Entscheidungsdatum: 25.09.2012
In der Patentnichtigkeitssache
…
betreffend das europäische Patent 1 043 960
(DE 697 24 669)
hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2012 durch den Vorsitzenden Richter Engels, sowie die Richterin Dr. Mittenberger-Huber, die Richter Dipl.-Phys. Univ. Dr. Müller, Dipl.-Ing. Veit und die Richterin Dipl.-Phys. Univ. Zimmerer
für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 043 960 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 18. Dezember 1997 angemeldeten, mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents Nr. 1 043 960 (Streitpatent), das ein „Verfahren zur Herstellung einer Zahnimplantatsuprastruktur“ betrifft. Das in englischer Verfahrenssprache abgefasste Streitpatent wird vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 697 24 669 T2 geführt. Es umfasst sechs Patentansprüche, von denen Patentanspruch 1 in englischer Sprache folgenden Wortlaut hat:
1. A method of manufacturing a dental implant superstructure for receiving dental prostheses (43, 44) to be placed over the gum (46), said superstructure having a plurality of dental implant abutting flanges (47) and a gum tissue overlying bridge (48) to which a dental prosthesis (43, 44) can be attached, the method comprising the steps of
a) obtaining an image of a gum surface (46);
b) obtaining an image of dental prostheses (43, 44) to be placed over the gum (46), said dental prostheses having dentures;
c) obtaining dental implant position data defining a position and angular orientation of a plurality of dental implants (72) mounted in a jawbone covered by said gum surface (46);
d) referencing said gum surface image, said prostheses image and said implant position data with respect to a common frame of reference;
e) generating a computer graphics model of said gum surface (46), said dentures (43) and said dental implants (72);
g) entering said shape data into a precision manufacturing device to cut said superstructure, characterized by
f) selecting a shape of said overlying bridge (48) using said model and specifying shape data.
In der Übersetzung gemäß der deutschen Schrift DE 697 24 669 T2 hat Patentanspruch 1 folgenden Wortlaut:
1. Verfahren zum Herstellen eines Zahnimplantataufbaus zur Aufnahme von Zahnprothesen (43, 44), die über dem Zahnfleisch (46) anzubringen sind, wobei der Aufbau mehrere Zahnimplantat-Anlageflansche (47) und eine auf dem Zahnfleischgewebe liegende Brücke (48) aufweist, an der eine Zahnprothese (43, 44) befestigbar ist, umfassend folgende Schritte:
a) Erstellen eines Abbilds einer Zahnfleischoberfläche (46);
b) Erstellen eines Abbilds von über dem Zahnfleisch (46) zu platzierenden Zahnprothesen (43, 44), die künstliche Gebisse umfassen;
c) Erstellen von Zahnimplantat-Positionsdaten, die eine Position sowie eine Winkelorientierung mehrerer Zahnimplantate (72) definieren, die in einem von der Zahnfleischoberfläche (46) bedeckten Kieferknochen gehaltert sind;
d) Bezugnehmen auf das Zahnfleischoberflächen-Abbild, das Prothesen-Abbild und die Implantat-Positionsdaten in Bezug auf einen gemeinsamen Referenzrahmen;
e) Erzeugen eines Computergraphikmodells der Zahnfleischoberfläche (46), der Gebisse (43) und der Zahnimplantate (72);
g) Eingeben der Formdaten in ein Präzisionsfertigungsgerät zum Schneiden des Aufbaus, gekennzeichnet durch
f) Auswählen einer Form der Brücke (48) unter Verwendung des Modells und Spezifizieren von Formdaten.
Wegen der direkt bzw. indirekt abhängigen Patentansprüche 2 bis 6 wird auf die Patentschriften EP 1 043 960 B1 bzw. DE 697 24 669 T2 Bezug genommen.
Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, das Streitpatent habe bereits deshalb nicht erteilt werden dürfen, da ein Patentierungsausschluss gem. Art. 53 c EPÜ, § 2 a Abs. 1 Nr. 2 PatG vorgelegen habe. Beim Einsetzen von Implantaten in den Kiefer des Patienten, auf dem das Streitpatent aufbaue, handle es sich um ein Verfahren zur chirurgischen Behandlung des menschlichen Körpers, das nicht patentierbar sei.
Weiter ist die Klägerin der Auffassung, der Gegenstand des erteilten Streitpatents gehe über den Inhalt der europäischen Patentanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Ferner sei der Gegenstand des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig, da er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Dem Fachmann, der sich mit der Fertigung von Zahnimplantataufbauten beschäftige, sei bereits aus den als Anlage Ni 3 vorgelegten Auszügen des Lehrbuchs von White bekannt, welche Rahmenbedingungen er für die Fertigung eines Zahnimplantataufbaus berücksichtigen müsse. So müssten die Informationen über die Zahnfleischoberfläche einschließlich der Zahnimplantats-Positionsdaten, die fixierte Gebissform und die Brückenkonstruktion in einen Referenzrahmen gebracht werden. Die Lehrbuchauszüge der Anlage Ni 3 zeigten, dass die vorgenannten Informationen auch im Stand der Technik bereits in Beziehung zueinander gesetzt worden seien. Ein weiteres Beispiel sei der im Streitpatent als Fig. 1 gezeigte - ebenfalls im Stand der Technik bekannte - Artikulator. Das Verknüpfen der Informationen sei dabei nur durch mechanische Gipsabdrücke und entsprechende Messungen geschehen, nicht jedoch seien die Informationen durch Computermodelle in Einklang gebracht worden. Im In-Bezug-Bringen digitaler Daten, die ihrerseits aus der Druckschrift Ni 7 (WO 95/15731 A1) bekannt seien, d. h. lediglich in der Digitalisierung bisher mechanisch gewonnener Daten, könne die erfinderische Tätigkeit des Streitpatents nicht liegen. Die von der Beklagten behauptete Besonderheit der einstückigen Herstellung sei ebenfalls nicht erfinderisch, da aus der Druckschrift Ni 7 der Einsatz von CAD/CAM-Maschinen bekannt sei und der Fachmann - bereits aus Kostengründen - versuche, möglichst wenige Stücke zu fertigen.
Die Änderung der Patentansprüche durch Einreichen von Hilfsanträgen in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin als verspätet gerügt. Patentanspruch 1 nach den Hilfsanträgen 1, 3 und 4 sei gegenüber der Ursprungsoffenbarung unzulässig erweitert. Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 fehle es dagegen an der Ausführbarkeit der Lehre, da nichts darüber ausgesagt sei, auf welche Weise die gewonnenen Informationen in einen Referenzrahmen gesetzt würden.
Die Klägerin beruft sich hierzu auf folgende vorveröffentlichte Druckschriften:
Ni 3 Graham E. White: „Osseointegrated Dental Technology“, Quintessence Publishing Company Co. Ltd. 1993, ISBN 1-85097-031-9
Ni 4 Thomas Fortin, et al.: „Dental Implant, Computer Assisted Surgical Guide“, IEEE 1993, ISBN 0-7803-1377-1/93
Ni 5 US 5,237,998
Ni 6 US 5,092,022
Ni 7 WO 95/15731 A1
Ni 8 DE 694 13 204 T2
Ni 9 WO 95/03007 A1
Ni 10 DE 694 13 852 T2
Ni 11 WO 96/01083 A1
Ni 12 DE 695 18 726 T2
Ni 13 US 5,527,182
Ni 14 WO 99/32045 A1 (= int. Patentanmeldung des Streitpatents)
Ni 15 Verstreken et al.: „Computer-Assisted Planning of Oral Implant Surgery“, Medecine Meets Virtual Reality, IOS Press 1996
Ni 16 US 5,549,476
Ni 17 WO 94/26199 A1
Ni 17a Patent Translate FR 2705027
Ni 18 Igor: „Image guided operating robot”, Innov.Tech. Biol. Med., Vol. 13, N°4, 1992
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent EP 1 043 960 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent mit den im Termin übergebenen Hilfsanträgen 1 bis 4 (Einfügungen sind unterstrichen und kursiv), wie folgt:
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 :
1. A method of manufacturing a dental implant superstructure for receiving dental prostheses (43, 44) to be placed over the gum (46), said superstructure having a plurality of dental implant abutting flanges (47) and a gum tissue overlying bridge (48) to which a dental prosthesis (43, 44) can be attached, the method comprising the steps of
a) obtaining an image of a gum surface (46);
b) obtaining an image of dental prostheses (43, 44) to be placed over the gum (46), said dental prostheses having dentures;
c) obtaining dental implant position data defining a position and angular orientation of a plurality of dental implants (72) mounted in a jawbone covered by said gum surface (46);
d) referencing said gum surface image, said prostheses image and said implant position data with respect to a common frame of reference;
e) generating a computer graphics model of said gum surface (46), said dentures (43) and said dental implants (72);
g) entering said shape data into a precision manufacturing device to cut said superstructure from a solid piece , characterized by
f) selecting a shape of said overlying bridge (48) using said model and specifying shape data.
An Patentanspruch 1 schließen sich die Unteransprüche 2 bis 6 erteilter Fassung an, wobei am Ende von Unteranspruch 4 anzufügen ist: „represented by analogs in a physical model of a patient’s mouth“.
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 :
1. A method of manufacturing a dental implant superstructure for receiving dental prostheses (43, 44) to be placed over the gum (46), said superstructure having a plurality of dental implant abutting flanges (47) and a gum tissue overlying bridge (48) to which a dental prosthesis (43, 44) can be attached, the method comprising the steps of:
a) obtaining an image of a gum surface (46);
b) obtaining an image of dental prostheses (43, 44) to be placed over the gum (46), said dental prostheses having dentures;
c) obtaining dental implant position data defining a position and angular orientation of a plurality of dental implants (72) mounted in a jawbone covered by said gum surface (46), w herein this step of obtaining dental implant position data comprises scanning the position of each implant represented by analogs embedded in a physical model of a patient's mouth ;
d) referencing said gum surface image, said prostheses image and said implant position data with respect to a common frame of reference;
e) generating a Computer graphics model of said gum surface (46), said dentures (43) and said dental implants (72);
f) selecting a shape of said overlying bridge (48) using said model and specifying shape data;
g) entering said shape data into a precision manufacturing device to cut said superstructure.“
An Patentanspruch 1 schließen sich die Patentansprüche 2, 3 und 5 erteilter Fassung an.
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 :
1. A method of manufacturing a dental implant superstructure for receiving dental prostheses (43, 44) to be placed over the gum (46), said superstructure having a plurality of dental implant abutting flanges (47) and a gum tissue overlying bridge (48) to which a dental prosthesis (43, 44) can be attached, the method comprising the steps of
a) obtaining an image of a gum surface (46);
b) obtaining an image of dental prostheses (43, 44) to be placed over the gum (46), said dental prostheses having dentures;
c) obtaining dental implant position data defining a position and angular orientation of a plurality of dental implants (72) mounted in a jawbone covered by said gum surface (46);
d) referencing said gum surface image, said prostheses image and said implant position data with respect to a common frame of reference, wherein step d) comprises providing known reference points on a drill guide (61) attached to a physical model of a patient's mouth, and measuring the position of the known reference points ;
e) generating a computer graphics model of said gum surface (46), said dentures (43) and said dental implants (72);
g) entering said shape data into a precision manufacturing device to cut said superstructure, characterized by
f) selecting a shape of said overlying bridge (48) using said model and specifying shape data.
An Patentanspruch 1 schließen sich die Unteransprüche 2 bis 4 erteilter Fassung an, wobei am Ende von Unteranspruch 4 anzufügen ist: „represented by analogs in a physical model of a patient’s mouth“.
Patentanspruch 6 nach Hilfsantrag 3 lautet wie folgt:
6. A method as defined in claim 1 , wherein step d) further comprises attaching measurement targets (28) to implant analogs embedded in the physical model, and measuring the position of said implant analogs relative to said known reference points.
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4:
1. A method of manufacturing a dental implant superstructure for receiving dental prostheses (43, 44) to be placed over the gum (46), said superstructure having a plurality of dental implant abutting flanges (47) and a gum tissue overlying bridge (48) to which a dental prosthesis (43, 44) can be attached, the method comprising the steps of
a) obtaining an image of a gum surface (46);
b) obtaining an image of dental prostheses (43, 44) to be placed over the gum (46), said dental prostheses having dentures;
c) obtaining dental implant position data defining a position and angular orientation of a plurality of dental implants (72) mounted in a jawbone covered by said gum surface (46), wherein step c) comprises taking imprints (74) of the dental implants once installed, using transfers (73) connected to the implants ;
d) referencing said gum surface image, said prostheses image and said implant position data with respect to a common frame of reference;
e) generating a computer graphics model of said gum surface (46), said dentures (43) and said dental implants (72);
g) entering said shape data into a precision manufacturing device to cut said superstructure, characterized by
f) selecting a shape of said overlying bridge (48) using said model and specifying shape data.
An Patentanspruch 1 schließen sich die Unteransprüche 2 und 4 bis 6 erteilter Fassung an, wobei am Ende von Unteranspruch 4 anzufügen ist: „represented by analogs in a physical model of a patient’s mouth“.
Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Das Streitpatent unterliege keinem Patentierungsausschluss und sei auch im Übrigen patentfähig. Es sei weder unzulässig erweitert noch fehle ihm die erfinderische Tätigkeit. Lediglich die von der Klägerin in Bezug genommene Druckschrift Ni 11 (WO 96/01083 A1) beschäftige sich überhaupt mit der Herstellung des Brückenaufbaus. Bei der Druckschrift Ni 7 (WO 95/15731 A1), die sich zwar in der Tat mit digitalisierten Daten beschäftige, würden diese teilweise - anders als beim Streitpatent - von außen in die Bearbeitung einfließen und nicht uno actu in einem einzigen Referenzrahmen verwertet werden. Der Brückenaufbau sei dagegen gar nicht erwähnt. Beim Streitpatent handle es sich insgesamt um ein kompliziertes Verfahren, bei dem einzig die Beklagte die digital gewonnenen Daten, nämlich Identifikationsdaten, Implantats-Positionsdaten und Messdaten digital in ein einziges Bezugssystem setze und daraus die genaue Form der Brücke berechne. In Konsequenz werde der gesamte Brückenaufbau dann aus einem Stück geschnitten, und zwar bereits einschließlich der Anlageflansche, die - anders als in der Druckschrift Ni 3 - nicht mehr angeschweißt werden müssten.
Die Klage ist in vollem Umfang begründet, da das Streitpatent, auch soweit es hilfsweise beschränkt verteidigt worden ist, wegen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes mangelnder Patentfähigkeit nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ i. V. m. Art. 54 Abs. 1, 2 und Art. 56 EPÜ mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären ist.
I.
1. Nach den Angaben in der Beschreibungseinleitung betrifft das Streitpatent ein Verfahren zum Herstellen eines Zahnimplantataufbaus (vgl. Absatz [0001] der Streitpatentschrift).
Bei dem herkömmlichen Verfahren für den Aufbau des Zahnimplantats wird ein bauliches Modell des Zahnfleisches und der Zahnimplantatköpfe des Patienten vorbereitet, auf dem der Aufbau von Hand mit Hilfe von Formung und anderen Methoden gemäß Stand der Technik gebildet wird. Der Handwerker oder Techniker, der in der Fertigung derartiger Zahnimplantataufbauten geschult ist, berücksichtigt dabei Größe und Form des gewünschten Gebisses, die an dem Unterbau angebracht werden sollen, wenn letzterer erstellt wird. Das Prozedere bei der Fertigung von Zahnimplantataufbauten gemäß Stand der Technik ist zeitaufwendig und führt in einigen Fällen zu nicht perfekten Strukturen oder zu Mängeln im visuellen Erscheinungsbild der auf den Aufbau zu platzierenden Gebisse (vgl. Absatz [0005] der Streitpatentschrift).
2. Die Aufgabe der Erfindung besteht nach den Angaben in der Streitpatentschrift darin, ein Verfahren zum Herstellen eine Zahnimplantataufbaus anzugeben, bei welchem Informationen über die Lage mehrerer Zahnimplantate in einem Kieferknochen, über die Zahnfleischoberfläche, die den Kieferknochen bedeckt, und die fixierte Gebissform bei der Spezifikation der Form des Aufbaus berücksichtigt werden, bevor der Aufbau exakt gefertigt wird (vgl. Absatz [0007] der Streitpatentschrift).
3. Erreicht wird dies durch die vorliegende Erfindung gemäß den Merkmalen des erteilten Patentanspruchs 1, der mit Gliederungspunkten versehen in englischer Sprache lautet:
M1 A method of manufacturing a dental implant superstructure for receiving dental prostheses (43, 44) to be placed over the gum (46), said superstructure having a plurality of dental implant abutting flanges (47) and a gum tissue overlying bridge (48) to which a dental prosthesis (43, 44) can be attached, the method comprising the steps of
M2 a) obtaining an image of a gum surface (46);
M3 b) obtaining an image of dental prostheses (43, 44) to be placed over the gum (46), said dental prostheses having dentures;
M4 c) obtaining dental implant position data defining a position and angular orientation of a plurality of dental implants (72) mounted in a jawbone covered by said gum surface (46);
M5 d) referencing said gum surface image, said prostheses image and said implant position data with respect to a common frame of reference;
M6 e) generating a computer graphics model of said gum surface (46), said
dentures (43) and said dental implants (72);
M7 g) entering said shape data into a precision manufacturing device to cut said superstructure, characterized by
M8 f) selecting a shape of said overlying bridge (48) using said model and specifying shape data.
Patentanspruch 1 lautet in deutscher Übersetzung wie folgt:
M1 Verfahren zum Herstellen eines Zahnimplantataufbaus zur Aufnahme von Zahnprothesen (43, 44), die über dem Zahnfleisch (46) anzubringen sind, wobei der Aufbau mehrere Zahnimplantat-Anlageflansche (47) und eine auf dem Zahnfleischgewebe liegende Brücke (48) aufweist, an der eine Zahnprothese (43, 44) befestigbar ist, umfassend folgende Schritte:
M2 a) Erstellen eines Abbilds einer Zahnfleischoberfläche (46);
M3 b) Erstellen eines Abbilds von über dem Zahnfleisch (46) zu platzierenden
Zahnprothesen (43, 44), die künstliche Gebisse umfassen;
M4 c) Erstellen von Zahnimplantat-Positionsdaten, die eine Position sowie eine Winkelorientierung mehrerer Zahnimplantate (72) definieren, die in einem von der Zahnfleischoberfläche (46) bedeckten Kieferknochen gehaltert sind;
M5 d) Bezugnehmen auf das Zahnfleischoberflächen-Abbild, das Prothesen-Abbild und die Implantats-Positionsdaten in Bezug auf einen gemeinsamen Referenzrahmen;
M6 e) Erzeugen eines Computergraphikmodells der Zahnfleischoberfläche (46), der Gebisse (43) und der Zahnimplantate (72);
M7 g) Eingeben der Formdaten in ein Präzisionsfertigungsgerät zum Schneiden des Aufbaus, gekennzeichnet durch
M8 f) Auswählen einer Form der Brücke (48) unter Verwendung des Modells und Spezifizieren von Formdaten.
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1
unterscheidet sich vom erteilten Patentanspruch 1 insoweit, als im Merkmal M7 hinter „superstructure“ noch „from a solid piece“ eingefügt wird und das Merkmal damit lautet:
M7a g) entering said shape data into a precision manufacturing device to cut said superstructure from a solid piece, characterized by …
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2
unterscheidet sich vom erteilten Patentanspruch 1 insoweit, als nach Merkmal M4 als zusätzliches Merkmal eingefügt ist:
M4a wherein this step of obtaining dental implant position data comprises scanning the position of each implant represented by analogs embedded in a physical model of a patient’s mouth;
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3
unterscheidet sich vom erteilten Patentanspruch 1 insoweit, als nach Merkmal M5 als zusätzliches Merkmal eingefügt ist:
M5a wherein step d) comprises providing known reference points on a drill guide (61) attached to a physical model of a patients patients mouth, and measuring the position of the known reference points;
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4
unterscheidet sich vom erteilten Patentanspruch 1 insoweit, als nach Merkmal M4 als zusätzliches Merkmal eingefügt ist:
M4b wherein step c) comprises taking imprints (74) of the dental implants once installed using transfers (73) connected to the implants;
II.
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Änderung der Patentansprüche durch Einreichung neuer Hilfsanträge in der mündlichen Verhandlung durch die Beklagte gem. § 84 Abs. 2 und 4 PatG verspätet war, da auch bei unterstellter Rechtzeitigkeit keiner der in den Hilfsanträgen formulierten Patentansprüche zu einer erfolgreichen Verteidigung des Streitpatents geführt hätte. Denn die nach Haupt- und Hilfsanträgen verteidigte Lehre des Streitpatents erweist sich jedenfalls aufgrund des im Verfahrens befindlichen Stand der Technik als nahe gelegt und damit als nicht patentfähig. Es kann deshalb ebenfalls dahingestellt bleiben, ob der Gegenstand des Streitpatents gegenüber dem Inhalt der Anmeldung unzulässig erweitert ist und sich auch insoweit die nach den Hilfsanträgen verteidigten Fassungen der Patentansprüche als unzulässig erweisen, und ob die Lehre nach Hilfsantrag 2 für den angesprochenen Fachmann ausführbar ist.
2. Der Senat folgt allerdings nicht der Rechtsauffassung der Klägerin, dass der erteilte Patentgegenstand eine Verfahren zur chirurgischen Behandlung des menschlichen Körpers darstelle und bereits deshalb wegen des insoweit geltenden Patentierungsausschlusses nach Art. 53 lit. c EPÜ dem Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit unterfalle.
Ein Verfahren zur chirurgischen Behandlung des menschlichen Körpers nach Art. 53 lit. c EPÜ ist dabei eine Methode, die einen konservativen (unblutigen) oder operativen Eingriff in den Körper darstellt, mit dem Ziel der Heilung, Linderung von Beschwerden, Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes (BGH GRUR 2001, 321, Rn. 27 - Endoprotheseeinsatz; BPatG Beschl. v. 26. Mai 2009, 21 W (pat) 45/06, Leitsatz in Mitt. 2009, 469 - Katheternavigation; Schulte/Moufang, Patentgesetz, 8. Auflage, § 2a Rn. 71). Chirurgisch ist ein Verfahren dabei auch dann, wenn in einem mehrstufigen Verfahren nur ein notwendiger Schritt chirurgischen Charakter aufweist (G 1/07, Entscheidung vom 15. Februar 2010 ABL. 2011, 134, 176; BPatG Beschl. v. 26. Mai 2009, 21 W (pat) 45/06, Leitsatz in Mitt. 2009, 469 - Katheternavigation). Das vorliegende Verfahren zum Herstellen eines Zahnimplantataufbaus zur Aufnahme von Zahnprothesen umfasst hinsichtlich keiner der Verfahrensschritte a) - f) unmittelbar einen chirurgischen Eingriff. So beansprucht das gegenständliche Verfahren nur die Messung und Referenzierung unterschiedlichster Daten sowie die anschließende Herstellung eines Brückenaufbaus.
Dabei betrifft zwar ein Teil der messtechnisch zu erfassenden Daten die Position von - zu irgendeinem früheren Zeitpunkt notwendigerweise eingesetzten - Implantaten.
Denn die Bestimmung der Zahnimplantatpositionen, und damit ein Teil der Datengenerierung im beanspruchten Verfahren zur Herstellung des Brückenaufbaus, kann nur erfolgen, wenn die Implantate eingesetzt sind. Wenn auch außer Frage steht, dass das Setzen von Zahnimplantaten als chirurgischer Eingriff dem Patentierungsausschluss nach Art. 53 lit. c EPÜ unterliegt, so ist jedoch zu berücksichtigen, dass dieser Eingriff weder konstitutiver Bestandteil des beanspruchten Verfahrens ist noch mit dem beanspruchten Verfahren aus sonstigen Gründen notwendigerweise verbunden ist. Der insoweit im Vorfeld erforderliche chirurgische Eingriff stellt sich vielmehr als ein außerhalb des gegenständlich geschützten Verfahrens liegender Vorgang dar, mit dem - anders als in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Endoprotheseeinsatz“ (GRUR 2001, 321) - das beanspruchte Verfahren bereits keine Anwendungsfälle umfasst, in denen chirurgischer Eingriff und beanspruchtes Verfahren notwendigerweise verbunden sind und einen einheitlichen Vorgang bilden. Insbesondere stellt sich das vorliegende Verfahren nicht als Teil eines operativen Eingriffs dar, wobei - wie beim bloßen Austausch eines Implantataufbaus - auch der operative Eingriff nicht durch den Arzt erfolgt sein muss, der das beanspruchte Verfahren anwendet.
Darüber hinaus unterfällt nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2010, 1081, Rn. 15 ff. – Bildunterstützung bei Katheternavigation) ebenso wie nach der Rechtsprechung der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts (Entscheidung vom 15. Februar 2010, G 1/07, ABL. 2011, 134) auch ein Verfahren nicht bereits deshalb dem Patentierungsausschluss für Verfahren zur chirurgischen Behandlung, weil es in einem engen medizinisch-technischen und räumlich-zeitlichen Zusammenhang mit der Durchführung eines chirurgischen Verfahrens steht - oder gar zeitgleich erfolgt oder weil das Verfahren im Rahmen eines chirurgischen Eingriffs beschrieben und eine Entscheidung über dessen Fortgang ermöglichen -, solange letzteres nicht Teil der beanspruchten Lehre ist (BGH GRUR 2010, 1081, Rn. 15 - Bildunterstützung bei Katheternavigation, zu § 2a Abs. 1 Nr. 2 PatG) und der Patentanspruch insoweit auch den sonstigen Anforderungen an die Zulässigkeit der Weglassung des chirurgischen Verfahrensschritts erfüllt (G 1/07, ABL. 2011,134, 206, 209; EPA T 923/08 v. 2. August 2011).
Auch die im beanspruchten Verfahren enthaltene Zweckangabe „zum Herstellen eines Zahnimplantataufbaus zur Aufnahme von Zahnprothesen“ rechtfertigt schon deswegen keine weitere Auseinandersetzung mit der - regelmäßig nur eingeschränkten - Bedeutung für den beanspruchten Schutzgegenstand des Verfahrens und ihrer Auswirkung auf den Patentierungsausschluss als chirurgisches Verfahren: Denn vorliegend ist Zweckangabe bereits inhaltlich nicht auf ein solches, von der Patentierung ausgeschlossenes Verfahren gerichtet, so dass es dahinstehen kann, inwieweit Zweckangaben in Verfahrensansprüchen, auch wenn sie keine Merkmale des Patentgegenstands benennen, sondern nur beschränkendes Eignungskriterium darstellen, einen Patentierungsausschluss begründen können (hierzu BGH GRUR 2010, 1081, Rn. 11 - Bildunterstützung bei Katheternavigation).
3. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 erweist sich als nicht patentfähig, da er für den zuständigen Fachmann, einen Zahntechniker oder Zahnarzt der mit Ingenieuren aus dem Gebiet der Bildverarbeitung und CAD/CAM-Technik zusammenarbeitet, durch den Stand der Technik nach den Druckschriften Ni 3 und Ni 7 nahegelegt ist.
a. Für die Beurteilung, ob eine beanspruchte technische Lehre auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist von dem auszugehen, was das Beanspruchte in der Gesamtheit seiner Lösungsmerkmale in ihrem technischen Zusammenhang (BGH GRUR 2007, 1055, Tz. 28 - Papiermaschinengewebe) gegenüber dem Stand der Technik im Ergebnis tatsächlich leistet (BGH GRUR 2010, 607, Tz. 18 - Fettsäurezusammensetzung; BGH GRUR 2010, 602, Tz. 27 - Gelenkanordnung).
Hiervon ausgehend ist auch die Aufgabe objektiv zu formulieren (BGH GRUR 2005, 141 - Anbieten interaktiver Hilfe; BGH GRUR 2010, 602, Tz. 27 - Gelenkanordnung). Diese bestand - wie es auch die Beklagte im Verfahren selbst formuliert hat - vorliegend deshalb darin, ein Verfahren zum Herstellen eines Zahnimplantataufbaus zu entwickeln, welches wenig zeitaufwendig ist und auch die Form und Lage der idealen Zähneposition des Patienten berücksichtigt.
b. Im Stand der Technik war im Anmeldezeitpunkt des Streitpatents aus der Druckschrift Ni 3 ein Verfahren zum Herstellen eines Zahnimplantataufbaus (vgl. Figur 9 - 7) zur Aufnahme von Zahnprothesen (prosthesis), die über dem Zahnfleisch anzubringen sind, bekannt (vgl. Seite 156, linke Spalte, letzter Absatz: …overdentures …rest on mucosa…). Dabei weist der Aufbau mehrere Zahnimplantat-Anlageflansche (vgl. die rundlichen Enden in den Figuren 9 - 7, 9 - 11 und 9 - 12) und eine auf dem Zahnfleischgewebe liegende Brücke (vgl. Figuren 9 - 7 bis 9 - 12) auf, an der eine Zahnprothese (prosthesis) befestigbar ist [= Merkmal M1].
Dieses Verfahren zum Herstellen des Zahnimplantataufbaus umfasst folgende Schritte: Es wird ein Modell einer Zahnfleischoberfläche erstellt durch Fertigen eines Gipsabdrucks (vgl. Seite 154, rechte Spalte, letzter Absatz, und Figuren 9 - 3a und 9 - 3b) erstellt [= Merkmal M2, mit dem Unterschied, dass ein Gipsmodell anstatt eines „image“/Abbildes erstellt wird].
Weiterhin wird (vgl. Figur 9 - 7) ein Modell von über dem Zahnfleisch zu platzierenden Zahnprothesen erstellt, die künstliche Prothesen darstellen und diese somit umfassen (vgl. Seite 154, linke Spalte, letzter Absatz: „trial denture“, Seite 157, rechte Spalte, erster Absatz: „trial prosthesis“, und Figuren 9 - 3b, 9 - 6a und 9 - 6b) [= Merkmal M3, wiederum mit dem Unterschied, dass ein Modell anstatt eines „image“/Abbildes erstellt wird].
Es werden Zahnimplantat-Positionsdaten (vgl. Figuren 9 - 3a, 9 - 3b, 9 - 8 und 9 - 10 sowie Seite 159, zweite Spalte, zweiter Absatz), die eine Position sowie eine Winkel-orientierung mehrerer Zahnimplantate (implants) definieren, die in einem von der Zahnfleischoberfläche bedeckten Kieferknochen gehaltert sind, erstellt [= Merkmal M4].
Das Modell der Zahnfleischoberfläche, das Prothesen-Modell und die Implantats-Positionen werden (vgl. Seite 154, linke Spalte, letzter Absatz) durch Anbringen in einem Artikulator (articulator), der einen Referenzrahmen des Systems vorgibt, in Bezug auf einen gemeinsamen Referenzrahmen gesetzt [= Merkmal M5, Modelle anstatt „images“/Abbilder].
Es wird ein Modell der Zahnfleischoberfläche, der Gebisse und der Zahnimplantate erstellt (vgl. Figuren 9 - 3a, 9 - 3b, 9 - 6a, 9 - 6c und 9 - 7) [= Merkmal M6 mit dem Unterschied, dass statt einem Computergraphikmodell ein reales Modell erzeugt wird).
Dabei wird die Form einer Brücke (vgl. Figuren 9 - 8 bis 9 - 12e mit zugehöriger Beschreibung, insbesondere Seite 159, rechte Spalte, letzter Absatz: „…selected a bar of the nearest suitable length…“) unter Verwendung des Modells und Spezifizieren von Formdaten ausgewählt. Die Form ist abhängig von der Position der Implantate, auf der sie befestigt werden soll, sowie abhängig von der Form und Größe der Zahnfleischoberfläche und der Gebiss-Prothese, in der die Brücke angeordnet werden soll. Aus diesem Grund müssen alle diese Parameter berücksichtigt werden [= Merkmal M8].
Schließlich wird mit Hilfe der Formdaten der Zahnimplantat-Aufbau mit einem Fertigungsgerät geschnitten (vgl. Seite 159, rechte Spalte: „…the bar is bent…“, „Having selected a bar of the nearest suitable length…, this is shortend as necessary before bending to span the gap between the gold cylinders“) [= Merkmal M7 bis auf den Unterschied, dass es sich um ein (automatisiertes) Präzisionsfertigungsgerät handelt].
Somit unterscheidet sich der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 von dem aus der Druckschrift Ni 3 bekannten Stand der Technik lediglich dadurch, dass statt realer Modelle Abbilder und ein Computergraphikmodell erzeugt werden, um die Form der Brücke virtuell an einem Computerbildschirm zu planen und damit den manuellen Herstellungsprozess zu automatisieren, und dass ein (automatisiertes) Präzisionsfertigungsgerät zum Schneiden des Aufbaus verwendet wird.
b. Da die Automatisierung von Herstellungsverfahren und die dafür nötige Benutzung von Computern auch bereits im Anmeldezeitpunkt des Streitpatents am 18. Dezember 1997 zum allgemeinen technischen Trend gehörte und der Fachmann immer bestrebt ist existierende Verfahren zu vereinfachen und zu verbessern, war es für ihn nahegelegt, computerunterstützte Planungs- und Herstellungsverfahren einzusetzen. Dies belegt die Druckschrift Ni 7, die dem Fachmann sogar eine konkrete Anregung zur Erzeugung eines Computergrafikmodells vermittelte. Die Ni 7 (vgl. Seite 1, Zeilen 9 bis 12, und Seite 2, erster Absatz) lehrt ein Verfahren zum Herstellen eines Zahnimplantataufbaus (implants) zur Aufnahme von Zahnprothesen, die über dem Zahnfleisch anzubringen sind. Der Aufbau des Zahnimplantats weist mehrere Zahnimplantat-Anlageflansche und eine auf dem Zahnfleischgewebe liegende Brücke (dental bridges) auf, an der eine Zahnprothese befestigbar ist, wobei ein Abbild (vgl. Figur 1 mit Beschreibung, stereophotographie with a camera 2) einer Zahnfleischoberfläche sowie Zahnimplantat-Positionsdaten (vgl. Seite 8, Zeilen 13 und 14: the spatial position of an implant is to be identified) erstellt werden, die eine Position sowie eine Winkelorientierung mehrerer Zahnimplantate definieren, die in einem von der Zahnfleischoberfläche bedeckten Kieferknochen gehaltert sind. Es wird ein Computergrafikmodell (vgl. Seite 9, Zeilen 1 und 2: The computer operates with a graphic programm) der Zahnfleischoberfläche und der Zahnimplantate erzeugt und mit einem durch Formdaten (vgl. Seite 9, Zeile 17: control data) und Funktionsdaten (vgl. S. 4 Z. 15, function data) gesteuerten Präzisionsfertigungsgerät zum Schneiden des Aufbaus (vgl. Seite 9, zweiter Absatz: manufacturing machines 15, cutting coordinate data) einer Brücke (vgl. den Anspruch 1: dental bridge) hergestellt [= Merkmale M6 und M7].
Der Fachmann konnte deshalb der Druckschrift Ni 7 die technische Lehre entnehmen, zur Vereinfachung und Verbesserung des aus der Druckschrift Ni 3 bekannten Verfahrens zum Herstellen eines Zahnimplantataufbaus statt eines realen Modells ein (virtuelles) Computergraphikmodell der Zahnfleischoberfläche, der Gebisse und der Zahnimplantate zu verwenden und mit den daraus resultierenden Formdaten ein (automatisches) Präzisionsfertigungsgerät zum Schneiden des Aufbaus anzusteuern.
4. Auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 war für den zuständigen Fachmann durch den Stand der Technik nach den Druckschriften Ni 3 und Ni 7 nahegelegt, da das im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 im Merkmal M7a gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 zusätzlich beanspruchte Merkmal, wonach der (Zahnimplantat-) Aufbau (superstructure) „from a solid piece“, d. h. aus einem massiven Stück geschnitten wird, bereits aus der Druckschrift Ni 7 bekannt war, da (vgl. Seite 9, zweiter Absatz; manufacturing machines 15) das Schneiden von Teilen bei automatischen Herstellungsmaschinen üblicherweise aus dem Vollen erfolgt.
5. Dies gilt auch für den Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2, der für den Fachmann durch den Stand der Technik nach den Druckschriften Ni 3 und Ni 7 nahegelegt war. Dieser unterscheidet sich vom Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 durch das zusätzliche Merkmal M4a „wherein this step of obtaining dental implant position comprises scanning the position of each implant represented by analogs embedded in a physical model of a patient’s mouth“, d. h. die Zahnimplantat-Positionsdaten werden an einem physikalischen Modell des Mundes des Patienten, das diesen Positionsdaten entsprechend positionierte eingebettete Zahnimplantat-Analoge aufweist, erstellt und nicht direkt im Mund des Patienten.
Ein derartiges Vorgehen zeigt jedoch bereits die Druckschrift Ni 3, bei der ein physikalisches Modell des Mundes des Patienten erstellt wird(vgl. Figuren 9 - 3a und 9 - 3b), das den Zahnimplantat-Positionsdaten entsprechend im Gipsmodell positionierte eingebettete Zahnimplantat-Analoge aufweist, an denen die Zahnimplantats-Positionsdaten gemessen und erstellt werden. Dabei liegt es im Belieben des Fachmanns einzelne Messungen an einem realen Modell, wie in der Ni 3 gezeigt, vorzunehmen und nicht im Mund des Patienten, wenn er dies für sachdienlich hält, etwa um den Patienten nicht unnötig langen und unangenehmen Messungen auszusetzen.
6. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 war für den Fachmann ebenfalls durch den Stand der Technik nach den Druckschriften Ni 3 und Ni 7 nahegelegt. Er unterscheidet sich vom erteilten Patentanspruch 1 durch das zusätzliche Merkmal M5a „wherein step d) comprises providing known reference points on a drill guide attached to a physical model of a patients mouth, and measuring the position of the known reference points“, d. h. es werden bekannte Referenzpunkte an einer Bohrerführung bereitgestellt, die an einem physikalischen Modell eines Munds eines Patienten befestigt ist, und die Position der bekannten Referenzpunkte gemessen.
Es liegt im Rahmen fachmännischen Handels bereits vorhandene (bekannte) Daten auch tatsächlich zu nutzen, wenn diese benötigt werden. Eine fachübliche Bohrerführung, wie sie u. a. auch aus der Druckschrift Ni 4 (vgl. Seite 1617, rechte Spalte, dritter Absatz: drill guide) bekannt ist, wird zur Herstellung der Implantatslöcher im physikalischen Modell des Mundes des Patienten verwendet. Für den Fachmann ist es selbstverständlich, dass diese Bohrerführung am richtigen Ort relativ zum Referenzrahmen des physikalischen Modells angeordnet sein muss, um die Implantatslöcher auch an der richtigen Stelle im physikalischen Modell bohren zu können. Die dafür benötigten Referenzpunkte an der Bohrerführung sind deshalb eine unabdingbare Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Herstellung der Implantatslöcher entsprechend deren Positionen. Damit ist es für den Fachmann nahegelegt, bei Verwendung einer Bohrerführung an dem aus der Druckschrift Ni 3 bekannten physikalischen Modell eines Munds eines Patienten für ein korrektes Bohren der Implantatslöcher Referenzpunkte an der Bohrerführung bereitzustellen und diese zu messen.
7. Auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 war für den Fachmann durch den Stand der Technik nach den Druckschriften Ni 3 und Ni 7 nahegelegt. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 weist gegenüber dem Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 noch zusätzlich das Merkmal M4b auf, „wherein step c) comprises taking imprints of the dental implants once installed using transfers connected to the implants“, d. h. es werden Abdrücke von den bereits angebrachten Zahnimplantaten genommen und dabei an den Implantaten angebrachte Transfers benutzt.
Die im Mund des Patienten in dessen Kiefernknochen befindlichen Implantate sind im verheilten Zustand üblicherweise von Zahnfleisch überdeckt und ragen nicht darüber hinaus. Um nun überhaupt einen Abdruck davon nehmen zu können, sind sogenannte Transfers nötig, die an den Implantaten angebracht sind und die über das Zahnfleisch hinausragen. Derartige Transfers sind z. B. auch bei der Druckschrift Ni 7 vorgesehen, wie der Seite 6, erster Absatz („…where the jaw is healed and only the spacers on the implant protrude above the healed jaw bone.“) zu entnehmen ist. Deshalb war es für den Fachmann eine rein handwerkliche Maßnahme bei dem aus der Druckschrift Ni 3 bekannten Verfahren zum Herstellen eines Zahnimplantataufbaus, bei dem (vgl. Figuren 9 - 3a und 9 - 3b) Gipsabdrücke der Zahnfleischoberfläche mit den darunter angebrachten Implantaten genommen werden, zur Kenntlichmachung der Implantate an diesen Transfers anzubringen.
8. Die verbleibenden Unteransprüche 2, 4 - 6 gemäß Hilfsantrag 4 können eine Patentfähigkeit ebenfalls nicht begründen:
Das im Unteranspruch 2 beanspruchte Merkmal „wherein said precision manufacturing device is a CNC milling machine“, d. h. wonach das Präzisionfertigungsgerät eine CNC-Fräsmaschine ist, ist bereits aus der Druckschrift Ni 7 bekannt, da die dort beschriebenen computergesteuerten Herstellungs-maschinen (vgl. Seite 9, zweiter Absatz, manufacturing machines 15) üblicherweise CNC-Fräsmaschinen sind.
Das im Unteranspruch 4 beanspruchte Merkmal „wherein step c) comprises scanning the position of each implant (72) represented by analogs in a physical model of a patient’s mouth“, d. h. wonach der Schritt c) das Scannen der Position jedes Implantats aufweist die durch Analogs in einem physikalischen Modell eines Munds eines Patienten repräsentiert werden ist bereits aus der Druckschrift Ni 3 bekannt, bei der ein physikalisches Modell (vgl. Figuren 9 - 3a und 9 - 3b) vom Mund eines Patienten erstellt wird das Zahnimplantats-Analogs an der Position der Implantate aufweist, wobei die Position der Implantate mit Hilfe der Analogs ermittelt wird.
Hinsichtlich des Der Unteranspruch 5 und des dort aufgenommenen Merkmals „wherein step d) comprises providing known reference points on a drill guide attached to a physical model of a patients mouth, and measuring the position of the known reference points“, wird auf die Ausführungen zu Hilfsantrag 3 verwiesen.
Das im Unteranspruch 6 beanspruchte Merkmal „wherein step d) further comprises attaching measurement targets (28) to implant analogs embedded in the physical modell (21/22), and measuring the position of said implant analogs relativ to said known reference points“, d. h. wonach außerdem Messtargets an in dem physikalischen Modell eingebetteten Implantatnachbildungen befestigt und das Messen der Implantatnachbildungen relativ zu den bekannten Referenzpunkten erfolgt, ist dem Fachmann durch die Druckschrift Ni 3 nahegelegt, bei der Implantat-nachbildungen in einem physikalischen Modell (vgl. die Figuren 9 - 3a und 9 - 3b) eingebettet sind und ein Referenzrahmen in Form eines Artikulators vorgesehen ist. Für eine präzise Messung des Orts der Implantatnachbildungen und dessen Zuordnung relativ zum Referenzrahmen ist es dabei für den Fachmann nahegelegt als Markierungen Messtargets zu verwenden und diese in Bezug zu den bekannten Referenzpunkten zu setzen.
Damit erweist sich keine der von der Beklagten verteidigten Fassungen des Streitpatents als bestandsfähig, so dass dieses vollumfänglich nichtig zu erklären war.
III.
Als Unterlegene hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG, § 709 ZPO.