Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 30.07.2013


BPatG 30.07.2013 - 33 W (pat) 539/12

Markenbeschwerdeverfahren – "DuoRendite" – Freihaltungsbedürfnis – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
33. Senat
Entscheidungsdatum:
30.07.2013
Aktenzeichen:
33 W (pat) 539/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 054 030.3

hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender, den Richter Kätker und die Richterin Dr. Hoppe am 30. Juli 2013

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Am 15. September 2010 hat die Anmelderin die Wortmarke

2

DuoRendite

3

angemeldet für folgende Dienstleistungen der Klasse 36:

4

Finanzdienstleistungen, insbesondere Emissionen von Wertpapieren.

5

Mit Beschluss vom 22. Juni 2012 hat die Markenstelle für Klasse 36 die Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG für sämtliche Dienstleistungen zurückgewiesen.

6

Sie hat hierzu ausgeführt, dass das begehrte Zeichen nur einen sachbezogenen Hinweis auf verkehrswesentliche Eigenschaften von Finanzdienstleistungen vermittle, der nicht als Herkunftshinweis verstanden werde.

7

"Rendite" bezeichne als Hinweis auf den Ertrag einer Kapitalanlage Zweck und Bestimmung einer Finanzdienstleistung. "Duo" geben einen Hinweis auf einen doppelt bzw. aus zwei Teilen bestehenden Kapitalertrag. In dem Sinne bezeichne die Wortkombination eine "Zwei(er) Rendite", "zweigliedrige Rendite" bzw. "aus zwei Teilen zusammengesetzte Rendite".

8

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie meint, dass die sprachunüblich gebildete Gesamtbezeichnung nicht unmittelbar, sondern erst durch gedankliche Zwischenschritte einen Sinn ergebe. Es handele sich um ein interpretationsbedürftiges Kunstwort.

9

"Duo" sei kein Synonym für "doppel-/zweifach/doppelt", sondern stehe für eine "aus zwei Teilen bestehende Einheit" oder eine "Zweigliedrigkeit". "Rendite" bezeichne den jährlichen Gesamtertrag einer Kapitalanlage und habe als das Ergebnis einer Berechnung nur einen Wert als Ergebnis. Angesichts dieses Begriffsinhalts ergebe die Verbindung von "duo" und "Rendite" keinen Sinn. Insbesondere ergebe sich kein Hinweis auf die konkrete Art oder Ausgestaltung der Anlageprodukte, vielmehr bleibe die Aussage des Zeichens vage und unbestimmt.

10

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

11

den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

12

Der Senat hat die Anmelderin auf mögliche Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 MarkenG hingewiesen und verschiedene Anlagen aus der Internetrecherche des Senats (im Folgenden zitiert als "Anlagen") übersandt, in denen u. a. auf eine "doppelte Rendite" bzw. eine "duo Rendite" hingewiesen wird.

II.

13

Der angemeldeten Marke stehen die Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen. Die Anmeldung ist deshalb von der Markenstelle zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen worden.

1.

14

a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen können.

15

Bei der Auslegung der absoluten Eintragungshindernisse ist nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 3 Abs. 1 der MarkenRL (Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union 2008/95/EG) das Allgemeininteresse, das der Regelung zugrunde liegt, zu berücksichtigen (EuGH GRUR 2008, 608 (Nr. 66) - EUROHYPO m. w. N.). Die auf Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c der MarkenRL zurückzuführende Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, sämtliche Zeichen oder Angaben, die geeignet sind, Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu beschreiben, frei zu halten (EuGH GRUR 2008, 503 (Nr. 22, 23) - ADIDAS II; EuGH MarkenR 2012, 147 (Nr. 32) - NAI-Der Natur-Aktien-Index). Es gibt nämlich - insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit eines unverfälschten Wettbewerbs - Erwägungen des Allgemeininteresses, die es ratsam erscheinen lassen, dass bestimmte Zeichen von allen Wettbewerbern frei verwendet werden können. Solche Zeichen oder Angaben dürfen deshalb nicht aufgrund einer Eintragung nur für ein Unternehmen monopolisiert werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 25) - Chiemsee; EuGH GRUR 2004, 146 (Nr. 31) - DOUBLEMINT; EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 54, 56) - Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 35 - 36) - BIOMILD; vgl. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rd. 265 m. w. N.).

16

Abzustellen ist dabei auf die Auffassung des beteiligten inländischen Verkehrs, wobei dieser alle Kreise umfasst, in denen die fragliche Marke aufgrund der beanspruchten Waren und Dienstleistungen Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 (Nr. 65) - Henkel; EUGH GRUR Int. 2005, 135 (Nr. 19) - Maglite; BGH GRUR 2009, 411 (Nr. 8) - STREETBALL). Die hier beanspruchten Dienstleistungen richten sich an Fachverkehrskreise und an Endverbraucher, wobei von dem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher auszugehen ist (EuGH GRUR 2006, 411 (Nr. 24) - Matratzen Concord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 29) - Chiemsee; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rd. 30 ff.).

17

b) Auf der Grundlage dieser Vorgaben ist das begehrte Zeichen für die verfahrensgegenständlichen Finanzdienstleistungen aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs beschreibend im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

18

Das begehrte Zeichen setzt sich zusammen aus den Begriffen "Duo" und "Rendite". Die beiden Begriffe sind zwar zu einem Wort zusammengefasst, ihre Selbständigkeit bleibt aber durch die Binnengroßschreibung erhalten. "Rendite" bezeichnet den Gesamterfolg einer Geld- oder Kapitalanlage (Gabler, Banklexikon, 12. Aufl., Anlage 1). Das lateinische Wort "duo" steht in seiner Ursprungsbedeutung für "zwei, beide" (Pons Wörterbuch 2003). Heute ist der Begriff "duo" in den deutschen Sprachschatz übergegangen und wird im allgemeinen Sprachverständnis als sachlicher Hinweis auf eine "Zweiheit" im Sinne einer Doppelfunktion verstanden (vgl. BPatG 32 W (pat) 98/96 - DUO; 32 W (pat) 203/96 - Duo; 24 W (pat) 192/99 - DUO; 24 W (pat) 247/99 - Duo-Aktiv Tabs; HABM R 750/09-4 - DUOPOWER). Mit dieser Bedeutung wird der Begriff "duo" branchenübergreifend als beschreibende Sachangabe verwendet. Dies gilt sowohl für "duo" als Einzelbegriff als auch für dessen Verwendung in Kombination mit einem Substantiv, dessen Doppelfunktionen bzw. -wirkungen dadurch hervorgehoben werden (vgl. dazu auch die Beispiele im angefochtenen Beschluss).

19

Vor diesem Hintergrund ist das begehrte Zeichen geeignet, Merkmale der begehrten Finanzdienstleistungen im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu beschreiben, indem deren Art und Bestimmung dahingehend präzisiert wird, dass sie darauf ausgerichtet sind, eine doppelte Rendite zu erzielen.

20

Zwar weist die Anmelderin darauf hin, dass die Rendite das Ergebnis einer Berechnung sei, die nur einen einzigen Gesamtwert ergebe. Indes wird unter "Rendite" nicht nur ein feststehender Betrag, sondern ein Gesamterfolg bzw. Gesamtnutzen verstanden (Gabler, Banklexikon, 12. Aufl., Anlage 1), der z. B. in einer besonderen Nachhaltigkeit einer Finanzanlage zum Ausdruck kommen kann (vgl. Anlagen 2, 2a - c). Dementsprechend wird die Kombination der Begriffe "duo/doppel" und "Rendite" im Finanzwesen häufig verwendet, um auf doppelte Vorteile einer Finanzanlage hinzuweisen (vgl. Anlagenkonvolute 2 - 4):

21

Anlage 2a "Doppelte Rendite ohne mehr Risiko … Durch die Berücksichtigung von nachhaltigen, ethischen Geldanlagen können die Anleger ihr Rendite verdoppeln. Neben der wirtschaftlichen Rendite gibt einem die soziale Rendite ein gutes Gefühl bei der Geldanlage".

22

Anlage 2c: "Doppelte Rendite … ist gemeint, dass Investoren mit einer nachhaltig orientierten Geldanlage nicht nur eine wirtschaftliche Rendite einheimsen, sondern nebenbei das Geld für einen guten Zweck einsetzen und somit etwa soziale Gerechtigkeit und Umweltverträglichkeit auf der Welt fördern können."

23

Dabei wird auch die Kombination einer hohen Rendite mit besonderer Sicherheit, z. B. einer hoch- oder festverzinsten Geldanlage mit renditestarken Aktien und Fonds oder mit einer besonderen Auszahlungsmodalität als "(attraktives) Duo" beschrieben:

24

Anlage: 3: "DuoPlus - Rendite und Sicherheit im Doppelpack"

25

Anlage 3a, b: "DUORENDITE Wertpapiere. Ein Konzept. Rückzahlung in zwei Schritten. Sicherheit und Rendite: ein attraktives Duo"

26

Anlage 3c: "Rendite-Duo … hochverzinste Geldanlage in Kombination mit renditestarken Fonds"

27

Anlage 3d: "DouRendite … kombiniert eine festverzinsliche Geldanlage mit einen Garantiezertifikat"

28

Anlage 3e: "Duorendite" - aus eins mach zwei".

29

Im Hinblick auf die Gebräuchlichkeit der beiden aufeinander bezogenen Einzelbegriffe "duo" und "Rendite" erschließt sich die beschreibende Sachaussage der begehrten Wortkombination dem angesprochenen Verkehr ohne analysierende Gedankenschritte.

30

Der Umstand, dass das beanspruchte Zeichen neben dem dargelegten Inhalt auch andere Deutungen zulassen könnte, vermag das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht zu überwinden. Das Eintragungshindernis besteht vielmehr schon dann, wenn nur eine von mehreren Deutungsmöglichkeiten einen beschreibenden Inhalt hat (EuGH GRUR 2004, 146 (Nr. 32) - DOUBLEMINT; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 38) - BIOMILD).

31

Die Annahme einer beschreibenden Sachangabe setzt im Übrigen auch nicht voraus, dass der Wortbegriff bereits feste begriffliche Konturen erlangt hat (BGH GRUR 2008, 900 (Nr. 15) - SPA II). Aus diesem Grund vermag weder die Mehrdeutigkeit noch die Unbestimmtheit eines Begriffs für sich genommen auszuschließen, dass es sich um beschreibende Angaben in Form einer Sachinformation handelt (vgl. BGH GRUR 2000, 882 f. - Bücher für eine bessere Welt; BGH GRUR 2008, 900 (Nr. 15) - SPA II).

3.

32

Dem begehrten Zeichen fehlt zudem auch die Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

33

Einer Wortmarke, die Merkmale von Waren und Dienstleistungen beschreibt, fehlt regelmäßig die Unterscheidungskraft in Bezug auf diese Dienstleistungen (EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 86) - Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 19) - BIOMILD). Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (vgl. BGH GRUR 2008, 710 (Nr. 16) - VISAGE; BGH GRUR 2006, 850 (Nr. 19) - FUSSBALL WM 2006 m. w. N.).

34

Hinzu kommt, dass der Begriff "duo" branchenübergreifend als werbeübliche an-preisende Angabe eingesetzt wird (vgl. BPatG 32 W (pat) 98/96 - DUO; 32 W (pat) 203/96 - Duo; 24 W (pat) 192/99 - DUO; 24 W (pat) 247/99 - Duo-Aktiv Tabs; HABM R 750/09-4 - DUOPOWER), so dass der Verkehr diesen gebräuchlichen Ausdruck in Verbindung mit der Sachangabe "Rendite" auch deshalb nicht als Hinweis auf die Herkunft einer Finanzdienstleistung aus einem bestimmten Unternehmen wahrnehmen wird.