Entscheidungsdatum: 18.06.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2010 005 827
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender, den Richter Kätker und die Richterin Dr. Hoppe auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2013
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Gegen die am 28. April 2010 eingetragene und am 28. Mai 2010 veröffentlichte farbige (blau, dunkelgrau) Wort-/Bildmarke 30 2010 005 827
eingetragen für die Dienstleistungen
Klasse 37:
Bauwesen, insbesondere in Form eines Bauträgers zwecks Durchführung von Bauvorhaben; Bauleitung
Klasse 42:
Dienstleistungen eines Ingenieurs im Bauwesen
ist Widerspruch erhoben worden aus der farbigen (grau, blau, weiß) Wort-/Bildmarke 307 55 400 (Widerspruchsmarke zu 1)
am 2. Oktober 2007 u. a. eingetragen für die Dienstleistungen
Klasse 37:
Bauwesen, Reparatur von Maschinen, Motoren, Fenstern, Fassaden, Türen, Toren und Zubehör; Installationsarbeiten; Installation, Wartung und Reparatur von Maschinen
Klasse 42:
wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sowie industrielle Analyse und Forschungsdienstleistungen, insbesondere in Bezug auf Fenster, Fassaden, Türen, Tore, Glas, Werkstoffe und Zubehör; Durchführung von Konstruktionsplanungen und technischen Projektplanungen, Inaugenscheinnahmen (Besichtigungen vor Ort), Auswertungen, Prüfungen, Zertifizierungen, Überwachungen, Forschungs- und Entwicklungsprojekten sowie Erstellung von technischen und wissenschaftlichen Gutachten und gutachterlichen Stellungnahmen, insbesondere in Bezug auf Fenster, Fassaden, Türen, Tore, Glas, Werkstoffe und Zubehör
und aus der Wortmarke 307 55 398 (Widerspruchsmarke zu 2)
ift Rosenheim
am 2. Oktober 2007 u. a. eingetragen für die Dienstleistungen
Klasse 37:
Bauwesen, Reparatur von Maschinen, Motoren, Fenstern, Fassaden, Türen, Toren und Zubehör; Installationsarbeiten; Installation, Wartung und Reparatur von Maschinen
Klasse 42:
wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sowie industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen, insbesondere in Bezug auf Fenster, Fassaden, Türen, Tore, Glas, Werkstoffe und Zubehör; Durchführung von Konstruktionsplanungen und technischen Projektplanungen, Inaugenscheinnahmen (Besichtigungen vor Ort), Auswertungen, Prüfungen, Zertifizierungen, Überwachungen, Forschungs- und Entwicklungsprojekten sowie Erstellung von technischen und wissenschaftlichen Gutachten und gutachterlichen Stellungnahmen, insbesondere in Bezug auf Fenster, Fassaden, Türen, Tore, Glas, Werkstoffe und Zubehör.
Mit Schriftsatz vom 29. November 2010 hat die Inhaberin der angegriffenen Marke vorsorglich die Einrede mangelnder Benutzung erhoben.
Mit Beschluss vom 29. November 2011 hat die Markenstelle für Klasse 37 die angegriffene Marke auf Grund der Widersprüche aus den verfahrensgegenständlichen Widerspruchsmarken gelöscht. Sie hat hierzu ausgeführt, dass die unter der Klasse 37 für die angegriffene Marke registrierten Dienstleistungen des Bauwesens in den Identitäts- oder engsten Ähnlichkeitsbereich fielen. Dasselbe gelte hinsichtlich der weiteren Dienstleistung "Bauleitung" und den Dienstleistungen eines Ingenieurs im Bauwesen. So könne beispielsweise der Werbeumfang der Dienstleistungen eines Ingenieurs im Bauwesen die Beratung, die Verfassung von Plänen, Berechnungen und Studien, die Durchführung von Untersuchungen, Überprüfungen und Messungen, die Ausarbeitung von Projekten, die Überwachung der Ausführung von Projekten etc. beinhalten. Damit seien die planerischen und Überwachungsdienstleistungen, für die die Widerspruchsmarken Schutz beanspruchen, mit umfasst. Die Widerspruchsmarken verfügten über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Es handele sich um keine allgemein übliche Abkürzung, da sie in keinem einschlägigen Abkürzungsverzeichnis aufgelistet sei und daher von den angesprochenen Verkehrskreisen wie ein Phantasiewort aufgefasst werde. Daran ändere sich nicht dadurch etwas, dass es verschiedene Ingenieurbüros gebe, die diese Bezeichnung nutzten, um dadurch darauf hinzuweisen, dass es sich um ein "Ingenieurbüro für Transformatoren/Tragwerksplanung/Fußbodentechnik" oder Ähnliches handele. In klanglicher Hinsicht seien die Zeichen identisch, da der in den Widerspruchsmarken enthaltene Zusatz "Rosenheim" als beschreibende Angabe aufgefasst werde, ebenso wie der Zusatz "engineers" in der angegriffenen Marke. Vor diesem Hintergrund sei eine Verwechslungsgefahr anzunehmen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke. Sie ist der Ansicht, dass keine Verwechslungsgefahr bestehe. Insbesondere habe das DPMA bei der Widerspruchsmarke zu 1) verkannt, dass sich der Schutzumfang bei farbiger Eintragung - im Gegensatz zu einer Schwarz-weiß-Eintragung - eben auf diese exakte Gestaltung beschränke.
Mit Schriftsatz vom 28. März 2013 hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die Nichtbenutzungseinrede nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG erhoben.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,
die angefochtenen Beschlüsse des DPMA aufzuheben und die Widersprüche zurückzuweisen.
Die Widersprechende beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Widersprechende hat zum Nachweis einer ernsthaften Benutzung eine eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers und zahlreiche Benutzungsunterlagen vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 109 ff. d. A. Bezug genommen. Im Übrigen verteidigt sie die angefochtenen Beschlüsse.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat beim DPMA die Löschung der Widerspruchsmarke zu 2) gem. § 50 i. V. m. § 54 MarkenG beantragt. Der Senat hat die Löschungsakte des DPMA beigezogen. Wegen des Inhalts wird auf das Löschungsverfahren S 307 55 398 verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Die angegriffene Marke ist wegen Verwechslungsgefahr gem. §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42, 43 MarkenG zu löschen.
1.
Eine Aussetzung des Verfahrens nach §§ 148 ZPO i. V. m. § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG wegen des gegen die Widerspruchsmarke zu 2) anhängigen Löschungsverfahrens nach §§ 54, 50 MarkenG ist hier ausnahmsweise nicht geboten. Dem beigezogenen Löschungsverfahren ist zu entnehmen, dass die Widersprechende dem Löschungsantrag rechtzeitig widersprochen hat. Die Antragstellerin hat ihr Löschungsbegehren darauf gestützt, dass die Zeichenfolge "IFT Ingenieurbüro" in der Internetsuchmaschine aufzufinden sei und es im Regierungsbezirk Oberbayern eine "IFT Rosenheim GmbH" gebe. Die Marke "ift Rosenheim" sei daher geeignet, einen Teil des vom Produkt angesprochenen Verkehrs zu täuschen, weil dieser annehmen werde, dass das Produkt von der "IFT Rosenheim GmbH" stamme, obwohl dies tatsächlich nicht der Fall sei (dazu Löschungsverfahren Bl. S. 13d, 40 und S. 16). Daher lägen die Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 4 MarkenG vor.
Die Benutzung eines ähnlichen oder identischen Kennzeichens durch andere Unternehmen stellt indes kein absolutes Eintragungshindernis dar. Auch im Übrigen sind absolute Eintragungshindernisse weder erkennbar noch seitens der Antragstellerin vorgetragen. Das Löschungsverfahren erscheint insofern aussichtlos und rechtfertigt keine Aussetzung des anhängigen Widerspruchsverfahrens zumal eine Verwechslungsgefahr mit der Widerspruchsmarke zu 1) besteht.
2.
Die Markenstelle hat die Löschung der angegriffenen Marke zu Recht angeordnet, weil Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.
Nach allgemein anerkannten Grundsätzen liegt Verwechslungsgefahr dann vor, wenn die betreffenden Verkehrskreise glauben könnten, dass die mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen und die mit der Widerspruchsmarke bezeichneten Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Entscheidende Beurteilungsfaktoren sind die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen, sowie die Ähnlichkeit der von diesen erfassten Waren und Dienstleistungen. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es maßgeblich darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 (Nr. 28) - THOMSON LIFE; EuGH GRUR 2008, 343 (Nr. 33) - BAINBRIDGE m. w. N.).
Auszugehen ist von dem angesprochenen inländischen Verkehr, der alle Kreise umfasst, in denen die fragliche Marke aufgrund der beanspruchten Dienstleistungen Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 (Nr. 65) - Henkel). Maßgeblich ist dabei nicht ein flüchtiger, sondern ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher (EuGH GRUR 2006, 411 (Nr. 24) - Matratzen Concord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 29) - Chiemsee; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9 Rd. 81, § 8 Rd. 29 ff.). Dabei kann der Aufmerksamkeitsgrad je nach Art der Waren und Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein.
Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen zählen hier Endverbraucher und Fachverkehrskreise, die einigen der unter die Oberbegriffe fallenden Dienstleistungen mit erhöhter Aufmerksamkeit begegnen, da sich die Dienstleistungen auf Immobilienobjekte und damit auf wirtschaftlich bedeutsame Gegenstände beziehen können.
Bei der Bestimmung der Verwechslungsgefahr ist von einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der Waren-/Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, der Zeichenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen in der Weise, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.: EuGH GRUR 1998, 387 (Nr. 22) - Springende Raubkatze; EuGH GRUR 1998, 922 (Nr. 17) - Canon; EuGH GRUR 2008, 343 (Nr. 48) - BAINBRIDGE; BGH GRUR 2008, 1002 (Nr. 23) - Schuhpark; BGH GRUR 2008 (Nr. 13) - Pantogast; BGH GRUR 2010, 1103 (Nr. 37) - Pralinenform II; BGH GRUR 2011, 824 (Nr. 19) - Kappa/KAPPA; BGH GRUR 2010, 235 (Nr. 15) - AIDA/AIDU; BGH GRUR 2012, 1040 (Nr. 25) - pure/pjur).
3.
a) Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke zunächst vor Ablauf der Benutzungsschonfrist für die Widerspruchsmarken und damit in unzulässiger Weise bestritten (§ 43 Abs. 1 MarkenG). Allerdings hat sie die Einrede nach Ablauf der Schonfrist im Hinblick auf § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG in zulässiger Weise wiederholt.
b) Eine ernsthafte Benutzung liegt vor, wenn die Marke nicht nur symbolisch, sondern entsprechend ihrer Hauptfunktion zur Garantie der Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, benutzt wird, um für diese einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern (EuGH C-259/02 (Nr. 19) - La Mer Technology; EuGH GRUR 2003, 425 (Nr. 35 - 39) - Ansul/Ajax; EuGH GRUR 2009, 156 (Nr. 13) - Verein Radetzky-Orden; EuGH GRUR Int. 2005, 256 (Nr. 26) - Vitakraft; BGH GRUR 2009, 60 (Nr. 37) - LOTTOCARD). Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des Benutzungszwangs, der im Lichte des 9. Erwägungsgrunds der Präambel der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Marken vom 22.10.2008 (MarkenRL) zu ermitteln ist. Danach soll eine Marke nicht wegen des Bestehens einer älteren Marke, die nicht benutzt worden ist, für ungültig erklärt werden. Durch dieses Erfordernis soll die Gesamtzahl der in der Union eingetragenen und geschützten Marken und damit die Anzahl der zwischen ihnen möglichen Konflikte verringert werden (vgl. auch: EuG GRUR Int. 2010, 318 (Nr. 20) - COLORIS). Dritten sollen Rechte aus der Marke dementsprechend nicht entgegengehalten werden können, wenn die Marke ihren geschäftlichen Sinn und Zweck verliert, der darin besteht, für mit dem Zeichen versehene Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen bzw. zu sichern, indem sie dem Verkehr ermöglicht, die mit dem Zeichen gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Herkunft zu unterscheiden (EuGH GRUR 2003, 425 (Nr. 36, 43) - Ansul/Ajax; EuGH GRUR Int. 2007, 1009 (Nr. 72) - BAINBRIDGE; EuGH C-259/02 (Nr. 19) - La Mer Technology).
Bei der Prüfung der Frage, ob die Benutzung der Marke ernsthaft ist, sind sämtliche Umstände zu berücksichtigen, die belegen können, dass die Marke tatsächlich geschäftlich verwertet wird, insbesondere Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder zu gewinnen (EuGH GRUR 2003, 425 (Nr. 39) - Ansul/Ajax; EuGH C-259/02 (Nr. 19) - La Mer Technology). Dementsprechend muss die Benutzung der Marke nicht immer umfangreich zu sein, um als "ernsthaft" eingestuft zu werden, da eine solche Einstufung von den Merkmalen der betreffenden Ware oder Dienstleistung auf dem entsprechenden Markt abhängt (EuGH GRUR 2003, 425 (Nr. 39) - Ansul/Ajax; EuGH C-259/02 (Nr. 19) - La Mer Technology). Von einer ernsthaften Benutzung ist jedenfalls auszugehen, wenn keine bloße Scheinbenutzung vorliegt, sondern die Marke tatsächlich, stetig und mit stabilem Erscheinungsbild auf dem Markt präsent ist (EuGH GRUR 2003, 343 (Nr. 74) - BAINBRIDGE).
c) Vorliegend belegen die von der Widersprechenden eingereichten Unterlagen in Zusammenschau mit der eidesstattlichen Versicherung ihres Geschäftsführers, dass die Widerspruchsmarken jedenfalls für "Bauwesen, Analyse- und Forschungsdienstleistungen, Prüfungen, Zertifizierungen und technische Gutachten" in erheblichem Umfang markenmäßig benutzt worden sind.
Aus den vorgelegten Unterlagen geht hervor, dass die Widersprechende die Widerspruchsmarken seit 1997 bis heute stetig benutzt. Insbesondere verwendet sie die Zeichen seit Mai 2005 zur Kennzeichnung von Veranstaltungen, die sie in ihrer Eigenschaft als bautechnisches Prüfungs- und Forschungsinstitut organisiert. Zudem benutzt sie die Marken bei der Erbringung von Dienstleistungen, zu denen insbesondere die Tauglichkeitsprüfung von Bauelementen, die Vergabe von Prüfnachweisen für verschiedene Baustoffe und -elemente, Projektierung, Bau und Kalibrierung von Prüfungseinrichtungen, Begutachtung und Objektbetreuung, Zertifizierungs- und Gütesicherungsleistungen, Seminare zu Themen der Baubranche und Forschungsdienstleistungen zählen. Neben zahlreichem Prospektmaterial hat die Widersprechende auch diverse von ihr erstellte Gutachten vorgelegt, die eine markenmäßige Benutzung der Widerspruchsmarken zeigen. Die glaubhaft gemachten Umsatzzahlen für die Jahre 2005-2013 belegen zudem, dass die Benutzung auch nach Dauer und Umfang als ernsthaft einzustufen ist.
4.
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (EuGH GRUR Int. 1998, 922 (Nr. 22 - 29) - Canon; EuGH GRUR 2006, 582 (Nr. 85) - VITAFRUIT; BGH GRUR 2001, 507 (508) - EVIAN/REVIAN; BGH GRUR 2007, 1066 (Nr. 23) - Kinderzeit). In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren oder Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen (BGH GRUR 2008, 719 - idw Informationsdienst Wissenschaft/IDW). Die maßgeblichen wirtschaftlichen Zusammenhänge, wie Vertriebswege, Zweckbestimmung oder Verwendungsweise sind daher relevante Gesichtspunkte. Von einer Unähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen kann nur ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der Marken die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstandes der Waren oder Dienstleistungen von vornherein ausgeschlossen wäre (BGH GRUR 2008, 719 - idw Informationsdienst Wissenschaft/IDW).
Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht im Hinblick auf die für die angegriffene Marke in Klasse 37 und 42 eingetragenen Dienstleistungen Identität mit den für die Widerspruchsmarken eingetragenen Dienstleistungen "Bauwesen" (Klasse 42) und "Analyse- und Forschungsdienstleistungen, Prüfungen, Zertifizierungen und technische Gutachten" (Klasse 42), weil diese Dienste Bauleitungs- und Ingenieurdienstleistungen mit umfassen.
5.
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken ist durchschnittlich.
Die Kennzeichnungskraft bestimmt den Schutzumfang einer Marke und ist daher Grundlage für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr. Kennzeichnungskraft ist die Eignung des Zeichens, sich dem Publikum aufgrund seiner Eigenart als Marke einzuprägen, d. h. als Herkunftshinweis erkannt, in Erinnerung behalten und wieder erkannt zu werden (BGH WRP 2012, 1241 (Nr. 25) - pure/pjur; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. § 14 Rd. 497). Je größer die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist, umso größer ist ihr Schutzumfang und umso eher wird die Verwechslungsgefahr zu bejahen sein (EuGH GRUR 1998, 387 (Nr. 18, 24) - Springende Raubkatze; EuGH GRUR Int. 1999, 734 (Nr. 20) - Lloyd Schuhfabrik; EuGH GRUR 1998, 922 (Nr. 18) - Canon; BGH GRUR 2006, 60 (Nr. 14) - coccodrillo). Durchschnittlich kennzeichnungskräftig sind Marken, die von Haus aus, also unabhängig von ihrer Benutzung auf dem Markt, normal unterscheidungskräftig und uneingeschränkt geeignet sind, die betreffenden Waren oder Dienstleistungen ihrer Herkunft nach zu individualisieren (Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9 Rd. 128; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. § 14 Rd. 532; vgl. EuGH GRUR Int. 1999, 734 (Nr. 22) - Lloyd Schuhfabrik). Die originäre Kennzeichnungskraft einer Marke kann durch Benutzung gesteigert werden, wenn dadurch eine erhöhte Bekanntheit in den maßgeblichen Verkehrskreisen resultiert.
Die originäre Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen ist nicht geschwächt, da die Abkürzung "IFT" sich weder in Abkürzungsverzeichnissen nachweisen lässt, noch sonst erkennbar wäre, dass sie in Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen in bestimmter Bedeutung verstanden würde, wenn sie nicht durch ergänzende Begriffe erläutert wird.
6.
Die zu vergleichenden Zeichen weisen keine ausreichenden Unterschiede auf.
a) Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. EuGH GRUR 2010, 933 (Nr. 33) - Barbara Becker; BGH, GRUR 2012, 64 (Nr. 9) - Maalox/Melox-GRY, BGH GRUR 2012, 1040 (Nr. 40) - pure/pjur). Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Marken ist nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift)Bild und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können (EuGH GRUR Int. 2010, 129 (Nr. 60) - La Espaňola/Carbonell; BGH, GRUR 2009, 1055 (Nr. 26) - airdsl), wobei bereits die hinreichende Übereinstimmung in einem Aspekt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr ausreichen kann (EuGH GRUR 2006, 413 (Nr. 21) - ZIRH/SIR; BGH WRP 1999, 192 (194) - PATRIC LION/Lions; BGH GRUR 2011, 824 (Nr. 26) - Kappa/KAPPA; BGH GRUR 2006, 60 (Nr. 17) - coccodrillo). Abzustellen ist auf die Wahrnehmung des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. EuGH GRUR 2006, 413 (Nr. 19) - ZIRH/SIR; BGH GRUR 2006, 859 (Nr. 17) - Malteserkreuz). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der maßgebliche Verkehr die Zeichen regelmäßig nicht gleichzeitig nebeneinander wahrnimmt und sie deshalb nicht unmittelbar miteinander vergleichen kann, sondern seine Auffassung nur aufgrund einer meist undeutlichen Erinnerung an eine der Marken gewinnt (EuGH GRUR 2010, 1098 (Nr. 45) - CK Creaciones Kennya/CK Calvin Klein; EuGH GRUR 2010, 933 (Nr. 33) - BARBARA BECKER/ BECKER; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Auflage, § 9 Rd. 220 m. w. N.).
b) Die zu beurteilende Widerspruchsmarke zu 2) besteht aus der Buchstabenfolge "ift" und dem nachfolgenden Wort "Rosenheim". In der Widerspruchsmarke zu 1) finden sich dieselben Elemente in dunkelblauer Schrift, allerdings ist das Wort "ROSENHEIM" in Majuskeln unter der größenmäßig hervorgehobenen Buchstabenfolge angeordnet und das Zeichen beinhaltet zusätzliche grafische Gestaltungselemente. Insbesondere wird die Buchstabenfolge durch zwei dicke graue Winkel eingerahmt, die - ebenso wie der Punkt auf dem "i" - in grauer Farbe dargestellt sind.
Das angegriffene Zeichen beinhaltet ebenfalls die Buchstabenfolge "IFT" allerdings in Majuskeln und Fettdruck. Darunter befindet sich in deutlich kleinerer Schriftgröße das englische Wort "engineers". Der Buchstabe "I" und das Wort "engineers" sind in mittelblauer, die weiteren Buchstaben in grauer Farbe abgebildet.
c) Wenn die angegriffene Marke ein Element der Widerspruchsmarke identisch übernimmt und mit weiteren Elementen kombiniert, führt dies zwar nicht automatisch zur Bejahung einer Verwechslungsgefahr (BGH I ZR 85/11 (Nr. 34) - Culinaria/Villa Culinaria). Bei dem vorzunehmenden Zeichenvergleich ist nämlich stets von der eingetragenen Form der Marke und von dem durch diese Form vermittelten Gesamteindruck auszugehen. Grundsätzlich ist es daher unzulässig, aus den einander gegenüberstehenden Marken ein Element herauszugreifen und allein auf dieser Grundlage eine Verwechslungsgefahr anzunehmen (st. Rspr. EuGH GRUR 2005, 1042 (Nr. 29) - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2008, 903 (Nr. 34) - SIERRA ANTIGUO; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Auflage, § 9 Rd. 326). Dies würde von dem Grundsatz, dass ein Elementschutz dem Markenrecht fremd ist, abweichen (vgl. BGH GRUR 1996, 198, 199 - Springende Raubkatze). Ausnahmsweise jedoch kann ein einzelner Markenbestandteil eine selbstständige kollisionsbegründende Bedeutung haben, wenn er den Gesamteindruck einer mehrgliedrigen Marke prägt oder eine selbstständig kennzeichnende Stellung einnimmt und die übrigen Markenteile für den Verkehr in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (EuGH GRUR Int. 2004, 843 (Nr. 32) - Matratzen; EuGH GRUR 2005, 1042 (Nr. 29) - THOMSON LIFE; EuGH GRUR 2010, 1098 - CK CREACIONES KENNYA/CK Calvin Klein; BGH GRUR 2007, 1071 (Nr. 35) - Kinder II; BGH GRUR 2008, 903 (Nr. 18) - SIERRA ANTIGUO; vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9 Rd. 274, 278 m. w. N.).
Vorliegend werden die wechselseitigen Zeichen durch die Buchstabenfolge "ift" bzw. "IFT" geprägt, weil sie das einzige kennzeichnungskräftige Element der Marken sind. Der Zusatz "Rosenheim" ist lediglich eine geografische Herkunftsangabe, die der Verkehr ebenso wie den Zusatz "engineers" als das englische Wort für "Ingenieur" (Langenscheidt, Handwörterbuch Englisch 2005) lediglich als beschreibenden Sachhinweis, nicht dagegen als Herkunftshinweis wahrnehmen wird. Hinzu kommt, dass die Buchstabenfolge in der angegriffenen Marke und in der Widerspruchsmarke zu 1) größenmäßig deutlich in den Vordergrund gehoben wird, so dass sie auch grafisch die Zeichen dominiert. Die weiteren beschreibenden Wortelemente wird der Verkehr vor diesem Hintergrund vernachlässigen.
Ausgehend von einem durch die identische Buchstabenfolge "ift" geprägten Gesamteindruck der Zeichen, sind die zu vergleichenden Marken klanglich identisch, denn in klanglicher Hinsicht orientiert sich der Verkehr bei Wort-/Bildzeichen am Wortbestandteil, da er die einfachste Art der Benennung darstellt (BGH GRUR 2013, 68 (Nr. 16) - Castell/VIN CASTEL; BGH GRUR 1999, 167 (168) - Carolus Magnus).
Auch bildlich weisen die zu vergleichenden Bildmarken im Gesamteindruck große Ähnlichkeiten auf, da sei beide von der zentral angeordneten und größenmäßig hervorgehobenen Buchstabenfolge "ift" dominiert werden. Hinzu kommt die ähnliche Farbgestaltung in grauen und blauen Farbtönen, die die Ähnlichkeit noch verstärkt. Zudem greift die angegriffene Marke auch die blockartige Gestaltung der in der Widerspruchsmarke zu 1) enthaltenen Winkel durch die Darstellung der Buchstabenfolge in Fettdruck auf. Dadurch wird der gleiche wuchtige Eindruck vermittelt, den auch die Widerspruchsmarke zu 1) hervorruft. Demgegenüber vermag die Schreibweise in Majuskeln hier keine hinreichenden Zeichenunterschiede zu begründen, an die sich der Verkehr erinnern würde. Im Gesamteindruck führt dies zu einer hohen bildlichen Zeichenähnlichkeit, da der Verkehr die übrigen Elemente vernachlässigen wird.
In Ermangelung eines erkennbaren Bedeutungsgehalts der isolierten Buchstabenfolge "ift" können die Zeichen begrifflich nicht verglichen werden.
7.
Bei Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Faktoren besteht hier im Hinblick auf die klangliche Identität bzw. die hohe bildliche Zeichenähnlichkeit, die durch die prägende Buchstabenkombination "IFT" begründet wird, die durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken und die identischen Dienstleistungen auch bei erhöhter Aufmerksamkeit des angesprochenen Verkehrs Verwechslungsgefahr gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, da das Publikum glauben könnte, dass die Dienstleistungen von identischen Unternehmen erbracht werden.
8.
Für eine Auferlegung von Kosten besteht bei der vorliegenden Sachlage keine Veranlassung.