Entscheidungsdatum: 07.11.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2010 055 252
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch die Richterin Dr. Hoppe als Vorsitzende, den Richter Kätker und die Richterin Kirschneck am 7. November 2013
beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 1 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. Juni 2012 wird aufgehoben.
Wegen des Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke 007210073 wird die Löschung der angegriffenen Marke für die Dienstleistung „Materialbearbeitung“ (Klasse 40) angeordnet.
I.
Gegen die am 17. September 2010 angemeldete, am 12. Januar 2011 eingetragene und am 11. Februar 2011 veröffentlichte Wort-/Bildmarke 30 2010 055 252
registriert unter anderem für
Klasse 40:
Materialbearbeitung
ist am 9. Mai 2011 Widerspruch eingelegt worden gegen die für die angegriffene Marke eingetragene Dienstleistung der Klasse 40 „Materialbearbeitung“. Der Widerspruch wird gestützt auf die am 3. September 2008 angemeldete und am 2. April 2009 eingetragene Gemeinschaftswortmarke 007210073
CarboREN
registriert für
Klasse 4:
Staubabsorbierungs-, Staubbenetzungs- und Staubbindemittel; Brennstoffe, nämlich Kohle, gewonnen aus organischen Stoffen durch hydrothermale Karbonisierung, jedoch nicht mittels autothermer Pyrolyse; Kerzen und Dochte für Beleuchtungszwecke, jedoch nicht aus Wachsen gewonnen durch ein Verfahren zur Umwandlung von Biomasse in Synthesegas mittels kombinierter autothermer Pyrolyse und Hochtemperaturvergasung und angeschlossener Fischer-Tropsch-Synthese;
Klasse 40:
Materialbearbeitung in Zusammenhang mit der Erzeugung von Kohle aus organischen Stoffen durch hydrothermale Karbonisierung, jedoch nicht mittels autothermer Pyrolyse; Materialbearbeitung in Zusammenhang mit der Erzeugung von Dünger, organische Säuren und Furfurale gewonnen aus Prozesswasser angefallen bei der hydrothermalen Karbonisierung, jedoch nicht durch ein Verfahren zur Umwandlung von Biomasse in Synthesegas mittels kombinierter autothermer Pyrolyse und Hochtemperaturvergasung;
Klasse 42:
Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen in Zusammenhang mit der Erzeugung von Kohle aus organischen Stoffen durch hydrothermale Karbonisierung, jedoch nicht mittels autothermer Pyrolyse; wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen in Zusammenhang mit der Erzeugung von Dünger, organische Säuren und Furfurale gewonnen aus Prozesswasser angefallen bei der hydrothermalen Karbonisierung, jedoch nicht durch ein Verfahren zur Umwandlung von Biomasse in Synthesegas mittels kombinierter autothermer Pyrolyse und Hochtemperaturvergasung; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen in Zusammenhang mit der Erzeugung von Kohle aus organischen Stoffen durch hydrothermale Karbonisierung, jedoch nicht mittels autothermer Pyrolyse; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen in Zusammenhang mit der Erzeugung von Dünger, organische Säuren und Furfurale gewonnen aus Prozesswasser angefallen bei der hydrothermalen Karbonisierung, jedoch nicht durch ein Verfahren zur Umwandlung von Biomasse in Synthesegas mittels kombinierter autothermer Pyrolyse und Hochtemperaturvergasung; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software.
Mit Beschluss vom 5. Juni 2012 hat die Markenstelle für Klasse 1 den Widerspruch zurückgewiesen. Sie hat hierzu ausgeführt, dass zwischen den zu vergleichenden Marken keine Verwechslungsgefahr bestehe. Auszugehen sei von einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und von einer teilweisen Dienstleistungsidentität, nämlich für Klasse 40 „Materialbearbeitung“. Beim Zeichenvergleich sei zu berücksichtigen, dass dem gemeinsamen Bestandteil „Carbo“ ein beschreibender Anklang zukomme. Dieser werde als Wortbildungselement im Zusammenhang mit Kohle verwendet und werde daher vom Fachverkehr, aber auch vom interessierten Durchschnittsverbraucher verstanden. Aufgrund dieses beschreibenden Anklangs werde der Verbraucher gerade die Endsilbe zur Unterscheidbarkeit nutzen. Sowohl in bildlicher als auch in klanglicher Hinsicht unterschieden sich die Endsilben durch die unterschiedlichen Vokale, nämlich einerseits „o“ und andererseits „e“. Die Anfangssilbe „Carbo“ präge die Zeichen wegen ihrer beschreibenden Bedeutung nicht. Ausgehend vom Gesamteindruck der Zeichen scheide eine Verwechslungsgefahr aus.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Auffassung, dass sich die gegenüberstehenden Zeichen klanglich und bildlich hochgradig ähnlich seien. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der erste Teil eines Zeichens (hier: „Carbo“) der prägende sei. Auch die zweite Silbe (ron/ren) unterscheide sich durch die unterschiedlichen Vokale nur geringfügig. Hinsichtlich des Sinngehalts wiesen beide Zeichen zudem einen hohen Ähnlichkeitsgrad auf, weil „Carbo“ als Abkürzung für „Carbon“ stehe. Im Übrigen trete der Bestandteil „Carbo“ trotz seiner beschreibenden Funktion nicht vollständig zurück. Ausgehend von einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und einer Dienstleistungsidentität bestehe daher Verwechslungsgefahr.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen soweit sie vom Widerspruch erfasst wird.
Der Inhaber der angegriffenen Marke hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Die angegriffene Marke ist gem. § 42 MarkenG für die im Tenor genannte, mit dem Widerspruch angegriffene Dienstleistung „Materialbearbeitung“ zu löschen, weil Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.
1.
Nach allgemein anerkannten Grundsätzen liegt Verwechslungsgefahr vor, wenn die betreffenden Verkehrskreise glauben könnten, dass die mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen und die mit der Widerspruchsmarke bezeichneten Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Entscheidende Beurteilungsfaktoren sind die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen, sowie die Ähnlichkeit der von diesen erfassten Waren und Dienstleistungen.
Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es maßgeblich darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 (Nr. 28) - THOMSON LIFE; EuGH GRUR 2008, 343 (Nr. 33) - BAINBRIDGE m. w. N.). Auszugehen ist von dem angesprochenen inländischen Verkehr, der alle Kreise umfasst, in denen die fragliche Marke aufgrund der beanspruchten Waren Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 (Nr. 65) - Henkel). Maßgeblich ist dabei nicht ein flüchtiger, sondern ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher (EuGH GRUR 2006, 411 (Nr. 24) - Matratzen Concord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 29) - Chiemsee; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9 Rd. 81, § 8 Rd. 29 ff.). Dabei kann der Aufmerksamkeitsgrad je nach Art der Waren und Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein.
Bei der Bestimmung der Verwechslungsgefahr ist von einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der Waren-/Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, der Zeichenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen in der Weise, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.: EuGH GRUR 1998, 387 (Nr. 22) - Springende Raubkatze; EuGH GRUR 1998, 922 (Nr. 17) - Canon; EuGH GRUR 2008, 343 (Nr. 48) - BAINBRIDGE; BGH GRUR 2008, 1002 (Nr. 23) - Schuhpark; BGH GRUR 2008 (Nr. 13) - Pantogast; BGH GRUR 2010, 1103 (Nr. 37) - Pralinenform II; BGH GRUR 2011, 824 (Nr. 19) - Kappa/KAPPA; BGH GRUR 2010, 235 (Nr. 15) - AIDA/AIDU; BGH WRP 2012, 1241 (Nr. 25) - pure/pjur; BGH GRUR 2013, 833, 835 (Nr. 30) - Culinaria/Villa Culinaria).
Zum angesprochenen Verkehr zählen vorliegend sowohl Endverbraucher als auch Fachverkehrskreise, deren Aufmerksamkeitsgrad bei der verfahrensgegenständlichen Dienstleistung der Klasse 40 „Materialbearbeitung“ als durchschnittlich einzustufen ist.
2.
a) Die Kennzeichnungskraft bestimmt den Schutzumfang einer Marke und ist daher Grundlage für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr. Kennzeichnungskraft ist die Eignung des Zeichens, sich dem Publikum aufgrund seiner Eigenart als Marke einzuprägen, d. h. als Herkunftshinweis erkannt, in Erinnerung behalten und wieder erkannt zu werden (BGH GRUR 2012, 1040 (Nr. 29) - pure/pjur; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. § 14 Rd. 497). Durchschnittlich kennzeichnungskräftig sind Marken, die von Haus aus, also unabhängig von ihrer Benutzung auf dem Markt, normal unterscheidungskräftig und uneingeschränkt geeignet sind, die betreffenden Waren oder Dienstleistungen ihrer Herkunft nach zu individualisieren (Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9 Rd. 128; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. § 14 Rd. 532; vgl. EuGH GRUR Int. 1999, 734 (Nr. 22) - Lloyd Schuhfabrik).
b) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist geschwächt. Der Gesamtbegriff „CarboREN“ hat allerdings keine feststehende beschreibende Bedeutung, sondern wird von der Widersprechenden markenmäßig verwendet, um ein von ihr entwickeltes Verfahren zur Materialbearbeitung zu bezeichnen. Dabei handelt es sich um ein Verfahren zur hydrothermalen Karbonisierung von Biomasse (HTC), bei dem Biomasse zu Biokohle homogenisiert und anschließend getrocknet wird, so dass aus feuchter Biomasse energiereiche Braunkohle entsteht. Die Schwächung der Kennzeichnungskraft ergibt sich indes aus der Vorsilbe „Carbo“. „Carbo“ ist die lateinische Fachbezeichnung für Kohle(n)stoff (Brockhaus Enzyklopädie, 21. Aufl.; RÖMPP, Lexikon Chemie, 10. Aufl.; Duden Fremdwörter, 8. Aufl.). Als Fachbegriff der Chemie wird er ebenso wie „Karbo“ als Wortbildungselement mit der Bedeutung „Kohle, Kohlenstoff“ verwendet (DUDEN, Das große Fremdwörterbuch, 4. Aufl.). Dementsprechend findet sich „Carbo“ (bzw. vor Vokalen „Carb“) als „Namensstamm in Namen von anorg. und org. Kohlenstoffverbindungen und in Begriffen, die sich auf Kohle u./o. Kohlenstoff beziehen“ (DUDEN, Das Wörterbuch chemischer Fachausdrücke 1003; vgl. auch BPatG 33 W (pat) 134/97 - CARBOTECH PLASTICS; HABM R 498/99-1 - Carboseal). Der Gesamtbegriff CarbREN entspricht diesem Begriffsbildungsprinzip und ist daher eng an den Begriff „Carbo“ angelehnt.
Bereits die Anlehnung an einen beschreibenden Begriff kann zu einer Schwächung der Kennzeichnungskraft führen (BGH GRUR 2013, 833, 835 (Nr. 33) - Culinaria/Villa Culinaria; BGH GRUR 2012, 1043 (Nr. 29) - pure/pjur; BGH GRUR 2010, 729 (Nr. 27) - KOHLERMIXI/MIXI; BGH GRUR-RR 2010, 205 (Nr. 45) - Haus & Grund; BGH GRUR 2008, 258 (Nr. 24) - INTERCONNECT/T-InterConnect). Entscheidend ist, ob der maßgebliche Verkehr den Zusammenhang des begehrten Zeichens mit dem Begriff, an den dieses angelehnt ist, sofort erkennt (vgl. BGH GRUR 2013, 833 (Nr. 33) - Culinaria/Villa Culinaria). Davon ist vorliegend auszugehen, denn der Verkehr ist daran gewöhnt, dem Fachbegriff „Carbo“ als Vorsilbe oder in Wortzusammensetzungen zu begegnen, wenn es sich um Produkte handelt, die im Zusammenhang mit Kohlenstoff stehen oder diesen beinhalten. Die Endsilbe „REN“ in der Widerspruchsmarke ist im Hinblick auf die Üblichkeit des Wortbildungsprinzips nicht geeignet, von dieser Begriffsbedeutung wegzuführen, zumal die Endsilbe durch Majuskeln von der Anfangssilbe abgetrennt ist, wodurch die Eigenständigkeit von „Carbo“ noch hervorgehoben wird. Der Verkehr misst daher dem Begriff „CarboREN“, wenn er ihm in Zusammenhang mit Materialbearbeitung begegnet, zumindest gewisse beschreibende Anklänge bei, weil er auf Materialbearbeitung in Zusammenhang mit Kohlenstoff, auf die Erzeugung von Kohle aus organischen Stoffen (z. B. hydrothermale Karbonisierung) oder auf das zu bearbeitende Material (z. B. Carbon) hinweisen kann. Im Ergebnis ist deshalb von einer geschwächten Kennzeichnungskraft des Widerspruchszeichens auszugehen.
3.
Die zu vergleichenden Dienstleistungen sind zum Teil identisch, weil beide Marken für Klasse 40 „Materialbearbeitung“ eingetragen sind.
4.
Die zu vergleichenden Zeichen weisen eine hohe Ähnlichkeit auf.
a) Bei dem Zeichenvergleich ist zwar auf den informierten und angemessen aufmerksamen Durchschnittsverbraucher abzustellen (vgl. EuGH GRUR 2006, 413 (Nr. 19) - ZIRH/SIR; BGH GRUR 2006, 859 (Nr. 17) - Malteserkreuz), indes ist zu berücksichtigen, dass dieser die Zeichen regelmäßig nicht gleichzeitig nebeneinander wahrnimmt und sie deshalb nicht miteinander vergleichen kann. Vielmehr gewinnt er seine Auffassung nur aufgrund einer meist undeutlichen Erinnerung an eine der verschiedenen Marken.
Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Marken ist nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift)Bild und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können (EuGH GRUR Int. 2010, 129 (Nr. 60) - La Espaňola/Carbonell; BGH GRUR 2009, 1055 (Nr. 26) - airdsl). In der Regel kann bereits die hinreichende Übereinstimmung in einem Aspekt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr ausreichen (EuGH GRUR 2006, 413 (Nr. 21) - ZIRH/SIR; BGH WRP 1999, 192 (194) - PATRIC LION/Lions; BGH GRUR 2011, 824 (Nr. 26) - Kappa/KAPPA; BGH GRUR 2006, 60 (Nr. 17) - coccodrillo).
b) Zu vergleichen ist die Wortbildmarke
mit der Wortmarke
CarboREN.
In bildlicher Hinsicht enthalten beide Zeichen die Anfangssilben „Carbo“. Das angegriffene Zeichen unterscheidet sich jedoch in der durchgehenden Kleinschreibung nach dem großen Anfangsbuchstaben von der Widerspruchsmarke, in der die Endsilbe „REN“ in Majuskeln erscheint. Zudem unterscheiden sich die Zeichen durch den Vokal „o“ statt „E“ in der letzten Silbe (ron/REN) der zu vergleichenden Marken. Außerdem enthält die angegriffene Marke eine in das „o“ der zweiten Wortsilbe eingefügte Grafik. Erst bei näherer Betrachtung wird erkennbar, dass es sich dabei um einen geschliffenen Edelstein handeln könnte. Die kleine Darstellung dieses Edelsteins und dessen Einbindung in das Innere eines Buchstabens führen indes dazu, dass der Verkehr diese Grafik bei der optischen Wahrnehmung der Zeichen vernachlässigen wird. Hinzu kommt der Umstand, dass Materialbearbeitung sich auf Edelsteine beziehen kann, so dass der Verkehr wenn er die Abbildung als Edelstein erkennt, annehmen wird, dass die Grafik lediglich das Bezugsobjekt der Dienstleistung beschreibt. Die für die Abbildung der angegriffenen Marke gewählte Schriftart ist unauffällig und werbeüblich, so dass der Verkehr sie ebenfalls nicht als unterscheidungskräftiges Merkmal wahrnehmen wird. In der Gesamtbetrachtung sind daher weder die grafische Darstellung noch die Kleinschreibung oder der abgeänderte Vokal in der Endsilbe der angegriffenen Marke geeignet, von einer bildlichen Zeichenähnlichkeit wegzuführen.
Eine begriffliche Ähnlichkeit durch die Anlehnung an den beschreibenden Begriff „Carbo“ kann vorliegend nicht zu einer die Verwechslungsgefahr begründenden Zeichenähnlichkeit herangezogen werden, denn eine zur Verwechslungsgefahr führende Zeichenähnlichkeit ist zu verneinen, soweit sich die Übereinstimmung auf die schutzunfähige Angabe beschränkt (vgl. BGH GRUR 2012, 1040 (Nr. 39, 42) - pure/pjur).
In klanglicher Hinsicht sind die zu vergleichenden Marken sehr ähnlich. In klanglicher Hinsicht orientiert sich der Verkehr bei Wort-/Bildzeichen am Wortbestandteil, da er die einfachste Art der Benennung darstellt (BGH GRUR 2013, 68 (Nr. 16) - Castell/VIN CASTEL; BGH GRUR 1999, 167 (168) - Carolus Magnus). Die ersten beiden Silben der zu vergleichenden Zeichen [kar - bo] sind klanglich identisch. Die letzte Silbe der Zeichen [ren/ron] unterscheidet sich lediglich durch die unterschiedlichen Vokale „e“ und „o“. Diese verändern das Klangbild in der Silbe „ren/ron“ zwar etwas, dies wird der Verkehr aber im Klanggefüge des Gesamtbegriffs nicht hinreichend deutlich wahrnehmen, da es sich um die weniger beachtete Endsilbe handelt und die unterschiedlichen Vokale auf Betonung und Sprachrhythmus der übrigen Silbenfolge keine Auswirkung haben.
c) Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist allerdings von dem Grundsatz auszugehen, dass schutzunfähige Elemente, wie hier der Zeichenbestandteil „Carbo“, für sich gesehen nicht Grundlage einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr sein können (vgl. BGH GRUR 1990, 453 (454 f.) - L-Thyroxin; GRUR 1992, 48 (51) - frei öl; vgl. GRUR 2012, 1040 (Nr. 39, 42) - pure/pjur). Vielmehr ist der Schutzbereich von Marken, die nur eine geringe Unterscheidungskraft aufweisen oder an freihaltungsbedürftige Angaben angelehnt sind, nach Maßgabe ihrer Eigenprägung eng zu bemessen (BGH GRUR 2008, 803 (Nr. 22) - HAITEC/HEITEC; BGH GRUR 2010, 729 (Nr. 27) - KOHLERMIXI/MIXI; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9 Rd. 160). Demzufolge ist eine zur Verwechslungsgefahr führende Zeichenähnlichkeit zu verneinen, soweit sich die Übereinstimmungen auf die beschreibende oder sonst schutzunfähige Angabe selbst beschränken (BGH GRUR 2008, 803 (Nr. 22) - HAITEC/HEITEC; BGH GRUR 2003, 963 (Nr. 26) - AntiVir/AntiVirus). Eine relevante Ähnlichkeit liegt deshalb nicht vor bei zwei verschiedenartigen Abwandlungen derselben freihaltungsbedürftigen Sachbezeichnung, deren Gemeinsamkeiten sich im Wesentlichen auf diese Fachangabe beschränken (BGH GRUR 2008, 803 (Nr. 22) - HAITEC/HEITEC; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9 Rd. 161).
Weisen die Vergleichsmarken jedoch - wie hier - weitergehende Gemeinsamkeiten in ihrer schutzbegründenden Eigenprägung auf, so besteht insoweit kein Anlass für eine Einschränkung des nach dieser Eigenprägung zu bemessenden Schutzumfangs der älteren Marke (BGH GRUR 2008, 803 (Nr. 22) - HAITEC/HEITEC; BGH GRUR 2003, 963 (Nr. 26) - AntiVir/AntiVirus). Erforderlich ist insoweit aber, dass die konkrete Abwandlung sich in gleicher Weise an den beschreibenden Begriff anlehnt (BGH GRUR 2008, 803 (Nr. 22) - HAITEC/HEITEC). Übereinstimmungen nur im Abwandlungsprinzip können demgegenüber keine Verwechslungsgefahr begründen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9 Rd. 166).
Vorliegend beschränkt sich die klangliche und bildliche Zeichenähnlichkeit der Vergleichsmarken gerade nicht auf den kennzeichnungsschwachen Bestandteil „Carbo“; sie setzt sich vielmehr in der nachfolgenden Silbe (REN/ron) fort, die sich in den Vergleichszeichen nur durch einen einzigen Vokal unterscheidet. Die angegriffene Marke lehnt sich damit in fast identischer Weise an den beschreibenden Begriff „Carbo“ an, wie die Widerspruchsmarke. Es handelt sich daher nicht lediglich um ein ähnliches Zeichenbildungsprinzip, sondern um eine nahezu identische Übernahme der schutzbegründenden Endsilbe der Widerspruchsmarke. Es bestehen schließlich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Abwandlung des Begriffs „Carbo“ durch die Endsilbe „ren“ ihrerseits verbraucht bzw. kennzeichnungsschwach wäre und sie deshalb nicht für eine relevante Zeichenähnlichkeit herangezogen werden könnte.
Die Zeichenähnlichkeit beschränkt sich daher nicht auf bloße Übereinstimmungen mit dem kennzeichnungsschwachen Begriff „Carbo“, sondern setzt sich in der diesem Begriff angehängten schutzbegründenden Endsilbe fort. Die in der angegriffenen Marke erfolgte Übernahme des identischen Begriffs „Carbo“ und dessen Verbindung mit der Endsilbe „ron“, die der Endsilbe der Widerspruchsmarke („REN“) sehr ähnlich ist, führt daher auch im Gesamteindruck zu einer markenrechtlich relevanten Zeichenähnlichkeit in klanglicher und bildlicher Hinsicht.
5.
Im Hinblick auf die Zeichenähnlichkeit, die zumindest in klanglicher Hinsicht als hoch einzustufen ist und die Dienstleistungsidentität besteht - ausgehend von einer durchschnittlichen Aufmerksamkeit des angesprochenen Verkehrs - trotz der Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke Verwechslungsgefahr gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, da der Verkehr glauben könnte, dass die Dienstleistung „Materialbearbeitung“ von identischen Unternehmen hergestellt wird.
III.
Für eine Auferlegung von Kosten besteht bei der vorliegenden Sachlage keine Veranlassung.