnologie“ auf den Seiten 75 und 76). Die Glasfaserenden sind an der Unterseite der jeweiligen Zwischenböden angebracht (vgl. Abb. 20). Da das am Glasfaserende austretende Licht keine Wärme abstrahlt, ist diese Beleuchtung besonders für konservatorisch empfindliche Museumsexponate in Vitrinen geeignet (vgl. Seiten 75 und 76). Die Nachteile dieser Glasfaserbeleuchtung sind jedoch für den Fachmann offensichtlich und erschließen sich ihm unmittelbar aufgrund seines allgemeinen Fachwissens. So ist für ihn klar ersichtlich, dass für diese Art der Beleuchtung eine aufwändige Verlegung der Glasfasern ausgehend von der Kaltlichtquelle bis zur jeweiligen Lichtaustrittstelle in der Vitrine notwendig ist, wobei die Glasfasern nicht zu stark gebogen bzw. abgeknickt werden dürfen. Außerdem müssen die Glasfasern sowohl innerhalb als auch außerhalb der Vitrine geeignet befestigt werden, ohne den Betrachter des jeweiligen Exponates zu stören. Aufgrund dieser für ihn offensichtlichen Nachteile wird der Fachmann überlegen, auf welche Weise Vitrinen mit empfindlichen Exponaten sonst noch beleuchtet werden könnten.
Dem Fachmann war aufgrund seines allgemeinen Fachwissens bereits vor dem Anmeldetag des Streitpatents bekannt, dass lichtabstrahlende Leuchtdioden nicht nur zur Anzeige bspw. von Zeichen oder Mustern geeignet sind, sondern selbstverständlich auch zur Beleuchtung. Es lag für ihn deshalb als rein handwerkliche Maßnahme auf der Hand, die in der K32 gezeigten aufwändig zu verlegenden Glasfasern mit ihrer Kaltlichtquelle durch ebenfalls kaltes Licht abstrahlende Leuchtdioden zu ersetzen. Er musste diese dazu lediglich zusammen mit ihrer Verkabelung an der Unterseite der Zwischenböden befestigen. Da gewöhnliche Leuchtdioden Licht mit nur relativ geringer Stärke erzeugen, war der Fachmann gezwungen, für eine ausreichende Beleuchtung der Vitrine eine Vielzahl von Leuchtdioden vorzusehen. Er erkannte dabei zwangsläufig auch das Problem, dass die Verkabelung einer Vielzahl von Leuchtdioden in der Vitrine eine Sichtbehinderung darstellt und störend auf den Betrachter wirkt. Er suchte daher nach Alternativen zur störenden Verkabelung.
Der Fachmann kannte vor dem Anmeldetag des Streitpatents auch die - ebenfalls auf seinem Fachgebiet der Beleuchtungstechnik liegende - japanische Offenlegungsschrift K9, die ihm Anregungen für eine nahezu unsichtbare Verdrahtung von Leuchtdioden gab. Diese Druckschrift zeigt - wie bereits vorstehend zum Anspruch 1 ausgeführt - eine durchsichtige Trägerplatte (Grundplatte 51), auf der Leuchtdioden (LEDs 52) in Form einer Matrix aufgereiht und verdrahtet sind (vgl. die Figuren 2 und 3 mit Beschreibung auf Seite 9, Zeilen 18 bis 23). Die Leiterbahnen zur Verdrahtung der Leuchtdioden sind dabei als elektrisch leitende, dünne und unsichtbare bzw. nahezu unsichtbare Schicht aufgebracht (vgl. Seite 10, Zeilen 21 bis 27: „Wird aber die Verdrahtung auf der o. e. Grundplatte 51 z. B. durch einen durchsichtigen Metallhautüberzug, der elektrisch leitfähig ist, ausgebildet …“). Aufgrund der Vorteile der in der K9 beschriebenen Verdrahtung der Leuchtdioden drängte es sich dem Fachmann auf, eine solche nahezu unsichtbare Verdrahtung auch bei der in der K32 gezeigten Beleuchtung einer Vitrine vorzusehen [= Merkmale N1, N1.1 und Teil des Merkmals N1.2 (Beleuchtungsvorrichtung)]. Denn dazu musste er diese Verdrahtung lediglich auf der Unterseite eines üblicherweise als Glasplatte ausgeführten Zwischenbodens vorsehen [= Merkmale N1.3, N2 und N2.1] und die Leuchtdioden - wie in der K9 gezeigt - in Form einer Matrix darauf anbringen [= Merkmale N2.2 und restlicher Teil des Merkmals N1.2]. Damit war der Fachmann aber bereits auf naheliegende Weise beim Gegenstand des Anspruchs 8 nach Hilfsantrag VI angelangt.
b) Auch zum Gegenstand des Anspruchs 9 gelangt der Fachmann auf gleiche naheliegende Weise, indem er die in der Abb. 20 (links) der K32 gezeigte Beleuchtung einer Vitrine von der Unterseite des Oberteils aus, mittels Leuchtdioden und der in der K9 beschriebenen Verdrahtung derselben realisiert, wie vorstehend zum Anspruch 8 ausgeführt.
c) Die im Anspruch 10 angegebene Variante, nach der die Beleuchtung in einer oder mehreren Ecken innerhalb einer Vitrine angebracht ist, ist ebenfalls aus der K32 bekannt (vgl. Abb. 20, Mitte unten). Zum Gegenstand des Anspruchs 10 gelangt der Fachmann daher ebenfalls auf naheliegende Weise in Anbetracht der Druckschriften K32 und K9.
d) Zu der im Anspruch 11 beanspruchten Variante gelangte der Fachmann gleichfalls auf naheliegende Weise in Anbetracht der Druckschrift K32, die auch die Beleuchtung einer Vitrine von einer Seitenwand aus zeigt (vgl. Abb. 20, rechts), in Kombination mit der K9.
3.3.2. Der Anspruch 12 nach Hilfsantrag VI schließlich betrifft die Kombination einer Vitrine mit einer Beleuchtungseinrichtung nach dem geltenden Anspruch 1, bei der die Leuchtdioden von einer Stromversorgungseinrichtung mit elektrischer Energie versorgt werden, die in der Vitrine eingebaut ist. Die Anregung, eine Stromversorgungseinrichtung für die Beleuchtung einer Vitrine in die Vitrine selbst einzubauen, entnimmt der Fachmann der Druckschrift K32. Diese Fachveröffentlichung zeigt in der Abb. 14, rechts oben, einen im Sockel der Vitrine befindlichen Transformator zur Speisung der Lichtquellen (vgl. Seite 73). Zum Gegenstand des Anspruch 12 nach Hilfsantrag VI gelangte der Fachmann daher ebenfalls - wie bereits zu den Ansprüchen 8 bis 11 ausgeführt - auf naheliegende Weise in Anbetracht der Druckschriften K32 und K9.
3.4 Die Unteransprüche 2 bis 8 und 14 bis 16 in der Fassung des Hilfsantrags VI weisen gleichfalls keinen eigenständig erfinderischen Gehalt auf. Ein solcher wurde von dem Beklagten auch nicht geltend gemacht.
IV.
Als Unterlegener hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 84 Abs. 2 S. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG, § 709 ZPO.