Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 09.05.2017


BPatG 09.05.2017 - 4 Ni 19/15 (EP)

Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Bandage, insbesondere als Tragelement einer Orthese" – zur Inanspruchnahme des Prioritätsrechts


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
4. Senat
Entscheidungsdatum:
09.05.2017
Aktenzeichen:
4 Ni 19/15 (EP)
Dokumenttyp:
Urteil
Zitierte Gesetze
Art 87 Abs 1 EuPatÜbk

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 1 904 000

(DE 50 2006 008 138)

hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 9. Mai 2017 durch den Vorsitzenden Richter Engels sowie die Richterin Kopacek, den Richter Dipl.- Phys. Dr. rer. nat. Müller, den Richter Dipl.- Ing. Veit und die Richterin Dipl.- Phys. Univ. Zimmerer

für Recht erkannt:

I. Das europäische Patent 1 904 000 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 1 904 000, deutsches Aktenzeichen DE 50 2006 008 138 (Streitpatent), das am 9. Mai 2006 unter Beanspruchung der Priorität DE 102005031867 vom 5. Juli 2005 angemeldet worden ist und nach Beschränkungsverfahren am 13. Februar 2013 als B3-Schrift veröffentlicht worden ist. Das Streitpatent mit der Bezeichnung „Bandage, insbesondere als Tragelement einer Orthese“ umfasst 5 Patentansprüche, die sämtlich mit der vorliegenden Klage angegriffen sind.

2

Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache Deutsch:

3

1. Bandage aus mehreren Teilen, die zugfest miteinander verbindbar sind, mit wenigstens einem Mittelstück (12) und zwei zum Schließen der Bandage miteinander verbindbare Endstücken (13,14) und zur Herstellung einer zugfesten Verbindung zwischen Teilen der Bandage ein Teil ein flaches Ende (16) mit beidseitig angebrachten Klettverschlusselementen aufweist und dadurch gekennzeichnet ist, dass der zu verbindende andere Teil mit einem das flache Ende (15) beidseitig übergreifenden maulartigen Ende (17) mit Klettverschlussgegenelementen auf den an dem flachen Ende (16) anliegenden Innenseiten versehen ist und dass sich die zugfeste Verbindung über die gesamte Breite der Bandage erstreckt.

4

Wegen des Wortlauts der abhängigen Ansprüche 2 bis 5 wird auf die B3-Schrift verwiesen.

5

Die Klägerin macht mit ihrer Nichtigkeitsklage den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit, nämlich der fehlenden Neuheit und der mangelnden erfinderischen Tätigkeit, sämtlicher angegriffenen Patentansprüche geltend (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. a, Art. 52, Art. 54, Art. 56 EPÜ). Zudem erachtet sie den Gegenstand des Streitpatents als nicht ausführbar (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. b EPÜ). Es sei nicht klar, wie das Merkmal M1.6 „über die gesamte Breite der Bandage“ zu verstehen sei.

6

Soweit die Klägerin die fehlende Patentfähigkeit sämtlicher angegriffener Patentansprüche geltend macht, beruft sich auch darauf, dass die Priorität vom 5. Juli 2005 nicht wirksam in Anspruch genommen sei, so dass das Streitpatent für die angegriffenen Ansprüche nur den Zeitrang der Anmeldung vom 9. Mai 2006 in Anspruch nehmen könne. Die Klägerin hat hierzu ausgeführt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 allgemein auf eine Bandage gerichtet und nicht speziell auf sog. „Orthesen“, d. h. allgemein körperstützende medizinische Hilfsmittel, beschränkt sei und damit auch andere, einen Körper oder Körperteil umschließende Gurte oder Bänder umfasse, während die D13 ausschließlich eine speziell aus Stützelementen ausgerichtete Rumpforthese, also eine zur Stützung der Wirbelsäule ausgebildete Orthesenkonstruktion, als zur Erfindung gehörend offenbare. Zudem sei das erst im Rahmen des Beschränkungsverfahrens eingeführte Merkmal M6 ursprünglich nicht offenbart gewesen. Dies gelte auch für das Fehlen der sog. Zwischenstücke (15, 15´). Die Prioritätsanmeldung DE 10 2005 031 867.3 vom 5. Juli 2005 zähle deshalb zum Stand der Technik.

7

Die Klägerin verweist zum schriftlichen Stand der Technik im Einzelnen auf folgende Dokumente:

8

D1 US 5 823 984 (Okt. 1998)

9

D2 US 4 556 055 (Dez. 1985)

10

D3 FR 2 849 369 A1 (Juli 2004)

11

D3a DE 603 15 075 T2; deutsche Übersetzung der europäischen Patentschrift 1 587 466 B1, die die Priorität der französischen Anmeldung

12

D3 in Anspruch nimmt

13

D4 US 5 016 629 (Mai 1991)

14

D5 US 2003/0135913 A1 (Juli 2003)

15

D6 US 2002/0078536 A1 (Juni 2002)

16

D7 US 5 769 290 (Juni 1998)

17

D8 US 6 212 798 B1 (April 2001)

18

D9 EP 0761 184 A2 (März 1997)

19

D10 US 4 862 563 (Sept. 1989)

20

D11 US 3 461 511 (Aug. 1969)

21

D12 US 5 289 619 (März 1994).

22

D19 WO 02/11657 A2

23

Als Prioritätsdokument legt die Klägerin vor:

24

D13 Hinterlegung unter Az. DE 10 2005 031 867.3 vom 5. Juli 2005.

25

Weiterhin macht die Klägerin geltend, dass die Beklagte vor dem registrierten Zeitrang eine Schulterorthese (Armabduktionsorthese) mit umlaufendem Bauchgurt unter der Bezeichnung „Acro-Assist“ hergestellt und vertrieben habe, weshalb eine offenkundige Vorbenutzung gegeben sei. Hierzu legt sie die Anlagen D14 bis D18 vor.

26

Sämtliche Merkmale des streitpatentgemäßen Gegenstands seien in dem Prioritätsdokument D13 neuheitsschädlich offenbart. Fehlende Neuheit bestehe auch gegenüber D7 und D8, die die Merkmale der Ansprüche 1 und 2 vollständig offenbarten. Zudem beruhe der Gegenstand des Streitpatents ausgehend von der Lehre der D3/D3a nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Wahl einer erfindungsgemäßen Klettverbindung stelle lediglich eine beliebige Auswahl aus einem dem Fachmann bekannten Standard-Repertoire dar. Die Weiterbildung der Lehre der D3/D3a, einfache Klettverschlüsse durch die aus vielen technischen Gebieten vorbekannten doppelten Klettverschlüsse zu ersetzen, könne nicht als erfinderisch gesehen werden. Im Übrigen gebe es in der D3/D3a ausreichende Hinweise auf die Verwendung einer Fischmaulklettverbindung. Auch im Hinblick auf die D2, eine Kompresse mit einem Einfachklettverschluss, habe eine routinemäßige Optimierung durch das Standard-Repertoire eines Fischmaulkletts für den Fachmann nahegelegen. Die Kompresse in der D2 könne auch in eine Stützvorrichtung umfunktioniert werden, indem in die Taschen Stützspangen eingeführt würden. Damit seien sämtliche Voraussetzungen einer Bandage mit Stützwirkung erfüllt. Zur Fischmaulklettlösung an den Enden einer Bandage sei ferner auch D19 heranzuziehen.

27

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

28

das europäische Patent 1 904 000 in vollem Umfang mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

29

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

30

die Klage abzuweisen, hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit das

31

Streitpatent in den Fassungen der Hilfsanträge I und II, überreicht in

32

der mündlichen Verhandlung am 9. Mai 2017, verteidigt wird.

33

Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und erachtet das Streitpatent für patentfähig. Die Nichtigkeitsklage sei nicht begründet. Die von der Klägerin vorgebrachten Nichtigkeitsgründe der fehlenden Ausführbarkeit und der fehlenden Patentfähigkeit griffen nicht durch.

34

Die angegriffene Lehre des Streitpatents sei ausführbar, da die Formulierung „gesamte Breite“ statt „maximale Breite“ klarstelle, dass die Verbindung sich nicht über die Hälfte der Breite, sondern über die gesamte Breite an der betreffenden Stelle erstrecke.

35

Darüber hinaus sei der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber allen in der Nichtigkeitsklage genannten Dokumenten neu. Auch eine offenkundige Vorbenutzung liege nicht vor, da es sich bei der Anlage D15 um eine sog. „Armabduktionsorthese“ handele, die keine Bandage i. S. v. Anspruch 1 darstelle. Auch das Prioritätsdokument D13 sei kein relevanter Stand der Technik, da die Priorität wirksam in Anspruch genommen werden könne. Es sei unzutreffend, dass die Bandage im Prioritätsdokument ausschließlich als elementarer Bestandteil einer Rumpforthese offenbart werde und eine zugfeste Verbindung über die gesamte Breite der Bandage nur in Bezug auf die Fig. 7 und 8 und damit nur für Ausführungsformen mit Zwischenstücken offenbart sei.

36

Soweit die Klägerin hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit ausführe, die objektive technische Aufgabe gegenüber D3/D3a bestehe darin, die Festigkeit und Haltbarkeit der zugfesten Verbindung zu erhöhen, sei dies bereits Teil der Lösung. Der Erfindung liege vielmehr die Aufgabe zugrunde, den Tragekomfort zu erhöhen und gleichzeitig die Stütz- und Entlastungswirkung der Bandage zu erhöhen. D3/D3a führten weder für sich gesehen noch in Kombination mit D9, D10 bis D12 oder mit D8 oder D6 zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents. Die D3/D3a thematisierten ausgehend vom Stand der Technik in Abs. 3 die Nachteile, die sich aus der Dicke des Überlappungsbereiches für den Patienten im Hinblick auf den Komfort ergäben, nicht die Länge des Überlappungsbereichs und betone in Abs. 6 nochmals, dass möglichst keine Überdeckung erfolgen solle. D3/D3a führten bereits deshalb von der erfindungsgemäßen Lehre weg, weil dort gerade gelehrt werde, dass eine Dicke der Bandage zu vermeiden sei, so dass der Fachmann auch nicht aus dem Aspekt des Standard-Repertoires auf ein Fischmaulklett zurückgreife, weil er die hierdurch bedingte Dicke gerade vermeiden wolle. Aus denselben Gründen führe auch die D2 nicht zum Anspruch 1 des Streitpatents. Die Anwendung eines Fischmaulklettverschlusses als Standard-Repertoire scheitere im Hinblick auf den Aspekt eines flächigen Aufliegens, selbst wenn der Fachmann die Kompresse nicht wie im Hauptanwendungsfall als Kälte- und Wärmekompresse einsetze, sondern mit Korsettstäben. Auch hier fehle ein Hinweis auf eine zu verstärkende Zugfestigkeit oder der Vorteil, die Hauptfläche zu verringern.

37

Der Senat hat den Parteien einen frühen qualifizierten Hinweis vom 17. März 2016 nach § 83 Abs. 1 PatG zugeleitet, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.

38

Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätzen samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9.Mai 2017 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

39

Die Klage ist zulässig und begründet, da sich der Gegenstand des Streitpatents im Umfang der nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen I und II verteidigten Fassungen als nicht patentfähig erweist, so dass das Streitpatent in vollem Umfang für nichtig zu erklären ist, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. a, Art. 52, Art. 54, Art. 56 EPÜ.

I.

40

1. Gegenstand des Streitpatents

41

Nach den Angaben in der Streitpatentschrift betrifft das Patent eine Bandage, bestehend aus mehreren Teilen, die zugfest miteinander verbindbar sind (Absatz [0001]).

42

Wie in der Streitpatentschrift weiter ausgeführt ist, dienen Bandagen der hier erwähnten Art zur Umschließung eines Körperbereichs, insbesondere eines Rumpfes eines Patienten. Derartige Bandagen können mit einer Stützeinrichtung versehen sein, um so beispielsweise eine Rumpforthese zur Stützung und Entlastung der Lendenwirbelsäule einzusetzen. Es ist bekannt, dass dabei ganz unterschiedliche Funktionen der Orthese erforderlich werden können. So kann es geboten sein, den Lordosenbereich der Wirbelsäule vollständig zu entlasten, indem er durch die Stützwirkung überbrückt wird. Hierbei wird eine weitgehende Immobilisierung der Wirbelsäule bewirkt (Absatz [0002]).

43

Ferner ist es bekannt, den Lumbalbereich bzw. lumbosakralen Bereich der Wirbel-säule während einer eingeschränkten Beweglichkeit zu stützen. In einer weitergehenden Rehabilitationsphase kann es ggf. nur noch erforderlich sein, eine gewisse Stützwirkung mittels einer Bandage oder einer geringfügig verstärkten Bandage auszuüben (Absatz [0003]).

44

Die Streitpatentschrift verweist zum Stand der Technik auf die DE 202 04 747 U1 und die danach bekannte Rumpforthese, die auf eine vielseitige Einsatzbarkeit für die verschiedenen Anwendungsfälle und auf die Anpassung an unterschiedliche Patienten ausgerichtet ist. Neben einem Aufbau der Bandage aus zwei überlappenden Teilbandagen, die eine Anpassung der Bandagenhöhe an den jeweiligen Patienten ermöglichen soll, sind für die Bandage unterschiedliche Stützeinrichtungen vorgesehen. Außer in vorgesehene Taschen einschiebbaren Stützstäben können an der Bandagenanordnung unterschiedliche Stützeinrichtungen in Form eines Rückenstützrahmens zur Überbrückung des Lordosenbereichs (Entlordosierung) oder eine Rückengliederpelotte zur Stabilisierung des bewegbaren Lordosenbereichs befestigt werden. Ggf. kann diese Wirbelsäulenorthese durch eine schalenförmige Bauchpelotte ergänzt werden. Die unterschiedlichen Stützeinrichtungen können dabei mittels Klettbandverschlüssen an der Bandage befestigt und somit in einfacher Weise ausgewechselt werden (Absatz [0004]).

45

Die bekannten Bandagen werden in unterschiedlichen Längen hergestellt, um eine Anpassung an unterschiedliche Umfangsmaße des umschlungenen Körperbereichs vornehmem zu können. Dabei reicht eine grobe Abstufung der Längen aus, weil die Bandage an ihren Enden mehr oder weniger stark überlappen kann. Eine einzige, universell verwendbare Länge würde jedoch zu sehr hohen Überlappungsmaßen für einen geringen Umfang des jeweiligen Körperbereichs führen, wodurch der Sitz der Bandage verschlechtert und unbequem wird. Die Herstellung von Bandagen unterschiedlicher Länge und deren Lagerhaltung erfordert somit einen gewissen Aufwand (Absatz [0005]).

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Ferner verweist das Streitpatent auf die US 5 823 984 (D1), die eine Bandage offenbart, die aus mehreren gleichen Bandageabschnitten besteht, die über Klettverschlüsse miteinander verbindbar sind. Hierzu ist die Oberfläche der Bandagenabschnitte mit einem Schlaufengewebe einer Klettverbindung versehen. An einem Ende der Bandagenabschnitte befinden sich jeweils über den Bandagenabschnitten ragende Befestigungsstreifen, die auf ihrer Unterseite mit hakenförmigem Gewebe für die Klettverbindung ausgestattet sind. Durch die Aneinanderreihung mehrerer Bandagenabschnitte und durch eine Variation der Überlappung dieser Bandagenabschnitte können den Körper umschließende Bandagen gebildet werden, die zum Andrücken eines Kühlelements oder eines Wärmeelements verwendet werden. Das Kühl- oder Wärmeelement kann dabei in eine Tasche eingebracht werden, die eine Wandung mit hakenförmigen Klettverschlusselementen aufweist und so mit der Oberfläche eines Beliebigen der Bandagenabschnitte verbunden werden kann. Die Ausbildung einer Orthese ist mit der bekannten Bandage nicht vorgesehen (Absatz [0006]).

47

Die erfindungsgemäße Bandage erfüllt diese Anforderungen und lässt sich nach den Angaben in der Streitpatentschrift für unterschiedliche benötigte Längen weniger aufwändig herstellen und auf Lager halten (Absatz [0009]) sowie vorteilhaft als Träger für eine Stützeinrichtung mit einer zugfesten Verbindung durch Klettverschlüsse in mehreren Längen ausbilden (Absätze [0009-0011]). Eine erste, geringste Länge entsteht dadurch, dass die Endstücke unmittelbar an das Mittelstück angesetzt werden. Größere Längen entstehen dadurch, dass zwischen dem Mittelstück und den beiden Endstücken jeweils gleich lange Zwischenstücke eingesetzt werden, die kürzer oder länger ausgebildet sein können (Absatz [0012]).

48

In der Streitpatentschrift sind anhand der perspektivischen Darstellung einer flach-

Abbildung

Abbildung

Abbildung

49

liegenden mehrteiligen (nicht zusammengefügten) Bandage nach Figur 1, einer in Figur 2 dargestellten zusammengefügten Bandage und der nach Figur 3 hierauf aufgebrachten Stützeinrichtung mit Spanngurt, Ausführungsbeispiele der Erfindung dargestellt, wobei selbstverständlich die Bandage 1 bei geringen Körperumfängen auch ohne ein Zwischenstück 15, 15’ zusammengestellt werden kann, indem die Endstücke 13, 14 unmittelbar an dem Mittelstück 12 befestigt werden (Absatz [0021])

50

2. Nach den Angaben der Streitpatentschrift liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine Bandage der eingangs erwähnten Art so auszubilden, dass sie für unterschiedliche benötigte Längen weniger aufwändig hergestellt und auf Lager gehalten werden kann und für die Ausbildung einer Orthese, insbesondere Rumpforthese, ausgebildet werden kann (Absatz [0007]).

51

3. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent in Patentanspruch 1 vor (Merkmalsgliederung hinzugefügt) eine

52

M1 Bandage

53

M2 aus mehreren Teilen, die zugfest miteinander verbindbar sind,

54

M3 mit wenigstens einem Mittelstück (12) und

55

M4 zwei zum Schließen der Bandage miteinander verbindbare Endstücken (13, 14) und

56

M5a zur Herstellung einer zugfesten Verbindung zwischen Teilen der Bandage ein Teil ein flaches Ende (16) mit beidseitig angebrachten Klettverschlusselementen aufweist und dadurch gekennzeichnet ist,

57

M5b dass der zu verbindende andere Teil mit einem das flache Ende (16) beidseitig übergreifenden maulartigen Ende (17) mit Klettverschlussgegenelementen auf den an dem flachen Ende (16) anliegenden Innenseiten versehen ist und

58

M6 dass sich die zugfeste Verbindung über die gesamte Breite der Bandage erstreckt.

59

4. Soweit die Beklagte das Streitpatent hilfsweise verteidigt, sind Patentanspruch 1 folgende Merkmale hinzugefügt:

60

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag I

61

M1a Bandage geeignet für oder als eine Rumpforthese

62

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag II

63

M1b Bandage geeignet für oder als eine Rumpforthese zur Stützung und Entlastung der Lendenwirbelsäule

64

5. Als zur Lösung der Aufgabe angesprochen Fachmann sieht der Senat berufen einen mit der Herstellung und Entwicklung von stützenden, stabilisierenden und schützenden Vorrichtungen für Gliedmaßen und Gelenke - bspw. Bandagen, Stützkissen und Orthesen - befassten, berufserfahrenen Orthopädietechniker bzw. -meister, der bezüglich medizinischer Fragestellungen mit einem Orthopäden zusammenarbeitet (siehe auch Senat Urt. v. 27. 8. 2013, 4 Ni 49/11, 21 W (pat) 77/05)

II.

65

1. Lehre des Streitpatents und Auslegung der Ansprüche

66

Maßgebliche Grundlage dafür, was durch das europäische Streitpatent unter Schutz gestellt ist, ist gem. Art. 69 I 1 EPÜ der Inhalt der Patentansprüche in der jeweiligen Verfahrenssprache. Die Frage, ob eine bestimmte Anweisung zum Gegenstand eines Anspruchs des Patents gehört, entscheidet sich deshalb danach, ob sie in dem betreffenden Patentanspruch Ausdruck gefunden hat (st. Rspr. vgl z. B BGH GRUR 2007, 959 - Pumpeinrichtung unter Hinweis auf BGH GRUR 2004, 1023, 1024 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Der Gegenstand des Patentanspruchs ist durch Auslegung zu ermitteln.

67

Die Auslegung des Anspruchs hat sich hierbei am technischen Sinngehalt der Merkmale des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit (st. Rspr., BGH GRUR 2011, 129 - Fentanyl-TTS; GRUR 2002, 515 Schneidmesser I, m. w. N.) unter Heranziehung der Patentbeschreibung und auch der in der Patentschrift angegebene Aufgabe (BGH GRUR 2005, 141 - Anbieten interaktiver Hilfe; BGH GRUR 2010, 602 - Gelenkanordnung) zu orientieren, wobei der Sinngehalt eines einzelnen Merkmals im Kontext der Patentschrift und der Funktion zu sehen ist, die es für sich und im Zusammenwirken mit den übrigen Merkmalen des Patentanspruchs bei der Herbeiführung des erfindungsgemäßen Erfolgs hat. Es ist deshalb maßgeblich, was der angesprochene Fachmann - auch unter Einziehung seines Vorverständnisses (BGH GRUR 2008, 878 - Momentan-pol II) - danach bei unbefangener Betrachtung den Patentansprüchen als Erfindungsgegenstand entnimmt. Insofern sieht der Senat sich zu folgenden Bemerkungen veranlasst:

68

1.1. Die Streitpatentschrift hebt hervor, dass die genannte Aufgabe mit einer Bandage der eingangs erwähnten Art dadurch gelöst wird, dass wenigstens ein Mittelstück und zwei zum Schließen der Bandage miteinander verbindbare Endstücke vorgesehen sind und dass zur Herstellung einer zugfesten Verbindung zwischen Teilen der Bandage ein Teil ein flaches Ende mit beidseitig angebrachten Klettverschlusselementen und der zu verbindende andere Teil mit einem das flache Ende beidseitig übergreifenden maulartigen Ende mit Klettverschlussgegenelementen auf den an dem flachen Ende anliegenden Innenseiten versehen ist und dass sich die zugfeste Verbindung über die gesamte Breite der Bandage erstreckt (Absatz [0008]).

69

1.2. Verständnis von Patentanspruch 1 und seiner einzelnen Merkmale

70

1.2.1. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 ist allgemein auf eine Bandage gerichtet und nicht auf die Stützung bzw. den Schutz einer bestimmten Körperregion eingeschränkt. Eine Bandage zeichnet sich nach Abs. [0002] dadurch aus, dass sie einen Körperbereich umschließen kann. Bandagen „können“ (siehe Abs. [0002]), müssen jedoch keine Stützwirkung entfalten. Auch nach allgemeinem Verständnis haben Bandagen Schutz- oder Stützwirkung Unbestritten wird bei vielen Bandagen das Körperteil mit einer Spannung umschlossen (siehe Streitpatent Abs. [0009]), jedoch kennt der Fachmann auch andere Bandagen. Bandagen bestehen regelmäßig aus einem elastischen Gestrick, das sich der Körperform anpasst und Bewegung zulässt Diese umschließt ein Körperteil fest. Auch nach dem Verständnis des Streitpatents ist als „Bandage“ eine solche mit oder ohne Stützfunktion zu verstehen, d. h. auch eine Orthese mit elastischen Bändern (siehe Streitpatent Abs. [0002], [0007]: „für die Ausbildung einer Orthese“). Nähere Einschränkungen auf Orthesen oder gar Rumpforthesen werden dabei beim Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 nicht beansprucht.

71

Die beanspruchte Bandage muss nach den Formulierungen im Anspruch 1 gemäß Hilfsanträgen I und II „geeignet für oder als eine Rumpforthese“ bzw. „geeignet für oder als eine Rumpforthese zur Stützung und Entlastung der Lendenwirbelsäule“ sein, d. h. so ausgebildet sein, dass sie allgemein für oder als eine Rumpforthese und zur Stützung und Entlastung der Lendenwirbelsäule geeignet ist.

72

1.2.2. Es wird eine zugfeste Verbindung mit Hilfe von allgemein bekannten Klettverschlusselementen hergestellt. Die Verbindung soll sich dabei über die gesamte Breite der Bandage erstrecken. Für das Verständnis des zwischen den Parteien umstrittenen Merkmals M6 betreffend der Bedeutung „gesamte Breite“ erschließt sich dem Fachmann aus der Gesamtoffenbarung ohne weiteres, dass mit „gesamte Breite“ die Stelle der Bandage gemeint ist, über die sich die zugfeste Verbindung, also der Klettverschluss erstreckt, und nicht die maximale Breite, welche die Bandage an ihrer maximalen Ausdehnung erreicht. Die „gesamte Breite“ bei Verbindungsstücken bedeutet die Breite des schmaleren Verbindungsstücks; die Verbindungsstücke müssen an der Verbindungsstelle nicht deckungsgleich sein, d. h. die gleiche Breite aufweisen, die Breite des schmaleren Verbindungsstücks muss nur voll ausgeschöpft sein. Die Verbindungsstücke müssen sich im gesamten mit Klett versehenen Überlappungsbereich auch nicht deckungsgleich überlappen .

73

1.2.3. Zwischenstücke zur Verlängerung der Bandage sind im Anspruch 1 nicht beansprucht.

74

1.2.4. Die Fischmaul-Klettverbindung (M5b) betrifft zumindest die Verbindung zwischen dem Mittelteil (12) und den Endstücken (13, 14). Ein Verschluss mit Fischmaulklett ist somit auch für die Endstücke als möglich vom Anspruch mit umfasst, der Anspruch aber nicht darauf beschränkt.

III.

75

1. Die Klage ist begründet, da der Nichtigkeitsangriff erfolgreich auf den Nichtigkeitsgrund fehlender Patentfähigkeit gestützt wird (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ), während der Senat den von der Klägerin zudem auf fehlende Ausführbarkeit der erfindungsgemäßen Lehre (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. b EPÜ) gestützten Angriff als unbegründet sieht.

76

2. Fehlende Ausführbarkeit

77

Eine für die Ausführbarkeit hinreichende Offenbarung ist gegeben, wenn der Fachmann ohne erfinderisches Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkeiten in der Lage ist, die Lehre des Patentanspruchs aufgrund der Gesamtoffenbarung der Patentschrift in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen am Anmelde- oder Prioritätstag praktisch so zu verwirklichen, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird (st. Rspr. BGH GRUR 2011, 707 Dentalgerätesatz). Sie darf nicht mit der Erreichbarkeit derjenigen Vorteile gleichgesetzt werden, die der Erfindung in der Beschreibung zugeschrieben werden (BGH Urteil vom 3. Februar 2015 - X ZR 76/13 - Stabilisierung der Wasserqualität).

78

Wie der Senat bereits im qualifizierten Hinweis ausgeführt hat und wogegen die Klägerin sich im weiteren Verfahren auch nicht mehr gewandt hat, teilt der Senat insoweit die Auffassung der Klägerin einer fehlenden Ausführbarkeit bereits im Ansatz nicht, da die von ihr zur Begründung herangezogene unklare Bedeutung des Merkmals „über die gesamte Breite der Bandage“ zunächst durch Auslegung zu klären ist und die gebotene Auslegung auch eine Identifizierbarkeit der angegriffene Lehre ermöglicht, nämlich, so wie es bereits zur Auslegung ausgeführt wurde. Nach st. Rspr hat nämlich die Auslegung des erteilten Patentanspruchs und die Identifizierung der darin enthaltenen Lehre wegen der Rechtsnormqualität des Patentanspruchs Vorrang vor jeder weiteren Sachprüfung der Nichtigkeits- oder Widerrufsgründe und damit auch vor der Frage einer ausführbaren Lehre. Es ist deshalb unzulässig die Rechtsfrage, was sich aus einem Patentanspruch als geschützter Gegenstand ergibt, nicht zu beantworten und hieraus eine fehlende Ausführbarkeit abzuleiten (BGH GRUR 2015 868 – Polymerschaum II; GRUR 2015, 895 - Rotorelemente, zur unzulässigen Erweiterung). So hat der BGH in GRUR 2009, 749 – Sicherheitssystem ausgeführt. „Die Identifizierbarkeit kann im Patentnichtigkeitsverfahren dann von Bedeutung sein, wenn ihr Fehlen der ausführbaren Offenbarung der Erfindung entgegensteht. Dies ist aber nicht bereits dann der Fall, wenn für den Aussagegehalt der geschützten Lehre verschiedene Interpretationsmöglichkeiten bleiben. In einem solchen Fall muss zunächst geklärt werden, welche Auslegung die zutreffende ist (vgl. BGHZ 156, 179, 186 - blasenfreie Gummibahn I). In dieser Auslegung ist der Patentanspruch sodann der Beurteilung auf Patentfähigkeit zugrunde zu legen. Ob das Patent in dieser Auslegung die Erfindung ausführbar offenbart, bedarf sodann der Prüfung im Einzelfall. Soweit die Unklarheit lediglich einen Verstoß gegen Art. 84 Satz 2 EPÜ begründet, ohne dadurch zugleich der Ausführbarkeit entgegenzustehen, füllt dies für sich keinen der gesetzlich vorgesehenen Nichtig-keitsgründe aus.“

79

3. Fehlende Patentfähigkeit von Anspruch 1

80

Der Gegenstand des jeweiligen Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag erweist sich als nicht patentfähig, da die beanspruchte Lehre zwar neu ist (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. a, Art. 52, 54 EPÜ), sie war dem Fachmann jedoch ausgehend von der Lehre der D2 im Prioritätszeitpunkt nahegelegt und beruht deshalb nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ, Art. 56 EPÜ).

81

3.1. Neuheit

82

Der Senat bewertet die angegriffene Lehre nach Ansprüchen 1 bis 5 bereits nach Hauptantrag als neu gegenüber dem maßgeblichen, im Verfahren befindlichen Stand der Technik, wozu entgegen der Rechtsansicht der Klägerin die Prioritätsschrift D13 nicht zählt, da das Streitpatent diese Priorität wirksam in Anspruch nimmt.

83

3.1.1.Prioritätschrift D13

84

Bei der Anmeldung eines europäischen Patents kann das Prioritätsrecht nach Art. 87 Abs. 1 EPÜ in Anspruch genommen werden, wenn beide dieselbe Erfindung betreffen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die mit der Nachanmeldung beanspruchte Merkmalskombination in der Voranmeldung in ihrer Gesamtheit als zu der angemeldeten Erfindung gehörend offenbart ist. Entscheidend ist danach, ob die ursprüngliche Gesamtoffenbarung für den Fachmann objektiv erkennen ließ, dass der geänderte Lösungsvorschlag nach Patentanspruch 1 geltender B3-Fassung von vornherein von dem Schutzbegehren mit umfasst werden sollte (st. Rspr BGH GRUR 2016, 50 - Teilreflektierende Folie; GRUR 2010, 509 – Hubgliederungstor).

85

Das Erfordernis einer unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung muss dabei in einer Weise angewendet werden, die berücksichtigt, dass die Ermittlung dessen, was dem Fachmann als Erfindung und was als Ausführungsbeispiel der Erfindung offenbart wird, wertenden Charakter hat, und eine unangemessene Beschränkung des Anmelders bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts der Voranmeldung vermeidet (BGH GRUR 2014, 542 - Kommunikationskanal; zur Offenbarung als Rechtsfrage: Senat MittdtschPatAnw 2017, 176 - Bioreaktor). Innerhalb dieses Rahmens können deshalb - wie vorliegend - die Patentansprüche bis zur Erteilung weiter gefasst werden als in den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen (BGH GRUR 2010, 910 - Fälschungssicheres Dokument).

86

Ebenso wie zur Frage einer unzulässigen Erweiterung des Inhalts der Anmeldung ist deshalb zu beachten, dass der Fachmann sich nicht nur an dem Wortlaut der Unterlagen orientiert, sondern an dem mit der Erfindung im Hinblick auf die Nachteile des Stands der Technik verfolgten Zweck und an dem Lösungsvorschlag mit seinen Elementen (BGH GRUR 2008, 56 - Injizierbarer Mikroschaum) und dass die Anmeldungsunterlagen nach ihrem „objektiven“ Gehalt und dem darin unmittelbar und eindeutig offenbarten allgemeinsten Erfindungsgedanken auszulegen sind; die etwaigen subjektiven Vorstellungen des Erfinders bzw. Anmelders, wie sie in der Beschreibung oder in den Ausführungsbeispielen zum Ausdruck kommen, sind danach nicht entscheidend, selbst wenn sie abweichen sollten (siehe bereits Senat Urt. v. 19.6.2015, 4 Ni 4/14 unter Hinweis auf BGH GRUR 2008, 887 – Momentanpol II).

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Deshalb ist es grundsätzlich zulässig, das Patent durch die Aufnahme einzelner oder sämtlicher dieser Merkmale in den Patentanspruch zu beschränken, sofern die beanspruchte Kombination in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellt, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann, wenn die Merkmale eines Ausführungsbeispiels, die zusammen, aber auch je für sich den durch die Erfindung erreichten Erfolg fördern, der näheren Ausgestaltung der unter Schutz gestellten Erfindung dienen (BGH GRUR 2016, 50 - Teilreflektierende Folie; GRUR 2015, 249 - Schleifprodukt; Senat 4 Ni 4/14 Urt. v. 19.6.2015).

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Auch ein „breit“ formulierter Anspruch kann deshalb als unbedenklich zu erachten sein, wenn sich ein in der ursprünglichen Anmeldung beschriebenes Ausführungsbeispiel der Erfindung für den Fachmann als Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellt und diese Lehre in der beanspruchten Allgemeinheit für ihn bereits der Anmeldung - sei es in Gestalt eines in der Anmeldung formulierten Anspruchs, sei es nach dem Gesamtzusammenhang der Unterlagen - als zu der angemeldeten Erfindung gehörend zu entnehmen ist (BGH GRUR 2014, 970 - Stent; GRUR 2014, 542 - Kommunikationskanal; 2012, 1124 - Polymerschaum).

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Der Senat teilt deshalb die Auffassung der Klägerin nicht, soweit diese geltend macht, dass die Offenbarung der D13 speziell auf eine erfindungsgemäße auf Stützelemente ausgerichtete Rumpforthese, also eine zur Stützung der Wirbelsäule ausgebildete Orthesenkonstruktion, beschränkt sei und zudem das erst im Rahmen des Beschränkungsverfahrens eingeführte Merkmal M6 ursprünglich nicht offenbart gewesen sei. Denn in der D13 sind zwei Aufgaben und zugehörige Lösungen (Stützung und Anpassung an Körperumfang) gelehrt, die der Fachmann auch Einzeln als zur Erfindung gehörend offenbart ansieht. So ist insbesondere die Verallgemeinerung auf eine „Bandage“ statt auf eine „Rumpforthese“ als ursprünglich in der D13 offenbart anzusehen, da für den Fachmann, der sich die Frage vorlegt, welche technische Lehre zur Lösung des technischen Problems dem Prioritätsdokument zu entnehmen ist, ohne weiteres ersichtlich ist, dass dort die allgemeine technische Lehre offenbart wird, bei einer Bandage Einzelelemente einer Bandage vorteilhafterweise so zusammenzustellen, dass die Bandage an den Umfang des Körperteils des Patienten angepasst werden kann. Dass die Patentansprüche ausschließlich auf eine Rumpforthese gerichtet sind und auch die Beschreibung nur diese aus der Sicht des Erfinders fokussiert, steht der Erkenntnis des Fachmanns von einer allgemeineren technischen Lehre aus dem unmittelbaren Offenbarungsgehalt der D13 - wie erläutert - nicht entgegen.

Abbildung

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So ist auch in den wiedergegebenen Figuren 7 und 8 - welche ersichtlich den Figuren 1 und 2 der Streitpatentschrift entsprechen, mit Beschreibung - allgemein eine Bandage gezeigt , die auf Seite 9, letzte Zeile als „gebrauchsfertig“ bezeichnet wird, und somit ohne weitere Zusätze, zusätzliche Bauteile oder sonstige Elemente verwendet werden kann. Diese ist folglich nicht lediglich als elementarer Bestandteil einer Orthese offenbart. Auch die Absätze 13, 18 und 37 beschreiben ausdrücklich eine erfindungsgemäße Bandage.

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Die Bandage weist dabei einen Klettverschluss über ihre gesamte Breite auf, und zwar sowohl mit wie auch ohne Zwischenstücke, wie aus der Beschreibung Seite 10, erster Absatz, hervorgeht. Diese können also auch weggelassen werden und bei Verwendung mittels Fischmaulklett aneinander angefügt werden.

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Patentanspruch1 nimmt deshalb wirksam die Priorität aus der D13 in Anspruch, so dass diese keine Selbstkollision als Stand der Technik auslösen kann.

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3.1.2. Weitere Schriften

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Auch keine der übrigen im Verfahren befindlichen Schriften zeigt eine Bandage, die alle im Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag angegebenen Merkmale aufweist. Der Senat hat bereits im qualifizierten Hinweis zu den insoweit von der Klägerin angeführten Schriften D7 und D8 ausgeführt, dass diese keine Bandagen im Sinne der erfindungsgemäßen Lehre des Streitpatents darstellen, was die Klägerin auch nicht weiterhin angegriffen hat.

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3.1.3. Offenkundige Vorbenutzung D 14 bis D17:

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Entsprechendes gilt für die behauptete offenkundige Vorbenutzung nach D14 bis D17, die ebenfalls keine Bandage, sondern eine Armabduktionsorthese zur Lagerung der Schulter mit einem Gurt zeigt, der lediglich dazu dient, ein Verrutschen oder Verdrehen der Orthese am Rumpf des Patienten zu verhindern.

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3.2. Erfinderische Tätigkeit

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Der Senat sieht die Lehre nach Anspruch 1 der verteidigten Fassungen des Streitpatents ausgehend von der Schrift D2 als nahegelegt.

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3.2.1. Objektive Aufgabe

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Nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur richtet sich die Formulierung der Aufgabe allein nach dem tatsächlich, d. h. objektiv, Erfundenen. Die Aufgabe muss daher auf das Ergebnis der Erfindung abgestellt sein, weshalb Ausgangspunkt das gegenüber dem Stand der Technik tatsächlich Geleistete ist. Die Formulierung der Aufgabe hat sich deshalb nur an solchen Problemen zu orientieren, die durch die Erfindung tatsächlich gelöst werden (BGH GRUR 2010, 607 - Fettsäurezusammensetzung; GRUR 2010, 814 - Fugenglätter; GRUR 2003, 693 - Hochdruckreiniger). Die in der Patentschrift angegebene Aufgabe ist demgegenüber lediglich ein Hilfsmittel für die Ermittlung des objektiven technischen Problems und Teil der Auslegung des Patentanspruchs. Dabei können in der Beschreibung enthaltene Angaben zur Aufgabe der Erfindung einen Hinweis auf das richtige Verständnis des Patentanspruchs enthalten (BGH GRUR 2012, 803 - Calcipotriol-Monohydrat; GRUR 2010, 602, Tz. 27 - Gelenkanordnung).

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Hierbei ist die Aufgabe und Problemlösung nicht nur im Hinblick auf eine sich als Differenzaufgabe zu dem - erst rückschauend betrachtend - „nächstliegenden“ Stand der Technik zu bewerten, sondern es können verschiedene Ausgangspunkte in Betracht zu ziehen sein (BGH GRUR 2009, 1039 - Fischbissanzeiger; GRUR 2009, 382 - Olanzapin). Vorliegend ist danach zu berücksichtigen, dass die in Absatz [0007] des Streitpatents genannte Aufgabe einer weniger aufwändigen Herstellung und einer Anpassung an unterschiedliche Längen und Ausbildung als Orthese, insbesondere Rumpforthese, durch den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht tatsächlich gelöst wird, da die dafür benötigten Zwischenstücke erst im Unteranspruch 3 beansprucht werden.

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Als objektive Aufgabe ist deshalb unter Berücksichtigung des Standes der Technik, insbesondere der D2 die Herstellung einer verbesserten zugfesten Verbindung zwischen den zu verbindenden Teilen einer Bandage anzusehen, was die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zusätzlich genannte Aufgabe der Erhöhung des Tragekomforts einschließt.

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3.2.2. Naheliegen und Ausgangspunkt D2

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Ausgehend von dieser objektiven Aufgabe bot sich dem Fachmann aus Sicht des Senats die D2 als Ausgangspunkt und Sprungbrett zur Lösung als sehr relevanter StdT an Lehre an. Denn die D2 zeigt in der Figur 1 mit zugehöriger Beschreibung bereits eine Bandage im Sinne des Patents [= Merkmal M1], da nach Spalte 3 Zeilen 16 ff die gezeigte Kompresse (compress 10) als Bandage (bandage 12) wirkt und auch in eine Stützvorrichtung umfunktioniert werden kann, indem in die Taschen 32 (pockets 32) Stützstangen 34 (elongated stays 34) eingeführt werden können, wodurch die gezeigte Kompresse sämtliche Voraussetzungen einer Bandage erfüllt, wobei sogar eine Stützwirkung gegeben ist.

Abbildung

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Die Bandage 10 besteht dabei aus mehreren Teilen (bandage 12, panel 14, straps 16), die zugfest (mit Hilfe einer Klettverbindung: „VELCRO panels 24“) miteinander verbindbar sind [= Merkmal M2], mit wenigstens einem Mittelstück (bandage 12) [= Merkmal M3] und zwei zum Schließen der Bandage miteinander verbindbare Endstücken (panel 14, straps 16) [= Merkmal M4]. Zur Herstellung einer zugfesten Verbindung ist zwischen Teilen der Bandage eine Teil als flaches Ende mit einseitig angebrachten Klettverschlusselementen (VELCRO panels 24) und der zu verbindende andere Teil ebenfalls einseitig mit Klettverschlusselementen (VELCRO panels 26) ausgebildet [= Teile der Merkmale M5a und M5b). Wie weiter aus der Figur 1 hervorgeht, erstreckt sich dabei die zugfeste Verbindung (in Form des Klettverschlusses) über die gesamte Breite der Bandage, wie es im Merkmal M6 beansprucht ist.

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Im Unterschied zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist die Klettverbindung lediglich einfach und nicht doppelt am flachen Ende mit beidseitig angebrachten Klettverschlusselementen und am anderen Ende mit einem das flache Ende beidseitig übergreifenden maulartigen Ende mit Klettverschlussgegenelementen auf den dem flachen Ende anliegenden Innenseiten ausgebildet, wie in den Merkmalen M5a und M5b beansprucht ist.

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Da der Fachmann immer bestrebt ist, Verbesserungen vorzunehmen, insbesondere eine Bandage so zu gestalten, dass sie eine hinreichende Zugfestigkeit aufweist und sich die Verbindungen nicht lösen, und er erkennt, dass die in der Figur 1 der D2 gezeigte, relativ schmale Klettverbindung leicht aufgehen kann, insbesondere da diese überlappt und übersteht, wie die Figur 2 zeigt, war der Fachmann veranlasst, sich im Stand der Technik nach einer Verbesserungsmöglichkeit umzusehen oder auf sein Fachwissen über sichere Klettverbindungen zurückzugreifen. Insoweit kommt hinzu, dass der Fachmann auch erkannte, dass durch die einfache Überlappung der Klettverschlusselemente auch ein Drehmoment in Richtung des Lösens der Verbindung wirken kann.

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Dabei gehörten auch im maßgeblichen Prioritätszeitpunkt zu seinem Fachwissen die Kenntnis eines Standard-Repertoires für sichere Verbindungen beidseitig angeordnete Doppelklettverbindungen, die den Vorteil einer stabileren Verbindung bei gleicher Breite haben und auch eine besser gegen einseitiges Aufgehen und gegen die Wirkung eines einseitigen Drehmoments geschützte Wirkung haben. Für den Fachmann war nicht nur die bessere Zugfestigkeit einer derartigen Verbindung augenscheinlich, sondern insbesondere auch, dass die zweiseitige Klettverbindung dem Auftreten eines Drehmoments in Richtung des Lösens der Klettverschlüsse entgegenwirkt, da die Zugkräfte auf beiden Seiten der miteinander verbundenen Enden der einzelnen Teile der Bandage wirksam werden. Außerdem hält die zweiseitige Klettverbindung selbst dann noch, wenn eine der beiden Teilverbindungen aufgehen sollte. Der Senat sieht deshalb nicht nur das Problem als augenscheinlich für eine Bandage und die insbesondere vorausgesetzte Zugfestigkeit der Verbindung an, sondern der Senat sieht auch die Lösung als ein für den Fachmann auf der Hand liegendes Mittel, nämlich die Heranziehung des ihm wohlvertrauten Standard-Repertoires (BGHZ 200, 229 = GRUR 2014, 461 - Kollagenase; GRUR 2014, 647 - Farbversorgungssystem) einer Fischmaulklettverbindung, wie sie im Stand der Technik vielfach belegt ist (so die in D9 und D19 gezeigten Doppelklettverschlüsse bei Bandagen) und auch von der Beklagten nicht bestritten ist. So kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Veranlassung zur Heranziehung einer technischen Lösung bereits dann bestehen, wenn sie als ein generelles, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht zu ziehendes Mittel ihrer Art nach zum allgemeinen Fachwissen oder Standardrepertoire des angesprochenen Fachmanns gehört und sich die Nutzung ihrer Funktionalität in dem zu beurteilenden Zusammenhang als objektiv zweckmäßig darstellt sowie keine besonderen Umstände feststellbar sind, die eine Anwendung aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen (BGHZ 200, 229 = GRUR 2014, 461 - Kollagenase; GRUR 2014, 647 - Farbversorgungssystem).

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So ist es auch hier, da bei einer Ausbildung mit einem Fischmaulklett für den Fachmann keine erkennbaren technischen Nachteile entgegenstehen oder aus seiner Sicht die Verwendung eines Fischmaulkletts aus sonstigen Gründen untunlich erscheint. Insbesondere ist der technische Fokus in der D2 im Unterschied zur D3 weder auf einen großen Verstellbereich gerichtet, noch stellen sich Probleme mit einem hierdurch verschlechterten Tragekomfort, der aufgegeben werden müsste. So ist auch in der D2 weder ein großer Verstellbereich aus den Figuren ersichtlich noch in der Beschreibung angesprochen. Auch der Tragekomfort wäre nicht gemindert durch eine Verdopplung der Dicke der Klettverschlusselemente - wie von der Klägerin im Hinblick auf die D3 geltend gemacht – da bei der D2 der einseitige Klettverschluss 24 ja bereits innen aufliegt, und bei einer Ausgestaltung als Fischmaulklettverbindung nur eine weitere Klettverschlussfläche außen hinzukäme. Hinzu kommt, dass sich durch den Doppelklettverschluss der Überlappungsbereich der Klettverbindungen bei gleicher Stabilität verringern und sich somit insoweit der Tragekomfort sogar erhöhen lässt.

110

Damit war der Fachmann naheliegend bei der Lehre nach Patentanspruch 1 angelangt

111

3.2.3. Naheliegen und Ausgangspunkt D3

112

In dem qualifizierten Hinweis des Senats und in der mündlichen Verhandlung wurde außerdem die Druckschrift D3 als Ausgangspunkt und Sprungbrett zur Lösung diskutiert. So sind Aufgabe und Problemlösung nicht nur im Hinblick auf eine sich als Differenzaufgabe zu dem - erst rückschauend betrachtend - „nächstliegenden“ Stand der Technik zu bewerten, sondern es können insbesondere auch für die Beurteilung des Naheliegens verschiedene Ausgangspunkte in Betracht zu ziehen sein, welcher einer Rechtfertigung bedürfen und die in der Regel in dem Bemühen des Fachmanns liegt, für einen bestimmten Zweck eine bessere oder andere Lösung zu finden, als sie der Stand der Technik zur Verfügung stellt (BGH GRUR 2017, 498 - Gestricktes Schuhoberteil; GRUR 2009, 1039 - Fischbissanzeiger; GRUR 2009, 382 - Olanzapin).

113

Die D3 zeigt bereits eine Bandage im Sinne des Patents (Figur 1 mit Beschreibung) [= Merkmal M1] bzw eine Orthese mit Bandage für den Lumbalbereich mit einfachen einseitigen Klettverschlüssen, die aus mehreren Teilen (1, 2a, 2b) besteht, die zugfest (mit Hilfe einer Klettverbindung) miteinander verbindbar sind [= Merkmal M2], wobei wenigstens ein Mittelstück (1) und zwei zum Schließen der Bandage miteinander verbindbare Endstücke (2a, 2b) vorgesehen sind [= Merkmale M3 und M4].

Abbildung

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Zur Herstellung einer zugfesten Verbindung ist zwischen Teilen der Bandage ein Teil als flaches Ende mit einseitig angebrachten Klettverschlusselementen und der zu verbindende andere Teil ebenfalls einseitig mit Klettverschlussgegenelementen ausgebildet [= Teile der Merkmale M5a und M5b]. Im Unterschied zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist die Klettverbindung also lediglich einfach und nicht doppelt am einen flachen Ende mit beidseitig angebrachten Klettverschlusselementen und am anderen Ende mit einem das flache Ende beidseitig übergreifenden maulartigen Ende mit Klettverschlussgegenelementen auf den dem flachen Ende anliegenden Innenseiten ausgebildet, wie außerdem noch in diesen Merkmalen beansprucht ist. Wie aus der Figur 1 hervorgeht, erstreckt sich dabei die zugfeste Verbindung (der Klettverschluss) über die gesamte Breite der Bandage (an ihrem Ende), wie im Merkmal M6 beansprucht ist.

115

Die D3 geht jedoch nicht über den Offenbarungsgehalt der D2 hinausgeht, wobei der hier angesprochene Fokus auf eine große Verstellbarkeit sowohl über die Länge wie über die Breite der Bandage und den Tragekomfort gerichtet ist (vgl. die Figur 1 mit Beschreibung). So sollen insbesondere die Endstücke (2a, 2b) auch in Längsrichtung eine großen Überlappungsbereich mit dem Mittelstück (1) bilden können. Allerdings stellte sich aus Sicht des Senats für den um Verbesserung der Festigkeit bemühten Fachmann die Überlegung, hierzu die ihm bekannte Fischmaulklettverbindung zu verwenden, angesichts der auch mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörterten Vor- und Nachteile nicht ohne weiteres so zwangsläufig, wie es für die Lehre der D2 dargelegt worden ist. So mussten ausgehend von der D2 im Unterschied zur D3 bei der Anwendung des Standard-Repertoirs keine Vorteile, wie insbesondere ein großer Verstellbereich, aufgegeben werden. Ein großer Verstellbereich ist in der Vorrichtung der D2 weder aus den Figuren ersichtlich noch in der Beschreibung angegeben. Des Weiteren erkannte der Fachmann, dass sich bei Vorsehen eines Fischmaukletts bei der D2 auch nicht der Tragekomfort durch eine Verdopplung der Dicke der Klettverschlusselemente verringern würde - wie von der Klägerin im Hinblick auf die D3 geltend gemacht - da bei der D2 der einseitige Klettverschluss 24 ja bereits innen aufliegt, und bei einer Ausgestaltung als Fischmaulklett nur eine weitere Klettverschlussfläche außen hinzukäme. Für die Anwendung des Fischmaulkletts als Standard-Repertoire benötigt der Fachmann entgegen der Auffassung der Beklagten auch keine Veranlassung oder Hinweis in der D2. Deshalb lag die D3 für den Fachmann als Ausgangspunkt weiter ab als die D2.

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4. Fehlende Patentfähigkeit von Anspruch 1 nach Hilfsanträgen I und II:

117

Auch die zulässig gefassten jeweiligen Gegenstände der Patentansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen I und II waren dem Fachmann ausgehend von der Lehre der D2 nahegelegt, da die insoweit einschränkend beanspruchte Eignung der Bandage bereits durch die D2 vorweggenommen ist. So weist auch die dort gezeigte Bandage ohnehin materialbedingt eine Stützwirkung auf und kann zudem auch nach der Lehre der D2 ohne weiteres je nach Bedarf als Stützvorrichtung eingesetzt werden oder in eine Stützvorrichtung umfunktioniert werden, weil in die Taschen 32 Stützstangen 34 eingeführt werden können. Damit ist die Bandage auch zugleich für oder als eine Rumpforthese zur Stützung und Entlastung der Lendenwirbelsäule geeignet, wie in den Patentansprüchen 1 gemäß den Hilfsanträgen I und II zusätzlich gegenüber dem Hauptantrag beansprucht ist.

118

5. Unteransprüche:

119

Da die Beklagte nach ausdrücklicher Erklärung in der mündlichen Verhandlung eine weitere isolierte Verteidigung einzelner Unteransprüche nicht verfolgt und auch insoweit keinen eigenständischen erfinderischen gehalt geltend gemacht hat, bedurfte es insoweit keiner gesonderten Sachprüfung (BGH GRUR 2017, 57 - Datengenerator).

VI.

120

Als Unterlegene hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß §§ 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 99 Abs. 1 PatG, 709 ZPO.