Entscheidungsdatum: 11.10.2012
In der Beschwerdesache
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betreffend das Gebrauchsmuster …
hier: Erinnerung gegen Kostenfestsetzungsbeschluss
hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 11. Oktober 2012 durch den Vorsitzenden Richter Baumgärtner sowie die Richterin Bayer und den Richter Eisenrauch
beschlossen:
1. Die Erinnerung der Antragstellerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Bundespatentgerichts vom 18. August 2009 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Erinnerungsverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
I.
Die Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts hat den gegen das am 20. August 1999 angemeldete und am 14. September 2000 in das Gebrauchsmusterregister eingetragene (Streit-) Gebrauchsmuster … mit der Bezeichnung „…-…“ gerichteten Löschungsantrag mit Beschluss vom 20. September 2006 zurückgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde hat der 5. Senat des Bundespatentgerichts mit Beschluss vom 19. Dezember 2007 den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I aufgehoben, das Streitgebrauchsmuster gelöscht und der Antragsgegnerin u. a. die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt. Die von der Antragsgegnerin gegen diese Entscheidung eingelegte Rechtsbeschwerde ist ohne Erfolg geblieben; die Kosten dieser Rechtsbeschwerde hat der X. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 24. März 2009 (Az. X ZB 7/08) ebenfalls der Antragsgegnerin auferlegt.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsätzen vom 7. März 2008 und vom 6. Juli 2009 beantragt, die ihr von der Antragsgegnerin für das Beschwerde- und das Rechtsbeschwerdeverfahren zu erstattenden Kosten festzusetzen, und für beide Instanzen jeweils Kostenrechnungen eines patentanwaltlichen und eines rechtsanwaltlichen Vertreters - bzw. einer Vertreterin - überreicht.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18. August 2009 hat die Rechtspflegerin des Bundespatentgerichts die der Antragstellerin von der Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens auf 8.189,45 € festgesetzt und den Antrag auf Kostenfestsetzung im Übrigen zurückgewiesen. Nicht anerkannt wurden hierbei die hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens geltend gemachten Kosten für die Doppelvertretung durch einen Patent- und einen Rechtsanwalt, da dort die Beauftragung eines Rechtsanwalts neben dem bevollmächtigten Patentanwalt nicht notwendig gewesen sei. Im Beschluss ist weiter ausgeführt, dass die Anerkennung von Doppelvertretungskosten nur ausnahmsweise in Betracht komme, nämlich wenn dies die besonderen rechtlichen Schwierigkeiten des Falles rechtfertigten. Solche besonderen rechtlichen Schwierigkeiten seien jedoch weder von der Antragstellerin angeführt noch in anderer Weise ersichtlich geworden.
Hiergegen richtet sich die Erinnerung der Antragstellerin, mit der sie die Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 18. August 2009 mit dem Ziel betreibt, die Kosten des im Beschwerdeverfahren tätig gewordenen Rechtsanwalts zusätzlich zu den Kosten ihres Patentanwalts erstattet zu erhalten. Zur Begründung führt die Antragstellerin aus, dass ihre zweckmäßige und vollständige Vertretung im Beschwerdeverfahren nur unter Hinzunahme eines Rechtsanwalts gewährleistet gewesen sei. Ein Beleg hierfür sei u. a., dass im Laufe des patentamtlichen Löschungsverfahrens als auch des späteren Beschwerdeverfahrens mehrfach ein Urteil des Landgerichts Köln (Az. 31 O 409/04) vom 25. November 2004 zur Sprache gekommen sei. Es habe zwischen den Parteien eine Verquickung von unterschiedlichen streitigen Verfahren und Auseinandersetzungen bestanden, die jeweils eine Zusammenarbeit der beteiligten Patent- und Rechtsanwälte erfordert habe. Insbesondere sei es darum gegangen, die Löschung des Streitgebrauchsmusters mit der neuheitsschädlichen Vorwegnahme durch ein Geschmacksmuster zu begründen. Auch die erörterte Möglichkeit, das Verfahren vergleichsweise zu erledigen, habe die Mitwirkung eines Rechtsanwalts erfordert.
Die Antragstellerin und Erinnerungsführerin beantragt (sinngemäß),
den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Bundespatentgerichts vom 18. August 2009 dahingehend abzuändern, dass hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens zusätzlich die beantragten Kosten des Rechtsanwalts zur Erstattung festgesetzt werden.
Die Antrags- und Erinnerungsgegnerin beantragt,
die Erinnerung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, eine Doppelvertretung durch einen Patent- und einen Rechtsanwalt sei nicht erforderlich gewesen. Bei dem Beschwerdeverfahren sei es letztlich nur um die Beurteilung gegangen, ob der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters auf einem erfinderischen Schritt beruhe oder nicht. Vom Vorliegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten könne daher keine Rede sein.
II.
Die gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 12, Abs. 2 RPflG i. V. m. § 104 ZPO, § 18 Abs. 2 GebrMG und § 84 Abs. 2 PatG zulässige Erinnerung, die auch zulässigerweise auf einen Teil der Kostenfestsetzungsentscheidung - nämlich auf die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines im Beschwerdeverfahren zusätzlich mitwirkenden Rechtsanwalts - beschränkt werden durfte, hat in der Sache keinen Erfolg. Die mit der Erinnerung geltend gemachten Kosten für den im Löschungsbeschwerdeverfahren neben dem verfahrensbevollmächtigten Patentanwalt beauftragten Rechtsanwalt waren nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig. Die Antragstellerin und Erinnerungsführerin kann daher keinen Ersatz der Kosten ihres im Beschwerdeverfahren mitwirkenden Rechtsanwalts beanspruchen.
1. Die Festsetzung der erstattungsfähigen Kosten richtet sich im Gebrauchsmusterlöschungsbeschwerdeverfahren nach § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 PatG, §§ 91 ff. ZPO. Nach § 91 Abs. 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Zu diesen Kosten gehören nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO stets die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechts- bzw. Patentanwalts der obsiegenden Partei. Sie gelten von Rechts wegen als zweckentsprechende Kosten der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung. Für die Erstattungsfähigkeit der Kosten des (hier) zusätzlich zum Patentanwalt mitwirkenden Rechtsanwalts kommt es stattdessen darauf an, ob diese Kosten gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtverteidigung notwendig waren, was sich nach einem objektiven Maßstab beurteilt.
Bei Prüfung der Notwendigkeit ist darauf abzustellen, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung - also bei objektiver Betrachtung ex ante - als sachdienlich ansehen durfte, wobei die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen darf und lediglich gehalten ist, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (vgl. BGH GRUR2005, 271 - Unterbevollmächtigter III m. w. N.). Notwendig sind danach alle Kosten, ohne die die zweckentsprechenden Maßnahmen nicht getroffen werden könnten. Bei der Beurteilung der Erstattungsfähigkeit ist grundsätzlich eine typisierende Betrachtungsweise geboten (vgl. BGH GRUR 2005, 271 - Unterbevollmächtigter III; BGH NJW 2003, 901 - Auswärtiger Rechtsanwalt I; BGH GRUR 2005, 1072 - Auswärtiger Rechtsanwalt V; BGH WRP 2008, 363).
2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze geht die Beauftragung eines Rechtsanwalts neben einem Patentanwalt im vorliegenden Gebrauchsmusterlöschungsbeschwerdeverfahren über das hinaus, was eine verständige, kostenbewusste und wirtschaftlich vernünftige Partei bei Einlegung der Beschwerde als in diesem Sinne notwendig ansehen durfte.
2.1. Der Bundesgerichtshof hat in seiner grundlegenden Entscheidung zum Gebrauchsmusterlöschungsverfahren (GRUR 1965, 621, 626 - Patentanwaltskosten) die Auffassung des (damals zuständigen) 5. Senats des Bundespatentgerichts (BPatG) gebilligt, dass eine Partei im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren durch einen Patentanwalt regelmäßig vollwertig vertreten ist. Er hat darauf abgestellt, dass ein Patentanwalt aufgrund seiner Ausbildung und Berufspraxis so geschult ist, dass er die im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren regelmäßig auftretenden Rechtsfragen beherrscht (so auch das BPatG zum Patentanwalt im Nichtigkeitsverfahren: BPatGE 51, 76, 80 - Doppelvertretung im Nichtigkeitsverfahren). Auch die Entscheidungspraxis des erkennenden sowie des 10. Senats des BPatG ging in Fortführung der oben genannten BGH-Entscheidung „Patentanwaltskosten“ stets dahin, Doppelvertretungskosten nur dann anzuerkennen, wenn über den Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes hinaus derart schwierige rechtliche Fragen zu beurteilen sind, für deren Bearbeitung das bei einem Patentanwalt vorauszusetzende rechtliche Wissen nicht ausreicht (vgl. BPatGE 45,149 ff. - m. w. N. - sowie die Senatsbeschlüsse vom 18. September 2006, 5 W (pat) 422/05, vom 17. Oktober 2006, 5 W (pat) 8/06, und vom 6. März 2008, 5 W (pat) 443/03, jeweils abrufbar im Internet bei JURIS® Das Rechtsportal; ferner: BPatGE 51, 81 ff. - Medizinisches Instrument). An dieser Auffassung wird festgehalten.
2.2. Die Antragstellerin kann sich vorliegend nicht mit Erfolg darauf berufen, dass im vorliegenden Löschungsbeschwerdeverfahren außergewöhnlich schwierige rechtliche Fragen ex ante, also bei Einlegung der Beschwerde, zu erwarten gewesen wären. Sie hat nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, woraus sich solchen Umstände im Verlauf des vorliegenden Beschwerdeverfahrens hätten ergeben können; auch in anderer Weise sind solche nicht ersichtlich geworden. Die substantiierte Darlegung eines Kostengläubigers, weshalb im Einzelfall aufgrund welcher konkreten Umstände eine Doppelvertretung erforderlich war, kann aber nicht nachgelassen werden. Dies stellt keine unangemessene Belastung für die Antragstellerin dar, sondern dient dem Schutz der Antragsgegnerin und Kostenschuldnerin davor, außerhalb der vom Gesetz in § 91 Abs. 2 ZPO getroffenen grundsätzlichen Entscheidung, wonach grundsätzlich nur die Aufwendungen eines Anwalts abgerechnet werden können, ungerechtfertigt mit erheblichen Mehrkosten belastet zu werden (vgl. zu allem detailliert BPatGE 51, 81 ff. - Medizinisches Instrument). Grundsätzlich gilt, dass sich ein Anwalt die tatsächlichen und rechtlichen Kenntnisse für ein übernommenes Mandat selbst verschaffen muss. Unabhängig davon, dass jede Partei daran interessiert ist, qualifizierten Rechtsschutz zu erhalten, darf sie sich im Einzelfall bei ihrem Prozessbevollmächtigten fehlende notwendige Kenntnisse nicht auf Kosten des Gegners beschaffen (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 91, Rn. 13, Stichwort „Spezialanwalt“ - m. w. N.).
Im Gegensatz zu Verletzungsverfahren vor den Zivilgerichten benötigen die Beteiligten in Verfahren, die vor dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) oder BPatG anhängig sind, keinen Rechtsanwalt. Ein Patentanwalt ist durch seine spezielle Ausbildung regelmäßig in besonderer Weise zur Vertretung in den genannten patent- und gebrauchsmusterrechtlichen Streitigkeiten geeignet (vgl. insoweit die zutreffenden Ausführungen des 3. Senats des BPatG in Mitt. 2008, 570f.).Soweit sich innerhalb des Löschungsverfahrens die Notwendigkeit einer gegenüber den ursprünglich eingereichten Unterlagen eingeschränkten Verteidigung des Schutzrechts ergibt, bemisst sich diese regelmäßig anhand eines Vergleichs mit dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik, dessen Beurteilung in die Fachkompetenz des Patentanwalts fällt. Jeder Patentanwalt weiß zudem, dass zum einschlägigen Stand der Technik auch die vorveröffentlichten Unterlagen eines eingetragenen Geschmacksmusters zählen können. Ebenfalls selbstverständlich ist, dass im Rahmen einer Neuformulierung der Schutzansprüche eine etwaige parallel anhängige Streitigkeit zu berücksichtigen sein kann. Dabei wäre auch eine gegebenenfalls vorzunehmende Neubewertung des Schutzumfangs im Wesentlichen technischer Natur, die keinen zusätzlichen juristischen Sachverstand erfordern würde.
2.3. Für sich betrachtet entscheidungserheblich ist auch nicht der Umstand, dass es - wie vorliegend behauptet - sowohl im Laufe des patentamtlichen Gebrauchsmusterlöschungsverfahrens als auch des späteren Beschwerdeverfahrens zwischen den Parteien zu einer „Verquickung“ von unterschiedlichen streitigen Verfahren und Auseinandersetzungen gekommen sei und hierbei beispielsweise auch ein Urteil des Landgerichts Köln vom 25. November 2004 mit dem Aktenzeichen 31 O 409/04 Bedeutung erlangt haben sollte. Selbst die Notwendigkeit, unterschiedliche Rechtstreitigkeiten aufeinander abzustimmen und gegebenenfalls auch die vergleichsweise Erledigung von mehreren Verfahren zu verhandeln, stellt für sich betrachtet noch keine Besonderheit dar, die den Schluss zuließe, es läge ein Fall mit besonderen rechtlichen Schwierigkeiten vor (vgl. BPatGE 51, 81, 89 - Medizinisches Instrument).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs. 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 PatG und § 97 Abs. 1 ZPO (vgl. Bühring, GebrMG, 8. Aufl., § 18 Rn. 129 und 142; BPatG Mitt. 2006, 415), wonach die Kosten der erfolglosen Erinnerung der Antragstellerin und Erinnerungsführerin aufzuerlegen sind.