Entscheidungsdatum: 08.03.2016
Tongeber
Auch wenn eine technische Lösung, von der die erfindungsgemäße Lehre Gebrauch macht, zum allgemeinen Standard-Repertoire des für die Problemlösung angesprochenen Fachmanns zählt, so bedarf dieser Gebrauch - hier für die weitere Ausbildung eines erfindungsgemäßen Tongebers - jedenfalls dann einer konkreten Anregung, wenn die Anwendung des Standard-Repertoires zu der vom Fachmann als Ausgangspunkt für eine Problemlösung herangezogenen Lehre im Widerspruch steht (im Anschluss an BGH GRUR 2014, 647 – Farbversorungssystem BGHZ 200, 229 - Kollagenase I).
In der Patentnichtigkeitssache
…
betreffend das europäische Patent 1 350 242
(DE 502 07 099)
hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 8. März 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Engels, der Richterin Kopacek, der Richter Dipl.-Phys. Univ. Dr. Müller und Dipl.-Ing. Veit sowie der Richterin Dipl.-Phys. Univ. Zimmerer
für Recht erkannt:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte ist Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 1 350 242, deutsches Aktenzeichen DE 502 07 099 (Streitpatent), das am 22. November 2002 unter Beanspruchung der inländischen Priorität DE 10201232 vom 9. Januar 2002 angemeldet worden ist. Das in deutscher Verfahrenssprache erteilte Streitpatent mit der Bezeichnung „Tongeber für ein Einparkhilfesystem“ umfasst 22 Patentansprüche, welche sämtlich angegriffen sind.
Patentansprüche 1 und 21 lauten in der Verfahrenssprache Deutsch:
1. Tongeber, insbesondere für Einparkhilfesysteme für Fahrzeuge, mit einem Gehäuse (2), das ein Grundteil (4) und ein Deckelteil (6) aufweist, wobei das Grundteil (4) einen von dem Deckelteil (6) abdeckbaren Aufnahmeraum (8, 10) zur Aufnahme einer Membran (38) umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass das Grundteil (4) mit dem Deckelteil (6) über einen Verbindungsabschnitt (28) einteilig ausgebildet ist, wobei das Grundteil (4) und das Deckelteil (6) relativ zueinander bewegbar und mittels Fugemitteln (26) miteinander fügbar sind, wobei das Deckelteil (6) mindestens ein Befestigungsmittel (30) zur Befestigung des Tongebers auf einem externen Träger aufweist, wobei bei Befestigung des Tongebers auf einem externen Träger das Grundteil (4) von dem Deckelteil (6) gefangen ist.
21. Verfahren zum Montieren eines Tongebers nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 20 an einem externen Träger, gekennzeichnet durch die folgenden Verfahrensschritte:
- es wird ein einteiliges Gehäuse (2) mit Grundteil (4) und Deckelteil (6) bereitgestellt,
- in den Aufnahmeraum (8, 10) des Grundteils (4) des Gehäuses (2) wird eine Membran (38) mit elektrischen Kontaktmitteln (40) eingelegt,
- das Deckelteil (6) und das Grundteil (4) des Gehäuses (2) werden miteinander gefügt, und
- das Deckelteil (6) wird mit an dem Deckelteil (6) vorgesehenen Befestigungsmitteln (30) an dem externen Träger befestigt.
Wegen des Wortlauts der abhängigen Ansprüche 2 bis 20 und des Anspruchs 22 wird auf die Streitpatentschrift Bezug genommen.
Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des angegriffenen Patents sei nicht patentfähig.
Die Klägerin legt zum druckschriftlichen Stand der Technik folgende Dokumente und Schriften vor:
K6 US 3,716,671
K7 CN 2426663 Y (Anmeldenummer CN 00217973.3)
K7a beglaubigte Übersetzung der K7
K9 DE 199 43 764 C2
K10 DE 199 12 034 A1
K11 DE 600 00 506 T2
K12A Kunststofflexikon, Carl Hanser Verlag, 9. Aufl. 1997, S. 170-171
K12B US 6 044 517
K12C US 6 257 500 B1
K13 Glenn Beall: "By Design: Polypropylene part design, Part 2 – Living hinges", IN: Materials, Injection Molding on July 25, 2002, abgerufen am 24. Februar 2016 über URL: www.plasticstoday.com
K14 Paul A. Tres "Designing Plastic Parts For Assembly", Hanser Publishers, Munich, 3rd Edition, 1998, S. 154-155, 174-175, 182-183.
Weiter belegt sie ein vorbenutztes Vorläufermodell durch
K2 Muster der offenkundige Vorbenutzung
K3 Fotos der Vorbenutzung mit Träger
K5 Fotos der Vorbenutzung ohne Träger, Röntgenbild
Sie führt aus, dass der Patentgegenstand gegenüber dem vorbenutzten Vorläufermodell nach den Anlagen K2, K3 und K5 wie auch nach dem schriftlichen Stand der Technik gemäß der Dokumente K6, K7 nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 IntPatÜG, § 22 Abs. 1 PatG) beruhe. Der einzige Unterschied zum Streitpatent bestehe nach dem Gegenstand der Vorbenutzung und der K7 darin, dass Merkmal 1.4 nicht erfüllt sei, sowie bezüglich der K6 darin, dass der Lautsprecher auf Befestigungslöcher in der zum Wageninnern hinzeigenden Oberfläche verzichte (Merkmale 1.7 und 1.8); insoweit gelange der Fachmann aber naheliegend zum Erfindungsgegenstand. Die Verwendung eines Filmscharniers (Merkmal 1.4) gehöre zum Standard-Repertoire, sofern der Fachmann eine Verbindung mit dem Ziel einer Verliersicherung anstrebe, wie die K9, K10, K11 belegten. Auch sei es bezüglich der K6 selbstverständlich, die Schrauben im Grundteil statt im Deckel anzubringen. Im Hinblick auf K7 sei nicht nur der dort beschriebene Sonderfall einer Alarmanlage zu berücksichtigen, der sich mit einer Wärmeableitung befasse. Es sei gerade im Bereich der Autoindustrie für den Fachmann naheliegend und fachmännisch, unterschiedliche Materialien, insbesondere Metallteile durch Kunststoff zu ersetzen und demnach einen Tongeber und das Gehäuse aus Kunststoff auszubilden sowie zur Verbindung der Teile ein Filmscharnier zu verwenden.
Auch bei dem Verfahrensanspruch 21 handele es sich um eine Trivialität, einen vorhandenen Lautsprecher gemäß Anspruch 1 in ein Fahrzeug einzubauen, weshalb der Anspruch nicht erfinderisch sei.
Die weiteren Unteransprüche beinhalteten ebenfalls schlichte Trivialitäten bzw. Maßnahmen, die der Fachmann ohne erfinderisches Zutun ergreife, um einen kostengünstigen Lautsprecher herzustellen.
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent EP 1 350 242 B1 mit Wirkung für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und erachtet das Streitpatent für patentfähig. Insbesondere beruhe das Streitpatent sowohl gegenüber dem vorbenutzten Modell nach den Anlagen K2, K3 und K5 als auch gegenüber K6 und K7 auf erfinderischer Tätigkeit.
Die Merkmale des Anspruchs definierten klar, welches Teil das Grundteil und welches das Deckelteil darstelle: Das Grundteil sei dasjenige, das die Membran aufnehme, vollkommen unabhängig von der endgültigen Einbauposition der Gesamtvorrichtung z. B. in einem Kraftfahrzeug. Das Deckelteil zeichne sich dadurch aus, dass an ihm die Befestigungsmittel zur Befestigung des Tongebers auf einem externen Träger angebracht seien.
Die Lösung der patentgemäßen Aufgabe liege im Gefangenhalten des Grundteils durch das Deckelteil im montierten Zustand. Die Erfindung verfolge den Zweck, dass das Grundteil im verschlossenen und auf einem externen Träger montierten Zustand nicht geöffnet bzw. entfernt werden könne, ohne zuvor die Befestigungsmittel (z. B. Schrauben) lösen zu müssen. Das „Gefangenhalten“ sei entgegen der Auffassung der Klägerin nicht ein „in der Praxis völlig belangloser Begleiteffekt“. Auch könne bei korrekter Auslegung das Merkmal 1.3 nicht so verstanden werden, dass die dort vorausgesetzte Geeignetheit zur Aufnahme der Membran auch dann vorliege, wenn das andere Gehäuseteil mit aufgenommen werde.
Die Klägerin habe zur Vorbenutzung von K2 vor dem Prioritätstag nicht ausreichend substantiiert vorgetragen. Die Merkmale 1.4, 1.5, 1.7 und 1.8 seien durch die K2 nicht verwirklicht. Es werde bestritten, dass der Fachmann bei der Vorbenutzung einen Anlass gehabt habe, eine Verbindung anzustreben. Die K6 offenbare zumindest nicht die Merkmale 1.7 und 1.8, die K7 offenbare zumindest nicht die Merkmale 1.4, 1.5 und 1.8. Insbesondere offenbare keine der vorgelegten Schriften das Merkmal 1.8 des Gefangenhaltens. Gerade in diesem Merkmal beruhe in Zusammenwirken mit Merkmal 1.7 der besondere technische Effekt darauf, dass das Grundteil im verschlossenen bzw. auf einem externen Träger montierten Zustand nicht einfach geöffnet bzw. entfernt werden könne; es gebe auch keinen Hinweis, dass der Fachmann die fehlenden Merkmale seinem Fachwissen entnehmen könne, weshalb der Gegenstand des Anspruchs 1 erfinderisch sei.
Die Beklagte bestreitet, dass ausgehend von der K7 der Fachmann die Ausbildung aus Metall durch ein nur aus Kunststoff gefertigtes Gehäuse ersetzen würde. Er würde vielmehr auf einen allgemeinen Lautsprecher zurückgreifen, zumal die Wärmeableitung im Vordergrund stehe. Zudem bestreitet die Beklagte, dass zum Prioritätszeitpunkt eine so weitgehende Ersetzung von Metall durch Kunststoff zum Standard-Repertoire des Fachmanns gehört habe, weshalb bei der K7 das Metallteil nicht durch Kunststoff ersetzt worden wäre.
Ferner treffe unabhängig davon, dass der Begriff des „Filmscharniers“ im Anspruch nicht auftauche, auch die Behauptung der Klägerin, Filmscharniere gehörten zum Standard-Repertoire des Fachmanns als Verliersicherung, nicht zu.
Die weiteren Ansprüche 2 bis 22 hingen vom Anspruch 1 ab und seien somit auch patentfähig.
Der Senat hat den Parteien einen frühen gerichtlichen Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG zugeleitet. Auf den Hinweis vom 15. Oktober 2015 (Bl. 171 ff. der Akten) wird Bezug genommen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet, denn der Senat konnte nicht feststellen, dass der Gegenstand des Streitpatents in der erteilten Fassung wegen des von der Klägerin geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes der fehlenden Patentfähigkeit nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, § 138 Abs. 1 Buchst. a EPÜ sich als nicht bestandsfähig erweist, insbesondere dass die beanspruchte Lehre gegenüber dem Stand der Technik nicht neu ist oder nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.
I.
1. Der Gegenstand des Streitpatents betrifft nach den Angaben in der Beschreibungseinleitung einen Tongeber, insbesondere für Einparkhilfesysteme für Fahrzeuge, mit einem Gehäuse, das einen Grundteil und einen Deckelteil aufweist, wobei das Grundteil einen von dem Deckelteil abdeckbaren Aufnahmeraum zur Aufnahme einer Membran umfasst, sowie Verfahren zur Herstellung und Montage eines Tongebers (vgl. den Absatz [0001] der Streitpatentschrift).
Wie in der Beschreibungseinleitung weiter ausgeführt ist, werden derartige Tongeber verwendet, um das Einparken von Fahrzeugen zu erleichtern. Hierfür werden Hindernisse in der Umgebung des Fahrzeugs durch geeignete Sensoren erfasst. Nähert sich das Fahrzeug einem erfassten Hindernis über einen Grenzabstand hinaus, wird dem Fahrer über optische oder akustische Anzeigen mitgeteilt, dass ein Grenzabstand unterschritten wurde. Die Einparkhilfesysteme sind vorzugsweise derart ausgelegt, dass nach Unterschreiten eines ersten Grenzabstands zwischen Fahrzeug und Hindernis die Anzeigeintensität erhöht wird, wenn sich das Fahrzeug dem erfassten Hindernis weiter nähert. Dies kann beispielsweise durch größenvariable Displayelemente und/oder durch Veränderung einer Signaltonfrequenz erfolgen. Zur weiteren Unterstützung des Fahrers werden die optischen und/oder akustischen Anzeigeelemente derart im Fahrzeug positioniert, dass ein räumlicher Zusammenhang zwischen den das Fahrzeug umgebenden Sensoren und den jeweiligen Anzeigeelementen besteht. Erfasst beispielsweise ein Sensor am hinteren rechten Kotflügel eines Fahrzeugs ein Hindernis, erfolgt die Anzeige durch ein Element, das im hinteren rechten Bereich des Fahrgastraums angeordnet ist. Je nach gewünschter Informationsdichte ist also eine Vielzahl von Anzeigeelementen, beispielsweise von Tongebern, erforderlich (vgl. den Absatz [0002] der Streitpatentschrift).
Die bisher bekannten Tongeber für Einparkhilfesysteme bestehen aus einer Vielzahl von Einzelteilen, die aufwendig miteinander gefügt werden müssen. Dabei ist ein schallerzeugendes Element, bspw. eine Membran, fest mit einem Gehäuse verbunden und nur durch einen Entlötvorgang herausnehmbar. Des Weiteren weist das Gehäuse einen separaten Deckel auf, der bei Einwirken äußerer Kräfte von einem Gehäuseunterteil trennbar ist, wodurch die Membran unbeabsichtigt freigelegt werden kann (vgl. Absatz [0003] der Streitpatentschrift).
Aus der DE 916 756 C ist ein Gehäuse für Signalhörner für Kraftfahrzeuge bekannt. Die Gehäuseteile werden vergleichsweise aufwändig mit Hilfe einer Schraubverbindung miteinander gefügt (vgl. Absatz [0004] der Streitpatentschrift).
Aus der DE 40 16 809 A1 sowie aus der US 5,355,109 sind elektrische Rauschabsorber bekannt. Diese weisen unter anderem ein Gehäuse auf, mit einem Ober- und einem Unterteil, die über ein Gelenk miteinander verbunden sind (vgl. Absatz [0005] der Streitpatentschrift).
Aus der US 6,280,235 B1 ist ein ähnlich gestaltetes Gehäuse bekannt, welches zum Verbinden von elektrischen Leitungen dient (vgl. den Absatz [0006] der Streitpatentschrift).
2. Aufgabe ist es nach den Angaben des Streitpatents daher, einen Tongeber bereitzustellen, der sich durch eine besonders einfache und preisgünstige Herstellbarkeit sowie durch eine hohe Funktionssicherheit auszeichnet (vgl. Absatz [0007] der Streitpatentschrift).
3. Die Lösung dieser Aufgabe liegt erfindungsgemäß in einem Tongeber der eingangs beschriebenen Art, bei dem das Grundteil mit dem Deckelteil über einen Verbindungsabschnitt einteilig ausgebildet ist, wobei das Grundteil und das Deckelteil relativ zueinander bewegbar und mittels Fügemittel miteinander fügbar sind, wobei das Deckelteil mindestens ein Befestigungsmittel zur Befestigung des Tongebers auf einem externen Träger aufweist, wobei bei Befestigung des Tongebers auf einem externen Träger das Grundteil von dem Deckelteil gefangen ist (vgl. Absatz [0008] der Streitpatentschrift).
Der mit Gliederungspunkten versehene erteilte Patentanspruch 1 lautet:
M1.1 Tongeber, insbesondere für Einparkhilfesysteme für Fahrzeuge,
M1.2 mit einem Gehäuse (2), das ein Grundteil (4) und ein Deckelteil (6) aufweist,
M1.3 wobei das Grundteil (4) einen von dem Deckelteil (6) abdeckbaren Aufnahmeraum (8, 10) zur Aufnahme einer Membran (38) umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass
M1.4 das Grundteil (4) mit dem Deckelteil (6) über einen Verbindungsabschnitt (28) einteilig ausgebildet ist,
M1.5 wobei das Grundteil (4) und das Deckelteil (6) relativ zueinander bewegbar und
M1.6 mittels Fugemittel (26) miteinander fügbar sind,
M1.7 wobei das Deckelteil (6) mindestens ein Befestigungsmittel (30) zur Befestigung des Tongebers auf einem externen Träger aufweist,
M1.8 wobei bei Befestigung des Tongebers auf einem externen Träger das Grundteil (4) von dem Deckelteil (6) gefangen ist.
Der mit Gliederungspunkten versehene erteilte Nebenanspruch 21 lautet:
M21.1 Verfahren zum Montieren eines Tongebers nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 20 an einem externen Träger, gekennzeichnet durch die folgenden Verfahrensschritte:
M21.2 es wird ein einteiliges Gehäuse (2) mit Grundteil (4) und Deckelteil (6) bereitgestellt,
M21.3 in den Aufnahmeraum (8, 10) des Grundteils (4) des Gehäuses (2) wird eine Membran (38) mit elektrischen Kontaktmitteln (40) eingelegt,
M21.4 das Deckelteil (6) und das Grundteil (4) des Gehäuses (2) werden miteinander gefügt, und
M21.5 das Deckelteil (6) wird mit an dem Deckelteil (6) vorgesehenen Befestigungsmitteln (30) an dem externen Träger befestigt.
Hinsichtlich des Wortlauts der erteilten Unteransprüche 2 bis 20 und 22 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
4. Als Fachmann zur Problemlösung angesprochen sieht der Senat einen Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau an, der auch Ingenieur der Fachrichtung Fahrzeugtechnik sein kann. Zu dessen Fachwissen gehören die Grundprinzipien der Gestaltung von Gehäusen, insbesondere für Tongeber, einschließlich der Ausbildung von Filmscharnieren.
II.
Die Auslegung der Lehre des Streitpatents hat sich am technischen Sinngehalt der Merkmale des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit zu orientieren (st. Rspr., BGH GRUR 2011, 129 - Fentanyl-TTS; GRUR 2002, 515, 517 - Schneidmesser I, m. w. N.), wobei die Patentschrift im Hinblick auf die gebrauchten Begriffe ihr eigenes Lexikon darstellen kann (BGH GRUR 1999, 909 - Spannschraube; Mitt. 2000, 105 - Extrusionskopf).
1. Zum Verständnis der erfindungsgemäßen Lehre ist zunächst auf die nachfolgende Fig. 1 zu verweisen, die als Ausführungsbeispiel den Aufbau des Gehäuses 2 eines erfindungsgemäßen Tongebers in aufgeklapptem Zustand zeigt. Dieses Gehäuse weist ein Grundteil 4 und ein Deckelteil 6 auf, wobei das Grundteil 4 einen Membraneinlegebereich 8 und einen Kontaktmitteleinlegebereich 10 aufweist.
Der Membraneinlegebereich 8 weist eine Bodenfläche 12, eine umfänglich und senkrecht zur Bodenfläche 12 angeordnete Wandfläche 14, sowie eine Öffnung 16 zur Einlage einer in Figur 2 dargestellten Membran 38 auf. In der Wandfläche 14 ist ein Übergangsbereich 18 zum Kontaktmitteleinlegebereich 10 ausgebildet (vgl. Absatz [0029] der Streitpatentschrift).
Der Kontaktmitteleinlegebereich 10 ist derart ausgebildet, dass in Figur 2 dargestellte elektrische Kontaktmittel 40, die mit der in den Membraneinlegebereich 8 einzulegenden Membran 38 verbunden sind, eingelegt werden können und mit dem extern zuführbaren Stecker eine elektrische Verbindung herstellen können (vgl. Absatz [0029] der Streitpatentschrift).
An den Seitenwänden 22, 22’ des Kontaktmitteleinlegebereichs 10 sind Rastmittel 26 ausgebildet. Die Rastmittel 26 des Grundteils 4 können mit Rastmitteln 26’ des Deckelteils 6 zusammenwirken. Hierbei befinden sich die Vorsprünge der Rastmittel 26 in Eingriffsposition mit den Vorsprüngen der Rastmittel 26’. Die Rastmittel 26’ sind derart gestaltet, dass sie hinterschnittfrei erzeugt werden können. Hierfür sind im Deckelteil 6 entsprechende Öffnungen 27 vorgesehen (vgl. Absatz [0030] der Streitpatentschrift).
Das Deckelteil 6 ist über einen Filmscharnier 28 mit dem Grundteil 4 verbunden, so dass bei Fügen von Grundteil 4 und Deckelteil 6 durch Verschwenken um eine Schwenkachse 29 eine Verbindung einerseits über den Filmscharnier 28 und andererseits über die Rastmittel 26’ erfolgt. Das Deckelteil 6 weist Befestigungsmittel 30 auf, mit denen das Deckelteil 6 mit dem darin gefangenen Grundteil 4 an einem nicht dargestellten externen Träger befestigt werden kann. In der in Fig. 1 dargestellten Ausführungsform sind die Befestigungsmittel 30 als Laschen zur Aufnahme von Befestigungsschrauben ausgebildet (vgl. Absatz [0031] der Streitpatentschrift).
2. Insoweit ist vorliegend insbesondere im Hinblick auf die zwischen den Parteien kontroverse Diskussion um das Verständnis des Merkmals M1.8, welches zugleich den eigentlichen Kern der Erfindung bildet, darauf hinzuweisen, dass die Auslegung losgelöst vom Stand der Technik zu erfolgen hat und nur im Lichte der Gesamtoffenbarung der Patentschrift zu bestimmen ist (BGH GRUR 2012, 1124 - Polymerschaum I; GRUR 2015, 867 - Polymerschaum II), insbesondere ist zu ermitteln, welchen Sinngehalt ein einzelnes Merkmal im Kontext der Patentschrift und der Funktion, die es für sich und im Zusammenwirken mit den übrigen Merkmalen des Patentanspruchs bei der Herbeiführung des erfindungsgemäßen Erfolgs hat. Es ist deshalb maßgeblich, was der angesprochene Fachmann – auch unter Einbeziehung seines Vorverständnisses (BGH GRUR 2008, 878 - Momentanpol II) – danach bei unbefangener Betrachtung den Patentansprüchen als Erfindungsgegenstand entnimmt. Hiernach sind folgende Anmerkungen veranlasst:
2.1. Gemäß Merkmal M1.1 handelt es sich bei der Erfindung um einen Tongeber, worunter der Fachmann einen Lautsprecher versteht. Die Angabe „insbesondere für Einparkhilfesysteme für Fahrzeuge“ stellt nur ein fakultatives Merkmal dar, welches den Anspruch nicht einschränkt und anders als eine Zweckangabe auch kein Geeignetheitskriterium bildet. Der technische Bereich für die Anwendung des Tongebers ist dabei nicht festgelegt. so dass dieser auch für Alarmanlagen Verwendung finden kann, wie sie in der K7 beschrieben sind.
2.2. Der Tongeber weist ein Gehäuse auf, das aus Grundteil und Deckelteil besteht (Merkmal M1.2), wobei das Streitpatent, wie auch die Ausführungsbeispiele belegen, den Deckel als übergreifende Abdeckung des Grundteils versteht.
2.3. Das Grundteil bildet dabei einen Aufnahmeraum, der von dem Deckelteil abdeckbar ist, und in dem eine Membran, die den eigentlichen Tongeber bzw. Lautsprecher darstellt, vollständig aufgenommen werden kann (Merkmal M1.3). Der Deckel dient hierbei nicht auch als Aufnahmeraum für die Membran, sondern die Membran wird durch das Grundteil aufgenommen. Dabei wird der komplette Aufnahmeraum des Grundteils mit der darin befindlichen Membran von dem Deckel übergreifend abgedeckt.
Der Senat vermag sich insoweit nicht der klägerischen Auffassung anzuschließen, dass sowohl Grundteil als auch Deckel den Aufnahmeraum bildeten, weil das Streitpatent keine Dimensionierung in Bezug auf den Aufnahmeraum vorgebe und das Streitpatent nichts darüber aussage, ob der Aufnahmeraum durch mehrere als nur eine äußere Begrenzung gebildet werde. Denn wie bereits ausgeführt, versteht das Streitpatent unter Deckelteil eine das Grundteil übergreifende Abdeckung, so dass sich entgegen der Ansicht der Klägerin aus der erforderlichen Gesamtbetrachtung der durch die einzelnen Merkmale bestimmten technischen Lehre des Anspruchs 1 zwangsläufig eine unterschiedliche Dimensionierung von Grundteil und Deckelteil ergibt, welche eine der Dimensionierung der Membran angepasste „Aufnahme“ der Membran durch den einen größeren Durchmesser bildenden Deckelteil als „Aufnahmeraum“ ausschließt, auch wenn im Patentanspruch nicht die in den Ausführungsbeispielen aufgezeigten Abstandshalter (34) beansprucht und vorausgesetzt werden, auf welchen die Membran zu liegen kommt. Die Argumentation der Klägerin beachtet insoweit insbesondere nicht den weiteren Wortlaut des Merkmals M1.3, welches einen Aufnahmeraum „zur Aufnahme einer Membran“ voraussetzt, und damit ein Geeignetheitskriterium bildet, und berücksichtigt nicht den im Kontext der Lehre auszulegenden technischen Sinngehalt des Merkmals, welcher bei dem klägerischen Verständnis nicht erfüllt wäre.
2.4. Das Grundteil und das Deckelteil sind über einen Verbindungsabschnitt (28), z. B. in Form eines Filmscharniers, miteinander verbunden, wodurch sich eine als einteilig bezeichnete Ausführungsform ergibt (Merkmal M1.4). Dabei ist das Merkmal „einteilig“ so zu verstehen, dass über den Verbindungsabschnitt eine feste unlösbare Verbindung geschaffen wird, wie sie z. B. durch das Spritzgussverfahren, aber auch durch eine Verklebung oder ein Verschweißen erzielt werden kann, nicht aber durch eine Verschraubung oder durch Verbindung mittels eines Bändchens. Ferner setzt „einteilig“ nicht zwingend eine identische Materialbeschaffenheit von Grundteil und Deckelteil voraus.
2.5. Durch diesen Verbindungsabschnitt (28) sind das Grundteil und das Deckelteil zwar miteinander verbunden, sie sind jedoch relativ zueinander bewegbar, z. B. gleichzeitig um eine Schwenkachse relativ zueinander verschwenkbar (Merkmal M1.5).
2.6. Es sind Fügemittel, z. B. in Form von Rastmitteln (26), vorgesehen, durch die das Grundteil und das Deckelteil miteinander fügbar, d. h. miteinander verbindbar sind (Merkmal M1.6). Die Fügemittel sind aber nicht zwingend Bestandteil des Tongebers, insbesondere des Grund- oder Deckelteils.
2.7. Das Deckelteil weist Befestigungsmittel (30), z. B. in Form von abstehenden Laschen, auf, mit denen sich der Tongeber auf einem externen Träger befestigen lässt (Merkmal M1.7).
2.8. Bei Befestigung des Tongebers auf einem externen Träger ist das Grundteil von dem Deckelteil gefangen (Merkmal M1.8).
Der Begriff „Gefangen“ ist hierbei im Lichte der Beschreibung, insb. Abs. [0011] und Abs. [0035] auszulegen:
[0011] Durch die Anordnung der Befestigungsmittel am Deckelteil des Tongebers wird erreicht, dass nach Fügen von Deckelteil und Grundteil und Befestigen des Tongebers auf einem externen Träger das Grundteil von dem Deckelteil gefangen ist. Ein Absprengen oder Aufhebeln des Deckelteils vom Grundteil ist somit nur möglich, wenn vorher die Befestigungsmittel vom externen Träger gelöst werden.
[0035] Dadurch, dass die Befestigungsmittel 30’ am Deckelteil 6 ausgebildet sind, ist das Grundteil 4 bei Montage des Tongebers auf einem externen Träger vom Deckelteil 6 gefangen. Ein Lösen des Deckelteils 6 vom Grundteil 4 ist nur möglich, wenn zuvor der Tongeber vom externen Träger durch Lösen der Befestigungsmittel 30’ entfernt wird.
M1.8 schließt für sich genommen zwar nicht aus, dass eine Umwidmung von Grund- und Deckelteil, wie sie von der Klägerin angedacht worden ist, möglich ist, aber die Merkmale M1.7 und M1.8 in Kombination schreiben vor, dass das erste Teil (Deckel) die Befestigungsmittel aufweist und dass dieses erste Teil (Deckel) im befestigten Zustand den zweiten Teil (Grundteil) gefangen hält. Aus dieser funktionellen Anforderung folgt zumindest, dass Deckel und Grundteil in Bezug auf das Befestigungsmittel und das Gefangensein nicht vertauschbar sind und dass zumindest bei weitester Auslegung (zu einem einschränkenden Verständnis 2.9.) die Eignung eines Gefangenseins durch die Befestigung möglich sein muss. Damit muss zumindest eine Montagestellung möglich sein, in der das Deckelteil zusammen mit dem Grundteil derart montiert ist, dass das Grundteil vom Deckelteil gefangen ist.
M1.8 stellt nach den Angaben des Streitpatents den eigentlichen Kern der Erfindung dar. Infolge des Gefangenseins des Grundteils durch den Deckel wird die Funktionssicherheit des Tongebers erhöht und als besonderer technischer Effekt ein unbeabsichtigtes oder missbräuchliches Öffnen bzw. Abnehmen des Deckelteils vom Grundteil verhindert, wodurch die Membran bzw. der Lautsprecher ungeschützt wäre und evtl. sogar herausfallen könnte.
2.9. Die in den Merkmalen M1.7 und M1.8 beanspruchte Formulierung der Befestigung des Tongebers „auf einem externen Träger“ könnte einschränkend auch so auszulegen sein, dass das Patent nicht nur eine Vorrichtung lehrt, bei welcher durch die Montage zumindest ein Gefangensein des Grundteils durch den Deckel, wie einer Montage von vorne möglich sein muss, aber auch andere Montageformen umfasst, welche, wie bei einer rückwärtigen Montage durch eine Aussparung im Träger, diese Voraussetzung nicht zwingend erfüllen. Insoweit spricht viel dafür, so wie es auch das Landgericht Hamburg in seinem Urteil vom 22. Mai 2015 ausgelegt hat, dass das Teilmerkmal „auf einem externen Träger“ des funktionellen Merkmals M1.8 im Kontext der Ausführungsbeispiele und der Beschreibung im engeren Sinne einer Frontmontage zu verstehen ist und der oben beschriebenen weiten Auslegung der Klägerin nicht zu folgen ist. Hierauf kommt es jedoch im Hinblick auf den vorliegend maßgeblichen Stand der Technik nicht entscheidungserheblich an, da für die Sachprüfung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrunds fehlender Patentfähigkeit zugunsten der Klägerin auch eine weite Auslegung unterstellt werden kann, ohne dass dies zu Nichtigkeit des Streitpatents führt. Dies gilt ebenso für die Frage, ob der Träger eine Öffnung zur Aufnahme des Tongebers aufweist oder nicht und deshalb keine beliebige Montage unterstellt werden kann, wobei darüber in der Streitpatentschrift nichts ausgesagt ist. Auch sind keine Schallaustrittsöffnungen zum Schallaustritt im Tongeber zwingend erforderlich, da Tongeber insbesondere im Automobilbereich so verwendet werden, dass sie den Schall über den Träger verbreiten, auf dem sie montiert sind.
III.
Die Lehre des Gegenstandes gemäß Patentanspruch 1 ist neu und sie war dem Fachmann im Prioritätszeitpunkt weder durch die geltend gemachte öffentliche Vorbenutzung noch durch den im Verfahren befindlichen schriftlichen Stand der Technik nahegelegt.
1. Die erfindungsgemäße Lehre erweist sich gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik als neu.
1.1. Offenkundige Vorbenutzung K2 bis K5:
Der aus der geltend gemachten und unbestrittenen offenkundigen Vorbenutzung bekannte und in den Figuren K2 bis K5 gezeigte Tongeber (abgebildet K5), der für Einparkhilfesysteme für Fahrzeuge geeignet ist, weist ein Gehäuse mit einem Grundteil und einem Deckelteil auf, wobei das Grundteil einen von dem Deckelteil abdeckbaren Aufnahmeraum zur Aufnahme einer Membran umfasst [= Merkmale M1.1, M1.2 und M1.3].
Dabei sind das Grundteil und das Deckelteil zweiteilig ausgebildet und nicht über einen Verbindungsabschnitt einteilig, wie im Merkmal M1.4 beansprucht ist.
Auch sind das Grundteil und das Deckelteil nicht (über den Verbindungsabschnitt) relativ zueinander bewegbar, wie es im Merkmal M1.5 in Verbindung mit dem Merkmal M1.4 gemeint ist. Eine allgemeine Bewegbarkeit zueinander ist lediglich aufgrund der zweiteiligen Ausführung zwangsläufig gegeben, dies stellt aber nicht den Sinngehalt des Streitpatents dar, das eine einteilige Ausbildung mit einem Verbindungsabschnitt in Form z. B. eines (elastischen) Filmscharniers offenbart und mit diesem eine (bestimmte) relative Bewegbarkeit der beiden Teile zueinander ermöglicht (vgl. den Abschnitt [0010] der Streitpatentschrift).
Das Grundteil und das Deckelteil sind über eine Verrastung miteinander verbindbar und weisen somit Fügemittel auf, über die sie miteinander fügbar sind [= Merkmal M1.6].
Das Grundteil und nicht das Deckelteil weist mindestens ein Befestigungsmittel (in Form von Laschen) zur Befestigung des Tongebers (mit Hilfe von Schrauben, die durch die Laschen gesteckt werden) auf einem externen Träger auf, wie es im Merkmal M1.7 beansprucht ist.
Durch diese Ausbildung, bei der das Grundteil die Befestigungsmittel aufweist und nicht das Deckelteil wird bei der Befestigung des Tongebers auf einem externen Träger das Grundteil auch nicht von dem Deckelteil gefangen, wie im Merkmal M1.8 beansprucht ist.
Dabei ist die konkrete Ausgestaltung der Vorbenutzung zu beachten, die sowohl in bildlichen Darstellungen wie auch in Form eines Musters vorliegt. Die Argumentation der Klägerin, dass man Deckelteil und Grundteil bei der Vorbenutzung auch umgekehrt interpretieren könnte und damit so wie beim Streitpatent, greift nicht.
Denn bei natürlicher Betrachtung von Grundteil und Deckelteil des behaupteten Vorbenutzungsgegenstandes und dessen Funktionalität erkennt der Fachmann als Grundteil das Teil des Gehäuses, das Laschen aufweist und in dem sich Schraublöcher zur Befestigung auf dem Träger befinden. Diese liegen, wie auch das Grundteil, am Träger plan auf, wenn das Grundteil auf dem Träger montiert wird. Eine umgekehrte Definition von Deckel- und Grundteil würde bedeuten, dass die Laschen mit den Schraubenlöchern frei schwebend Abstand zum Träger hätten und nicht auf diesem auflägen, was die Montage auf dem Träger sichtlich erschweren würde und für die Montage offensichtlich nachteilig und sachwidrig wäre. Für den Fachmann ergibt sich deshalb bei natürlicher und rein funktional technischer Betrachtungsweise eine vorbeschriebene Zuordnung der Teile und Montagerichtung, welche dem Grundteil Befestigungslaschen zuordnet und von einer nach unten auf dem Träger anliegenden Montage ausgeht, so wie es auch in den Figuren der Anlage K3 abgebildet ist.
Außerdem soll gemäß Merkmal M1.3 das Deckelteil den Aufnahmeraum mit der darin befindlichen Membran abdecken, worunter der Fachmann eine vollständige Abdeckung versteht, bei der das Deckelteil das Grundteil umgreift. Bei umgekehrter Zuordnung von Deckelteil und Grundteil würde das Deckelteil jedoch in den Aufnahmeraum hineingesteckt und es somit lediglich eine teilweise Abdeckung des Aufnahmeraums durch das Deckelteil ermöglichen. Dabei würde der Aufnahmeraum für die Membran reduziert. Für den Fachmann ist dies deshalb keine Abdeckung im eigentlichen Sinn.
Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 ist deshalb im Hinblick auf die Merkmale M1.4, M1.5, M1.7 und M1.8 gegenüber der geltend gemachten Vorbenutzung neu. Dies gilt auch gegenüber dem weiteren geltend gemachten Stand der Technik, für welchen die Klägerin selbst fehlende Neuheit nicht geltend gemacht hat.
1.2. K6:
Aus der K6 (vgl. die Spalte 1, Zeilen 4 bis 10) ist ein Tongeber (auxiliary speaker) bekannt, der in Fahrzeugen (automobiles) Verwendung findet [= Merkmal M1.1].
Es ist (vgl. die Figur 1 mit Beschreibung) ein Gehäuse (housing) mit einem Grundteil (base plate 14) und einem Deckelteil (cover 28) vorgesehen, wobei das Grundteil (14) einen von dem Deckelteil (28) abdeckbaren Aufnahmeraum (central opening 16) zur Aufnahme einer Membran (vgl. die Figur 5 mit Beschreibung: elliptical speaker 60) umfasst [= Merkmale M1.2 und M1.3].
Das Grundteil (base plate 14) ist dabei mit dem Deckelteil (cover 28) über einen Verbindungsabschnitt (molded hinge 30) in Form eines Filmscharniers einteilig ausgebildet (vgl. die Spalte 2, Zeilen 49 bis 51: „A cover 28 is joined to base plate 14 by means of an integrally molded hinge 30 formed at adjacent edges 32, 34 of the base plate and cover, respectively (see Fig. 3)“) [= Merkmal M1.4].
Durch die Ausbildung des Verbindungsabschnitts (molded hinge 30) als Filmscharnier sind das Grundteil (14) und das Deckelteil (28) relativ zueinander bewegbar [= Merkmal M1.5).
Weiterhin sind Fügemittel (locking tabs 48, 50) vorhanden, durch die das Grundteil (14) und das Deckelteil (28) miteinander fügbar, d. h. miteinander verbindbar sind (vgl. die Spalte 2, letzter Absatz: „Along an edge 46 of side wall 42 there is formed a pair of spaced locking tabs, 48, 50, best seen in Fig. 4 of the drawing. The locking tabs are L-shaped and are each positioned for receipt in an elongated aperture, 52, 54, respectively, provided in base plate 14 upon closing cover 28 thereover“) [= Merkmal M1.6].
Im Unterschied zum Merkmal M1.7 weist jedoch nicht das Deckelteil (cover 28), sondern das Grundteil (base plate 14) mindestens ein Befestigungsmittel (apertures 64) zur Befestigung des Tongebers (speaker) auf einem externen Träger (panel) auf (vgl. die Figuren 1, 3 und 3a mit Beschreibung, insbesondere Spalte 3, Zeilen 14 bis 20: „Screws such as 62 (Figs. 3, 3a and 4) are received in apertures 64 (Fig. 1) of the base plate. The screws pass through the panel 20 and are received in the apertures 26, which, when tabs 22 were bent about the panel, became aligned with aperture 64. The screws are tightened into the boss portions 24 of the tabs 22 to secure the base plate on the panel.“).
Durch diese Anordnung ist somit bei der Befestigung des Tongebers (speaker) auf einem externen Träger (panel) das Grundteil auch nicht von dem Deckelteil gefangen, wie weiter im Merkmal M1.8 beansprucht ist. Die Merkmale M1.7 und M1.8 sind somit aus der K6 nicht bekannt.
Gleiches gilt für den Gegenstand des Nebenanspruchs 21.
1.3. K7:
Aus der K7 (K7a) (vgl. die Figuren 1 und 2 mit Beschreibung) ist ein Tongeber (Schallwandler) für die Verwendung in Alarmanlagen bekannt, der ggfs. auch für Einparkhilfesysteme bei Fahrzeuge verwendet werden kann [= Merkmal M1.1].
Es ist ein Gehäuse vorgesehen, das ein Grundteil (Wärmeableitungsgehäuse 8) und ein Deckelteil (Schallwandlerdeckel 1) aufweist [= Merkmal M1.2].
Dabei umfasst das Grundteil (8) einen von dem Deckelteil (1) abdeckbaren Aufnahmeraum zur Aufnahme einer Membran (Vibrationsmembran 4) [= Merkmal M1.3].
Es sind Fügemittel in Form von jeweils vier Schraublöchern im Grundteil (8) und im Deckelteil (1) vorgesehen, die mit Hilfe von Schrauben miteinander verbindbar, d. h. fügbar sind (vgl. die Figur 1 und die Beschreibung Seite 2: „Um das Wärmeableitungsgehäuse herum verteilt liegen vier konvexe Befestigungsösen mit Schraubloch, die jeweils einem Schraubloch des Schallwandlerdeckels entsprechen und durch dieses fest miteinander verbunden sind.“) [= Merkmal M1.6].
Außerdem weist das Deckelteil (1) mindestens ein Befestigungsmittel (Leiste mit Montagelöchern (10)) zur Befestigung des Tongebers auf einem externen Träger auf (vgl. die Figuren 1 und 2 und die Beschreibung Seite 2: „Der gewölbte Schallwandlerdeckel (1) ist aus Plastik und umfasst insgesamt vier Schraublöcher, zwei Montagelöcher und zwei Kabellöcher … Um eine feste Position zu gewährleisten, befinden sich an zwei Seiten eine Leiste mit Montagelöchern (10)“) [= Merkmal M1.7].
Der Senat sieht auch das Merkmal M1.8 als offenbart an, da der Fachmann das durch die Befestigung bewirkte „Gefangensein“ des Grundteils unmittelbar und eindeutig als gelehrt erkennt und sich dieses beim Nacharbeiten zwangsläufig ergibt. Dem steht nicht entgegen, dass in der K7 vier gesonderte Befestigungsschrauben für Deckel- und Grundteil vorgesehen sind, da diese allenfalls (wie bereits oben angesprochen) in den Kontext der Fügemittel gestellt werden können, auf die Merkmale 1.7 und 1.8 aber keinen Einfluss haben.
Das Grundteil (8) und das Deckelteil (1) sind dabei allerdings zweiteilig ausgebildet und nicht über einen Verbindungsabschnitt einteilig, wie im Merkmal M1.4 beansprucht ist.
Auch sind das Grundteil (8) und das Deckelteil (1) nicht über den Verbindungsabschnitt relativ zueinander bewegbar, wie es im Merkmal M1.5 in Verbindung mit dem Merkmal M1.4 gemeint ist. Eine allgemeine Bewegbarkeit zueinander ist lediglich aufgrund der zweiteiligen Ausführung zwangsläufig gegeben, dies stellt aber nicht den Sinngehalt des Streitpatents dar, das eine einteilige Ausbildung mit einem Verbindungsabschnitt in Form z. B. eines (elastischen) Filmscharniers offenbart und mit diesem eine (bestimmte) relative Bewegbarkeit der beiden Teile zueinander ermöglicht (vgl. den Abschnitt [0010] der Streitpatentschrift).
Somit ist der Tongeber nach Anspruch 1 neu gegenüber der K7 (K7a).
2. Nach Auffassung des Senats war dem Fachmann im Prioritätszeitpunkt die angegriffene Lehre des Streitpatents unter Berücksichtigung des im Verfahren befindlichen Stands der Technik, insbesondere der offenkundigen Vorbenutzung, der K6 und K7, auch nicht nahegelegt.
Für die Beurteilung, ob eine beanspruchte Lösung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist von dem auszugehen, was der Gegenstand der Erfindung in der Gesamtheit seiner Lösungsmerkmale in ihrem technischen Zusammenhang (BGH GRUR 2007, 1055 - Papiermaschinengewebe) gegenüber dem Stand der Technik im Ergebnis tatsächlich leistet (BGH GRUR 2010, 607 - Fettsäurezusammensetzung; GRUR 2010, 602 - Gelenkanordnung), wobei verschiedene Ausgangspunkte in Betracht zu ziehen sein können (BGH GRUR 2009, 1039 - Fischbissanzeiger; GRUR 2009, 382 - Olanzapin).
Ausgehend von der technischen Lehre des Streitpatents und insbesondere der Bedeutung der mit dem Gefangenhalten des Grundteils und der einstückigen Ausbildung erfindungsgemäß erreichten Problemlösung einer besonders einfachen und preisgünstigen Herstellbarkeit sowie einer hohen Funktionssicherheit ergab sich die auch im Streitpatent genannte objektiv zu lösende Aufgabe, einen Tongeber bereitzustellen, der sich durch eine besonders einfache und preisgünstige Herstellbarkeit sowie durch eine hohe Funktionssicherheit auszeichnet.
2.1. Der Senat teilt die Auffassung der Klägerin, dass der Fachmann sein Augenmerk für eine derartige Problemlösung auf den Gegenstand der Vorbenutzung als einem äußerst relevanten und erfolgversprechenden Stand der Technik richtete. Dort fand er allerdings keinerlei Vorbild oder Anregung, zur Problemlösung den erfindungsgemäß gewählten Weg einer einteiligen Ausbildung des Gehäuses durch Verbindungsmittel und Befestigung des Deckels statt des Grundteils zu beschreiten.
Die erfindungsgemäße Lösung lehrt zudem nicht nur die Fortführung eines im Gegenstand der Vorbenutzung bereits beschrittenen Lösungsgedankens, sondern sie führt von diesem deutlich weg und beinhaltet einen Perspektivwechsel, der die typerweise für Grundteil und Deckel ergebende Zuordnung für die Montage im Gegensatz umkehrt und sich deshalb nicht als nahegelegt erweist.
Insoweit sieht der Senat die entgegenstehende Ansicht der Klägerin als rückschauend, zumal die Erfahrung lehrt, dass die technische Entwicklung nicht notwendigerweise diejenigen Wege geht, die sich bei nachträglicher Analyse der Ausgangsposition als sachlich plausibel oder gar mehr oder weniger zwangsläufig darstellen. Um das Begehen eines von den bisher beschrittenen Wegen abweichenden Lösungswegs nicht nur als möglich, sondern dem Fachmann nahegelegt anzusehen, bedarf es daher – abgesehen von denjenigen Fällen, in denen für den Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist und dieses einem Standard-Repertoire entspricht – in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (BGH GRUR 2009, 746 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung).
Anhaltspunkte dafür, dass es einer Anregung zur Ausbildung eines erfindungsgemäßen Tongebers mit den Merkmalen 1.7., 1.8 nicht bedurfte und diese nur als ein Standard-Repertoire des Fachmanns abgefragt werden mussten (BGHZ 200, 229 = GRUR 2014, 461 - Kollagenase I; GRUR 2014, 647 - Farbversorgungssystem) bzw. dass die Lösung nur als ein generelles, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht zu ziehendes Mittel ihrer Art nach zum allgemeinen Fachwissen des angesprochenen Ingenieurs gehörte, sieht der Senat nicht und sind auch von der Klägerin nicht geltend gemacht. Insoweit sieht der Senat allenfalls die Verwendung von Filmscharnieren als Anwendungsbereich seines Standard-Repertoires. Dies kann jedoch im Ergebnis dahingestellt bleiben, da sich auch unter der Annahme, dass sich eine Verwendung von Filmscharnieren bei einer gewollten Verbindung von Grundteil und Deckel als Standard-Repertoire eines Verbindungsabschnitts erweist, nicht darüber hinwegführt, dass bereits die Ausbildung nach den Merkmalen 1.7. und 1.8. nicht durch den vorbenutzten Gegenstand nahegelegt war.
Gleiches gilt auch für den Gegenstand des nebengeordneten Verfahrensanspruchs 21, der ebenfalls diese Merkmale aufweist.
2.2. Der Senat sieht die angegriffene Lehre auch nicht als nahegelegt an, wenn der Fachmann seinen Ausgangspunkt für eine Problemlösung in der K6 oder K7 oder einem sonstigen im Verfahren befindlichen Stand der Technik suchte.
2.2.1. K6:
Ausgehend von der technische Lehre des Streitpatents und insbesondere der Bedeutung der mit dem Gefangenhalten des Grundteils und der einstückigen Ausbildung erfindungsgemäß gegenüber dem Stand der Technik erreichten Problemlösung einer besonders einfachen und preisgünstigen Herstellbarkeit sowie einer hohen Funktionssicherheit richtete der Fachmann sein Augenmerk als Ausgangspunkt seiner Überlegungen oder bei der weiteren Suche nach Anregungen auch auf die K6; dies führte jedoch nicht naheliegend zur angegriffenen Lehre des Streitpatents.
Denn eine Ausgestaltung des Tongebers nach den in der K6 nicht offenbarten Merkmalen M1.7 und M1.8 waren für den Fachmann wegen des gegenläufigen Konzepts gerade nicht nahegelegt, da hier eine einfache Austauschbarkeit und Montage des Lautsprechers erreicht werden soll (vgl. Spalte 3, Zeilen 53 bis 65: In the event the speaker requires replacement at a later date, a pulling force applied at the edge oft he cover 28 at wall 42 thereof, separates the cover from the base plate exposing the speaker. The speaker may then be removed by loosening screws 80. The base plate, however, remains secured tot he panel. Thus, the speaker mounting apparatus according to the invention provides a relatively simple means to mount easily a speaker on an apertured panel. The mounting can be accomplished from one side of the panel by one person and requires no loose or separate fasteners to be positioned at the back of the panel.”), wozu auch der Deckel ohne weiteres leicht von dem am externen Träger montierten Grundteil abnehmbar ausgestaltet ist, um den Lautsprecher herausnehmen und austauschen zu können.
Gerade dies soll aber erfindungsgemäß verhindert werden. Durch die erfindungsgemäße Anordnung der Verbindungsmittel im Deckel soll gerade eine einfache Abnahmemöglichkeit des Deckels vom Grundteil verhindert und der Lautsprecher dadurch vor einem versehentlichen Entnehmen oder Herausfallen geschützt werden, um aufgabengemäß eine einfache Herstellbarkeit mit hoher Funktionssicherheit zu gewährleisten. Dadurch, dass durch diese Anordnung das Grundteil, in dem sich der Lautsprecher befindet, vom Deckelteil gefangen ist, muss der gesamte Tongeber mit Grund- und Deckelteil vom externen Träger entfernt werden, um den Lautsprecher entnehmen und austauschen zu können.
Eine derartige komplizierte Austauschmöglichkeit des Lautsprechers wird der Fachmann jedoch beim Tongeber gemäß der K6 gerade vermeiden und somit nicht in Betracht ziehen.
Entsprechendes gilt für den Gegenstand des Nebenanspruchs 21, da auch dieser Anspruch das Merkmal M21.5 aufweist, wonach die Befestigungsmittel im Deckelteil angeordnet sind.
2.2.2. K7 (K7a):
Suchte der Fachmann für eine Problemlösung den Ausgangspunkt oder eine Anregung in der Lehre der K7, so ist nach Auffassung des Senats die angegriffene Lehre des Streitpatents ebenfalls nicht nahegelegt, und zwar auch dann, wenn man vernachlässigt, dass die im Streitpatent genannte oder eine andere objektive Aufgabe sich im Hinblick auf die in der K7 im Fokus stehende Sonderproblematik bei Tongebern in Alarmanlagen und der Erforderlichkeit ausreichender Wärmeableitung schwerlich aus dem formulieren lässt, was die Lehre des Streitpatent diesem Stand der Technik gegenüber tatsächlich leistet.
Denn die Lehre des Streitpatents leistet hinsichtlich dieses im Zentrum der K7 stehenden Fokus nichts Zusätzliches, da auch die Klägerin insbesondere nicht geltend gemacht hat, dass es erfindungsgemäß weder eines Wärmeableitungsgehäuse 8 aus Metall nach der K7 im Hinblick auf die einteilige Ausbildung von Grundteil und Deckelteil bedurfte noch das Streitpatent mit dem Verbindungsabschnitt die Lehre der K7 trotz der dort vorausgesetzten unterschiedlichen Materialien von Grundteil und Deckelteil weiterbildet.
Die K7 bildet deshalb keinen relevanten Stand der Technik, den der Fachmann als Ausgangspunkt seiner Bemühungen einer besonders einfachen und preisgünstigen Herstellbarkeit sowie einer hohen Funktionssicherheit nahm, wenn die erforderliche besondere Rechtfertigung in der dortigen Thematik des Schallwandlers bei Alarmanlagen gesucht wird; denn das Bemühen des Fachmanns, für einen bestimmten Zweck eine bessere – oder auch nur eine andere – Lösung zu finden, als sie der Stand der Technik zur Verfügung stellt, aus dem diese Rechtfertigung abgeleitet wird (BGH GRUR 2009, 1039 - Fischbissanzeiger; BGHZ 179, 168 - Olanzapin), ist erfindungsgemäß eine derartige Lösung bzw. Verbesserung einer derartigen, u. a. besondere Anforderungen der Wärmeableitung erfüllende Schallwandler bzw. Tongeber gerichtet wie auch das Streitpatent insoweit keinen Beitrag zur Technik leistet.
Dies hat auch die Klägerin nicht geltend gemacht. Sie hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich vielmehr darauf abgestellt, dass die allgemeine Aufgabe, die sich das Patent stelle, auch zu berücksichtigen sei, wenn man die K7 als Ausgangspunkt nehme, da dieser auch dann die K7 in seine Betrachtung einbeziehe und die dortige Lehre nicht auf den konkreten Lautsprecher reduziere. Bei der Betrachtung der K7 sei deshalb nicht nur der dort beschriebene Sonderfall zu berücksichtigen, der sich mit der Wärmeableitung befasse, sondern auch, dass der Fachmann ausgehend von der K7 für andere Zwecke, z. B. im Bereich der Autoindustrie, der Fachmann naheliegend den Tongeber und das Gehäuse aus Kunststoff ausbilde und diesen verbinde. Dann aber sei er auch bei der fachmännischen Verwendung eines Filmscharniers angekommen. Der Fachmann werde deswegen auch Metallteile durch Kunststoff ersetzen, was durch die Entwicklung der Kunststoffteile begünstigt worden sei.
Für die Beurteilung des Naheliegens kann deshalb auch aus der Sicht des Senats die K7 nur insoweit von Bedeutung sein und ein solches Naheliegen rechtfertigen, soweit sich ausgehend von der in der Streitpatentschrift zutreffend formulierten objektiven Aufgabe gerade die Auswahl dieser Vorveröffentlichung als gerechtfertigt erweist und dem Fachmann für seine Problemstellung naheliegend die erfindungsgemäße Lösung erschloss.
Im Ergebnis ist dies jedoch zu verneinen. Der Senat hat bereits erhebliche Zweifel ob die Wahl der K7 als Ausgangspunkt und als ein naheliegendes Sprungbrett zur erfindungsgemäßen Lösung nicht erst aus rückschauender Sicht für den Fachmann erkennbar wird, da – wie die Klägerin einräumt – erst aus der Verallgemeinerung und der Loslösung der dortigen konkreten Lehre und des dort gesetzten Fokus eines auf Wärmeableitung konzipierten, aus unterschiedlichen Materialien gefertigten Gehäuses die Relevanz dieser Vorveröffentlichung erst im Nachhinein für die erfindungsgemäße Lehre erkennbar wird. Dann aber wäre diese bereits nicht nahegelegt.
Selbst wenn man jedoch zugunsten der Klägerin davon ausgehen wollte, dass der Fachmann diese Schrift jedenfalls als Sprungbrett zur Lösung herangezogen hätte und dieser zudem das allgemeine Konzept eines durch die Montage des Deckels gefangenen Grundteils als Lösung seiner Problemstellung entnommen und als verwertbare Lösung erkannt hätte, ohne dass bereits hierin die erfinderische Tätigkeit zuerkannt wird, so darf nicht vernachlässigt werden, dass die K7 jedenfalls keinerlei Anregung gibt, den Schallwandler bzw. Tongeber zusätzlich nach Merkmalen 1.4. und 1.5 einteilig mit relativ zueinander bewegbarem Deckel- und Grundteil mit einem Verbindungsabschnitt auszubilden. Denn die Lehre der K7 führt von einer derartigen Lösung sogar deutlich weg, da das Wärmeableitungsgehäuse 8 aus Metall besteht, während der Schallwandlerdeckel 1 aus Kunststoff gefertigt ist. Deshalb ist durch die K7 für den Fachmann wegen der unterschiedlichen Materialien von Deckel- und Grundteil bereits keine einteilige Ausbildung dieser beiden Teile nahegelegt. Außerdem ist auch nicht nahegelegt, Deckel- und Grundteil relativ zueinander bewegbar auszubilden, da diese zur Wärmeableitung fest miteinander verbunden sind und bleiben müssen. Damit ist auch ein Verbindungsabschnitt dieser beiden Teile in Form eines Filmscharnieres aus der Sicht der K7 kontraindiziert und somit nicht nahegelegt.
Dass insoweit zugunsten der Klägerin auch der Senat allgemein die Verwendung von Filmscharnieren als Anwendungsbereich eines Standard-Repertoires für Verbindungsabschnitte sieht, was die Klägerin auch mit Stand der Technik belegt hat, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass vorliegend ausgehend von der K7 bereits keine Veranlassung für den Fachmann bestand, eine einteilige Ausbildung mit einem Verbindungsabschnitt vorzusehen. Der Senat hält es insoweit auch nicht für zulässig, in Abkehr von der Offenbarung der K7 eine zu dieser technischen Lehre in Widerspruch stehende weitere Ausbildung des Tongebers, der erfindungsgemäß durch einen Verbindungsabschnitt und relativ zueinander bewegbare Deckel- und Grundteile gekennzeichnet ist, ohne konkrete Anregung einem mit dieser Lehre der K7 in keinem Zusammenhang und im Widerspruch zur Funktionalität dieser Lehre stehenden sonstigen Stand der Technik als Standard-Repertoire zu entnehmen. So hat auch der Bundesgerichtshof betont, dass es nur zulässig ist auf ein Standard-Repertoire zurückzugreifen, wenn „sich die Nutzung ihrer Funktionalität in dem zu beurteilenden Zusammenhang als objektiv zweckmäßig darstellt und keine besonderen Umstände feststellbar sind, die eine Anwendung aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen“ (BGH GRUR 2014, 647 - Farbversorgungssystem). Genau dies ist aber vorliegend der Fall. Auch hat die Klägerin keinen Stand der Technik vorgelegt, der überhaupt ein Standard-Repertoire eines Verbindungsabschnitts in Kombination mit einem Gehäuse, dessen Grundteil durch Montage des Deckels gefangen sein kann, belegt. Der Senat sieht insoweit die auf ein Standard-Repertoire abstellende Argumentation der Klägerin als Ergebnis einer rückschauenden Betrachtung unter Vernachlässigung der Zusammenschau der Merkmale des Anspruchs.
Auch der Gegenstand des Nebenanspruchs 21 war aus den oben genannten Gründen für den Fachmann nicht nahegelegt.
2.2.3. K9 bis K14:
Auch die weiteren in das Verfahren eingeführten Schriften, die im Übrigen von der Klägerin lediglich zu den Verbindungsmitteln in Form von Filmscharnieren genannt wurden, können die Patentfähigkeit nicht in Frage stellen. Da aus keiner der entgegengehaltenen Druckschriften das Merkmal M1.8 bekannt oder nahegelegt ist, kann auch eine Zusammenschau dieser Schriften nicht zum Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 führen.
3. Unteransprüche
Da die Patentfähigkeit der angegriffenen Unteransprüche bereits durch den Bestand der Ansprüche 1 und 21 getragen getragen werden, bedarf es hierzu keiner weiteren Ausführungen
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.