Entscheidungsdatum: 10.07.2012
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 301 44 137
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender, den Richter am Amtsgericht Dr. Wache und die Richterin Dr. Hoppe am 10. Juli 2012
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Gegen die Eintragung der am 8. Oktober 2001 für die Dienstleistung
Klasse 36: Versicherungswesen
eingetragenen und am 8. November 2001 veröffentlichten Wortmarke 301 44 137
Pro.50.Plus
ist Widerspruch erhoben worden aus der am 25. Oktober 1996 nach Teillöschung am 3. Dezember 2002 nur mehr für die Dienstleistung
Klasse 36: Versicherungswesen
eingetragenen Wortmarke 396 34 604
50 PLUS.
Die Inhaber der angegriffenen Marke haben mit Schriftsatz vom 5. Juni 2002 die Einrede mangelnder Benutzung gegenüber der Widerspruchsmarke erhoben.
Mit Beschluss vom 30. August 2004 hat die Markenstelle für Klasse 36 durch den Erstprüfer den Widerspruch zurückgewiesen. Nach Auffassung des Erstprüfers sei eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke hinsichtlich Art, Umfang und Dauer der Benutzung nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden. Die hiergegen eingelegte Erinnerung hat die Markenstelle für Klasse 36 mit Beschluss vom 18. November 2010 zurückgewiesen. Sie meint ebenfalls, dass die Widersprechende eine Benutzung nicht hinreichend glaubhaft gemacht habe. Die Inhaber der angegriffenen Marke hätten zulässigerweise die Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß § 43 Abs. 1 MarkenG bestritten, woraufhin die Widersprechende mit Schreiben vom 16. Januar 2003 eine eidesstattliche Versicherung sowie diverses Prospektmaterial und Zeitschriften vorgelegt hat. Angaben zum Umsatz würden sich alleine aus der in der Erinnerung eingereichten eidesstattlichen Versicherung vom 1. Dezember 2004 ergeben. In dieser würden Umsätze für die Jahre 2000, 2001, 2002 und 2003 beziffert. Weitere Benutzungsunterlagen, aus denen sich der Umfang der Benutzung der Marke für die Jahre 2005 bis zur Entscheidung über die Erinnerung ergebe, habe die Widersprechende jedoch nicht vorgelegt, obwohl die Benutzung weiterhin Gegenstand des Verfahrens sei. Für den fünfjährigen Benutzungszeitraum vor der Entscheidung über die Erinnerung (§ 43 Abs. 1 S. 2 MarkenG), der von der unbegrenzt erhobenen Benutzungseinrede mit umfasst sei, habe die Widersprechende mithin eine rechtserhaltende Benutzung nicht nachgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, die im Beschwerde verfahren weitere Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung eingereicht hat. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 16. Mai 2011 nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Widersprechende meint, dass zudem auch eine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken bestehe. Die angegriffene Marke werde durch den Bestandteil "50.Plus" geprägt, des Weiteren bestehe Dienstleistungsidentität und es sei von einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke infolge intensiver Benutzung in der Werbung über mehrere Jahre hinweg auszugehen.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß,
die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und dem Widerspruch stattzugeben.
Die Inhaber der angegriffenen Marke beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Inhaber der angegriffenen Marke bestreiten weiterhin die Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß § 43 Abs. 1 MarkenG. Sie sind der Auffassung, dass die eingereichten Unterlagen nicht ausreichten, um eine Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft zu machen. Außerdem meinen sie, dass keine Verwechslungsgefahr bestehe, weil die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke wegen der beschreibenden Sachangabe im Hinblick auf Versicherungsdienstleistungen schwach sei. Eine Erhöhung der Kennzeichnungskraft durch Benutzung sei demgegenüber nicht glaubhaft gemacht worden. Vielmehr sei sogar eine Schwächung der Kennzeichnungskraft durch benutzte Drittzeichen mit dem Bestandteil "50 Plus" anzunehmen. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mehrere Belege eingereicht, aus denen sich ergibt, dass das Zeichen "50 Plus" von vielen anderen Versicherungen zur Bezeichnung ihrer Versicherungsdienstleistungen verwendet wird. Vor diesem Hintergrund genüge der durch die Anfangssilbe "Pro" hervorgerufene Unterschied, um eine Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen auszuschließen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Amtsakte Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Es besteht keine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke, weshalb dahinstehen kann, ob die Widersprechende die Benutzung ihrer Marke für die nach § 43 Abs. 1 MarkenG maßgeblichen Zeiträume hinreichend glaubhaft gemacht hat.
Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Öffentlichkeit glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die kennzeichnungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind.
Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 (Nr. 28) - THOMSON LIFE; EuGH GRUR 2008, 343 (Nr. 33) - BAINBRIDGE m. w. N.).
Insbesondere bestimmt sich die Verwechslungsgefahr anhand einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der Waren-/Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, der Markenidentität oder -ähnlichkeit, der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Weise, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.: EuGH GRUR 1998, 387 (Nr. 22) - Springende Raubkatze; EuGH GRUR 1998, 922 (Nr. 17) - Canon; EuGH GRUR 2008, 343 (Nr. 48) - BAINBRIDGE; BGH GRUR 2008, 1002 (Nr. 23) - Schuhpark; BGH GRUR 2008 (Nr. 13) - Pantogast).
1.
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist als deutlich unterdurchschnittlich einzustufen.
a) Die Kennzeichnungskraft bestimmt den Schutzumfang einer Marke und ist daher Grundlage für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr. Kennzeichnungskraft ist die Eignung des Zeichens, sich dem Publikum aufgrund seiner Eigenart als Marke einzuprägen, d. h. als Herkunftshinweise erkannt, in Erinnerung behalten und wiedererkannt zu werden (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 14 Rd. 497). Je größer die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist, umso größer ist ihr Schutzumfang und umso eher wird die Verwechslungsgefahr zu bejahen sein (EuGH GRUR 1998, 387 (Nr. 18, 24) - Springende Raubkatze; EuGH GRUR Int. 1999, 734 (Nr. 20) - LLoyd Schuhfabrik; EuGH GRUR 1998, 922 (Nr. 18) - Canon). Durchschnittlich kennzeichnungskräftig sind Marken, die von Hause aus, also unabhängig von jeder Benutzung auf dem Markt, normal unterscheidungskräftig und uneingeschränkt geeignet sind, die betreffenden Waren-/Dienstleistungen ihrer betrieblichen Herkunft nach zu individualisieren (Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9 Rd. 128; vgl. EuGH GRUR Int. 1999, 734 (Nr. 22) - Lloyd Schuhfabrik).
b) Die Widerspruchsmarke besteht aus der Zahl "50" und dem Wort "PLUS".
Der Wort-/Zahlkombination wird der angesprochene Verkehr, zu dem Endverbraucher und Fachverkehrskreise zählen, wenn ihm das Zeichen in Zusammenhang mit Versicherungsdienstleistungen begegnet, einen Hinweis auf die Art und Bestimmung der Versicherungsdienstleistung bzw. deren Zielgruppe/Abnehmerkreis dahingehend entnehmen, dass sich diese an Personen im Alter von über 50 Jahren richten bzw. besonders auf diese Zielgruppe zugeschnitten sind (vgl. ebenso: BPatG 29 W (pat) 208/99 - 50 Plus PAVIS PROMA; BPatG 33 W (pat) 360/02 - 51 Plus PAVIS PROMA). Der Verkehr wird das Zeichen als schlagwortartige Angabe eines Mindestalters im Sinne von "50 Jahre und mehr" verstehen. Eine derart verkürzte Altersangabe ist in vielen Lebensbereichen als Kurzbezeichnung für eine Altersgruppe auf Basis eines bestimmten Mindestalters gebräuchlich (vgl. BPatG 29 W (pat) 208/99 - 50 Plus), so werden z. B. auf dem Spielwarensektor Altersangaben durch eine Zahl und ein Pluszeichen dargestellt "5 +" für 5 Jahre und älter. Insbesondere die Altersgruppe der über 50-jährigen wird in verschiedensten Zusammenhängen bereits seit Mitte der 90er Jahre mit den Begriffen "Generation 50 Plus" oder "50 Plus" bezeichnet. Auch und gerade im Versicherungswesen sind entsprechende Zeichenkombinationen üblich, um auf eine bestimmte, durch ein Mindestalter definierte Zielgruppe hinzuweisen (vgl. BPatG 33 W (pat) 355 - 360, 364/02 - 30 Plus - 40 Plus, - 51 Plus, - 59 Plus, - 65 Plus, - 70 Plus, - 80 Plus). Mit einer entsprechenden Bedeutung ist das Zeichen "50 Plus" im Zusammenhang mit Versicherungsdienstleistungen nicht nur in der Vergangenheit benutzt worden, sondern dies geschieht auch gegenwärtig in vielfacher Weise. Die von der Inhaberin der angegriffenen Marke eingereichten Unterlagen (Bl. 95 ff. d. A.) belegen zweifelsfrei, dass eine erhebliche Anzahl von Versicherungsunternehmen die Angabe "50 Plus" verwendet, um Art und Bestimmung bzw. Abnehmerkreis oder Zielgruppe ihrer Versicherungen näher zu bezeichnen. Damit liegt eine beschreibende Angabe vor. Von einer solchen ist nämlich auch dann auszugehen, wenn die Bestimmung eines Produkts, d. h. dessen Verwendungszweck, Zielgruppe oder Abnehmerkreis näher bezeichnet wird (BGH GRUR 2007, 1071 (1072) - Kinder II). Das Zeichen "50 Plus" ist demnach gerade im Zusammenhang mit Versicherungen ein wesentliches Merkmal, das von den Mitbewerbern bei der Vermarktung zur Beschreibung und Kennzeichnung ihrer Produkte verwendet wird. Die Kennzeichnungskraft eines solchen Zeichens ist von Haus aus gering.
c) Die Widersprechende vermochte eine Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken nicht glaubhaft zu machen. Eine Erhöhung der originären Kennzeichnungskraft kann Marken zuerkannt werden, die intensiv benutzt werden und infolgedessen eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit erlangt haben (BGH GRUR 2003, 1040 (1044) - Kinder; vgl. EuGH GRUR 2005, 763 (Nr. 25 - 32) - Nestlé). Für die Beurteilung der Kennzeichnungskraft sind alle relevanten Umstände zu berücksichtigen, zu denen insbesondere die Eigenschaften, die die Marke von Haus aus besitzt gehören, der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke und der Teil der beteiligten Verkehrskreise, der die Waren oder Dienstleistungen auf Grund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt (vgl. EuGH GRUR 2005, 763 (Nr. 26) - Nestlé; EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 49, 51) - Chiemsee; BGH GRUR 2009, 672 (Nr. 21) - OSTSEE-POST; Ingerl/Rohnke, MarkenR, 10. Aufl., § 14 Rd. 504). Von einer erhöhten Kennzeichnungskraft kann das Bundespatentgericht dabei nur ausgehen, wenn dafür tatsächliche Umstände vorgetragen oder ausnahmsweise gerichtsbekannt sind (BGH MarkenR 2007, 376 (377) - ALLTREK).
Unterlagen in Form von Werbeanzeigen und Umsatzangaben, wie sie von der Inhaberin der Widerspruchsmarke vorgelegt wurden, allein genügen hierfür nicht, da selbst umsatzstarke Marken nahezu unbekannt, wie andererseits Marken trotz relativ geringer Umsätze sehr bekannt sein können (vgl. BGH MarkenR 2007, 376 (377) - ALLTREK; BPatGE 44, 1 (4) - Korodin). Die Aussagekraft der mitgeteilten Zahlen wird zudem dadurch geschwächt, dass sich diese nicht nur auf das verfahrensgegenständliche Zeichen, sondern auch auf andere Marken ("BKK 50 PLUS" und "MONTAN 50 PLUS") beziehen. Eine Marktübersicht mit Angabe des Marktanteils oder eine Verkehrsbefragung (vgl. dazu: EuGH GRUR Int. 1999, 734 (Nr. 23) - Lloyd Schuhfabrik; BGH GRUR 2007, 1071 (Nr. 27) - Kinder II; BPatGE 44, 1 (4) - Korodin) hat die Widersprechende nicht vorgelegt. Hinzu kommt, dass sich aus der von den Inhaberinnen der angegriffenen Marke vorgelegten Marktübersicht für Lebensversicherer (Bl. 93 d. A.) ergibt, dass die Widersprechende im Jahre 2010 mit ihren verdienten Bruttobeiträgen nur einen Marktanteil von 0,05 % abdeckt und damit auf Rang 77 platziert ist. Die Vorlage einer Verkehrsbefragung wäre zudem auch im Hinblick auf die umfangreiche Verwendung des Widerspruchszeichens durch andere Versicherungsunternehmen erforderlich gewesen, worauf die Inhaber der angegriffenen Marke zutreffend hingewiesen haben. Ohne eine solche lässt sich nämlich nicht ermitteln, ob der Umfang der Benutzung des Widerspruchszeichens genügt hat, um dem angesprochenen Verkehr - trotz der inhaltlichen Sachaussage des Zeichens und der umfangreichen Nutzung des Zeichens durch Dritte - einen Hinweis gerade auf das Unternehmen der Widersprechenden zu vermitteln.
Mangels zureichender anderweitiger Anhaltspunkte ist demnach davon auszugehen, dass der Verkehr in dem Widerspruchszeichen aufgrund der darin enthaltenen Sachaussage und der häufigen Benutzung durch andere Unternehmen nur eine geringe Unterscheidungskraft beimisst. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Widerspruchsmarke jegliche Kennzeichnungskraft abgesprochen werden könnte. Vielmehr ist einer eingetragenen Marke im Widerspruchsverfahren stets ein gewisser Grad an Kennzeichnungskraft zuzuerkennen (EuGH C-196/11 (Nr. 44 - 47) - F1-LIVE/F1 Formula1 (PAVIS PROMA). Dies entbindet das Gericht indes nicht davon, zu prüfen, wie die Verkehrskreise das Kennzeichen auffassen und welcher Grad an Kennzeichnungskraft ihm zukommt (EuGH C-196/11 (Nr. 42) - F1-LIVE/F1 Formula1 (PAVIS PROMA).
2.
Die zum Vergleich stehenden Dienstleistungen sind identisch.
3.
Die zu vergleichenden Zeichen unterscheiden sich, ausgehend von dem durch sie vermittelten Gesamteindruck, durch das ausschließlich in der angegriffenen Marke enthaltene Wort "Pro" und die hinzugefügten Punkte ausreichend deutlich voneinander.
a) Da Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken, ist die Frage der Verwechslungsgefahr zwischen zwei einander gegenüberstehenden Zeichen nach der Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild oder im Bedeutungsgehalt zu beantworten, wobei in der Regel bereits die hinreichende Übereinstimmung in einem Aspekt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr ausreichen kann (EuGH GRUR 2006, 413 (Nr. 21) - ZIRH/SIR; BGH WRP 1999, 192 (194) - PATRIC LION/Lions; BGH ZR I 31/09 (JURIS Nr. 26) - Kappa/KAPPA; BGH GRUR 2006, 60 (Nr. 17) - coccodrillo).
b) Bei dem vorzunehmenden Zeichenvergleich ist stets von der eingetragenen Form der Marke und von dem durch diese Form vermittelten Gesamteindruck auszugehen. Grundsätzlich ist es daher unzulässig, aus den einander gegenüberstehenden Marken ein Element herauszugreifen und allein auf dieser Grundlage eine Verwechslungsgefahr anzunehmen (st. Rspr. EuGH GRUR 2005, 1042 (Nr. 29) - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2008, 903 (Nr. 34) - SIERRA ANTIGUO). Ausnahmsweise jedoch kann ein einzelner Markenbestandteil eine selbstständig kollisionsbegründende Bedeutung haben, wenn er den Gesamteindruck der mehrgliedrigen Marke prägt oder eine selbstständig kennzeichnende Stellung einnimmt und die übrigen Markenteile für den Verkehr in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (EuGH GRUR Int. 2004, 843 (Nr. 32) - Matratzen; EuGH GRUR 2005, 1042 (Nr. 29) - THOMSON LIFE; EuGH GRUR 2010, 1098 - CK CREACIONES KENNYA/CK Calvin Klein; BGH GRUR 2007, 1071 (Nr. 35) - Kinder II; BGH GRUR 2008, 903 (Nr. 18) - SIERRA ANTIGUO; vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9 Rd. 314 ff., 330 ff., 337 m. w. N.).
Vorliegend stimmen die zu vergleichenden Zeichen ausschließlich in den Bestandteilen "50 Plus" überein, wobei die angegriffene Marke beide Elemente durch einen Punkt separiert, während dies in der Widerspruchsmarke durch ein Leerzeichen geschieht. Die Widerspruchsmarke besteht ausschließlich aus dieser Wort-/Zahlkombination. Die angegriffene Marke beinhaltet als zusätzlichen Wortbestandteil am Anfang des Zeichens den Begriff "Pro", mit der Bedeutung "für".
aa) In ihrer Gesamtheit unterscheiden sich die Marken klanglich, begrifflich und bildlich in der Anzahl und Länge der Wortelemente deutlich, weil das Wort "Pro" am Anfang der angegriffenen Marke steht und eine eigenständige Bedeutung im Sinne von "für" hat, die der Verkehr wahrnimmt.
bb) Das gemeinsame Element "50 Plus" prägt die angegriffene Marke nicht, weil diese Angabe geeignet ist, ein Merkmal der maßgeblichen Versicherungsdienstleistungen zu beschreiben (dazu s. o.). Derartige beschreibende Zusätze können ein Zeichen mangels Unterscheidungskraft in der Regel nicht prägen, weil der Verkehr ihnen lediglich eine inhaltliche Sachaussage entnehmen wird, ohne darin ein Warenzeichen zu erkennen, das auf die Herkunft des Produkts hinweist (vgl. BGH GRUR 2007, 1071 (Nr. 36, 37) - Kinder II; vgl. EuG T-437/09 (Nr. 35) - Oyster/Oystra; Ströbele/Hacker, 10. Aufl., § 9 Rd. 300, 333 f.). Dementsprechend kann eine Übereinstimmung allein in schutzunfähigen Bestandteilen keine Verwechslungsgefahr begründen (BGH GRUR 2009, 766 (Nr. 72) - Stofffähnchen; BGH GRUR 2007, 1066 (Nr. 41, 43 - Kinderzeit). Eine Prägung durch beschreibende Elemente kommt selbst dann nicht in Betracht, wenn auch weitere Zeichenbestandteile - wie hier z. B. der Zusatz "Pro" in der angegriffenen Marke - beschreibend sind. Vielmehr bleibt es dann schlicht bei einem Gleichgewicht der Zeichenelemente und demnach bei dem allgemeinen Grundsatz, dass das Zeichen nach seinem Gesamteindruck zum Vergleich heranzuziehen ist (vgl. BGH GRUR 2008, 903 (Nr. 22) - ANTIGUO/SIERRA ANTIGUO; EuG GRUR Int. 2009, 606 (Nr. 32) - TOMORROW FOCUS; Ströbele/Hacker, MarkenR, 10. Aufl., § 9 Rd. 335 m. w. N.).
cc) Das gemeinsame Element "50 Plus" nimmt in dem angegriffenen Zeichen auch keine selbstständig kennzeichnende Stellung ein.
Jenseits des Normalfalls, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke als Ganzes wahrnimmt, und ungeachtet dessen, dass der Gesamteindruck von einem oder mehreren Bestandteilen einer komplexen Marke dominiert werden kann, ist es möglich, dass im Einzelfall eine ältere Marke, die von einem Dritten in einem zusammengesetzten Zeichen benutzt wird, eine selbstständig kennzeichnende Stellung in dem zusammengesetzten Zeichen behält, ohne aber darin den dominierenden Bestandteil zu bilden (EuGH GRUR 2005, 1042 (Nr. 30) - THOMSON LIFE/LIFE). Der EuGH hat dies angenommen für Fälle, in denen das angegriffenen Zeichen die normal kennzeichnungskräftige ältere Marke usurpiert und diese mit der Unternehmensbezeichnung des Inhabers der angegriffenen Marke verbindet (EuGH GRUR 2005, 1042 (Nr. 30) - THOMSON LIFE/LIFE). Die angegriffene Marke enthält indes keine Unternehmensbezeichnung, sondern den Bestandteil "Pro".
dd) Es besteht auch nicht die Gefahr, dass die einander gegenüberstehenden Marken durch den Eindruck einer Serienabwandlung gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Eine Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens kommt in Betracht, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens erkennt, und wenn er deshalb nachfolgende Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, dem Inhaber des Serienzeichens zuordnet (BGH GRUR 2008, 258 (261) - INTERCONNECT/T-InterConnect). Das Zeichenelement "50 Plus" ist indes nicht als ein solcher Stammbestandteil eines Serienzeichens anzusehen. Das würde voraussetzen, dass das angegriffene Zeichen ein kennzeichnungskräftiges, herkunftshinweisendes Element der älteren Marke so übernimmt, dass dadurch der Eindruck eines Serienzeichens entsteht. Kennzeichnungsschwache oder schutzunfähige Bestandteile taugen mangels herkunftsindividualisierenden Gehalts aber nicht als Serienstammbestandteil (EuG GRUR Int. 2003, 829 (Nr. 61) - TUFFRIDE, BGH GRUR 2003, 1040 (1043) - Kinder; Ströbele/Hacker, MarkenR, 10. Aufl., § 9 Rd. 459 f). Aus einem beschreibenden Begriff kann der Schutz des Stammbestandteils einer Zeichenserie daher nur abgeleitet werden, wenn sich auf Grund der umfangreichen Verwendung des Stammbestandteils dieser im Verkehr durchgesetzt hat. Der Verkehr wird nämlich einen nicht oder wenig unterscheidungskräftigen Zeichenbestandteil einem bestimmten Unternehmen als Stamm einer Zeichenserie nur zuordnen, wenn dieser Teil des Zeichens die mangelnde Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von dem Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden, auf Grund Durchsetzung in den beteiligten Verkehrskreisen überwunden hat (BGH GRUR 2003, 1040 (1043) - Kinder; vgl. auch BGH GRUR 2002, 542 (544) - BIG). Eine solche Verkehrsdurchsetzung wurde vorliegend nicht vorgetragen oder glaubhaft gemacht.
c) Vor diesem Hintergrund genügt allein der Umstand, dass "Pro" als der weitere Zeichenbestandteil der angegriffenen Marke auch kennzeichnungsschwach ist, nicht, um ein entscheidendes Gewicht der übrigen beschreibenden Zeichenbestandteile anzunehmen (vgl. BGH GRUR 2008, 903 (Nr. 22) - ANTIGUO/SIERRA ANTIGUO). Ein beschreibender Zeichenbestandteil kann im Allgemeinen nicht dadurch an Bedeutung gewinnen, dass ihm ein weiterer schutzunfähiger Bestandteil hinzugefügt wird. Vielmehr bedarf es für die Annahme eines eigenständigen Gewichts des beschreibenden Bestandteils konkreter Feststellungen zu tatsächlichen Umständen, die die Kennzeichnungskraft erhöhen bzw. eine Gewöhnung des Verkehrs an den Stammbestandteil belegen (vgl. BGH GRUR 2006, 542 (544) - BIG), woran es vorliegend fehlt.
4.
Vergleicht man die kennzeichnungsschwache Widerspruchsmarke mit der angegriffenen Marke insgesamt, so genügt der in der angegriffenen Marke durch das Wort "Pro" entstehende Abstand, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen.
Zwar kann auch derart kennzeichnungsschwachen Marken der Schutz nicht gänzlich versagt werden, wenn sie eingetragen worden sind (EuGH C-196/11 (Nr. 44 - 47) - F1-LIVE/F1 Formula1 (PAVIS PROMA). Der Schutzbereich ist jedoch eng zu bemessen und wird vorliegend durch das in der angegriffenen Marke am Zeichenanfang zusätzlich enthaltene Wort "Pro" und die hinzugefügten Punkte in ".50.Plus" nicht derart beeinträchtigt, dass eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG gegeben wäre.
Lediglich ergänzend ist festzustellen, dass der Verkehr es zudem gerade bei Zeichen die - wie hier "50 Plus" - von verschiedenen Unternehmen benutzt werden, gewöhnt ist, sorgfältiger auf etwaige Unterschiede zu achten und auch deshalb in der Regel keinen Verwechslungen unterliegen wird (Ströbele/Hacker, MarkenR, 10. Aufl., § 9 Rd. 153).
5.
Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlass, aus Gründen der Billigkeit einem der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG aufzuerlegen.