Entscheidungsdatum: 16.05.2012
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 23. März 2010 - 12 Sa 1478/09 - wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Die Parteien streiten noch über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers im Zeitraum von Januar bis einschließlich April 2009 und damit verbunden um die Höhe des Arbeitsentgelts.
Der Kläger ist Mitglied der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) und seit dem 11. Januar 1982 bei der Beklagten beschäftigt. Im Arbeitsvertrag des Klägers vom 7. Januar 1982 ist keine Regelung zur Arbeitszeit enthalten.
Die Beklagte war bis zum 31. Dezember 2001 tarifgebundenes Mitglied im Arbeitgeberverband der Eisen- und Metallindustrie für Bochum und Umgebung e. V. (AGV Metall B/U), der Mitgliedsverband des Verbandes der Metall- und Elektro-Industrie Nordrhein-Westfalen e. V. (Metall NRW) ist. Gleichfalls mit dem Ende des Jahres 2001 endete der bisher geltende, zwischen Metall NRW und der IG Metall abgeschlossene Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 11. Dezember 1996 in der Fassung vom 23. Oktober 1997/28. März 2000 (MTV Metall NRW 1996). An dessen Stelle trat mit Inkrafttreten am 1. Januar 2002 der Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 24. August/11. September 2001 (MTV Metall NRW 2001, dort § 26). Nach § 3 Abs. 1 MTV Metall NRW 1996 betrug die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit seit dem 1. Oktober 1995 35 Stunden. Gewerbliche Arbeitnehmer erhielten ein monatliches Entgelt, dessen Höhe sich aus der Monatsgrundlohntabelle des (jeweils geltenden) Lohnabkommens ergab und für das die wöchentliche Arbeitszeit nach § 3 Abs. 1 MTV Metall NRW 1996 maßgebend war (§ 15 Abs. 6 MTV Metall NRW 1996).
Zum 1. Januar 2005 wurde die Beklagte erneut Mitglied im AGV Metall B/U, nun allerdings ohne Tarifbindung (sog. OT-Mitgliedschaft).
Am 27. September 2005 schlossen die Beklagte und der AGV Metall B/U auf der einen Seite und die IG Metall auf der anderen Seite eine Vereinbarung (im Folgenden: Vereinbarung vom 27. September 2005), die ua. folgende Regelungen enthält:
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„1. |
Ab dem 01.12.2005 verändert sich die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf 40 Stunden ohne entsprechenden Entgeltausgleich. Die Entgeltberechnung erfolgt auf der Basis einer 36-Stunden-Woche. ... |
2. |
Ab dem 01.12.2005 werden die Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen um 1,5 % erhöht. Zusätzlich wird zum 01.12.2005 eine Einmalzahlung in Höhe von Euro 200,-- an die Beschäftigten geleistet, … Die Einmalzahlung wird nicht tabellenwirksam. |
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2006 werden Verhandlungen bezüglich einer weiteren Erhöhung analog der allgemeinen Tariferhöhungen des Flächentarifwerkes der Metallindustrie aufgenommen mit dem Ziel, eine zusätzliche, leistungsbezogene und am Jahresergebnis von L & E orientierte Vergütungskomponente einzuführen. |
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3. |
L & E verzichtet bis zum 31.12.2007 auf betriebsbedingte Kündigungen. |
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… |
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4. |
Die Laufzeit dieser Vereinbarung endet am 31.12.2008. Die Parteien verpflichten sich, spätestens in der 2. Jahreshälfte 2008 Gespräche über eine Nachfolgeregelung aufzunehmen.“ |
Eine nachfolgende Vereinbarung wurde zwischen den Vertragsparteien nicht geschlossen.
Im Dezember 2008 erfolgte ein Vertragsangebot der Beklagten für ca. 75 vH der bei ihr Beschäftigten, darunter an den Kläger, zu einer auf drei Jahre befristeten Änderung des Arbeitsvertrages, das auszugsweise wie folgt lautete:
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„Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden ... |
Zugleich finden die Regelungen des Tarifwerkes der Metallindustrie mit sofortiger Wirkung bezogen auf die wöchentliche Arbeitszeit keine Anwendung mehr. |
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Mit der Abrechnung Dezember erhalten Sie für 2008 eine nicht tabellenwirksame Einmalzahlung in Höhe von Euro 600,-- (sechshundert). |
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Weiter freuen wir uns, Ihnen mitteilen zu können, dass wir Ihr Gehalt zum 1. Januar 2009 um 2,5 % erhöhen.“ |
Der Kläger nahm dieses Vertragsangebot nicht an. Er arbeitete auch nach Beginn des Jahres 2009 weiterhin wöchentlich 40 Stunden bei einem Arbeitsentgelt, das seit dem Inkrafttreten der Vereinbarung vom 27. September 2005 auf der Basis einer wöchentlichen Arbeitszeit von 36 Stunden berechnet wurde.
Mit Schreiben vom 27. Februar 2009 machte der Kläger gegenüber der Beklagten geltend, seit dem 1. Januar 2009 träfe für ihn wieder eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden nach dem MTV Metall NRW (ohne Jahresangabe) statt einer von 40 Stunden bei einer Entgeltberechnung auf Basis von nur 36 Stunden zu. Solange ihm gegenüber eine Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche angeordnet werde, seien die zusätzlichen wöchentlichen Arbeitsstunden ab dem 1. Januar 2009 zu vergüten.
Mit seiner Klage beansprucht der Kläger zuletzt noch die Bezahlung von wöchentlich weiteren vier Stunden für den Zeitraum von Januar bis April 2009 in zwischen den Parteien unstreitiger Höhe. Nach § 3 Abs. 1 MTV Metall NRW 1996, dessen Anwendung sowohl aus mitgliedschaftlicher Gebundenheit als auch aus arbeitsvertraglicher Bezugnahme folge, ergebe sich eine wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden. Die Vereinbarung vom 27. September 2005, falls es sich dabei überhaupt um einen Tarifvertrag handele, entfalte keine Nachwirkung. Diese Standortsicherungsvereinbarung sei ausdrücklich bis zum 31. Dezember 2008 befristet gewesen. Auch hätten sich die Parteien verpflichtet, noch innerhalb von deren Dauer, nämlich spätestens in der zweiten Jahreshälfte 2008, Verhandlungen über eine Nachfolgeregelung aufzunehmen. Darin liege ein Ausschluss von Nachwirkung. Die Verknüpfung des Ausschlusses betriebsbedingter Kündigungen mit der Ableistung unbezahlter Arbeitsstunden spreche gleichfalls dafür, dass eine Nachwirkung nicht gewollt gewesen sei.
Der Kläger hat zuletzt, soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung, beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.188,84 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8. Juni 2009 zu zahlen. |
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Vereinbarung vom 27. September 2005 sei ein Tarifvertrag und wirke über den 31. Dezember 2008 gemäß § 4 Abs. 5 TVG nach. Ein Ausschluss der Nachwirkung sei weder ausdrücklich noch konkludent vereinbart worden. Insbesondere seien die Bestimmungen zur Arbeitszeit anders als diejenigen zum Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen nicht befristet worden. Die Nachwirkung des MTV Metall NRW 1996 habe für die nicht mehr an die Tarifverträge des Verbandes gebundene Beklagte mit Abschluss der Vereinbarung vom 27. September 2005 als „andere Abmachung“ iSv. § 4 Abs. 5 TVG geendet. Eine Rückkehr zu den Regelungen des Verbandstarifvertrages finde daher nicht statt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage - soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung - abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision strebt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung an. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Klage - soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung - begründet ist.
I. Der Anspruch des Klägers auf Vergütung der vom 1. Januar 2009 bis einschließlich 30. April 2009 über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden nach § 3 Abs. 1 MTV Metall NRW 1996 hinaus geleisteten Arbeitsstunden ist begründet. Dem Kläger steht die geforderte Differenzvergütung zu den von der Beklagten tatsächlich vergüteten 36 Wochenarbeitsstunden zu. Dem steht die Vereinbarung vom 27. September 2005 nicht entgegen. Sie wirkt nicht gemäß § 4 Abs. 5 TVG nach. Die Tarifvertragsparteien haben die Nachwirkung dieses Tarifvertrages bei dessen Abschluss zulässigerweise konkludent ausgeschlossen. Die Arbeitszeit- und Vergütungsregelungen in Nr. 1 der Vereinbarung vom 27. September 2005 waren deshalb nur für den Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis zum 31. Dezember 2008 die maßgebende Rechtsgrundlage für die Arbeitszeit im Arbeitsverhältnis der Parteien.
1. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers richtete sich bis einschließlich 31. Dezember 2001 gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit unmittelbar und zwingend nach § 3 Abs. 1 MTV Metall NRW 1996 und belief sich auf 35 Stunden.
2. Ab dem 1. Januar 2002 wirkten die Bestimmungen des MTV Metall NRW 1996 für das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis gemäß § 4 Abs. 5 TVG nach.
a) Bei Wegfall der nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG aus der Mitgliedschaft in einer tarifschließenden Koalition folgenden unmittelbaren und zwingenden Rechtswirkung eines Tarifvertrages bleibt gemäß § 3 Abs. 3 TVG die Tarifgebundenheit bestehen, bis der Tarifvertrag endet.
b) An das Ende der Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 3 TVG schließt sich die Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG an (vgl. dazu die st. Rspr., ua. BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 424/09 - Rn. 45, AP TVG § 3 Nr. 51 = EzA TVG § 3 Verbandsaustritt Nr. 5; 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 56, BAGE 131, 176; 23. Februar 2005 - 4 AZR 186/04 - AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 42 = EzA TVG § 3 Verbandsaustritt Nr. 2). Nach dem Austritt der Beklagten mit Ablauf des 31. Dezember 2001 aus dem AGV Metall B/U und der zeitgleichen Beendigung des MTV Metall NRW 1996 im Wege der Ablösung durch den Nachfolgetarifvertrag galten für die Parteien die Regelungen des MTV Metall NRW 1996 im Wege der Nachwirkung nach wie vor unmittelbar.
3. Vom 1. Dezember 2005 bis einschließlich 31. Dezember 2008 richtete sich die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers und deren Vergütung nach der Vereinbarung vom 27. September 2005. In diesem Zeitraum waren die entsprechenden nachwirkenden Regelungen des MTV Metall NRW 1996 durch die Bestimmungen der Vereinbarung vom 27. September 2005 in diesen Regelungsbereichen verdrängt. Bei der Vereinbarung vom 27. September 2005 handelt es sich zwar um einen Tarifvertrag. Dessen Nachwirkung war aber für die hier einschlägigen Regelungen unter Nr. 1 konkludent ausgeschlossen. Mit Ablauf der Vereinbarung vom 27. September 2005 am 31. Dezember 2008 galten hinsichtlich der dort zwischenzeitlich abweichend festgelegten Regelungsbereiche, insbesondere für den Umfang der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, wieder unmittelbar die Bestimmungen des nachwirkenden MTV Metall NRW 1996.
a) Nach § 4 Abs. 5 TVG gelten nach Ablauf eines Tarifvertrages seine Rechtsnormen unmittelbar weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. § 4 Abs. 5 TVG sieht eine zeitliche Begrenzung nicht vor; die Nachwirkung des abgelaufenen Tarifvertrages ist abdingbar und entfällt dann, wenn eine andere Abmachung getroffen wird, die denselben Regelungsbereich erfasst und eine für das einzelne Arbeitsverhältnis verbindliche Regelung darstellt. Das kann durch einen für beide Parteien geltenden Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder eine arbeitsvertragliche Regelung geschehen (BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 62, BAGE 131, 176; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 789/07 - Rn. 27, BAGE 128, 175; 4. Juli 2007 - 4 AZR 439/06 - Rn. 21, EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 40). In welchem Umfang eine „andere Abmachung“ einen nach § 4 Abs. 5 TVG nachwirkenden Tarifvertrag in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht ersetzen soll, bestimmt sich nach dem in ihr zum Ausdruck kommenden Regelungswillen, der durch Auslegung zu ermitteln ist.
b) Nach diesen Vorgaben galt für das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger im Streitzeitraum vom 1. Januar 2009 bis einschließlich 30. April 2009 die Arbeitszeitregelung des § 3 Abs. 1 MTV Metall NRW 1996 mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden. Die Vereinbarung vom 27. September 2005 über eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden galt für diesen Zeitraum nicht mehr im Wege der Nachwirkung.
aa) Bei der Vereinbarung vom 27. September 2005 handelt es sich um einen Tarifvertrag, an den der Kläger und die Beklagte nach § 3 Abs. 1 TVG gebunden waren.
(1) Nicht jede dem Schriftformerfordernis des § 126 BGB und damit des § 1 Abs. 2 TVG entsprechende schriftliche Vereinbarung zwischen nach § 2 Abs. 1 TVG tariffähigen Parteien ist ein Tarifvertrag im Sinne des TVG. Als Tarifvertrag im Sinne des TVG kann nur ein zwischen einer Gewerkschaft und einem oder mehreren Arbeitgebern oder einer Vereinigung von Arbeitgebern - oder mehreren davon - abgeschlossener schriftlicher Vertrag angesehen werden, der - abgesehen von den vorliegend nicht interessierenden schuldrechtlichen Vereinbarungen - der Festlegung von Rechtsnormen zur Regelung von Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen dient und damit tarifliche Rechte und Pflichten der tarifunterworfenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber als Inhaltsnorm iSv. § 4 Abs. 1 iVm. § 1 Abs. 1 Halbs. 2 TVG unmittelbar begründen soll. Auf eine Benennung als Tarifvertrag kommt es nicht an (vgl. etwa BAG 14. April 2004 - 4 AZR 232/03 - BAGE 110, 164).
(2) Danach handelt es sich bei der Vereinbarung vom 27. September 2005 um einen Tarifvertrag.
(a) Die Vereinbarung vom 27. September 2005 ist ein zwischen tariffähigen Parteien iSd. § 2 Abs. 1 TVG - einerseits der IG Metall und andererseits einem Arbeitgeber - der Beklagten - geschlossener schriftlicher Vertrag.
(b) Mit der Vereinbarung vom 27. September 2005 wurden Rechtsnormen zur Regelung der Rechte und Pflichten im Verhältnis der Beklagten als Arbeitgeberin und der bei ihr beschäftigten tarifunterworfenen Arbeitnehmer geschaffen. Das ergibt sich aus ihrer Auslegung.
(aa) Unmittelbar festgelegt wurde darin eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden bei Vollzeitbeschäftigung und für Teilzeitbeschäftigte in einem entsprechenden Verhältnis. Diese Festlegung erfolgte ausdrücklich unter Bezugnahme auf und in Abweichung von einer nachwirkenden tarifvertraglichen Regelung. Dieser auf eine unmittelbare Wirkung gerichtete Wille zeigt sich ausdrücklich im Wortlaut unter Nr. 1 der Vereinbarung vom 27. September 2005, wo es heißt: „verändert sich die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf 40 Stunden“. Diese auf die „Veränderung“ der tariflichen Arbeitszeit gerichtete Regelung von tariffähigen Parteien lässt erkennen, dass Inhaltsnormen iSd. § 1 Abs. 1 TVG vereinbart werden sollten. Die gegenteilige Auffassung des Klägers, die beiden tariffähigen Parteien hätten für die Vereinbarung vom 27. September 2005 nicht „die Wirkungen eines Tarifvertrags“ gewollt, demnach also nur eine schuldrechtliche Wirkung beabsichtigt, trifft nicht zu. Für die dem zugrundeliegende Annahme, die Tarifvertragsparteien hätten eine Arbeitszeitregelung in Abweichung von den nachwirkenden Regelungen des MTV Metall NRW 1996 getroffen, die sich als schuldrechtliche Vereinbarung für den einzelnen Arbeitnehmer als Vertrag zu Lasten Dritter dargestellt hätte, fehlt es an jeglichem Anhaltspunkt.
(bb) Gleiches gilt für die Entgeltberechnung. Diese wurde bereits dem Wortlaut nach unmittelbar festgelegt. „Die Entgeltberechnung erfolgt“ danach auf der Basis einer 36-Stunden-Woche, bei Teilzeitbeschäftigung in einem dem entsprechenden Verhältnis.
(cc) Eine Regelung mit unmittelbarer Wirkung wurde auch hinsichtlich der prozentualen Entgelterhöhung und der Einmalzahlung in Nr. 2 der Vereinbarung vom 27. September 2005 getroffen. Bezüglich Letzterer heißt es ausdrücklich, dass sie „nicht tabellenwirksam“ wird, woraus sich für die prozentuale Entgelterhöhung im Umkehrschluss ergibt, dass diese tabellenwirksam sein soll. Auch diese Regelungen haben bereits „an sich“ den Charakter typischer tarifvertraglicher Regelungen, die für die normunterworfenen Arbeitnehmer unmittelbar und zwingend Ansprüche auf ein entsprechendes Entgelt regeln sollen. Dies kann wirksam nur durch eine normative Regelung iSd. § 1 Abs. 1 TVG geschehen.
bb) Die tarifvertragliche Vereinbarung vom 27. September 2005 ist im Arbeitsverhältnis der kongruent daran gebundenen Parteien des Rechtsstreits eine andere Abmachung iSd. § 4 Abs. 5 TVG. Die in ihr enthaltenen Bestimmungen zur regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit und zur Entgeltberechnung ersetzten in dem in dieser Vereinbarung geregelten Umfang die entsprechenden Bestimmungen des nachwirkenden MTV Metall NRW 1996 - insbesondere § 3 Abs. 1 und § 15 Abs. 6 - sowie des einschlägigen Lohnabkommens.
cc) Die in der tarifvertraglichen Vereinbarung vom 27. September 2005 unter Nr. 1 enthaltenen Rechtsnormen wirkten jedoch nicht nach § 4 Abs. 5 TVG über den 31. Dezember 2008 hinaus nach. Die Tarifvertragsparteien haben in der Vereinbarung vom 27. September 2005 deren Nachwirkung konkludent ausgeschlossen.
(1) Tarifverträge wirken zwar kraft Gesetzes (§ 4 Abs. 5 TVG) grundsätzlich nach. Die Tarifvertragsparteien können die Nachwirkung jedoch auch wirksam ausschließen (vgl. nur BAG 11. Januar 2011 - 1 AZR 310/09 - Rn. 14, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 24; 16. August 1990 - 8 AZR 439/89 - BAGE 65, 359; 18. September 1974 - 4 AZR 536/73 - AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 2; 8. Mai 1974 - 4 AZR 288/73 - AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 1). Das kann ausdrücklich oder auch konkludent geschehen (BAG 8. Oktober 1997 - 4 AZR 87/96 - BAGE 86, 366; 3. September 1986 - 5 AZR 319/85 - BAGE 53, 1).
(2) Die Regelungen unter Nr. 1 der Vereinbarung vom 27. September 2005 wirkten nach deren Auslaufen ab dem 31. Dezember 2008 nicht nach, weil die Tarifvertragsparteien deren Nachwirkung ausgeschlossen haben. Ihnen ging es mit der Regelung um eine Reduzierung der Kosten aus einem an sich anzuwendenden Verbandstarifvertrag durch zeitlich begrenzte Anhebung der dort vereinbarten Wochenarbeitszeit - im Wesentlichen ohne Entgeltausgleich - bei gleichzeitig vereinbarter Beschäftigungssicherung durch den zeitlich begrenzten Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen.
(a) Zwar enthält die Vereinbarung vom 27. September 2005 keinen ausdrücklichen, wortwörtlichen Ausschluss der gesetzlich vorgesehenen Nachwirkung.
(b) Aus ihren Regelungen folgt jedoch mit hinreichender Deutlichkeit, dass eine Nachwirkung nach dem gemeinsamen Willen der Tarifvertragsparteien ausgeschlossen werden sollte. Der Regelungswille der Tarifvertragsparteien der Vereinbarung vom 27. September 2005 ging dahin, hinsichtlich der Tarifbestimmungen unter Nr. 1 zeitlich nur befristete Regelungen unter Ausschluss der Nachwirkung zu treffen. Dies folgt aus den in der Vereinbarung miteinander in Ausgleich gebrachten wechselseitigen Interessen.
(aa) In Nr. 1 der Vereinbarung vom 27. September 2005 zur Anhebung der Wochenarbeitszeit ohne entsprechenden Entgeltausgleich und in Nr. 3 dieser Vereinbarung zu einem befristeten Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen kommt ein zwischen den Parteien der Vereinbarung bestimmtes Verhältnis der jeweiligen Beiträge von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite zur Verringerung der Entgeltkosten einerseits und der Beschäftigungssicherung andererseits zum Ausdruck. Der dabei von den Tarifvertragsparteien als angemessen befundene Interessenausgleich ist von ihnen inhaltlich und zeitlich genau bestimmt worden. Ein zweijähriger Verzicht des Arbeitgebers auf den Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen entspricht dabei nach der Wertung der Tarifvertragsparteien einer dreijährigen Arbeitszeiterhöhung ohne Lohnausgleich.
(bb) Eine solche Befristung setzt den Ausschluss der Nachwirkung der Vereinbarung voraus. Die gegenteilige Annahme einer Nachwirkung des Tarifvertrages würde zu einer zeitlich (zunächst) unbefristeten Verlängerung der Arbeitszeiterhöhung ohne Lohnausgleich führen, ohne dass sich dies in einer entsprechenden Anpassung des Beitrages des Arbeitgebers ausdrücken würde. Dadurch würde das von den Tarifvertragsparteien als angemessen vorausgesetzte und als solches vereinbarte Verhältnis von „Leistung“ und „Gegenleistung“ verändert werden. Denn es würde nur einem die eine Seite belastenden Teil dieses ausgehandelten Ausgleichs eine zeitlich nicht begrenzte Nachwirkung eingeräumt (Nr. 1 der Vereinbarung vom 27. September 2005), während der andere Teil (Nr. 3 der Vereinbarung vom 27. September 2005) mit Ablauf des Jahres 2007 endet. Dies stellte eine Veränderung des von den Tarifvertragsparteien als angemessen befundenen Ausgleichs dar (ähnlich BAG 24. Februar 2011 - 2 AZR 830/09 - Rn. 19, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 91). Für die gegenteilige Auffassung der Beklagten, die meint, die Kongruenz von Leistung und Gegenleistung werde dadurch hergestellt, dass das eine frühzeitig ende, während die Gegenleistung für einen unbestimmten Zeitraum nachwirke, findet sich keinerlei Anhaltspunkt in der Vereinbarung.
(cc) Für einen eine Nachwirkung ausschließenden Regelungswillen spricht schließlich, dass sich die Tarifvertragsparteien der Vereinbarung vom 27. September 2005 verpflichtet hatten, nicht erst nach Ende, sondern bereits während der Laufzeit der Vereinbarung miteinander über eine weitere Regelung zu sprechen. Auch wenn die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat betont hat, nicht von „Verhandlung“, sondern nur von einem „Gespräch“ sei die Rede gewesen, bestand jedenfalls ausweislich des Wortlauts der Vereinbarung vom 27. September 2005 gerade die Verpflichtung, spätestens in der zweiten Jahreshälfte 2008 Gespräche über eine Nachfolgeregelung aufzunehmen. Auch dieser Umstand spricht dafür, dass die Parteien nicht von einer gesetzlichen Nachwirkung ausgegangen sind, sondern vielmehr davon, frühzeitig vor dem Ende der Laufzeit der Vereinbarung das Zustandekommen einer Nachfolgeregelung anzustreben. Hierfür haben sie ausdrücklich eine frühzeitige Verhandlungspflicht beider Tarifvertragsparteien (dazu BAG 14. Februar 1989 - 1 AZR 142/88 - zu III 3 und 4 Gründe, AP GG Art.9 Nr. 52 = EzA GG Art. 9 Nr. 44) festgelegt (vgl. ähnlich zu einer Verpflichtung, während einer längeren Kündigungsfrist Verhandlungen über den Abschluss eines neuen Tarifvertrages zu führen BAG 8. Oktober 1997 - 4 AZR 87/96 - BAGE 86, 366).
(dd) Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Regelung in Nr. 2 der Vereinbarung vom 27. September 2005, in der ua. eine Erhöhung der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen ab dem 1. Dezember 2005 um 1,5 vH enthalten ist.
(aaa) Der von den Tarifvertragsparteien als angemessen befundene Ausgleich der wechselseitigen Interessen schließt in Nr. 2 der Vereinbarung vom 27. September 2005 zwei Regelungen zur Entgelterhöhung ein, nämlich eine prozentuale Anhebung der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen um 1,5 vH sowie eine Einmalzahlung. Diese sind integraler Bestandteil des Ausgleichs der wechselseitigen Interessen, ebenso wie die in Nr. 1 und Nr. 3 der Vereinbarung enthaltenen Regelungen zu Lohnverzicht und Beschäftigungssicherung. Hierfür spricht bereits die systematische Stellung zwischen den Regelungen in Nr. 1 und Nr. 3 der Vereinbarung vom 27. September 2005.
(bbb) Mit den beiden Regelungen zur Entgelterhöhung in Nr. 2 der Vereinbarung wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Beklagte nicht mehr tarifgebundenes Mitglied des AGV Metall B/U ist und dadurch die einschlägigen Verbandstarifverträge nur noch statisch mit dem am 31. Dezember 2001 erreichten Tarifstand nachwirken. Dabei ist die Erhöhung der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen ab dem 1. Dezember 2005 um 1,5 vH tabellenwirksam geregelt, wie sich aus dem Regelungsunterschied bezüglich der ausdrücklich nicht tabellenwirksamen Einmalzahlung ergibt. Die Tarifvertragsparteien sind davon ausgegangen, dass diese „tabellenwirksamen“ Entgelterhöhungen nach dem Ende der Laufzeit der Vereinbarung vom 27. September 2005 erhalten bleiben. Dies ergibt sich aus dem zweiten Absatz in der Regelung unter Nr. 2 der Vereinbarung vom 27. September 2005, in dem vereinbart worden ist, bereits im Jahr 2006, also lange vor deren Auslaufen „bezüglich einer weiteren Erhöhung analog der allgemeinen Tariferhöhungen des Flächentarifwerkes der Metallindustrie“ Verhandlungen aufzunehmen mit dem Ziel einer weiteren Entgeltsteigerung durch Einführung einer zusätzlichen, leistungsbezogenen und am Jahresergebnis der Beklagten orientierten Vergütungskomponente. Diese Abrede spricht dagegen, dass die Tarifvertragsparteien davon ausgegangen sind, nach dem Ende der Laufzeit der Vereinbarung vom 27. September 2005 solle es auch hinsichtlich der „tabellenwirksamen“ Entgelterhöhungen wieder „lediglich“ zu dem Rechtszustand kommen, der Inhalt der nachwirkenden Verbandstarifverträge, namentlich des zum 31. Dezember 2001 bestehenden Lohnabkommens, war.
(ee) Entgegen der Auffassung der Beklagten spricht nicht gegen die hier vorgenommene Auslegung der Vereinbarung vom 27. September 2005, dass „tariferfahrene Tarifvertragsparteien“ gehandelt haben sollen und dass nach „gängiger Praxis“ ein Ausschluss der Nachwirkung, so er gewollt ist, ausdrücklich vereinbart worden wäre, ggf. auch mit gleichzeitigem Anerkennungstarifvertrag zur Inbezugnahme des Verbandstarifvertrages. Dem Vorbringen der Beklagten kann schon nicht entnommen werden, auf welche Tatsachengrundlagen oder ggf. Erfahrungssätze (dazu BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 64 f., BAGE 132, 210) sich ihre Annahmen stützen.
(ff) Der gegen das Auslegungsergebnis gerichtete Einwand der Beklagten, Vertreter der IG Metall hätten in den Verhandlungen zu der Vereinbarung vom 27. September 2005 lediglich von einer Nachfolgevereinbarung mit einer stufenweisen Rückkehr zur 35-Stunden-Woche gesprochen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Auch wenn dies zu ihren Gunsten als zutreffend unterstellt würde und eine solche Verhandlungsoption für eine Nachfolgevereinbarung im Raum gestanden haben mag, ist nicht ersichtlich, inwieweit dieser Umstand für die Auslegung der Vereinbarung vom 27. September 2005 im Hinblick auf den Ausschluss der Nachwirkung von Bedeutung sein soll.
(gg) Im Übrigen geht die Beklagte, die persönlich Tarifvertragspartei der Vereinbarung vom 27. September 2005 ist, ausweislich der von ihr im Dezember 2008 und damit vor dem Ende der Laufzeit der Vereinbarung angebotenen Änderungsverträge selbst davon aus, dass die Regelungen des Tarifwerkes der Metallindustrie bezogen auf die wöchentliche Arbeitszeit bei ihr - wieder - galten, wenn sie dort formuliert: „Zugleich finden die Regelungen des Tarifwerkes der Metallindustrie mit sofortiger Wirkung bezogen auf die wöchentliche Arbeitszeit keine Anwendung mehr“. Dieser Vereinbarungsvorschlag, in dem etwas grundsätzlich anderes zum Ausdruck kommt als eine einfache „Klarstellung“, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung meinte, zeigt deutlich, dass die Beklagte die Regelungen in der Vereinbarung vom 27. September 2005 zur Arbeitszeit selbst als vorübergehend verstanden und die automatische Rückkehr zum Arbeitszeitregime des nachwirkenden MTV Metall NJW 1996 nach deren Ablauf als übereinstimmenden Regelungsgehalt angesehen hat.
dd) In der Folge bestimmt sich die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers nach dem Ende der Laufzeit der Vereinbarung vom 27. September 2005 für den Streitzeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 30. April 2009 nach den nachwirkenden Regelungen des MTV Metall NRW 1996.
4. Dem Kläger steht der der Höhe und Berechnung nach unstreitige Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Differenzvergütung zu.
II. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision nach § 97 ZPO zu tragen.
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Treber |
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