Entscheidungsdatum: 02.07.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 307 19 545
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender und die Richterinnen Kirschneck und Dr. Hoppe am 2. Juli 2013 beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Am 21. März 2007 wurde die Wortmarke
KNUT – DER EISBÄR
unter anderem für die noch verfahrensgegenständlichen Waren
Klasse 16:
Buchbinderartikel; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist
Klasse 25:
Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen
Klasse 28:
Turn- und Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind
angemeldet und am 23. April 2007 auf die jetzige Markeninhaberin übertragen. Die Marke ist am 18. Juni 2007 unter der Nummer 307 19 545 eingetragen und am 20. Juli 2007 veröffentlicht worden.
Am 22. Oktober 2007 hat die Widersprechende aus der Wortmarke 307 09 836
Knud
Widerspruch erhoben. Die Widerspruchsmarke ist am 19. Februar 2007 angemeldet worden und seit dem 3. Mai 2007 eingetragen und seit dem 8. Juni 2007 veröffentlicht für die Waren
Klasse 9:
Tonträger, insbesondere Hörbücher; Magnetdatenträger; optische Datenträger
Klasse 16:
Druckereierzeugnisse, insbesondere Bücher
Klasse 28:
Puppen (Spielwaren); Spiele; Spielzeug; Plüschtiere.
Inhaberin der Widerspruchsmarke ist nicht die Widersprechende selbst, sondern die Ö… GmbH & Co. KG, deren Lizenznehmerin die Widersprechende ist. Die Inhaberin der Widerspruchsmarke hat die Widersprechende ermächtigt, das Widerspruchsverfahren zu führen.
Mit Beschlüsse vom 18. Februar 2009 und vom 1. Juni 2011 hat die Markenstelle für Klasse 28 die angegriffene Marke teilweise gelöscht. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen Verwechslungsgefahr bestehe. Es bestehe zwischen den beiden Zeichen unterdurchschnittliche Ähnlichkeit. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei unterdurchschnittlich, da sie auf den im Berliner Zoo geborenen Eisbären Knut Hinweise und dessen Namen lediglich in der Schreibweise abwandle. Insbesondere im Bereich der Spiele und Spielwaren seien Vornamen als gängige Modellbezeichnungen verbreitet. Soweit die Markenstelle die Erinnerung zurückgewiesen hat, hat sie die Auffassung vertreten, dass die einander gegenüberstehenden Waren nicht oder nur entfernt ähnlich seien. Unter Berücksichtigung der schwachen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der unterdurchschnittlichen Zeichenähnlichkeit reiche das nicht aus, um dem Widerspruch auch für diese Waren stattzugeben.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie weist darauf hin, dass dem Anfang Dezember 2006 im Berliner Zoo geborenen Eisbärjungen Knut eine enorme Aufmerksamkeit in den Medien zu Teil geworden sei, die sie regelmäßig mit Presseinformationen und Fotos beliefert habe. Sie bringt vor, dass die noch verfahrensgegenständlichen Waren einander in hinreichendem Maße ähnlich seien. Das Verpackungsmaterial aus Kunststoff der angegriffenen Marke stehe in einem Ähnlichkeitsverhältnis zu den Druckereierzeugnissen der Widerspruchsmarke. Buchbinderartikel seien ebenfalls den Druckereierzeugnissen, namentlich Büchern, ähnlich, da in Verwendungszweck und Funktion Übereinstimmung bestehe. Die Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen der angegriffenen Marke seien den Puppen (Spielwaren), Spielen und Spielzeug der Widerspruchsmarke ähnlich. Zumindest entfernte Ähnlichkeit bestehe ferner zwischen den Turn- und Sportartikeln der angegriffenen Marke und den Puppen (Spielwaren), Spielen und Spielzeug der Widerspruchsmarke. Die angegriffene Marke sei daher für alle Waren zu löschen. Im Übrigen komme der Widerspruchsmarke entgegen der Auffassung des Erinnerungsprüfers nicht nur geringe, sondern durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. "Knut/Knud" sei kein geläufiger Vorname; der Name Knut werde auch heute noch mit dem im Berliner Zoo geborenen, berühmten Eisbären Knut verbunden. Unter Berücksichtigung der hochgradigen Zeichenähnlichkeit bestehe Verwechslungsgefahr.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 18. Februar 2009 sowie vom 1. Juni 2011 insoweit aufzuheben, als die angemeldete Marke nicht gelöscht wurde und auch insoweit die Löschung anzuordnen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke tritt der Beschwerde entgegen. Sie meint, dass hinsichtlich der noch verfahrensgegenständlichen Waren keine Verwechslungsgefahr bestehe. Der Name "Knut/Knud" sei ein seit Jahrzehnten gängiger männlicher Vorname, durch den die angegriffene Marke nicht geprägt werde. Im Verfahren vor dem DPMA hat sie zudem die Auffassung vertreten, dass der Widerspruch unzulässig sei, weil die Widersprechende ihre Verfahrensführungsbefugnis nicht innerhalb der Widerspruchsfrist belegt habe. Zudem fehle es an einem schutzwürdigen Eigeninteresse der Widersprechenden, da sie nicht die Inhaberin der Widerspruchsmarke sei.
Mit Schriftsatz vom 7. Januar 2013 hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die Einrede der Nichtbenutzung erhoben. Die Widersprechende hat daraufhin keine Äußerung abgegeben.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1.
Der Widerspruch ist zulässig.
Die Widersprechende kann als Verfahrensstandschafterin der Inhaberin der Widerspruchsmarke in eigenem Namen das Widerspruchsverfahren führen. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kann ein Dritter aufgrund einer Ermächtigung des Rechtsinhabers Ansprüche aus gewerblichen Schutzrechten geltend machen, wenn er ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Rechtsverfolgung hat (BGH GRUR 1990, 361 (362) – Kronenthaler, BGH GRUR 1978, 364 (366) - Golfrasenmäher; GRUR 1983, 379 (381) – Geldmafiosi; vgl. Begr. Zum Gesetzesentwurf der Bundesreg. (zu § 55 MarkenG), BT-Drucks. 12/6581, S. 98). Die Voraussetzungen einer gewillkürten Verfahrensstandschaft (vgl. dazu auch: BPatG GRUR 2000, 815 – turfa; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Auflage § 42 Rn. 29) liegen hier vor.
Die Inhaberin der Widerspruchsmarke hat die Widersprechende bereits mit Vereinbarung vom 25. September 2007 und damit noch vor der Erhebung des Widerspruchs zur Führung des Widerspruchsverfahrens ermächtigt. Entgegen der Auffassung der Inhaberin der angegriffenen Marke kommt es nicht darauf an, dass diese Ermächtigung mit dem Widerspruch oder innerhalb der Widerspruchsfrist vorgelegt wird. Vielmehr durfte die Widersprechende die notwendigen Belege im Verlauf des Verfahrens nachreichen. Der Nachweis der Voraussetzungen der Widerspruchsbefugnis gehört nicht zum notwendigen Inhalt des Widerspruchs (§ 30 Abs. 1 MarkenV; vgl. auch § 30 Abs. 2 Nr. 6 MarkenV). Es kann dementsprechend auch noch in einer späteren Instanz festgestellt werden, dass die Verfahrensführungsbefugnis bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat (für die Revisionsinstanz: BGHZ 30, 162; Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 51 Rd. 23).
Für die Frage, ob ein schutzwürdiges Eigeninteresse vorliegt, können wirtschaftliche Interessen herangezogen werden (BGH GRUR 1990, 361 (362) – Kronenthaler). Die Widersprechende hat als Lizenznehmerin ein schutzwürdiges wirtschaftliches Interesse daran, die Benutzung konkurrierender Marken durch Dritte zu unterbinden, um zu verhindern, dass die mit einer Marke verbundene Herkunftsfunktion infolge der Benutzung ähnlicher Zeichen durch Dritte verwässert wird. Diesem Interesse entspricht es, die Löschung einer jüngeren Marke frühzeitig im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens zu erwirken. Ein solches Eigeninteresse des Lizenznehmers kommt auch in dem Rechtsgedanken des § 30 Abs. 3 MarkenG zum Ausdruck, der dem Lizenznehmer mit Zustimmung des Markeninhabers die Geltendmachung von Verletzungsansprüchen erlaubt. Der BGH hat die Befugnis des Lizenznehmers zudem auch auf die Geltendmachung von Löschungsansprüchen wegen älterer Rechte nach §§ 51, 55 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erstreckt (BGH GRUR 1999, 161 (163) – MAC Dog; ebenso: Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 55 Rd. 24).
2.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die Widersprechende trotz der erhobenen Nichtbenutzungseinrede keine Benutzung ihrer Marke glaubhaft gemacht hat.
a)
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Schriftsatz vom 7. Januar 2013 die Einrede der fehlenden rechtserhaltenden Markenbenutzung erhoben. Dass die Markeninhaberin die Einrede nicht ausdrücklich auf einen der beiden Tatbestände des § 43 Abs. 1 MarkenG gestützt hat, spielt keine Rolle, denn in einem pauschalen, undifferenzierten Bestreiten der Benutzung ist regelmäßig die Erhebung beider Einreden zu sehen (vgl. BGH GRUR 2008, 719 (Nr.20) – idw Informationsdienst Wissenschaft; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 43 Rd. 18; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 43 Rd. 12). Die tatbestandlichen Voraussetzungen dafür liegen hier indes nur hinsichtlich der gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG erhobenen Nichtbenutzungseinrede vor. Das Bestreiten der Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG ist hier unzulässig, denn die fünfjährige, so genannte Benutzungsschonfrist der am 3. Mai 2007 eingetragenen Widerspruchsmarke endete erst mit Ablauf des 3. Mai 2012 und damit nach der am 20. Juli 2007 erfolgten Veröffentlichung der angegriffenen Marke. Die Widersprechende hätte daher eine ernsthafte Benutzung für den gem. § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG zu bestimmenden Zeitraum glaubhaft machen müssen. Die Widersprechende hat indes keinerlei Vortrag zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke zur Akte gereicht. Auch aus ihrem bisherigen Vortrag ergibt sich kein hinreichender Anhaltspunkt für eine markenmäßige Benutzung im Hinblick auf die noch verfahrensgegenständlichen Waren. Insbesondere liegt in der Herausgabe von Fotos und Presseberichten eines Zoos, die sich mit den dort lebenden und namentlich benannten Tieren beschäftigen, im Regelfall keine markenmäßige Benutzung. Mit solchen Presseberichten wird nämlich nicht die Herkunft einer Ware aus einem bestimmten Unternehmen gekennzeichnet, sondern eine inhaltliche Information über die Tiere des Zoos verbreitet. Da die Widersprechende hierzu nur pauschal vorgetragen hat, ist eine Benutzung als Marke daher nicht erkennbar. Zudem fehlt es an jeglicher Glaubhaftmachung der Benutzung. Der Widerspruch und damit die Beschwerde der Widersprechenden kann daher schon mangels Glaubhaftmachung einer ernsthaften markenmäßigen Benutzung der Widerspruchsmarke keinen Erfolg haben.
3.
Vorsorglich ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerde auch zurückzuweisen war, weil zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen mit Bezug auf die noch verfahrensgegenständlichen Waren keine Verwechslungsgefahr (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG) besteht. Die Markenstelle hat den Widerspruch deshalb, soweit er Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist, zutreffend zurückgewiesen.
a)
Nach allgemein anerkannten Grundsätzen liegt Verwechslungsgefahr dann vor, wenn die betreffenden Verkehrskreise glauben könnten, dass die mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen und die mit der Widerspruchsmarke bezeichneten Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Entscheidende Beurteilungsfaktoren sind die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen, sowie die Ähnlichkeit der von diesen erfassten Waren und Dienstleistungen. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es maßgeblich darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 (Nr. 28) – THOMSON LIFE; EuGH GRUR 2008, 343 (Nr. 33) – BAINBRIDGE m. w. N.).
Auszugehen ist von dem angesprochenen inländischen Verkehr, der alle Kreise umfasst, in denen die fragliche Marke aufgrund der beanspruchten Produkte Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 (Nr. 65) – Henkel). Maßgeblich ist dabei nicht ein flüchtiger, sondern ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher (EuGH GRUR 2006, 411 (Nr. 24) - Matratzen Concord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 29) - Chiemsee; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9 Rd. 81, § 8 Rd. 29 ff). Dabei kann der Aufmerksamkeitsgrad je nach Art der Waren und Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein.
Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen zählen hier vorwiegend Endverbraucher und Fachverkehrskreise im Bereich des Buchbindens, die den maßgeblichen Waren mit höchstens durchschnittlicher Aufmerksamkeit begegnen.
Bei der Bestimmung der Verwechslungsgefahr ist von einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der Waren-/Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, der Zeichenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen in der Weise, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.: EuGH GRUR 1998, 387 (Nr. 22) – Springende Raubkatze; EuGH GRUR 1998, 922 (Nr. 17) - Canon; EuGH GRUR 2008, 343 (Nr. 48) - BAINBRIDGE; BGH GRUR 2008, 1002 (Nr. 23) - Schuhpark; BGH GRUR 2008 (Nr. 13) – Pantogast; BGH GRUR 2010, 1103 (Nr. 37) - Pralinenform II; BGH GRUR 2011, 824 (Nr. 19) – Kappa/KAPPA; BGH GRUR 2010, 235 (Nr. 15) - AIDA/AIDU; BGH WRP 2012, 1241 (Nr. 25) – pure/pjur).
b)
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist durchschnittlich.
Die Kennzeichnungskraft bestimmt den Schutzumfang einer Marke und ist daher Grundlage für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr. Kennzeichnungskraft ist die Eignung des Zeichens, sich dem Publikum aufgrund seiner Eigenart als Marke einzuprägen, d. h. als Herkunftshinweis erkannt, in Erinnerung behalten und wieder erkannt zu werden (BGH WRP 2012, 1241 (Nr. 25) – pure/pjur; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. § 14 Rd. 497). Je größer die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist, umso größer ist ihr Schutzumfang und umso eher wird die Verwechslungsgefahr zu bejahen sein (EuGH GRUR 1998, 387 (Nr. 18, 24) - Springende Raubkatze; EuGH GRUR Int. 1999, 734 (Nr. 20) - Lloyd Schuhfabrik; EuGH GRUR 1998, 922 (Nr. 18) - Canon; BGH GRUR 2006, 60 (Nr. 14) - coccodrillo). Durchschnittlich kennzeichnungskräftig sind Marken, die von Haus aus, also unabhängig von ihrer Benutzung auf dem Markt, normal unterscheidungskräftig und uneingeschränkt geeignet sind, die betreffenden Waren oder Dienstleistungen ihrer Herkunft nach zu individualisieren (Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9 Rd. 128; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. § 14 Rd. 532; vgl. EuGH GRUR Int. 1999, 734 (Nr. 22) - Lloyd Schuhfabrik).
Der Umstand, dass "Knud" ein geläufiger Vorname ist, genügt für sich genommen nicht, um dem Zeichen nur verminderte Kennzeichnungskraft zuzusprechen (vgl. BPatG vom 11.10.2010, 25 W (pat) 6/09 Nr. 39 – Sammy / Sammy’s Super Sandwich; BPatG vom 10.11.2011, 27 W (pat) 513/11 Nr. 41 – Frida Frische die ankommt / Frida). Für die noch verfahrensgegenständlichen Waren ist die Bezeichnung "Knud" nicht beschreibend, da durch diesen Namen oder Begriff kein Warenmerkmal beschrieben wird. Es ist auch weder erkennbar noch festgestellt, dass die Bezeichnung "Knud" in Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Waren eine gebräuchliche Bezeichnung wäre. Allein der Umstand, dass es einen Eisbären im Berliner ZOO mit dem Namen "Knut" gab, ist ebenfalls kein Grund für die Annahme, dass dieser Bezeichnung in Zusammenhang mit Waren, die weder einen Bezug zu einem Eisbären noch zu einem Zoo aufweisen, eine geschwächte Kennzeichnungskraft zukommt.
c)
Selbst wenn man zugunsten der Widersprechenden eine mittlere Warenähnlichkeit zwischen Turn- und Sportartikeln einerseits und Spielen und Spielzeug andererseits und im Übrigen eine zumindest entfernte Ähnlichkeit unterstellen würde, käme man wegen der bestehenden Zeichenunterschiede nicht zur Annahme einer Verwechslungsgefahr.
Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. EuGH GRUR 2010, 933 (Nr. 33) - Barbara Becker; BGH, GRUR 2012, 64 (Nr. 9) - Maalox/Melox-GRY, BGH GRUR 2012, 1040 (Nr. 40) – pure/pjur). Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Marken ist nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift)Bild und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können (EuGH GRUR Int. 2010, 129 (Nr. 60) - La Espaňola/Carbonell; BGH, GRUR 2009, 1055 (Nr. 26) - airdsl). In der Regel kann bereits die hinreichende Übereinstimmung in einem Aspekt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr ausreichen (EuGH GRUR 2006, 413 (Nr. 21) - ZIRH/SIR; BGH WRP 1999, 192 (194) - PATRIC LION/Lions; BGH GRUR 2011, 824 (Nr. 26) - Kappa/KAPPA; BGH GRUR 2006, 60 (Nr. 17) - coccodrillo). Abzustellen ist auf die Wahrnehmung des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. EuGH GRUR 2006, 413 (Nr. 19) - ZIRH/ SIR; BGH GRUR 2006, 859 (Nr. 17) – Malteserkreuz). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der maßgebliche Verkehr die Zeichen regelmäßig nicht gleichzeitig nebeneinander wahrnimmt und sie deshalb nicht miteinander vergleichen kann, sondern seine Auffassung nur aufgrund einer meist undeutlichen Erinnerung an eine der Marken gewinnt (EuGH GRUR 2010, 1098 (Nr. 45) CK CREACIONES KENNYA/CK Calvin Klein; EuGH GRUR 2010, 933 (Nr. 33) – BARBARA BECKER/ BECKER; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Auflage, § 9 Rd. 220 m.w.N.).
Das zu beurteilende Widerspruchszeichen besteht aus dem Vornamen "Knud". Das angegriffene Zeichen besteht ebenfalls aus dem Vornamen "KNUT" in Majuskeln allerdings mit dem Buchstaben "T" an Namensende. Der Name ist durch einen Bindestrich mit der weiteren Wortfolge "DER EISBÄR" verbunden.
Wenn die angegriffene Marke das Wortelement der Widerspruchsmarke identisch oder ähnlich übernimmt und mit weiteren Elementen kombiniert, führt dies indes nicht automatisch zur Bejahung einer Verwechslungsgefahr (BGH I ZR 85/11 (Nr. 34) - Culinaria/Villa Culinaria). Bei dem vorzunehmenden Zeichenvergleich ist nämlich stets von der eingetragenen Form der Marke und von dem durch diese Form vermittelten Gesamteindruck auszugehen. Grundsätzlich ist es daher unzulässig, aus den einander gegenüberstehenden Marken ein Element herauszugreifen und allein auf dieser Grundlage eine Verwechslungsgefahr anzunehmen (st. Rspr. EuGH GRUR 2005, 1042 (Nr. 29) - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2008, 903 (Nr. 34) - SIERRA ANTIGUO; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Auflage, § 9 Rd. 326). Dies würde von dem Grundsatz, dass ein Elementschutz dem Markenrecht fremd ist, abweichen (vgl. BGH GRUR 1996, 198, 199 - Springende Raubkatze). Ausnahmsweise jedoch kann ein einzelner Markenbestandteil eine selbstständige kollisionsbegründende Bedeutung haben, wenn er den Gesamteindruck einer mehrgliedrigen Marke prägt oder eine selbstständig kennzeichnende Stellung einnimmt und die übrigen Markenteile für den Verkehr in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (EuGH GRUR Int. 2004, 843 (Nr. 32) - Matratzen; EuGH GRUR 2005, 1042 (Nr. 29) - THOMSON LIFE; EuGH GRUR 2010, 1098 - CK CREACIONES KENNYA/CK Calvin Klein; BGH GRUR 2007, 1071 (Nr. 35) - Kinder II; BGH GRUR 2008, 903 (Nr. 18) - SIERRA ANTIGUO; vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9 Rd. 274, 278 m. w. N.). Für Marken, die aus einem Vornamen und einem Familiennamen gebildet sind, richtet sich das nach den Umständen des Einzelfalles (EuGH GRUR 2010, 933 Nr. 36 ff. – Barbara Becker / BECKER). Es erscheint aber fraglich, ob die für die Beurteilung von Kombinationszeichen aus Namen und Vornamen entwickelten Grundsätze auf Zeichen, die Namen mit anderen Elementen verbinden, angewendet werden können.
Wenn es sich - wie hier - um einen Zusatz handelt, der einen mehr oder weniger geläufigen Vornamen mit dem Hinweis auf ein Tier verbindet, wird der Verkehr das Zeichen jedenfalls in seiner Gesamtheit wahrnehmen, solange durch dieses zusätzliche Element kein Merkmal der Waren oder Dienstleistungen, die damit gekennzeichnet werden, verbunden ist. Dies gilt auch dann, wenn dadurch der Fokus auf ein bestimmtes, bekanntes Tier, wie hier auf den früher im Berliner Zoo lebenden Eisbären Knut gelenkt wird.
Allerdings kann auch eine durch Benutzung erworbene Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bei der Beurteilung prägender Bestandteile zu berücksichtigen sein (BGH GRUR 2009, 484 (Nr. 80) - METROBUS; BGH GRUR 2003, 880 (881) - City Plus; BGH GRUR 2005, 513 (514) - Mey/Ella May; BGH GRUR 2006, 60 (Nr. 14) - coccodrillo; BGH GRUR 2007, 888 (Nr. 24) - Euro Telekom), weil der Umstand, dass ein Zeichen durch seine Verwendung im Geschäftsverkehr eine herkunftshinweisende Funktion erhalten hat, dazu führen kann, dass der Verkehr das Zeichen auch dann wieder erkennt, wenn es ihm nicht isoliert, sondern als Bestandteil eines anderen Zeichens begegnet (BGH GRUR 2007, 888 (Nr. 24) Euro Telekom). Indes hat die Widersprechende nicht glaubhaft gemacht, dass ihre Marke im maßgeblichen Warensegment über eine derart erhöhte Kennzeichnungskraft verfügt.
Bei dem vorzunehmenden Zeichenvergleich sind mithin die Zeichen
Knud
und
KNUT – DER EISBÄR
in ihrer Gesamtheit zu vergleichen. Die Zeichen unterscheiden sich in der Länge und Silbenzahl sowohl klanglich als auch bildlich deutlich voneinander. Während die ältere Marke aus einem einzigen Wort mit nur einem Vokal und einer Silbe besteht, nämlich "Knud", verfügt das ältere Recht über drei Wörter mit insgesamt 4 Vokalen und vier Silben. Es ist weder schriftbildlich noch klanglich davon auszugehen, dass es allein auf das erste Wort "KNUT", das in beiden Zeichen fast identisch ist, verkürzt werden wird, zumal ihm, lediglich durch einen Gedankenstrich getrennt, sogleich der erläuternde Begriff "DER EISBÄR" folgt, was die Zeichen auch nach dem Bedeutungsgehalt klar voneinander unterscheidet.
d)
Ausgehend von einem durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrad des Verkehrs und einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke besteht daher selbst bei mittlerer Warenähnlichkeit infolge der deutlichen Zeichenunterschiede nicht die Gefahr, dass es zu unmittelbaren Verwechselungen der Marken kommen könnte.
e)
Es besteht zudem auch nicht die Gefahr, dass der Verkehr die Marken gedanklich miteinander in Verbindung bringt. Zwar kann es in Fällen, in denen der Verkehr die Unterschiede der Zeichenbildung erkennt, gleichwohl zu einer Verwechslungsgefahr durch gedankliches In-Verbindung-Bringen kommen, wenn der Verkehr Veranlassung hat, aufgrund der Art der Zeichenbildung einen Bezug zwischen den jeweiligen Unternehmen herzustellen. Allein der Umstand, dass sämtliche Bestandteile einer zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung den Gesamteindruck der Marke oder Kennzeichnung gleichermaßen bestimmen, weil keiner dieser Bestandteile das Erscheinungsbild der Marke oder Kennzeichnung dominiert oder prägt, führt indes nicht dazu, dass diese Bestandteile eine selbständig kennzeichnende Stellung haben. Vielmehr müssen besondere Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, in einem zusammengesetzten Zeichen einzelne oder mehrere Bestandteile als selbständig kennzeichnend anzusehen (BGH I ZR 85/11 (Nr. 50) - Culinaria/Villa Culinaria; vgl. Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 2. Aufl., § 14 MarkenG, Rd. 420; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9 Rd. 413). Andernfalls würde die Regel, dass bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr die fraglichen Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen sind, zur Ausnahme, und die Ausnahme, dass ein Bestandteil eines zusammengesetzten Zeichens eine selbständig kennzeichnende Stellung in dem zusammengesetzten Zeichen einnimmt, ohne aber darin den dominierenden Bestandteil zu bilden, zur Regel (BGH I ZR 85/11 (Nr. 50) - Culinaria/Villa Culinaria). Sonstige Umstände, die nach anerkannten Rechtsprechungsgrundsätzen die Annahme einer selbständig kennzeichnenden Stellung begründen könnten, liegen hier indes nicht vor.
Für eine Kostenauferlegung auf eine der Verfahrensbeteiligten besteht keine Veranlassung.