Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 28.06.2012


BPatG 28.06.2012 - 4 Ni 3/11 (EP)

Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Vorschaltgerät für mindestens eine Gasentladungslampe nebst Verfahren zum Betreiben (europäisches Patent)" – teilweise Klagerücknahme nach erstmaliger Beschränkung des Patents – zur Kostenverteilung aus Billigkeitsgründen


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
4. Senat
Entscheidungsdatum:
28.06.2012
Aktenzeichen:
4 Ni 3/11 (EP)
Dokumenttyp:
Urteil
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 0 707 438

(DE 595 06 940)

hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27. und 28. Juni 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Engels, der Richter Dr.-Ing. Kaminski, Dipl.-Ing. Groß undDr.-Ing. Scholz, sowie der Richterin Dr. Mittenberger-Huber

für Recht erkannt:

I. Das Patent EP 0 707 438 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass seine Patentansprüche folgende Fassung erhalten:

1. Vorschaltgerät für mindestens eine Gasentladungslampe,

mit einem Wechselrichter, der zwei in Serie liegende, an eine Gleichspannungsquelle angeschlossene und im Gegentakt geschaltete Schalter (S1, S2) aufweist,

mit einem an den Wechselrichter angeschlossenen Lastkreis, der einen Serienresonanzkreis (L1, C1) und die Gasentladungslampe (LA) enthält,

mit einem ebenfalls an den Wechselrichter angeschlossenen Heizkreis (T, S3, R1) zur Stromversorgung von Lampenwendeln der Gasentladungslampe (LA),

wobei der Heizkreis parallel zu einem (S2) der beiden Schalter (S1, S2) des Wechselrichters geschaltet ist, und einen weiteren steuerbaren Schalter (S3) zur Steuerung des Heizstroms enthält,

dadurch gekennzeichnet,

dass der Heizkreis einen Heiztransformator (T) aufweist, der primärseitig zu

dem einen Schalter (S2) des Wechselrichters parallel geschaltet und

sekundärseitig mit den Lampenwendeln der Gasentladungslampe (LA) verbunden ist,

wobei der Heizstrom gesteuert wird, indem die Schaltdauer, in der der weitere steuerbare Schalter (S3) eingeschaltet ist, verändert wird, einhergehend mit einem Dimmen der Gasentladungslampe (LA) durch Veränderung der Taktfrequenz des Wechselrichters, und

wobei die Steuerschaltung (2) des weiteren steuerbaren Schalters (S3) über eine Kopplung (3) mit der Wechselrichtersteuerschaltung (1) gekoppelt ist, derart, dass der weitere steuerbare Schalter (S3) nur eingeschaltet ist, wenn auch der andere (S1) der beiden Schalter (S1, S2) des Wechselrichters eingeschaltet ist,

wobei der weitere steuerbare Schalter (S3) mit der Primärseite des Heiztransformators (T) in Serienschaltung verbunden ist.

2. Vorschaltgerät nach Anspruch 1, wobei der Lastkreis parallel zu einem Schalter des Wechselrichters liegt,

dadurch gekennzeichnet,

dass der Heizkreis (T, S3, R1) parallel zu dem Schalter des Wechselrichters geschaltet ist, zu dem auch der Lastkreis (L1, C1, LA) parallel liegt.

3. Vorschaltgerät nach Anspruch 1,dadurch gekennzeichnet,

dass der Heizkreis (T, S3, R1) parallel zu dem Schalter (S1) geschaltet ist, der mit dem Schalter (S2) des Wechselrichters, zu dem der Lastkreis (L1, C1, LA) parallel liegt, in Serie geschaltet ist.

4. Vorschaltgerät nach einem der Ansprüche 1 bis 3,dadurch gekennzeichnet,

dass die Schaltperiode des weiteren steuerbaren Schalters (S3) um ein ganzzahlig Vielfaches der Taktperiode des Wechselrichters veränderbar ist.

5. Vorschaltgerät nach einem Ansprüche 1 bis 4,dadurch gekennzeichnet,

dass der Zeitabschnitt in dem der weitere steuerbare Schalter (S3) die Heizvorrichtung mit Heizstrom versorgt, kürzer ist, als der Zeitabschnitt in dem der Wechselrichterschalter (S2), zu dem der Lastkreis parallel liegt, geöffnet ist.

6. Vorschaltgerät nach einem der Ansprüche 1 bis 5,dadurch gekennzeichnet,

dass der Heiztransformator (T) für jede Lampenwendel eine eigene sekundärseitige Wicklung (T2, T4) aufweist und primärseitig eine gemeinsame Wicklung (T1’) oder den sekundärseitigen Wicklungen (T2, T4) entsprechende Wicklungen (T1, T3) aufweist, die in Serienschaltung miteinander verbunden sind.

7. Vorschaltgerät nach einem der Ansprüche 1 bis 6,dadurch gekennzeichnet,

dass in Serie mit dem weiteren steuerbaren Schalter (S3) eine Impedanz, vorzugsweise ein ohmscher Widerstand liegt, wobei der Spannungsabfall über dieser Impedanz als Detektionssignal für einen fließenden Heizstrom und damit für einen Heizwendelbruch bzw. das Fehlen bzw. einem Gasdefekt der Lampe (LA) verwendet ist.

8. Vorschaltgerät nach Anspruch 7,dadurch gekennzeichnet,

dass der Spannungsabfall über diese Impedanz als Detektionssignal für das Wiedereinsetzen einer Lampe verwendet ist.

9. Vorschaltgerät nach einem der Ansprüche 1 bis 8,

dadurch gekennzeichnet,

dass eine Schaltungsanordnung zum Entmagnetisieren des Heiztransformators (T) vorgesehen ist, die den Heiztransformator (T) entmagnetisiert, wenn dieser keinen Heizstrom den Lampenwendeln zuführt.

10. Verfahren zum Betreiben einer Gasentladungslampe mit einem Vorschaltgerät nach einem der Ansprüche 1 bis 9,

bei dem beim Vorheizen der Lampenelektroden, die Schalter (S1, S2) des Wechselrichters mit maximaler Taktfrequenz betrieben werden und

bei dem zum Zünden der Gasentladungslampe (LA) die Taktfrequenz bis in die Nähe der Resonanzfrequenz des Serienresonanzkreises (L1, C3) abgesenkt wird,

dadurch gekennzeichnet,

dass beim Vorheizen der weitere steuerbare Schalter (S3) mit einer Taktfrequenz betrieben wird, die das Heizen mit maximal zulässiger Heizleistung ermöglicht.

11. Verfahren nach Anspruch 10,dadurch gekennzeichnet,

dass nach dem Zünden der Gasentladungslampe (LA) die Taktfrequenz des weiteren steuerbaren Schalters (S3) in Abhängigkeit von einem Dimmzustand der Gasentladungslampe (LA) eingestellt wird, so dass die Heizleistung zwischen der für die Gasentladungslampe (LA) maximal zulässigen und der minimal notwendigen Heizleistung liegt.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 0 707 438 B1 (Streitpatent), das am 13. Oktober 1995 unter Inanspruchnahme der Prioritäten der deutschen Patentanmeldungen 44 36 705 vom 13. Oktober 1994 und 195 01 695 vom 20. Januar 1995 angemeldet wurde. Das Streitpatent wurde in der Verfahrenssprache Deutsch veröffentlicht und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nr. 595 06 940 geführt. Es betrifft ein „Vorschaltgerät für mindestens eine Gasentladungslampe“, ein „Verfahren zum Betreiben eines Vorschaltgerätes“ und ein „Verfahren zum Betreiben einer Gasentladungslampe mit einem derartigen Vorschaltgerät“ und umfasst 16 Patentansprüche, die sämtlich angegriffen sind.

2

Die unabhängigen Patentansprüche 1, 14 und 15 lauten:

3

1. Vorschaltgerät für mindestens eine Gasentladungslampe,

mit einem Wechselrichter, der zwei in Serie liegende, an eine Gleichspannungsquelle angeschlossene und im Gegentakt geschaltete Schalter (S1, S2) aufweist,

mit einem an den Wechselrichter angeschlossenen Lastkreis, der einen Serienresonanzkreis (L1, C1) und die Gasentladungslampe (LA) enthält,

mit einem ebenfalls an den Wechselrichter angeschlossenen Heizkreis (T, S3, R1) zur Stromversorgung von Lampenwendeln der Gasentladungslampe (LA), wobei der Heizkreis parallel zu einem der beiden Schalter des Wechselrichters geschaltet ist und einen weiteren steuerbaren Schalter (S3) zur Steuerung des Heizstroms enthalt,

dadurch gekennzeichnet,

dass der Heizkreis einen Heiztransformator (T) aufweist, der primärseitig zu dem einen Schalter (S1, S2) des Wechselrichters parallel geschaltet und sekundärseitig mit den Lampenwendeln der Gasentladungslampe (LA) verbunden ist.

14. Verfahren zum Betreiben eines Vorschaltgerätes nach einem der vorhergehenden Ansprüche,

dadurch gekennzeichnet,

dass mit dem weiteren steuerbaren Schalter nach Zünden der Lampe die Heizung bis auf weiteres abgeschaltet wird.

15. Verfahren zum Betreiben einer Gasentladungslampe mit einem Vorschaltgerät nach einem der Ansprüche 1 bis 13,

bei dem beim Vorheizen der Lampenelektroden, die Schalter (S1, S2) des Wechselrichters mit maximaler Taktfrequenz betrieben werden und

bei dem zum Zünden der Gasentladungslampe (LA) die Taktfrequenz bis in die Nähe der Resonanzfrequenz des Serienresonanzkreises (L1, C3) abgesenkt wird, dadurch gekennzeichnet,

dass beim Vorheizen der weitere steuerbare Schalter (S3) mit einer Taktfrequenz betrieben wird, die das Heizen mit maximal zulässiger Heizleistung ermöglicht.

4

 Wegen der abhängigen Ansprüche 2 bis 13 und 16 wird auf die Streitpatentschrift Bezug genommen.

5

Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des Streitpatents in seiner verteidigten Fassung lasse sich dem Streitpatent nicht unmittelbar und eindeutig entnehmen, und sei insoweit auch gegenüber der ursprünglichen Offenbarung unzulässig erweitert.

6

Die in den Patentanspruch 1 neu aufgenommenen Merkmale schränkten das Streitpatent im Übrigen nicht ein, sondern seien unklar und interpretationsbedürftig.

7

Ferner sei der Gegenstand des Streitpatents in seiner gemäß Hauptantrag bzw. den Hilfsanträgen I bis IV verteidigten Fassung nicht patentfähig, da er sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergebe.

8

Das in den neuen Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag aufgenommene Merkmal der Veränderbarkeit der Schaltdauer des weiteren steuerbaren Schalters beschreibe lediglich, was ein Schalter generell macht, nämlich an- und abschalten. Das von der Beklagten behauptete gepulste Heizen könne demgegenüber aus dem Anspruch nicht abgelesen werden, da jede beliebige Schaltkombination innerhalb der Zeiteinheit möglich sei.

9

Ihre weitere Darstellung, die Entgegenhaltung Ni 7 (EP 0 244 777 B1) zeige nur eine Vorheizung, verfüge aber nicht über eine Heizung nach dem Start der Gasentladungslampe, sei falsch. Durch den Schalter Q3 werde auch im Brennbetrieb geheizt, weshalb die Ni 7 schon neuheitsschädlich sei. Selbst ein abgestuftes Heizen sei der Ni 7 zu entnehmen. Jedenfalls fehle es aber zusammen mit der schon im Streitpatent genannten Ni 2 (EP 0 589 081 A1), von der dieses sich abgrenzen wollte, an der erfinderischen Tätigkeit. Die Beklagte verknüpfe ein Sammelsurium von Merkmalen aus den Patentansprüchen und der Beschreibung, und versuche damit einen neuen Patentanspruch zu konstruieren.

10

Die Beklagte hat das Streitpatent in der mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 2012 zuletzt mit den Fassungen gemäß Hauptantrag und weiter gemäß den Hilfsanträgen I-V verteidigt.

11

Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag

12

1. Vorschaltgerät für mindestens eine Gasentladungslampe,

mit einem Wechselrichter, der zwei in Serie liegende, an eine Gleichspannungsquelle angeschlossene und im Gegentakt geschaltete Schalter (S1, S2) aufweist,

mit einem an den Wechselrichter angeschlossenen Lastkreis, der einen Serienresonanzkreis (L1, C1) und die Gasentladungslampe (LA) enthält,

mit einem ebenfalls an den Wechselrichter angeschlossenen Heizkreis (T, S3, R1) zur Stromversorgung von Lampenwendeln der Gasentladungslampe (LA),

wobei der Heizkreis parallel zu einem der beiden Schalter des Wechselrichters geschaltet ist und

einen weiteren steuerbaren Schalter (S3) zur Steuerung des Heizstroms enthält,

dadurch gekennzeichnet,

dass der Heizkreis einen Heiztransformator (T) aufweist, der primärseitig zu dem einen Schalter (S1, S2) des Wechselrichters parallel geschaltet

und sekundärseitig mit den Lampenwendeln der Gasentladungslampe (LA) verbunden ist,

wobei der Heizstrom gesteuert wird, indem die Schaltdauer, in der der weitere steuerbare Schalter (S3) eingeschaltet ist, verändert wird.

13

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag I

14

1. Vorschaltgerät für mindestens eine Gasentladungslampe,

mit einem Wechselrichter, der zwei in Serie liegende, an eine Gleichspannungsquelle angeschlossene und im Gegentakt geschaltete Schalter (S1, S2) aufweist,

mit einem an den Wechselrichter angeschlossenen Lastkreis, der einen Serienresonanzkreis (L1, C1) und die Gasentladungslampe (LA) enthält,

mit einem ebenfalls an den Wechselrichter angeschlossenen Heizkreis (T, S3, R1) zur Stromversorgung von Lampenwendeln der Gasentladungslampe (LA), wobei der Heizkreis parallel zu einem der beiden Schalter des Wechselrichters geschaltet ist und einen weiteren steuerbaren Schalter (S3) zur Steuerung des Heizstroms enthalt,

dadurch gekennzeichnet,

dass der Heizkreis einen Heiztransformator (T) aufweist, der primärseitig zu dem einen Schalter (S1, S2) des Wechselrichters parallel geschaltet und sekundärseitig mit den Lampenwendeln der Gasentladungslampe (LA) verbunden ist,

wobei der Heizstrom gesteuert wird, indem die Schaltdauer, in der der weitere steuerbare Schalter (S3) eingeschaltet ist, verändert wird einhergehend mit einem Dimmen durch Veränderung der Taktung der Schalter (S1, S2) des Wechselrichters.

15

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag II

16

1. Vorschaltgerät für mindestens eine Gasentladungslampe,

mit einem Wechselrichter, der zwei in Serie liegende, an eine Gleichspannungsquelle angeschlossene und im Gegentakt geschaltete Schalter (S1, S2) aufweist,

mit einem an den Wechselrichter angeschlossenen Lastkreis, der einen Serienresonanzkreis (L1, C1) und die Gasentladungslampe (LA) enthält,

mit einem ebenfalls an den Wechselrichter angeschlossenen Heizkreis (T, S3, R1) zur Stromversorgung von Lampenwendeln der Gasentladungslampe (LA), wobei der Heizkreis parallel zu einem der beiden Schalter des Wechselrichters geschaltet ist und einen weiteren steuerbaren Schalter (S3) zur Steuerung des Heizstroms enthalt,

dadurch gekennzeichnet,

dass der Heizkreis einen Heiztransformator (T) aufweist, der primärseitig zu dem einen Schalter (S1, S2) des Wechselrichters parallel geschaltet und sekundärseitig mit den Lampenwendeln der Gasentladungslampe (LA) verbunden ist,

wobei der Heizstrom gesteuert wird, indem die Schaltdauer, in der der weitere steuerbare Schalter (S3) eingeschaltet ist, verändert wird, und wobei die Steuerung des weiteren steuerbaren Schalters (S3) mit der Wechselrichtersteuerung gekoppelt ist.

17

 Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag III

18

1. Vorschaltgerät für mindestens eine Gasentladungslampe,

mit einem Wechselrichter, der zwei in Serie liegende, an eine Gleichspannungsquelle angeschlossene und im Gegentakt geschaltete Schalter (S1, S2) aufweist,

mit einem an den Wechselrichter angeschlossenen Lastkreis, der einen Serienresonanzkreis (L1, C1) und die Gasentladungslampe (LA) enthält,

mit einem ebenfalls an den Wechselrichter angeschlossenen Heizkreis (T, S3, R1) zur Stromversorgung von Lampenwendeln der Gasentladungslampe (LA), wobei der Heizkreis parallel zu einem der beiden Schalter des Wechselrichters geschaltet ist und einen weiteren steuerbaren Schalter (S3) zur Steuerung des Heizstroms enthalt,

dadurch gekennzeichnet,

dass der Heizkreis einen Heiztransformator (T) aufweist, der primärseitig zu dem einen Schalter (S1, S2) des Wechselrichters parallel geschaltet und sekundärseitig mit den Lampenwendeln der Gasentladungslampe (LA) verbunden ist,

wobei der Heizstrom gesteuert wird, indem die Schaltdauer, in der der weitere steuerbare Schalter (S3) eingeschaltet ist, verändert wird, und wobei die Steuerung des weiteren steuerbaren Schalters (S3) mit der Wechselrichtersteuerung gekoppelt ist, derart , dass der weitere steuerbare Schalter nur eingeschaltet ist, wenn auch der potentialhöhere Schalter (S1) des Wechselrichters eingeschaltet ist.

19

 Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag IV

20

1. Vorschaltgerät für mindestens eine Gasentladungslampe,

21

mit einem Wechselrichter, der zwei in Serie liegende, an eine

Gleichspannungsquelle angeschlossene und im Gegentakt geschaltete Schalter (S1, S2) aufweist,

mit einem an den Wechselrichter angeschlossenen Lastkreis, der einen Serienresonanzkreis (L1, C1) und die Gasentladungslampe (LA) enthält,

mit einem ebenfalls an den Wechselrichter angeschlossenen Heizkreis (T, S3, R1) zur Stromversorgung von Lampenwendeln der Gasentladungslampe (LA),

wobei der Heizkreis parallel zu einem (S2) der beiden Schalter (S1, S2) des Wechselrichters geschaltet ist, und einen weiteren steuerbaren Schalter (S3) zur Steuerung des Heizstroms enthält,

dadurch gekennzeichnet,

dass der Heizkreis einen Heiztransformator (T) aufweist, der primärseitig zu dem einen Schalter (S2) des Wechselrichters parallel geschaltet und sekundärseitig mit den Lampenwendeln der Gasentladungslampe (LA) verbunden ist,

wobei der Heizstrom gesteuert wird, indem die Schaltdauer, in der der weitere steuerbare Schalter (S3) eingeschaltet ist, verändert wird, einhergehend mit einem Dimmen der Gasentladungslampe (LA) durch Veränderung der Taktfrequenz des Wechselrichters, und

wobei die Steuerschaltung (2) des weiteren steuerbaren Schalters (S3) über eine Kopplung (3) mit der Wechselrichtersteuerschaltung (1) gekoppelt ist, derart, dass der weitere steuerbare Schalter (S3) nur eingeschaltet ist, wenn auch der andere (S1) der beiden Schalter (S1, S2) des Wechselrichters eingeschaltet ist.

        
22

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag V

        
23

1. Vorschaltgerät für mindestens eine Gasentladungslampe,

24

mit einem Wechselrichter, der zwei in Serie liegende, an eine Gleichspannungsquelle angeschlossene und im Gegentakt geschaltete Schalter (S1, S2) aufweist,

mit einem an den Wechselrichter angeschlossenen Lastkreis, der einen Serienresonanzkreis (L1, C1) und die Gasentladungslampe (LA) enthält,

mit einem ebenfalls an den Wechselrichter angeschlossenen Heizkreis (T, S3, R1) zur Stromversorgung von Lampenwendeln der Gasentladungslampe (LA),

wobei der Heizkreis parallel zu einem (S2) der beiden Schalter (S1, S2) des Wechselrichters geschaltet ist, und einen weiteren steuerbaren Schalter (S3) zur Steuerung des Heizstroms enthält,

dadurch gekennzeichnet,

dass der Heizkreis einen Heiztransformator (T) aufweist, der primärseitig zu dem einen Schalter (S2) des Wechselrichters parallel geschaltet und sekundärseitig mit den Lampenwendeln der Gasentladungslampe (LA) verbunden ist,

wobei der Heizstrom gesteuert wird, indem die Schaltdauer, in der der weitere steuerbare Schalter (S3) eingeschaltet ist, verändert wird,

einhergehend mit einem Dimmen der Gasentladungslampe (LA) durch Veränderung der Taktfrequenz des Wechselrichters, und

wobei die Steuerschaltung (2) des weiteren steuerbaren Schalters (S3) über eine Kopplung (3) mit der Wechselrichtersteuerschaltung (1) gekoppelt ist, derart, dass der weitere steuerbare Schalter (S3) nur eingeschaltet ist, wenn auch der andere (S1) der beiden Schalter (S1, S2) des Wechselrichters eingeschaltet ist,

wobei der weitere steuerbare Schalter (S3) mit der Primärseite des Heiztransformators (T) in Serienschaltung verbunden ist.

        
25

Bezüglich der rückbezogenen Ansprüche 2 bis 9 und 11 bzw. des Verfahrensanspruchs 10 wird auf den Tenor Bezug genommen.

26

Die Klägerin beantragt,

27

das europäische Patent 0 707 438 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang des beschränkten Hauptantrags und der Hilfsanträge I - IV für nichtig zu erklären.

28

Soweit die Beklagte erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 2012 das Patent mit dem Hilfsantrag V verteidigt hat, hat die Klägerin insoweit die Klage zurückgenommen.

29

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

30

die Klage, soweit das Patent gemäß Hauptantrag beschränkt verteidigt wird, abzuweisen;

31

hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent mit Patentanspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen I - III vom 31. Mai 2012 und den in der mündlichen Verhandlung übergebenen Hilfsanträgen IV und V.

32

 Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält das Streitpatent in seiner beschränkten Fassung für patentfähig. Der Patentgegenstand sei neu und erfinderisch. Insbesondere stehe die Druckschrift Ni7 nicht entgegen. Ausgeschlossen seien patentgemäß sämtliche Vorschaltgeräte mit Schaltern, die die Einschaltzeit nicht verändern könnten, z. B. solche gemäß Ni7. Ferner sei ihr lediglich eine Vorheizung der Lampenwendeln zum Zünden zu entnehmen, nicht jedoch eine Heizung im Brennbetrieb. Durch das Streitpatent werde dagegen die Aufgabe gelöst, die Gasentladungslampe im Brennbetrieb in gedimmtem Zustand sicher zu betreiben. Der Fachmann erhalte keine Anregung aus der Ni7 zur Lehre des Streitpatents, da er allenfalls eine lineare Heizstrom-Steuerung, nicht aber die im Streitpatent enthaltene gepulste Schaltung implementieren würde, um das Heizen auch im Brennbetrieb sicherzustellen.

Deshalb käme er aus der Ni7 heraus allenfalls auf die Idee, die Heizung der Lampenwendeln auch im Dimmbetrieb durchlaufen zu lassen.

Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie den Inhalt der eingereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.   

33

Die Klage, mit der der in Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Absatz 1 lit a EPÜ i. V. m. Artikel 54 Absatz 1, 2 und Artikel 56 EPÜ vorgesehene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist in vollem Umfang begründet. Der Gegenstand des Streitpatents in der Fassung des Hauptantrags bzw. in der Fassung nach den Hilfsanträgen I und II ist nicht patentfähig, da er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

34

Die gemäß Hilfsantrag III bzw. IV vorgelegten Fassungen sind unzulässig, da sie auf ursprünglich nicht offenbarte Merkmale bzw. Merkmalskombinationen gerichtet sind.

35

Soweit das Patent dagegen mit Hilfsantrag V aufrechterhalten bleibt, hat die Klägerin die Klage zurückgenommen.

II.

36

1. Das Streitpatent betrifft nach Patentschrift [0001] ein Vorschaltgerät für mindestens eine Gasentladungslampe, gemäß Patentanspruch 14 ein Verfahren zum Betreiben eines derartigen Vorschaltgeräts und gemäß Anspruch 15 ein Verfahren zum Betreiben einer Gasentladungslampe mit einem derartigen Vorschaltgerät.

37

In der Streitpatentschrift ist zum technischen Hintergrund ausgeführt, dass bei hochwertigen Vorschaltgeräten ein Dimmbetrieb üblich sei, in diesem Betrieb aber ein vorzeitiges Altern der Gasentladungslampe einsetze, weshalb es erforderlich sei, diese auch im Betrieb zu beheizen, insbesondere mit einer Dimmgrad-abhängigen Heizleistung [0004].

38

Aus dem Stand der Technik gemäß EP 0 589 081 A1 sei hierzu auch schon eine Schaltungsanordnung bekannt mit einem steuerbaren Schalter auf der Primärseite eines Heiztransformators im Heizkreis. Die bekannte Anordnung sei aber nachteilig, da der Resonanzkreis schalterstellungsabhängig bedämpft werde [0005].

39

2. Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik ist in der Streitpatentschrift [0008] als Aufgabe angegeben, ein Vorschaltgerät für mindestens eine Gasentladungslampe sowie ein Verfahren zum Betreiben einer Gasentladungslampe mit einem derartigen Vorschaltgerät zu schaffen, so dass stets ein zuverlässiger, die Lampe schonender Betrieb gewährleistet ist.

40

Im Hinblick auf den vorangehend in der Streitpatentschrift erläuterten Stand der Technik schließt diese Aufgabe auch den Betrieb mit unterschiedlichen Dimmgraden ein, sodass sie auch den beschränkt verteidigten Fassungen des Streitpatents zugrunde zu legen ist.

41

3. Zur Lösung dieser Aufgabe sieht der in Anlehnung an die Klageschrift gegliederte und nach Hauptantrag geltende Patentanspruch 1 ein Vorschaltgerät für mindestens eine Gasentladungslampe mit folgenden Merkmalen vor:

42

M1 Vorschaltgerät für mindestens eine Gasentladungslampe,

43

M2 mit einem Wechselrichter, der zwei in Serie liegende, an eine Gleichspannungsquelle angeschlossene und im Gegentakt geschaltete Schalter (S1, S2) aufweist,

44

M3 mit einem an den Wechselrichter angeschlossenen Lastkreis, der einen Serienresonanzkreis (L1, C1) und die Gasentladungslampe (LA) enthält,

45

M4 mit einem ebenfalls an den Wechselrichter angeschlossenen Heizkreis (T, S3, R1) zur Stromversorgung von Lampenwendeln der Gasentladungslampe (LA),

46

M5.1 wobei der Heizkreis parallel zu einem (S2) der beiden Schalter (S1, S2) des Wechselrichters geschaltet ist, und

47

M5.2 einen weiteren steuerbaren Schalter (S3) zur Steuerung des Heizstroms enthält,

48

dadurch gekennzeichnet,

49

M6 dass der Heizkreis einen Heiztransformator (T) aufweist, der primärseitig zu dem einen Schalter (S1, S2) des Wechselrichters parallel geschaltet

50

M7 und sekundärseitig mit den Lampenwendeln der Gasentladungslampe (LA) verbunden ist,

51

M8 wobei der Heizstrom gesteuert wird, indem die Schaltdauer, in der der weitere steuerbare Schalter (S3) eingeschaltet ist, verändert wird.

52

Der gemäß Hilfsantrag I geltende Patentanspruch 1 unterscheidet sich von der gemäß Hauptantrag geltenden Fassung dadurch, dass das Merkmal

53

M8.1 einhergehend mit einem Dimmen durch Veränderung der Taktung der Schalter (S1, S2) des Wechselrichters

54

angefügt ist.

55

Der nach Hilfsantrag II geltende Patentanspruch 1 unterscheidet sich von der nach Hauptantrag geltenden Fassung durch das angefügte Merkmal

56

M8.2 und wobei die Steuerung des weiteren steuerbaren Schalters (S3) mit der Wechselrichtersteuerung gekoppelt ist,

57

der nach Hilfsantrag III geltende Patentanspruch 1 von der nach Hilfsantrag II geltenden Fassung durch das angefügte Merkmal

58

M8.3 derart, dass der weitere steuerbare Schalter nur eingeschaltet ist, wenn auch der potentialhöhere Schalter (S1) des Wechselrichters eingeschaltet ist.

59

Der nach Hilfsantrag IV geltende Patentanspruch 1 unterscheidet sich von dem nach Hauptantrag geltenden Patentanspruch 1 durch die beiden angefügten Merkmale

60

M9 einhergehend mit einem Dimmen der Gasentladungslampe (LA) durch Veränderung der Taktfrequenz des Wechselrichters, und

61

M10 wobei die Steuerschaltung (2) des weiteren steuerbaren Schalters (S3) über eine Kopplung (3) mit der Wechselrichtersteuerschaltung (1) gekoppelt ist, derart, dass der weitere steuerbare Schalter (S3) nur eingeschaltet ist, wenn auch der andere (S1) der beiden Schalter (S1, S2) des Wechselrichters eingeschaltet ist,

62

der nach Hilfsantrag V geltende Patentanspruch 1 von dem nach Hilfsantrag IV geltenden dadurch, dass das weitere Merkmal

63

M11 wobei der weitere steuerbare Schalter (S3) mit der Primärseite des Heiztransformators (T) in Serienschaltung verbunden ist

64

angefügt ist.

65

4. Als zuständigen Fachmann sieht der Senat hier einen Diplom-Ingenieur (FH) oder (Univ.) der Fachrichtung Elektrotechnik an mit langjähriger Berufserfahrung im Bereich der Steuer- und Regelungstechnik für Beleuchtungselektronik.

66

5. Der Senat legt seiner Entscheidung das folgende fachmännische Verständnis der Patentansprüche zu Grunde:

67

5.1 Bei dem anspruchsgemäßen „Wechselrichter“ gemäß Merkmal M2 handelt es sich lediglich um eine Spannungsversorgung nach Art eines Durchflusswandlers. Der einzig mögliche, in Merkmal M4 mitzulesende (eine) Anschlusspunkt für den Heizkreis liegt demnach zwischen den beiden Schaltern S1, S2, d. h. an einer der Ausgangsklemmen des Wechselrichters. Das ist dieselbe Klemme, an der auch der Lastkreis hängt.

68

5.2 Wenn nach Merkmal M4 für sich gelesen der Anschlusspunkt des Heizkreises nicht mehr auf den Mittelpunkt des Wechselrichters (S1, S2) beschränkt wäre, sondern ein beliebiger Schaltungspunkt innerhalb des Lastenkreises (L1, C2, LA) sein könnte bzw. irgendwo mitten im Serienresonanzkreis (L1, C2) liegen könnte, so scheidet dieses breitere Verständnis durch Merkmal M5.1 und die gebotene Auslegung des Patentanspruchs in seiner Gesamtheit der Merkmale aus. Denn die danach geforderte parallele Schaltung des Heizkreises zu einem der beiden Schalter des Wechselrichters (S1, S2) bedeutet nach fachmännischem Verständnis, dass auch ein Anschluss des Heizkreises am Wechselrichtermittelpunkt liegen muss.

69

Wenn gemäß Merkmal M5.1 der Heizkreis parallel zu einem der beiden Schalter geschaltet ist, dann gibt es deshalb schaltungstechnisch nur die beiden hier mitzulesenden Varianten, die beide vom geltenden Anspruch 1 nach Hauptantrag und allen Hilfsanträgen umfasst sind:

70

a. Heizkreis parallel zur Last am Wechselrichter, d. h. parallel zu dem Schalter, der auch parallel zur Last liegt (= erteilter PA3) und

71

b. Heizkreis parallel zu dem anderen Schalter (= dem in Serie mit der Last geschalteten Schalter, vgl. erteilter PA4).

72

5.3 Die Angabe nach Merkmal M5.1 bzw. M6, dass der Heizkreis bzw. der Heiztransformator parallel zu… geschaltet ist, wird vom Fachmann auch ohne explizite Offenbarung als indirekte (d. h. mit weiteren Bauelementen wie dem in Figur 1 gezeigten Messwiderstand in Serie bzw. gemäß Hilfsantrag V mit dem weiteren Schalter S3 in Serie) oder direkte Beschaltung (z. B. ohne Serienwiderstand) verstanden.

73

Denn auch die zur Erfassung des technischen Sinngehalts eines Patentanspruchs vorgesehene Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen darf weder zu einer sachlichen Einengung noch zu einer inhaltlichen Erweiterung des durch den Wortlaut des Patentanspruchs festgelegten Gegenstands führen (st. Rspr., vgl. GRUR 2007, 959 - Pumpeinrichtung; GRUR 2004, 1023, 1024 Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung), insb. wenn der Beschreibung eine Schutzbegrenzung auf bestimmte Ausführungsformen nicht zu entnehmen ist (BGH GRUR 2007, 309, 311 - Schussfädentransport). Auch ein Ausführungsbeispiel (BGH GRUR 2004, 1023, 1024 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung) oder eine dargestellte Betriebsweise einer im Patentanspruch umschriebenen Vorrichtung (GRUR 1985, 967, 968 - Zuckerzentrifuge) erlauben deshalb regelmäßig keine einschränkende Auslegung des die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs.

74

5.4 Dem aus der Patentbeschreibung [0033] in alle verteidigten Patentansprüche 1 aufgenommen Merkmal M8, dass „die Schaltdauer … verändert wird“, kommt die im zugehörigen Signalverlauf VIII in Figur 2 grafisch dargestellte Bedeutung zu, dass der Schalter S3 für eine kürzere Stromflussdauer eingeschaltet ist, als sie von der Stellung des zugehörigen Wechselrichterschalters (dort S1, vgl. Signalverlauf I) möglich wäre.

75

Dies ermöglicht eine Pulsbreite zu kürzeren Stromflusszeiten hin, die bei höherem Dimmgrad (vgl. Figur 4) ausreichen, um das Abkühlen der Lampenwendeln zu verhindern.

76

Die funktionelle Angabe „verändert ... wird“ versteht der Fachmann als Anweisung, eine Steuerung für den Schalter S3 anzugeben, mit der Dimmgrad-abhängig der Heizstrom auf unterschiedliche Werte einstellbar ist, und die deshalb - wie die Beklagte zutreffend vorgetragen hat - „hinterlegt“ sein müssen, worunter der Fachmann allerdings jede Art einer Zuordnung zwischen Dimmgrad und Heizstrom versteht, die die Patentaufgabe löst und nicht nur eine Hinterlegung von Werten in einer Tabelle.

77

5.5 Merkmal M9 schreibt bezüglich der Veränderung der Schaltdauer vor, dass diese während des Brennbetriebs abhängig vom Dimmzustand der Lampe vorgenommen wird. Merkmal M9 lässt aber offen, ob auch im ungedimmten Zustand oder vor dem Zünden Veränderungen erfolgen.

78

5.6 Merkmal M10 betrifft mit der Angabe nur eingeschaltet ist, wenn ... die schaltungstechnisch notwendige Bedingung (Voraussetzung), dass der weitere steuerbare Schalter S3 durch EIN-Schalten einen Stromfluss im Heiztransformator bewirken kann, wenn auch und solange der andere Schalter S1 der beiden Wechselrichterschalter eingeschaltet ist, was der zu Merkmal M8 erläuterten Verkürzung der maximal möglichen Stromflussdauer entspricht.

79

5.7 Merkmal M11 lehrt den Fachmann in Verbindung mit dem Verständnis der Merkmale M8 und M10 einen primärseitigen Stromfluss und damit eine Beheizung der Lampenwendeln im EIN-Zustand des Weiteren steuerbaren Schalters S3.

III.

80

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Änderungen in den Patentansprüchen 1 der nach Hauptantrag oder den Hilfsanträgen I und II geltenden Fassungen jeweils zulässig sind im Hinblick auf den Schutzbereich des Patents und/oder die Fassung der ursprünglichen Anmeldeunterlagen, wie die Klägerin angegeben hat.

81

Denn der Senat konnte jedenfalls nicht erkennen, dass deren Gegenstände sich für den Fachmann jeweils nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben.

82

1. Aus der nach übereinstimmender Beurteilung der Beteiligten und auch des Senats den nächstkommenden Stand der Technik betreffenden EP 0 244 777 B1 (= Ni7) entnimmt der Fachmann mit den Worten des nach Hauptantrag geltenden Patentanspruchs 1 ein

83

M1 Vorschaltgerät für mindestens eine Gasentladungslampe LAMP

84

M2 mit einem Wechselrichter 22, der zwei in Serie liegende, an eine Gleichspannungsquelle (Glättungskondensator C1) angeschlossene und im Gegentakt geschaltete Schalter (Q1, Q2) aufweist

85

M3 mit einem an den Wechselrichter (nämlich am Verbindungspunkt zwischen Q1 und Q2) angeschlossenen Lastkreis, der einen Serienresonanzkreis T1, C10 und die Gasentladungslampe LAMP enthält,

86

M4 mit einem ebenfalls an den Wechselrichter 22 (nämlich am selben Verbindungspunkt zwischen Q1 und Q2) angeschlossenen Heizkreis T4, T7, Q3 zur Stromversorgung von Lampenwendeln der Gasentladungslampe

87

M5.1 wobei der Heizkreis parallel zu einem der beiden Schalter (nämlich dem Schalter Q2) des Wechselrichters geschaltet ist und

88

M5.2 einen weiteren steuerbaren Schalter (Q3, i. V. m. T7) zur Steuerung des Heizstroms enthält (Sp. 4, Z. 39-43) und

89

M6 der Heizkreis einen Heiztransformator T4 aufweist, der primärseitig zu dem einen Schalter Q 2 des Wechselrichters parallel geschaltet ist und

90

M7  sekundärseitig (Wicklungsanschlüsse 1-8) mit den Lampenwendeln der Gasentladungslampe LAMP verbunden ist.

91

1.1 Folgte man dem Vortrag der Klägerin, dann entnimmt der Fachmann aus der Ni7 darüberhinaus auch das Merkmal

92

M8 wobei der Heizstrom gesteuert wird, indem die Schaltdauer, in der der weitere steuerbare Schalter (S3) eingeschaltet ist, verändert wird.

93

Sie verweist in diesem Zusammenhang insbesondere auf die komplizierte Logikschaltung, mit der der Transistor Q3 angesteuert werde, die nicht nur einem Vorheizen zum Starten (Sp. 4, Z. 43 bis 53, insbes. Z. 50: start the lamps) und für den Überlastbetrieb (Sp. 4 Z. 36 bis 38) diene, sondern mit einem von Transformator T5 ausgehenden Signal auch im Brennbetrieb einen Heizstrom bereitstelle beim Dimmen (Sp. 4, Z. 7 bis 13, insbes. Z. 11-13: turn on electrode heat when the lamps are started).

94

Folgte man dem von der Beklagten ausführlich erläuterten Schaltungsverständnis, dann offenbart Figur 1 der Ni7 explizit nur zwei EIN-Schaltzustände des Schalters Q3, T7 nämlich

95

-während des Vorheizbetriebs vor dem Zünden der Lampe aufgrund eines Signals „0“ am Ausgang 12 des IC 5, das über die NOR-Gatter 44 und 46 den Transistor Q3 einschalte und

96

-im Überlastfall des Wechselrichters, der zu einem Frequenzsprung auf 65 kHz führe (Sp 4., Z. 33 bis 38), mit dem ein Verlöschen der Lampe erzwungen werde, um Gefahr abzuwenden.

97

Zwar sei in Ni7 ein Dimmen vorgesehen, jedoch werde der Fachmann die Heizung dazu allenfalls ständig mit voller Leistung einschalten, jedoch nicht takten, während die Erfindung erstmals ein graduelles Heizen im Dimmbetrieb vorsehe.

98

1.2 Nach Ansicht des Senats entnimmt der Fachmann ohne eine tiefergehende Analyse der Schaltung gemäß Figur 1, dass das in Ni7 beschriebene Vorschaltgerät für einen Dimmbetrieb vorgesehen ist (Sp. 1 Z. 32 bis 42). Der Dimmgrad wird über serielle Fernsteuersignale eingestellt und es werden über die Ausgangspegel des als Decoder mit Speicherfunktion geschalteten IC 5 unterschiedliche Wechselrichter-Taktfrequenzen an den Ausgängen A, B des Schaltkreises IC 3 bzw. den entsprechenden Steuereingängen A, B des Wechselrichters vorgegeben (Fig. 1 i. V. m. Sp. 4, Z. 54 bis Sp. 5 Z. 43), wodurch ein Dimmen der Gasentladungslampe durch Veränderung der Taktung des Wechselrichters bewirkt wird.

99

Darüberhinaus beschreibt Ni7 in Spalte 4, Zeilen 41 bis 53 den üblichen Vorheizbetrieb mit einer zunächst abseits der Resonanzfrequenz eingestellten Wechselrichter-Taktfrequenz (dort 65kHz), die dann zum Zünden der Gasentladung (to initiate the arc...) auf die Resonanzfrequenz abgesenkt wird.

100

Jedoch finden sich in der gesamten Druckschrift keinerlei konkrete Angaben, ob und wie ggf. der Heizstrom im gedimmten Betrieb eingestellt oder geändert wird.

101

Aus der Schaltung gemäß Figur 1 kann der Fachmann nach Ansicht des Senats zwar entnehmen, dass die mittels zweier Dioden gleichgerichtete und über R14, C5 zusätzlich geglättete Sekundärspannung des Transformators T5 als Digitalsignal am Eingang des NOR-Gatters 40 ansteht, dass auch der Pegel am Ausgang 12 des IC5 den Schaltzustand des Transistors Q3 mit bestimmt, und dass sich mittels Q3, T7 als steuerbarer Schalter der Heizstrom prinzipiell beeinflussen lässt.

102

Aber selbst wenn der Fachmann die Datenblätter der verschiedenen integrierten Schaltkreise heranzöge, müsste er darüberhinaus zahlreiche Annahmen treffen über die Decodierung der einkommenden Datensignale und deren Wandlung in 4-Bit-Datenworte an den Ausgängen 12 bis 15 des IC5 und auch über die Kennwerte der zahlreichen Widerstände, Kondensatoren, Dioden usw., um daraus ein bestimmtes Verhalten der Schaltung ableiten zu können.

103

Ein solches Vorgehen übersteigt jedoch nach Ansicht des Senats das zur Ermittlung des neuheitsschädlichen Offenbarungsgehalts einer Druckschrift zumutbare Maß bei weitem und birgt überdies die Gefahr, dass ein für die Erfindung beanspruchtes Betriebsverhalten durch geeignete Annahmen rückwirkend in den Stand der Technik hineingebracht wird.

104

Aus diesem Grund war auch auf die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung angebotene Vorführung einer Computeranimation der in dieser Schaltung ablaufenden Vorgänge zu verzichten. Denn eine solche Animation setzt umfangreiche schaltungstechnische Annahmen voraus, die die Offenbarung der Druckschrift nicht hergibt.

105

Nach alledem sieht der Senat das Merkmal M8 als aus der Ni7 nicht neuheitsschädlich offenbart an.

106

1.3 Das Merkmal M8 kann die Patentfähigkeit des gemäß Hauptantrag Beanspruchten dennoch nicht begründen.

107

Schon vor dem Prioritätstag des Streitpatents gehörte es zum allgemeinen Fachwissen des Fachmanns, dass man Leuchtstofflampen mit direkt beheizbaren Lampenwendeln (Glühkatoden) nach dem Zünden der Lampe nicht dauerhaft extern beheizen muss, da die Gasentladung bzw. der Lampenstrom den Lampenwendeln Energie zuführt (auch als „Rückheizung“ bezeichnet), welche eine zur weiteren Elektronenemission ausreichende Oberflächentemperatur sicherstellt.

108

Da die Glühkatoden üblicherweise mit einem Material beschichtet sind, aus dem schon bei niedrigen Temperaturen Elektronen emittiert werden, gehörte es auch zum allgemeinen Fachwissen über die Eigenschaften von solchen Leuchtstofflampen, dass diese Elektrodenbeschichtung mit der Zeit durch Verdampfung und/oder Sublimation verbraucht wird, sodass sich die Zündeigenschaften der Lampe verschlechtern.

109

Im Dimmbetrieb nimmt der Lampenstrom ab mit der Folge einer Verringerung der den Lampenwendeln zugeführten Energie mit der Folge, dass die Lampe ausgeht oder im getakteten Dimmbetrieb nach einer stromlosen Pause nicht mehr zündet, weil die Elektroden zwischenzeitlich zu stark abkühlen.

110

Aufgrund der bei Leuchtstofflampen vorliegenden physikalischen Zusammenhänge zwischen Gasentladung und Elektronenemission an den beheizten Elektroden (s.o.) wird der Fachmann deshalb bei Störungen im Dimmbetrieb als erstes an möglicherweise zu kalte Elektroden denken und nach Abhilfe suchen, um einen zuverlässigen Brennbetrieb sicherzustellen.

111

Hierzu ist ihm aber bei Schaltungsanordnungen zum Betrieb einer Leuchtstofflampe bereits aus der EP 0 589 081 A1 (=Ni2) bekannt, den zum Zünden vorhandenen Heizkreis auch im Betrieb bedarfsweise zu nutzen.

112

Die dort vorgesehene Messung des Lampenstromes erfolgt zum Zwecke einer Helligkeitsregelung der Leuchtstofflampe (Sp 1 Z 20, Sp. 2 Z. 7 bis 13) mit einem in Figur 5 (i. V. m. dem in Figur 2 dargestellten und bis zum Koppel-Kondensator C1 übereinstimmenden) Vorschaltgerät. Dieses weist - wie der Fachmann der Figur 5 i. V. m. Figur 2 und dem zugehörigen Text ohne weiteres entnimmt - die Merkmale M1 bis M3 auf.

113

Darüberhinaus weist dieses Gerät einen Heizkreis Tr4.1, Tr4.2, Tr4.3, C2 (Fig. 1), Tr.1.1, L1, C1 (Fig. 2) auf zur Stromversorgung von Lampenwendeln LK1, LK2 der Gasentladungslampe LL (Teilmerkmal M4).

114

Für die Beheizung ist zunächst in Bezug auf Figur 1 zum dort als bekannt vorausgesetzten Stand der Technik angegeben, dass im stark gedimmten Zustand, z .B. bei 1 % des nominellen Dimmwertes, die Lampenkatoden ständig beheizt werden müssen, um vorzeitige Lampenalterung zu vermeiden (Sp. 2 Z. 24 bis 34). Die Einstellung des Lampenstromes mit einem Differenzstromwandler (Fig. 1) wird als aufwändig beschrieben (Sp.2 Z. 30 bis 40) und ein Trenntransformator Tr4.1, Tr4.2 als Lösung vorgeschlagen (Fig. 2), mit dem eine gleiche Beheizung der beiden Lampenkatoden erreicht und gleichzeitig die Messung des Lampenstromes verbessert ist (Sp. 2 Z. 53 bis Sp. 3 Z. 15).

115

Anstelle einer ständigen Heizung ist gemäß Figur 5 eine Taktung des Heizstromes vorgesehen, wobei der Fachmann hier - aufgrund des bekannten Betriebsverhaltens beim Dimmbetrieb von Leuchtstofflampen - ohne dass es eines Hinweises bedarf, unmittelbar an einen Betrieb mit mittlerem Dimmgrad denkt, bei dem die Rückheizung (s. o.) schon so stark ist, dass keine ständige Beheizung der Wendeln mehr erforderlich ist.

116

Die Steuerung des Heizstromes erfolgt dort, indem die Primärwicklung Tr4.1 mittels eines Schalters S1 periodisch bei Erreichen eines Schwellwertes kurzgeschlossen wird (Sp. 4 Z. 5 bis 10).

117

Damit ist aber in Figur 5 der Ni2 eine Steuerung des Heizstromes offenbart, indem die Schaltdauer, in der der weitere Schalter S1 eingeschaltet ist, verändert wird, wie Merkmal M 8 lehrt.

118

Der vorgewählte Schwellwert (Sp. 4 Z. 8) brauchte dort - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht näher beschrieben zu werden. Denn für den hier - nach Auffassung der Beteiligten und auch des Senats - mit umfangreichen Fachkenntnissen auf dem Gebiet der Leistungselektronik vorauszusetzenden Fachmann brauchte weder im einzelnen angegeben werden, welche elektrische Größe er als Bezugsgröße zum Abschalten der Heizleistung verwendet und wie er diese schaltungstechnisch verarbeitet, noch vermisst dieser einen Hinweis, dass der Schwellwert mit dem jeweiligen Dimmgrad in Bezug zu setzen ist; denn der Dimmgrad macht ja das Zuheizen erst erforderlich.

119

Die Variante „periodisch Kurzschließen bei Erreichen eines Schwellwertes“ ist somit ausführbar und vollständig offenbart, sodass die damit verbundene Heizstromsteuerung durch Veränderung der Schaltdauer vom Fachmann damit auch bei der Verbesserung anderer Geräte eingesetzt werden konnte.

120

Auf der Suche nach einer Lösung der Aufgabe, mit dem in Ni7 beschriebenen Vorschaltgerät einen stets (d. h. auch im Dimmbetrieb) zuverlässigen und schonenden Betrieb der Lampe zu gewährleisten, wird der Fachmann deshalb als nächstliegende Maßnahme die ihm in der Ni2 gegebene Lehre berücksichtigen, und über die zweifelsfrei in Ni7 bekannten Maßnahmen hinaus den Schalter Q3, T7 auch dazu nutzen, den Heizstrom zu steuern, indem die Schaltdauer, in der der weitere steuerbare Schalter Q3, T7 eingeschaltet ist, verändert wird, und dadurch ohne erkennbares erfinderisches Tun ein Vorschaltgerät mit allen Merkmalen M1 bis M8 angeben.

121

Die hierfür erforderlichen schaltungstechnischen Änderungen bzw. Ergänzungen nimmt der Fachmann aus seinen Fachkenntnissen der Leistungselektronik ohne weitere Anregung oder Hinweis vor.

122

Denn auch Merkmal M8 erschöpft sich für ein Vorschaltgerät mit den Merkmalen M1 bis M7 lediglich in einer die zugehörigen Sachmerkmale kurz zusammenfassenden funktionalen Angabe „Schaltdauer wird verändert“, die den Fachmann lehrt, eine Steuerung vorzusehen, mit der der bereits zum Steuern des Heizstromes beim Vorheizen bzw. im Überlastbetrieb vorhandene weitere Schalter auch im Brennbetrieb - nämlich beim Dimmen - durch Taktung steuerbar ist über eine veränderbare Einschaltdauer.

123

Würde man unterstellen, dass der Fachmann zur Realisierung weitere Anregungen oder Hinweise im Stand der Technik benötige, wäre das Streitpatent hinsichtlich Merkmal M8 nicht ausführbar offenbart; denn die Patentschrift zeigt lediglich getaktete Verläufe der Schaltersteuersignale (Figur 2), nicht aber deren schaltungstechnische Realisierung.

124

Die von der Beklagten in Ni7 vermisste graduelle Änderung des Heizstromes ist dem Fachmann demnach aus Ni2 zum selben Zweck bekannt, nämlich einer Anpassung an den Dimmgrad einer Gasentladungslampe, und der in Ni2 erreichte Vorteil ist absehbar auch für die Schaltung gemäß Ni7 mit denselben Maßnahmen - nämlich durch Ergänzung der Schaltung nach Merkmal 8 - erreichbar, da die Reaktion der Lampen mit deren betriebstechnischen Eigenschaften verbunden und jeweils gleich ist.

125

Auch entspricht die sich mit der Schaltung gemäß Ni2 ergebende Stromflussdauer im Wesentlichen den Strompulsen gemäß dem Signalverlauf VIII in Figur 2 der Streitpatentschrift.

126

Der Senat konnte deshalb der Auffassung der Beklagten nicht folgen, der Fachmann werde bei der in Ni7 gezeigten Schaltung bei starker Dimmung allenfalls einen Dauerbetrieb der Heizung vorsehen.

127

Bei dem in Ni2 vorgesehenen Abschalten bei Erreichen eines Schwellwertes handelt es sich um einen aktiven Vorgang; denn der Fachmann muss unter Berücksichtigung der Herstellerangaben den jeweiligen Schwellwert festlegen und auf diesen bei einem bestimmten Dimmgrad zugreifen.

128

Der von der Beklagten als „Entscheidungsbaum“ bezeichnete Auswahlbedarf zwischen mehreren technischen Alternativen besteht nach Ansicht des Senats für den Fachmann in Kenntnis der Ni2 hinsichtlich der technischen Möglichkeit einer linearen Regelung nicht; denn dort ist bereits ein gepulster Betrieb durch Kurzschließen des Schalters offenbart, sodass es auch der von der Beklagten vermissten Motivation für den Fachmann nicht mehr bedurfte, von einer (in Figur 5 gar nicht vorgesehenen) Dauerheizung der Lampenwendeln abzugehen. Außerdem ist ein nicht gepulster, linearer Betrieb bei Leistungstransistoren unüblich.

129

Auch für das in Figur 2 dargestellte Auslassen von Impulsen ist vom Fachmann- entgegen dem Vortrag der Beklagten - keine Entscheidung zu fällen. Denn der Patentanspruch 1 ist im Merkmal 8 nicht auf diese andere/zusätzliche Stellmöglichkeit des Heizstromes beschränkt.

130

Auch der mit dem Zeitargument verknüpfte Hinweis der Beklagten auf die für das Streitpatent besonders vorteilhafte Möglichkeit, Digitalregler mit Pulsweitenmodulation zu verwenden, um Merkmal M8 zu verwirklichen, kann zu keiner anderen Beurteilung führen.

131

Denn nachdem in der Ni7 die Ansteuerung des Schalters Q3, T7 bereits in digitaler Elektronik ausgeführt ist, müsste der Fachmann schon einen besonderen Anlaß haben, von dieser Technik abzugehen, wenn er die bekannte Schaltung gemäß Merkmal M8 ergänzt.

132

Ein solcher Anlass ist aber nicht ersichtlich.

133

2. Auch in der Fassung gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag I kann das Streitpatent keinen Bestand haben.

134

Denn in der Druckschrift Ni2, die dem Fachmann - wie dargelegt Anregung und Hinweis darauf gibt, ausgehend von dem aus Druckschrift Ni7 bekannten Vorschaltgerät eine Heizstromsteuerung gemäß Merkmal M8 vorzusehen, ist der Ausgangspunkt und Zielpunkt aller in der Schaltung gemäß Figur 5 vorgesehenen technischen Maßnahmen ein Dimmbetrieb (s.o., insbes. Sp. 1 Z. 4 bis 16, Sp. 2 Z. 23ff., Sp. 4, Z. 5 bis 10).

135

Damit ist dort aber bereits auch eine Heizstromsteuerung bekannt mit dem Teilmerkmal M8.1 „einhergehend mit einem Dimmen der Gasentladungslampe“.

136

Nachdem ein Dimmen der Gasentladungslampe aber schon in der Schaltung gemäß Figur 1 der Ni7 - wie dargelegt - durch Veränderung der Taktfrequenz, d. h. der Taktung des Wechselrichters erfolgt (Restmerkmal M 8.1), wenn unterschiedliche Steuersignale über die Netzspannungsleitung 12, 14 ankommen (Sp. 2 Z. 22 bis 27 und Sp. 5., Z. 24ff.), ist durch das Merkmal M 8.1 dem Patentanspruch 1 nichts Patentbegründendes hinzugefügt.

137

3. Die gemäß Hilfsantrag II mit dem - gegenüber dem Hauptantrag zusätzlichen - Merkmal M8.2 beanspruchte Kopplung der Steuerung des weiteren steuerbaren Schalters S3 mit der Wechselrichtersteuerung ist für den Fachmann kein patentbegründendes Merkmal, sondern für ein Vorschaltgerät gemäß Hauptantrag eine funktionelle und schaltungstechnische Selbstverständlichkeit, die auch bereits in der Ni7 (Fig. 1, Bauelemente 40 bis 46) gezeigt ist.

138

Denn wenn - wie der recht verstandene Patentanspruch 1 nach allen Anträgen lehrt - sowohl der Lastkreis als auch der Heizkreis an den Mittelpunkt desselben Wechselrichters angeschlossen sind, hängt die Zeit der möglichen Bestromung des Heizkreises von der Stellung der beiden Wechselrichterschalter direkt ab.

139

Wenn der Fachmann nun den Heizkreis gezielt bestromen möchte, muss die Steuerung des weiteren Schalters „wissen“, wann das überhaupt möglich ist, d. h. sie muss die Schaltstellung mindestens eines der beiden Wechselrichterschalter zu jedem Zeitpunkt kennen, damit eine technisch sinnvolle und reproduzierbare Veränderung der Einschaltdauer des weiteren Schalters angegeben werden kann (Merkmal M 8.2).

140

Der von der Beklagten als „abstimmbare Taktung“ für den Gegenstand des Anspruchs 1 im Merkmal M8.2 bezeichnete Vorteil ist damit aber schon der einzigen technisch sinnvollen Lösung zuzuordnen, für die der Fachmann deshalb auch keinen weiteren Hinweis im Stand der Technik benötigt und deshalb nicht patentbegründend sein kann.

141

Eine andere Taktung als die vom Wechselrichter vorgegebene wäre abwegig.

142

4. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag III ist unzulässig.

143

Denn wie die Klägerin nach Ansicht des Senats zutreffend ausgeführt hat, ist ein Vorschaltgerät mit einem „potentialhöheren“ Schalter in der Streitpatentschrift nicht erfindungszugehörig offenbart.

144

Die Angabe „potentialhöher“ oder eine vergleichbare Aussage findet sich weder in der Streitpatentschrift noch in der zugehörigen Offenlegungsschrift.

145

Auch hat diese Angabe für einen Wechselrichterschalter mit lediglich zwei an einer Gleichspannung in Reihe geschalteten Schaltern keinen technischen Sinn; denn je nach Schalterstellung EIN oder AUS ändert sich bei jedem Schalter das Potential mindestens einer der Schalterklemmen.

146

Für eine vom Senat in der mündlichen Verhandlung in Erwägung gezogene Umdeutung des Merkmals „der potentialhöhere Schalter“ in „der andere Schalter“ ist schon deshalb kein Raum, weil sich die Patentinhaberin im Merkmal M 8.3 nicht auf einen solchen Wortlaut eingelassen hat und auch nicht vorgetragen hat, warum dieser Wortlaut keine zulässige Beschränkung beinhalten würde.

147

5. Die Merkmale des Patentanspruchs I gemäß Hilfsantrag IV sind zwar im Einzelnen wie folgt in der Streitpatentschrift und den entsprechenden Abschnitten der Offenlegungsschrift EP 0 707 438 A2 als zur Erfindung gehörend offenbart, jedoch beinhalten sie in Kombination eine unzulässige Erweiterung gegenüber der ursprünglichen Offenbarung.

148

5.1 Die Merkmale M1 bis M7 des Patentanspruch 1 entsprechen dem erteilten Patentanspruch 1 bzw. den Ansprüchen 1 und 9 der ursprünglichen Anmeldeunterlagen.

149

Merkmal M8 ist die in Absatz [0033] der Streitpatentschrift in Worte gefasste Darstellung des Signalverlaufs VIII der Figur 2 für eine Dimmgrad-abhängige Änderung der Heizleistung durch synchronisierte Taktung des in Serie mit der Primärseite des Heiztransformators geschalteten Schalters S3.

150

Die in Merkmal M9 beanspruchte Kombination (einhergehend mit…) des Merkmals M8 mit einem Dimmen durch Ändern der Taktfrequenz des Wechselrichters ist ebenfalls Gegenstand der in Figur 2 gezeigten Signalverläufe und im Absatz [0032] der Streitpatentschrift wörtlich angegeben.

151

Merkmal M10 beinhaltet die wesentlichen Angaben zu der für ein synchronisierte Taktung zwingend erforderlichen Koppelung der Steuerschaltungen für die beiden Wechselrichterschalter S1, S2 bzw. den weiteren steuerbaren Schalter S3, um einen Dimmgrad-abhängigen Stromfluss durch EIN-Schalten des Schalters S3 im Heizkreis sicherzustellen, und ist in den ersten beiden Sätzen von Absatz [0028] (i. V. m. Fig. 2 und dem zugehörigen Text) der Streit-Patentschrift offenbart.

152

5.2 Der Patentanspruch I gemäß Hilfsantrag IV beinhaltet jedoch im Merkmal 10 mit der Angabe „derart, dass der weitere steuerbare Schalter (S3) nur eingeschaltet ist, wenn auch der andere der beiden Schalter“ (S1, S2) des Wechselrichters eingeschaltet ist“, eine unzulässige Erweiterung.

153

Denn ursprünglich offenbart - und damit auch mit dem Streitpatent im Rahmen einer Beschränkung zu verteidigen - sind nach Auffassung des Senats keine Vorschaltgeräte, bei denen der weitere steuerbare Schalter nicht mit der Primärseite des Heiztransformators in Serie geschaltet ist (wie z. B. parallel zur Primärseite, wie in Ni2, Fig. 5).

154

Wenn sich die Patentinhaberin im Nichtigkeitsverfahren durch Übernahme einzelner Merkmale aus der Beschreibung eines umfangreichen Ausführungsbeispiels beschränkt - gemäß Hilfsantrag IV lediglich durch die Merkmale M8 bis M10 , so bedarf es insoweit einer sorgfältigen Prüfung, ob dadurch nun technische Ausführungsformen unter Schutz gestellt werden, die der Fachmann den ursprünglichen Anmeldeunterlagen nicht eindeutig und unmittelbar entnehmen kann.

155

Hierzu gehören aber Vorschaltgeräte mit Heizkreisen, in denen der weitere Schalter nicht in Serienschaltung mit der Primärseite des Heiztransformators liegt.

156

Denn an solche Ausgestaltungen hat der Fachmann vor der vorgenommenen Beschränkung weder bei der Lektüre der Streitpatentschrift noch der ursprünglichen Unterlagen gedacht, sodass sie auch nicht als erfindungszugehörig in der Patentschrift offenbart sind.

157

Streitpatent und Anmeldeunterlagen offenbaren nämlich ausschließlich Vorschaltgeräte, bei denen die EIN-Schaltstellung des weiteren steuerbaren Schalters S3 einen Stromfluss im Heizkreis bewirkt, weil der Schalter mit der Primärseite des Heiztransformators (T) in Serienschaltung verbunden ist, wie erst in Merkmal M11 gemäß Hilfsantrag V zusätzlich angegeben und im erteilten Patentanspruch 10 erfindungszugehörig offenbart ist.

158

Zwar lässt der erteilte Anspruch 1 mit der allgemeinen Angabe „zur Steuerung des Heizstromes“ offen, wie der weitere steuerbare Schalter mit der Primärseite des Heiztransformators verschaltet ist. Damit sind im Streitpatent aber nicht alle denkbaren schaltungstechnischen Varianten einer Heizstromsteuerung mittels eines primärseitig angeordneten Schalters offenbart und unter Schutz gestellt. Denn zur Lösung der Patentaufgabe und zur Erreichung der in der Streitpatentschrift (insbes. Abs. [0010]) geltend gemachten Vorteile bedurfte es angesichts des im Prüfungsverfahren ermittelten Standes der Technik noch keiner Einzelheiten der Schaltung, die deshalb auch im erteilten Anspruch 1 fehlen.

159

Erst mit der Beschränkung durch die nur in der Patentbeschreibung offenbarten Merkmale M8 bis M10, insbesondere durch die Verknüpfung des EIN-Schaltzustandes des weiteren steuerbaren Schalters mit den Schaltzuständen eines oder beider Wechselrichterschalter, kommen nun weitere schaltungstechnische Einzelheiten ins Blickfeld des Fachmanns, deren Aufnahme oder Nicht-Aufnahme in den Patentanspruch 1 die Frage ursprünglichen Offenbarung berührt.

160

Eine unzulässige Beschränkung sieht der Senat hier darin, wenn nun mit Hilfsantrag IV - worauf die Klägerin nach Ansicht des Senats zutreffend hingewiesen hat - auch Vorschaltgeräte unter Schutz gestellt wären, bei denen der weitere steuerbare Schalter nicht in Serienschaltung mit der Primärseite des Heiztransformators verbunden ist, sondern anderweitig verschaltet.

161

Denn durch die gesamten ursprünglichen Unterlagen zieht sich die Zuordnung eines primärseitigen Stromflusses im Heizkreis zum EIN-Schaltzustand des weiteren Schalters S3.

162

Sowohl die in Figur 1 gezeigte Serienschaltung S3, T1, T3 als Parallelzweig zum Schalter S2, die hinsichtlich des Heizkreises im erteilten Anspruch 3 beansprucht ist, als auch die nicht dargestellte Variante „Heizkreis parallel zum Schalter S1“, die Gegenstand des erteilten Anspruchs 4 ist, lassen den Fachmann ausschließlich an eine Serienschaltung des weiteren steuerbaren Schalters S3 mit der Primärseite des Heiztransformators denken.

163

Zwar stellt Merkmal M8 für sich genommen lediglich auf eine Veränderung der Schaltdauer ab. Diese Angabe ist aber aus einem umfangreichen Beschreibungsabschnitt zu den Figuren 2 bis 5 entnommen, in dem ausschließlich auf ein Fließen des Heizstromes im eingeschalteten Zustand des Schalters S3 abgestellt ist, welches mit der einzig (Figur 1) dargestellten Serienschaltung des Schalters S3 mit der Primärwicklung des Heizkreises verwirklicht ist.

164

Und nur für diese Serienschaltung entnimmt der Fachmann auch ohne weiteres den von der Beklagten zum Hilfsantrag V erläuterten Vorteil einer einfach und präzise darzustellenden Heizleistungsregelung ohne Rückführung.

165

Nachdem gemäß Hilfsantrag IV mit Merkmal M10 dem eingeschalteten Zustand des Schalters S3 nun eine besondere Bedeutung zukommt, richtet sich das Augenmerk des Fachmanns in besonderer Weise darauf, was im eingeschalteten Zustand in der beschriebenen Schaltung gemäß Figur 1 und aufgrund der Signalverläufe in Figur 2 abläuft und nicht darauf, mit welchen nicht dargestellten und auch in den erteilten Ansprüchen nicht beanspruchten Schaltungsalternativen Merkmal M10 möglicherweise noch realisierbar wäre.

166

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag IV ist nach alledem unzulässig.

167

5.3 In den abhängigen Ansprüchen einschließlich der Verfahrensansprüche kann der Senat nichts erkennen, was selbständig oder in Verbindung mit anderen Merkmalen einen erfinderischen Gehalt hätte. Der Senat sieht deshalb keine Möglichkeit für den von der Patentinhaberin gewünschten Teilerhalt des Patents auf der Grundlage des Hauptantrags bzw. der Hilfsanträge I bis IV.

168

6. Aufgrund der mit dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag V vorgenommenen und von der Klägerin nicht mehr angegriffenen Selbstbeschränkung war nur noch die Zulässigkeit der geltenden Patentansprüche zu prüfen (BPatGE 51, 45ff. = GRUR 2009, 45, Rn. 67 - Ionenaustauschverfahren).

169

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag V ist zulässig, weil der Fachmann - nach der Ergänzung des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag IV durch das weitere Merkmal 11 - nun auf Vorschaltgeräte beschränkt ist, bei denen der weitere steuerbare Schalter in Serienschaltung mit der Primärseite des Heiztransformators verbunden ist (vgl. Ausführungen zum Hilfsantrag IV), wie es in der Streitpatentschrift und auch in den entsprechenden Abschnitten der ursprünglichen Anmeldeunterlagen gemäß EP 0 707 438 A1 als erfindungszugehörig offenbart ist.

IV.

170

Soweit die Beklagte am Ende der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage durch den Vorsitzenden erklärt hat, dass der mit Eingabe vom 26. Juni 2012 gestellte Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aufrecht erhalten werde, war diesem nicht nachzukommen.

171

Für die Anordnung des Sachverständigenbeweises bedarf es keines ausdrücklichen Antrags, da das Gericht gem. § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 144 ZPO die Begutachtung durch einen Sachverständigen anordnen kann. Der Antrag des Beklagtenvertreters war daher eher als Anregung zu werten, der im konkreten Fall nicht nachzukommen war.

172

Eine Begutachtung durch einen Sachverständigen ist nämlich nur dann anzuordnen, wenn die eigene Sachkunde des Gerichts nicht ausreicht, um aus feststehenden Tatsachen Wertungen und Schlussfolgerungen zu ziehen, die ein besonderes Fachwissen erfordern. Eigene Sachkunde des Richters macht die Einholung eines Gutachtens deshalb entbehrlich. Aufgrund des naturwissenschaftlichen Studiums der technischen Richter, das durch praktische Berufserfahrung vertiefte Spezialwissen und die langjährige Erfahrung als Patentprüfer wird diese Sachkunde bei der Berufung zum technischen Richter unterstellt. Ob das Gericht seine eigene Sachkunde für ausreichend erachtet, liegt dabei grundsätzlich in seinem pflichtgemäßen Ermessen, wobei es ausreicht, wenn auch nur ein Mitglied eines Kollegialgerichtes hinreichende Sachkunde besitzt (BGH MDR 2007, 538, 539 m. w. N.).

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Der Beklagtenvertreter hat ferner erklärt, dass er bei einer Ablehnung der Einholung eines Sachverständigengutachtens die bestehende Sachkunde der Senatsmitglieder erfragen möchte.

174

Ebenso wenig wie die juristischen Mitglieder des Senats über ihren Werdegang Auskunft geben müssen, sind die technischen Mitglieder dazu verpflichtet. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 38, 166, 168 ff. - Kunststoff-Tablett; so auch BGHZ 42, 248, 258 - Spannungsregler; BGH GRUR 1976, 719 f. - Elektroschmelzverfahren) wird mit der Vorschrift des § 65 Abs. 2 Satz 1 PatG (früher: § 36b Abs. 2 Satz 2 PatG), nach der die technischen Mitglieder des Bundespatentgerichts "in einem Zweig der Technik sachverständig" sein müssen, nur festgelegt, unter welchen Voraussetzungen sie zum Richter beim Bundespatentgericht ernannt werden können. Sind sie ernannt, so können sie das Richteramt bei Sachen aus allen Gebieten der Technik ausüben, nicht etwa nur bei Sachen aus solchen Gebieten, auf denen sie sachverständig im Sinne der vorgenannten Vorschrift sind. Nur ein willkürlicher Verstoß gegen den Geschäftsverteilungsplan kann eine Rüge der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des beschließenden Gerichts rechtfertigen (BGH GRUR 1976, 719 f. - Elektroschmelzverfahren).

175

Die Sachkunde der Senatsmitglieder ist im Übrigen trotz eingehender Erörterung des Sach- und Streitstands während der ausführlichen Erörterungen an zwei aufeinanderfolgenden Sitzungstagen nicht substantiiert in Frage gestellt worden.

176

Der Beklagtenvertreter hat lediglich die Erwartung geäußert, dass ein Sachverständiger zum von den Parteien vorgetragenen Verständnis einer bestimmten Druckschrift dezidiert den Standpunkt einer der Parteien ergreifen werde, was der Senat nicht ausdrücklich getan habe. § 139 Abs. 2 ZPO PatG i. V. m. § 99 Abs. 1 gebietet die Gewährleistung eines fairen Verfahrens mit einer sachgerechten Entscheidung und soll Überraschungsentscheidungen vermeiden.

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Im Verfahren mit mehreren Beteiligten ist die Aufklärungs- und Hinweispflicht aber durch die Pflicht zur Unparteilichkeit und Gleichbehandlung der Parteien begrenzt (vgl. Schulte in Schulte, Patentgesetz, 8. Auflage, Einleitung Rn. 104 m. w. N.). Hinweise müssen konkret und unmissverständlich sein, allerdings sind gegenüber anwaltlich vertretenen Parteien geringere Anforderungen zu stellen als gegenüber nicht anwaltlich vertretenen Parteien. Weitergehende Anleitungen zur Gestaltung eines beschränkten Patents zur Vermeidung einer vollständigen Vernichtung durch das Gericht liefen der Arbeitsteilung zwischen den Rechtspflegeorganen und der richterlichen Neutralität zuwider (Greger in Zöller, ZPO, 29. Auflage, § 139 Rn. 12 a). Auch für eine nähere Prüfung von Amts wegen besteht insoweit kein Anlass (BGH GRUR 2007, 309, Rn. 42 - Schussfädentransport).

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Aufgrund der ausführlichen Erörterungen zum Verständnis der Begriffe, des technischen Inhalts und der Bedeutung der Entgegenhaltung der Druckschrift Ni7 (bereits mit dem Zwischenbescheid, darüberhinaus ausführlich in der zweitägigen mündlichen Verhandlung) und den Hinweisen zur Gewährbarkeit der Patentansprüche war den Anforderungen des § 139 Abs. 2 ZPO vollumfänglich genügt.

V.

179

Als Unterlegene in Bezug auf den beschränkten Hauptantrag und die Hilfsanträge I - IV hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 84 Abs. 2 S. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen. In Bezug auf Hilfsantrag V, mit dem die Beklagte erfolgreich war, ergibt sich die Kostenfolge zu Lasten der Beklagten, obwohl insoweit eine Teilklagerücknahme erfolgt ist.

180

Wird das Streitpatent nämlich erstmals im Verlauf des Nichtigkeitsverfahrens mit neu gefassten Patentansprüchen beschränkt verteidigt und erklärt sich der Kläger hiermit sofort einverstanden, so trägt nicht der Kläger entsprechend den Kostengrundsätzen der §§ 91 ff., 269 Abs. 3 S. 2 ZPO die insoweit anfallenden Verfahrenskosten, sondern der Beklagte aufgrund der gemäß § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG heranzuziehenden Billigkeitsgründe (BPatGE 51, 45 ff. = GRUR 2009, 45, Rn. 73 - Ionenaustauschverfahren).

181

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG, § 709 ZPO.