Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 30.04.2012


BPatG 30.04.2012 - 33 W (pat) 22/10

Markenbeschwerdeverfahren – "Cortal Consors SENATOR-CLUB/SENATOR" – zur Kennzeichnungskraft - Dienstleistungsidentität und –ähnlichkeit – weitere Markenbestandteile in jüngerer Marke - keine Prägung durch Markenbestandteil – keine Verwechslungsgefahr


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
33. Senat
Entscheidungsdatum:
30.04.2012
Aktenzeichen:
33 W (pat) 22/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 307 63 417

hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6. Dezember 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Bender, der Vorsitzenden Richterin am Landgericht Grote-Bittner und des Richters Kätker

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Gegen die Eintragung der Wortmarke 307 63 417

2

Cortal Consors SENATOR-CLUB

3

für

4

zahlreiche Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 38, 41,

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u. a. für:

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(Klasse 35:) Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung und -beratung; Buchführung

7

(Klasse 36:) Finanzwesen; Geldgeschäfte; Vermögensverwaltung; Vermögensberatung,

8

ist Widerspruch erhoben worden aus der am 27. Mai 1982 eingetragenen Wortmarke 1 033 818

9

SENATOR

10

für

11

(Klasse 35 u. 36): Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Treuhanddienste, nämlich Vermögensberatung und -verwaltung; Buchführung für Dritte

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(Dienstleistungen in der ungruppierten Reihenfolge ihrer Eintragung).

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Mit Beschlüssen vom 2. Juni 2009 und vom 11. November 2009, letzterer im Erinnerungsverfahren, hat die Markenstelle für Klasse 36 den Widerspruch zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle besteht zwischen den Marken keine Gefahr von Verwechslungen. Zwar sei teilweise eine Identität der Dienstleistungen festzustellen, etwa bei den für die jüngere Marke eingetragenen Dienstleistungen "Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung und -beratung", welche von den für die Widerspruchsmarke geschützten Dienstleistungen "Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung" umfasst würden, ebenso zwischen "Finanzwesen" der jüngeren Marke und "Treuhanddienste, nämlich Vermögensberatung und -verwaltung" der Widerspruchsmarke. Auch sei der Widerspruchsmarke eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft beizumessen, denn das Wort "Senator" bezeichne einen "Ratsherren" bzw. "Mitglied des Senats" und stelle mit dieser Bedeutung keine ernsthafte Merkmalsbezeichnung für die fraglichen Dienstleistungen des Geschäfts- oder Finanzwesens oder verwandter Branchen dar. Dennoch halte die angegriffene Marke den erforderlichen Abstand zur Gegenmarke ein.

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Dabei sei zunächst von einer erhöhten Aufmerksamkeit der angesprochenen Verkehrskreise auf dem hier fraglichen Dienstleistungsgebiet auszugehen, was sich kollisionsmindernd auswirke. Da die Widerspruchsmarke in der jüngeren Marke enthalten sei, könne eine unmittelbare Verwechslungsgefahr nur dann bejaht werden, wenn der Gesamteindruck der mehrgliedrigen jüngeren Marke gerade durch den übereinstimmenden Bestandteil "Senator" geprägt werde und die übrigen Bestandteile demgegenüber in den Hintergrund treten. In der jüngeren Marke trete das Wort "SENATOR" aber vielmehr in den Hintergrund, präge also deren Gesamteindruck nicht. Das Wort "SENATOR" sei nämlich der vorangehenden bekannten Firmenbezeichnung "Cortal Consors" nachgestellt und zudem in den Gesamtbegriff "SENATOR-CLUB" eingebunden, wobei dieser eine andere Bedeutung habe als der Begriff "Senator" in Alleinstellung. Die Wortkombination "SENATOR-CLUB" werde regelmäßig als Bezeichnung eines besonderen Angebots verstanden. Da das Wort "Senator" mit der Bedeutung "Ratsherr, Mitglied eines Senats" eine gewisse herausgehobene Stellung einer Person bezeichne und eine Qualitätsanmutung impliziere, bringe der Gesamtbegriff "SENATOR-CLUB" in beschreibender Weise zum Ausdruck, dass die Dienstleistungen für eine besondere Klientel bestimmt und geeignet seien. Nachdem es sich bei dem weiteren Markenelement "Cortal Consors " um die Bezeichnung eines nicht unbekannten Dienstleisters des Finanzwesens und angrenzender Gebiete mit ca. 600.000 Kunden in Deutschland handele, werde der gemeinsam mit dieser Firmenbezeichnung verwendete Begriff "SENATOR-CLUB" lediglich als beschreibender Hinweis auf die avisierte Kundenkategorie verstanden. Die angegriffene Marke werde daher gerade nicht durch das Wort "SENATOR" geprägt.

15

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Nach ihrer Auffassung besteht zwischen den beiderseitigen Marken eine Gefahr von Verwechslungen. Die Dienstleistungen der angegriffenen Marke seien mit denen der Widerspruchsmarke zum Teil identisch, im Übrigen ähnlich. Dazu nimmt die Widersprechende auf einen Beschluss der Markenstelle vom 29. Mai 2009 zum parallelen Widerspruchsverfahren zur Marke 306 38 748 Bezug (betreffend die Marke "Cortal Consors Senator" mit gleichem Dienstleistungsverzeichnis wie die vorliegend angegriffene Marke, wobei Widerspruch ebenfalls aus der Marke 1 033 818 - SENATOR erhoben worden ist) und trägt ergänzend ausführlich zu der ihrer Auffassung nach gegebenen Identität bzw. Ähnlichkeit der beiderseitigen Dienstleistungen vor.

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Zudem bestehe eine ausreichende Ähnlichkeit der Zeichen. Soweit die Markenstelle eine Verwechslungsgefahr mit der Erwägung verneint habe, dass der Gesamtbegriff "SENATOR-CLUB" gegenüber der Firmenbezeichnung "Cortal Consors" in beschreibender Weise als Bezeichnung eines besonderen Angebots für eine bestimmte Klientel verstanden werde, und sie damit maßgeblich auf das Unternehmenskennzeichen der Inhaberin der angegriffenen Marke abgestellt habe, verkenne die Markenstelle die Grundsätze der Entscheidung EuGH GRUR 2005,1042 - Thomson Life. Danach behalte das usurpierte Zeichen seine Selbstständigkeit, wenn das zusammengesetzte jüngere Zeichen aus dieser älteren Marke und einem bekannten Handelsnamen bestehe. Wenn man jedoch, wie es die Markenstelle fehlerhaft getan habe, den Bedeutungsgehalt des übernommenen Zeichens ausgehend vom vorangestellten Unternehmenskennzeichen der jüngeren Kombinationsmarke ermittele, dann verliere die usurpierte Marke gerade die vom EuGH geforderte Selbstständigkeit. Die Markenstelle hätte die Markenähnlichkeit also gerade ohne Hinzuziehung des Unternehmenskennzeichens der Markeninhaberin feststellen müssen.

17

Im Übrigen sei das Wort "SENATOR" auch innerhalb der Wortfolge "SENATOR-CLUB" das dominierende Element. Denn das Wort "CLUB" sei lediglich ein beschreibender Zusatz für eine Personenvereinigung, ähnlich wie der Zusatz eines (eingetragenen) Vereins. Solche Zusätze würden vom Verkehr bei der schlagwortartigen Kurzbezeichnung einer solchen Vereinigung häufig weggelassen. Ergänzend hat die Widersprechende in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass beim Deutschen Patent- und Markenamt etwa 1000 und beim Harmonisierungsamt etwa 800 Marken mit dem Bestandteil "Club" eingetragen seien, was die Kennzeichnungsschwäche dieses Worts zusätzlich belege.

18

Es liege auch nicht etwa ein Gesamtbegriff "SENATOR CLUB" im Sinne einer beschreibenden Bezeichnung eines besonderen Angebots für eine bestimmte Klientel vor, wie dies die Markenstelle fehlerhaft gemeint habe. Die Markenstelle habe sich damit in Widerspruch zu der von ihr selbst getroffenen Feststellung gesetzt, dass das Wort "Senator" einen Ratsherrn bzw. Mitglied eines Senats bezeichne und somit gerade keine ernsthafte Merkmalsangabe darstellen könne, sondern in Bezug auf die Dienstleistungen vage und vieldeutig sei. Allenfalls liege eine gewisse Qualitätsanmutung vor, die sich in der deutschen Sprache aber nicht zu einem beschreibenden Begriff entwickelt habe. Außerdem sei das Wort "SENATOR" in Kombination mit dem Wort "CLUB" nicht verständlicher. Denn die Aussage, dass das, was vage und vieldeutig sei, nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich sein solle, erhöhe nicht den Bedeutungsgehalt des Wortes "SENATOR". Unter diesen Umständen habe der Verkehr keine Veranlassung, die Worte "SENATOR" und "CLUB" zu einem Gesamtbegriff zu verbinden. Vielmehr ständen zwei separate Wörter nebeneinander, wobei einzig der Begriff "Senator" das originär kennzeichnende Wort darstelle. Der Verkehr werde sich daher allein am kennzeichnungskräftigen Wortbestandteil "SENATOR" der jüngeren Marke orientieren, so dass dieser den Gesamteindruck der angegriffenen Marke präge. Angesichts der normalen Kennzeichnungskraft des nicht beschreibenden prägenden Worts "SENATOR" sei damit eine Verwechslungsgefahr zu bejahen.

19

Auf die von der Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2011 erhobene Nichtbenutzungseinrede hat die Widersprechende in der mündlichen Verhandlung Unterlagen zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung ihrer Marke vorgelegt, insbesondere eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Widersprechenden vom 6. Dezember 2011 mit begleitenden Unterlagen, wie Rechnungskopien sowie eine Kopie ihres Schriftsatzes vom 24. Juli 2008 samt Anlagen, den sie im gegen die Marke 306 38 748 gerichteten Widerspruchsverfahren beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht hat. Sie meint, damit die rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke nach beiden Alternativen des § 43 Abs. 1 MarkenG glaubhaft gemacht zu haben, wobei sie darauf hinweist, dass zum Bereich "Geschäftsbesorgung" auch Buchführung und kleine steuerberatende Tätigkeiten gehörten.

20

Die Widersprechende beantragt,

21

die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

22

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

24

Sie hält die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für nicht glaubhaft gemacht. Hierzu hat sie zunächst auf das parallele Widerspruchsverfahren zur Marke 307 63 419 - Senator Club verwiesen, in dem die Markenstelle mit Beschluss vom 17. August 2011 unter Würdigung der dort von der Widersprechenden eingereichten Benutzungsunterlagen eine Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung derselben Widerspruchsmarke verneint hat.

25

Nachdem der Markeninhaberin im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 6. Dezember 2011 mit verkündetem Beschluss des Senats eine Schriftsatzfrist bis zum 28. Februar 2012 zur Stellungnahme auf die Benutzungsunterlagen nachgelassen worden ist und nach einem Telefonat mit dem Senatsvorsitzenden vom 20. Februar 2012, in dem dieser laut Aktenvermerk eine "Fristverlängerung" bis zum 31. März 2012 zugesagt hat, hat die Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 29. März 2012 vorgetragen, dass die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung nicht ausreichend, insbesondere in Bezug auf die einzelnen Dienstleistungen der Widerspruchsmarke zu unspezifisch seien.

26

Darüber hinaus meint sie, dass keine Gefahr von Verwechslungen bestehe. Die Markenstelle sei im angefochtenen Beschluss zutreffend davon ausgegangen, dass das Wort "SENATOR" in der jüngeren Marke gegenüber dem bekannten und intensiv beworbenen Firmennamen "Cortal Consors" der Markeninhaberin in den Hintergrund trete, und dass die gesamtbegriffliche Wortfolge "SENATOR-CLUB" lediglich eine beschreibende Hinzufügung dahingehend sei, dass die Dienstleistungen für eine besonders gehobene Klientel erbracht würden bzw. dass es sich dabei um eine gehobenere Produktgruppe handele. Damit werde ein solches Mehrwortzeichen regelmäßig durch den Firmenbestandteil, hier: "Cortal Consors", und nicht durch den kennzeichnungsschwachen, da beschreibenden Zusatz geprägt. Im Übrigen sei auch das Wort "SENATOR" als Bezeichnung einer besonders hervorgehobenen Person mit bestimmten Privilegien selbst ein kennzeichnungsschwacher Begriff.

27

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II

28

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist nicht begründet. Dabei kann letztlich dahinstehen, ob die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nach §§ 43 Abs. 1, 26 MarkenG glaubhaft gemacht worden ist, denn die Beschwerde ist jedenfalls bereits deshalb unbegründet, weil zwischen den Marken keine Verwechslungsgefahr i. S. d. §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.

29

Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Öffentlichkeit glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die kennzeichnungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042, Rdn. 28 - THOMSON LIFE; GRUR 2008, 343, Nr. 33 - Il Ponte Finanziaria Spa/HABM ("BAINBRIDGE"), jew. m. w. N.).

30

Insbesondere bestimmt sich die Verwechslungsgefahr anhand einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der Waren-/Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, der Markenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Weise, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2002, 544, 545 - BANK 24 m. w. N.; GRUR 2002, 1067 - DKV/OKV; GRUR 2003, 963 - AntiVir/AntiVirus).

31

a) Wenngleich die Widerspruchsmarke eine Tendenz zu einer leichten Kennzeichnungsschwäche aufweist, sieht der Senat die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke als noch durchschnittlich an, wenn auch im unteren Bereich einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft.

32

Zwar spielt das Markenwort "SENATOR" mit der bereits von der Markenstelle genannten Bedeutung "Ratsherr, Mitglied eines Senats" auf den traditionell hohen sozialen Rang von Senatoren an, den diese als politische Amtsträger von der Antike bis heute (etwa in den USA oder verschiedenen Länderparlamenten in Deutschland) innehaben. Der Titel "Senator" eignet sich daher bei Waren und Dienstleistungen nahezu aller Art als Werbebegriff, der dem damit angesprochenen Kunden schmeichelt und zugleich die herausgehobene Stellung bzw. Exklusivität des so bezeichneten Produkts hervorhebt. Hierbei ist insbesondere das im Verfahren mehrfach angesprochene Werbebeispiel der Lufthansa, die bestimmten Kunden den Status eines "Senators" mit verschiedenen Vorteilen und Annehmlichkeiten bietet, besonders bekannt.

33

Andererseits kann dem Markenwort insbesondere für die teilweise im Identitätsbereich liegenden Dienstleistungen der Klassen 35 und 36 keine ernsthaft dienstleistungsbeschreibende Bedeutung zugeordnet werden, etwa dass diese besonders für Senatoren im Sinne von Parlamentsmitgliedern bestimmt und geeignet wären, o. Ä. Auch konnte der Senat bei einer Abfrage des elektronischen Markenregisters im Bereich der Dienstleistungen der Klassen 35 und 36 nur eine Trefferzahl von 38 Marken mit dem Bestandteil "Senator" ermitteln, was angesichts der möglichen Spreizung der verschiedenen Einzeldienstleistungen in immerhin zwei wichtigen Dienstleistungsklassen keineswegs als eine große Anzahl von eingetragenen Marken erscheint. Nachdem zu benutzten Drittmarken auch nichts vorgetragen und andererseits die aus den Benutzungsunterlagen ersichtlichen Umsatzzahlen auch keinen Schluss auf eine - auch nicht vorgetragene - erhöhte Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke zulassen, geht der Senat von einer noch normalen Kennzeichnungskraft aus, die aber wegen einer deutlich erkennbaren Tendenz zur leichten Kennzeichnungsschwäche im unteren Bereich der normalen Kennzeichnungskraft liegt.

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b) Die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen der Vergleichsmarken liegen teilweise im Bereich der Identität, zumindest hochgradigen Ähnlichkeit. Beispielsweise besteht eine offensichtliche (Teil-) Identität zwischen folgenden für die jüngere Marke eingetragenen Dienstleistungen mit (in Klammern dahintergesetzt) folgenden Dienstleistungen der Widerspruchsmarke:

35

"Buchführung" (mit "Buchführung für Dritte"), "Finanzwesen; Geldgeschäfte; Vermögensverwaltung; Vermögensberatung" (mit "Treuhanddienste, nämlich Vermögensberatung und -verwaltung"). Dennoch hält die angegriffene Marke den insoweit erforderlichen größeren Abstand zur Widerspruchsmarke selbst bei den o. g. identischen Dienstleistungen in jeder Hinsicht ein, so dass auf die Frage einer weitergehenden Identität oder Ähnlichkeit der Dienstleistungen nicht eingegangen zu werden braucht.

36

c) Dies würde selbst dann gelten, wenn zugunsten der Widersprechenden von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft (ohne Tendenz zur Kennzeichnungsschwäche) bei teilweiser Identität der Dienstleistungen auszugehen wäre und daher noch höhere Anforderungen an den Markenabstand zu stellen wären. Geht man von der angegriffenen Marke in ihrer Gesamtheit aus, so weisen die Marken angesichts der weiteren Wortbestandteile "Cortal Consors" und "CLUB" in der jüngeren Marke und der damit verbundenen mehrfachen Wortlänge gegenüber der Widerspruchsmarke offensichtlich keine ausreichende Ähnlichkeit auf.

37

Im Gegensatz zur Auffassung der Widersprechenden kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Bestandteil "SENATOR" den Gesamteindruck der jüngeren Marke prägt. Zwar kann auch ein Markenbestandteil eine selbständig kollisionsbegründende Bedeutung haben, wenn er den Gesamteindruck der mehrgliedrigen Marke prägt, indem er eine eigenständige kennzeichnende Funktion aufweist und die übrigen Markenteile für den Verkehr in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (vgl. EuGH GRUR 2007, 700, 702 (Nr. 41, 42) - HABM/Shaker, GRUR Int. 2010, 129, 132 (Nr. 62) - Carbonell/La Espanola; GRUR 2010, 1098, 1099 (Nr. 56) - Calvin Klein/HABM; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9, Rdn. 327, 332 m. w. N.). Eine derart dominierende Stellung von "SENATOR" unter Zurücktreten der übrigen Markenbestandteile kann bei der jüngeren Marke jedoch nicht festgestellt werden.

38

Ein Teil der Verkehrskreise, der den Markenbestandteil "Cortal Consors" nicht kennt, insbesondere nicht als Firmenkennzeichnung (er-) kennt, wird diesen Markenbestandteil schon aufgrund seiner vorrangigen Stellung am Markenanfang, der markanten "Co"-Lautwiederholung und seinem Charakter als Fantasiebegriff nicht für den Gesamtcharakter vernachlässigen. Für diesen Teil des Verkehrs prägt "SENATOR" den Gesamteindruck daher nicht.

39

Ein weiterer Teil des Verkehrs wird zwar in "Cortal Consors" eine Firmenkennzeichnung sehen, sei es, weil er sie kennt, sei es, dass er wegen des Bedeutungsgehalts von "SENATOR-CLUB" und der Position der beiden Wortkombinationen innerhalb der Gesamtmarke in "Cortal Consors" die Bezeichnung des Betreibers eines "SENATOR-CLUBS" vermutet. Für diesen Verkehrsteil kommt eine Prägung der jüngeren Marke durch den Bestandteil "SENATOR-CLUB" als die eigentliche Produktkennzeichnung möglicherweise in Betracht. Ob dies nach den Umständen des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der zum Verhältnis von Firmen- zu Produktmarke nicht immer einheitlichen Rechtsprechung hier der Fall wäre, kann aber vorliegend dahinstehen. Denn selbst wenn man die Möglichkeit unterstellt, dass der Gesamteindruck der angegriffenen Marke durch die Wortkombination "SENATOR-CLUB" geprägt werden kann, so könnte dies allein wegen des unüberhör- und unübersehbaren sowie begrifflich abweichenden Worts "CLUB" noch nicht zu einer ausreichenden Ähnlichkeit der Marken führen. Vielmehr müsste der Gesamteindruck der jüngeren Marke noch weitergehend allein vom Wort "SENATOR" geprägt werden.

40

Dem steht jedoch der Charakter der Wortkombination "SENATOR-CLUB" als Gesamtbegriff entgegen. Spätestens durch den Bindestrich ist klargestellt, dass es sich um eine zusammengehörige Wortgruppe handelt. Mit ihr wird nicht ein Senator sondern ein Club von Senatoren bezeichnet, also eine Vereinigung oder Gruppe von "Senatoren" mit gemeinsamen Interessen und Zielen oder auch Merkmalen. Würde man die Wortgruppe "SENATOR-CLUB" auseinanderreißen, so wäre dies mit einer entsprechenden Sinnentstellung verbunden, da die Bedeutung eines Klubs bzw. eines entsprechenden Personenkreises verloren ginge. Zu solchen sinnverändernden Verkürzungen neigt der Verkehr nicht, zumal die Wortkombination "SENATOR-CLUB" als solche griffig und ausreichend kurz aussprechbar ist. Für den Verkehrsteilnehmer, der die jüngere Gesamtmarke bereits auf "SENATOR-CLUB" verkürzt, würde daher auch unter dem Gesichtspunkt einer bequemlichen Verkürzung der langen Gesamtmarke kein besonderer Anlass mehr zu einer noch weitergehenden Reduzierung auf "SENATOR" als allein domierendes Element bestehen. Dies gilt umso mehr, als dem Wort "SENATOR" wegen seiner werblichen Eignung ein Hang zur Kennzeichnungsschwäche anhaftet (s. o.).

41

Die dagegen gerichteten Argumente der Widersprechenden überzeugen nicht. Soweit sie meint, bei dem Bestandteil "CLUB" handele es sich um einen nur beschreibenden Zusatz etwa i. S. eines Vereins, der bei der schlagwortartigen Kurzbezeichnung einer solchen Vereinigung weggelassen werden kann, mag dies auf gesellschaftsrechtliche Zusätze wie "AG" oder "GmbH" zu treffen. Bei "SENATOR-CLUB" wird aber erst durch den Zusatz "CLUB" deutlich, dass es hier nicht um die Benennung eines (einzelnen) Senators, sondern um eine ganze Gruppe, Klasse o. Ä. geht. Auch der Bindestrich spricht schon rein optisch dagegen, die Wortverbindung auseinander zu reißen. Das Einzelwort "SENATOR" kann den Gesamteindruck der jüngeren Marke daher nicht allein prägen.

42

Aus den gleichen Gründen, vor allem wegen des auch durch den Bindestrich hervorgehobenen gesamtbegrifflichen Charakters der Wortgruppe "SENATOR-CLUB", kommt dem Einzelwort "SENATOR" auch keine selbstständig kennzeichnende Stellung zu. Für eine Verwechslungsgefahr unter anderen Gesichtspunkten, insbesondere für eine assoziative Verwechslungsgefahr, bestehen keine Anhaltspunkte.

43

Nach alledem hat die Markenstelle zu Recht eine Verwechslungsgefahr i. S. d. § 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG verneint und den Widerspruch zurückgewiesen, so dass auch die Beschwerde zurückzuweisen war.

44

d) Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlass, einem der Verfahrensbeteiligten aus Gründen der Billigkeit die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG aufzuerlegen.