Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 10.05.2012


BPatG 10.05.2012 - 30 W (pat) 97/10

Markenbeschwerdeverfahren – "Mit Migranten für Migranten" – keine Unterscheidungskraft –


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
10.05.2012
Aktenzeichen:
30 W (pat) 97/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 032 918.1

hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 10. Mai 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richterin Winter und des Richters am Amtsgericht Backes

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I. 

1

Die Wortfolge

2

Mit Migranten für Migranten

3

ist als Marke für folgende Waren und Dienstleistungen zur Eintragung in das Register angemeldet:

4

„Klasse 16:

5

Druckereierzeugnisse; Handbücher; Booklets; Lehr- und Unterrichtsmittel, ausgenommen Apparate;

6

Klasse 35:

7

Werbung, insbesondere auch in Form von Sponsoring und Merchandising (Verkaufsförderung); Öffentlichkeitsarbeit; Spendenwerbung; Unternehmensberatung und Unternehmensverwaltung, nämlich Organisation, Führung, Hilfe bei der Führung und Überwachung von gemeinnützigen Gesellschaften im Bereich der medizinischen Versorgung, Gesundheitsförderung und Prävention für Personen mit Migrationshintergrund; organisatorische Beratung bei der Koordination der Einzel- und Zusammenarbeit von medizinischen und Trägern der Jugendarbeit und -förderung, Wohlfahrtsverbänden, Sozialeinrichtungen, öffentlichen Einrichtungen und Institutionen und ehrenamtlich Tätigen auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendarbeit und -förderung; Vermittlung (Suche und Auswahl) von Mentoren/Partnern zur Umsetzung von Hilfs- und Förderprogrammen für Personen mit Migrationshintergrund, soweit in Klasse 35 enthalten; organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung bei der Koordination der Einzel- und Zusammenarbeit von Trägern der Jugendhilfe und -förderung, Wohlfahrtsverbänden, Sozialeinrichtungen, öffentlichen Einrichtungen und Institutionen und ehrenamtlich Tätigen für Personen mit Migrationshintergrund, soweit in Klasse 35 enthalten;

8

Klasse 36:

9

Versicherungswesen;

10

Klasse 41:

11

Aus- und Fortbildungs- sowie Erziehungsberatung; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren und Workshops (Ausbildung); Organisation und Durchführung von Kursen und Informationsveranstaltungen in Form von Verträgen auf dem Gebiet der Gesundheitsförderung; Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexten); Herausgabe von Verlags- und Druckereierzeugnissen (ausgenommen für Werbezwecke) in elektronischer Form, auch im Internet; Aufzeichnung von Videobändern, CDs und DVDs; Organisation und Veranstaltung von Konferenzen; Durchführung von kulturellen Veranstaltungen; Unterhaltung und kulturelle Aktivitäten; Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung, einschließlich der Organisation und Durchführung von Sport- und Freizeitveranstaltungen; Fortbildung und kulturelle Veranstaltungen auf dem Gebiet der Familienplanung, der Sexualpädagogik sowie der Sexualberatung; Betrieb von Kindergärten, nämlich Erziehung; Sexualerziehung;

12

Klasse 42:

13

Wissenschaftliche Forschungstätigkeit, insbesondere auf dem Gebiet der Migration und deren gesellschaftlichen und politischen Folgen; elektronische Speicherung von Daten in Computerdatenbanken; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Erstellen von Computerprogrammen (Software); Design und Vermietung von Computersoftware; Computersystemanalysen; Design und Programmierung von Internetseiten für On- und Offlineauftritte, Wartung von Software für die Übertragung von Nachrichten; elektronische Speicherung von Informationen (Ton, Bild und Daten);

14

Klasse 43:

15

Dienstleistungen eines Altenheims;

16

Klasse 44:

17

Medizinische Dienstleistungen, insbesondere Durchführung von Therapien zum Nikotinentzug und zur -entwöhnung, zum Alkoholentzug und zur -entwöhnung, zum Medikamententzug und zur -entwöhnung, zur Stress- und Migränebehandlung, zur Gewichtsreduzierung; Gesundheitspflege für Menschen, insbesondere stationäre Pflege, psychosoziale Betreuung; Ernährungsberatung; ambulante Therapie zur Prävention und Behandlung von psychischen Erkrankungen; Beratung im Bereich seelische Gesundheit und psychiatrische Behandlung, nämlich Konzeptentwicklung im Bereich Gesundheit und psychiatrische Behandlung für Seminare, Personalentwicklung, Patienteninformation und Angehörigenarbeit; Beratungsleistungen für Mundgesundheit (Ernährungsberatung, Prophylaxeberatung); Dienstleistungen eines Entspannungstherapeuten; Dienstleistungen eines Psychologen, Psycho- und Physiotherapeuten; Dienstleistungen eines Sprachtherapeuten; Gesundheitsberatung, nämlich Entwicklung von Gesundheitsplänen; Gesundheitsdienste, insbesondere ganzheitliche Betreuung von Mutter und Kind sowie Schwangerschaftsbegleitung in medizinischer Hinsicht und Familienplanung in medizinischer Hinsicht; psychosoziale Beratung betreffend persönliche, individuelle Bedürfnisse;

18

Klasse 45 (Leitklasse):

19

Vermittlung von Paten, Mentoren, Mediatoren und Beratern für Personen mit Migrationshintergrund, insbesondere von Kindern und Jugendlichen, zum Zwecke von persönlichen und sozialen Bedürfnissen (soweit in Klasse 45 enthalten); Mentoring als persönliche und soziale Dienstleistung betreffend individuelle Bedürfnisse, insbesondere hinsichtlich Personen mit Migrationshintergrund (soweit in Klasse 45 enthalten); Vergabe von Lizenzen für Franchising-Konzepte; seelsorgerische Beratung betreffend persönliche, individuelle Bedürfnisse; seelsorgerische Lebensberatung, nämlich Besprechung der Ist-Situation und Erarbeitung von Lösungswegen zu einer besseren sozialen Zukunft von Migranten; ganzheitliche Betreuung von Mutter und Kind sowie Schwangerschaftsbegleitung und Familienplanung in seelsorgerischer Hinsicht“.

20

Die Markenstelle für Klasse 45 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit zwei Beschlüssen vom 29. Juli 2010 und vom 30. September 2010 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Slogans in der Form „Mit … für …“ würden in der Werbung vielfach verwendet. Im vorliegenden Fall bringe die beanspruchte Bezeichnung „Mit Migranten für Migranten“ lediglich in beschreibender Weise zum Ausdruck, dass die von der Anmeldung erfassten Dienstleistungen unter Beteiligung oder Mitarbeit von Migranten angeboten oder erbracht würden und zur Inanspruchnahme durch Migranten geeignet bzw. bestimmt seien. Entsprechendes gelte für die Waren der Klasse 16.

21

Nach Auffassung des Erinnerungsprüfers steht zudem das Schutzhindernis der bösgläubigen Anmeldung (§ 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG) im Raum, da der Anmeldender Geschäftsführer des unter der angemeldeten Wortfolge agierenden und staatlich unterstützten und geförderten gemeinnützigen Vereins und die Anmeldung unter eigenem Namen und vom Vereinssitz abweichender Adresse erfolgt sei.

22

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er sinngemäß beantragt,

23

die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.

24

Er ist der Ansicht, die Wortfolge „Mit Migranten für Migranten“ sei hinreichend unterscheidungskräftig und keine bloß beschreibende Sachangabe hinsichtlich der Erbringer bzw. Adressaten der benannten Waren und Dienstleistungen. Dies sei bei gebotener Differenzierung hinsichtlich der einzelnen Waren und Dienstleistungen erkennbar. Auch sei die Eintragungspraxis hinsichtlich vergleichbarer Marken wie „barfuß für Menschen“, „Menschen für Menschen“, „Menschen mit Energie“, „Menschen für Medizintechnik für Menschen“ oder „Haltestelle Diakonie - Perspektiven für Menschen mit Demenz“ nicht hinreichend gewürdigt worden. Abwegig sei der Verweis auf eventuelle Bösgläubigkeit der Anmeldung i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG. Als Gründungsmitglied und Geschäftsführer des „Ethno Medizinisches Zentrum e.V.“ handele der vielfach für sein Engagement ausgezeichnete Anmelder keinesfalls zum Schaden des Vereins. Auch habe er sich als natürliche Person die Marke „MiMi“ erfolgreich schützen können und setze diese für die gemeinnützige Tätigkeit des Vereins ein.

II.

25

Die Beschwerde des Anmelders ist gemäß § 66 MarkenG zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Die Markenstelle hat die Anmeldung zu Recht wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

26

1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2008, 608, 611 Nr. 66 f. - EUROHYPO; BGH GRUR 2010, 825, 826 Nr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2010, 935 Nr. 8 - Die Vision; GRUR 2006, 850, 854 Nr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2006, 233, 235 Nr. 45 - Standbeutel; GRUR 2006, 229, 230 Nr. 27 - BioID; EuGH a. a. O. Nr. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710 Nr. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949 Nr. 10 - My World; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 411 Nr. 8 - STREETBALL; GRUR 2009, 778, 779 Nr. 11 - Willkommen im Leben; GRUR 2009, 949 f. Nr. 10 - My World; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006).

27

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411, 412 Nr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Nr. 24 - SAT2; BGH a. a. O. - Die Vision; GRUR 2010, 825, 826 Nr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428, 431 Nr. 53 - Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

28

Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, 678 Nr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270, 271 Nr. 11 - Link economy; GRUR 2009, 952, 953 Nr. 10 - DeutschlandCard; a. a. O. Nr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (BGH GRUR 2010, 1100, 1102 Nr. 23 - TOOOR!; a. a. O. Nr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006).

29

An die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen und Slogans sind keine strengeren Maßstäbe anzulegen als bei sonstigen Wortzeichen (EuGH GRUR 2010, 228 Nr. 36 - Vorsprung durch Technik; GRUR 2004, 1027 Nr. 32, 44 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2009, 949 Nr. 12 - My World; BGH GRUR 2009, 778 Nr. 12 - Willkommen im Leben). Es wäre daher unzulässig, besondere Kriterien aufzustellen, die das Kriterium der Unterscheidungskraft ersetzen oder von ihm abweichen (EuGH GRUR 2010, 228 Nr. 38 - Vorsprung durch Technik; EuGH GRUR 2004, 1027, Nr. 35 und Nr. 36 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT), etwa dergestalt, dass die sloganartige Wortfolge phantasievoll sein und ein begriffliches Spannungsfeld, das einen Überraschungs- und damit Merkeffekt zur Folge habe, aufweisen müsse (EuGH GRUR 2010, 228 Nr. 39 - Vorsprung durch Technik; GRUR 2004, 1027 Nr. 31, 32 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; vgl. BGH GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft). Nicht eintragungsfähig sind dagegen spruchartige Wortfolgen, die lediglich in sprach- oder werbeüblicher Weise eine beschreibende oder anpreisende Aussage über die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen enthalten (vgl. EuGH, Urt. v. 13.1.2011, C-92/10 [Nr. 51, 52] - Best Buy; EuGH GRUR 2004, 1027 Nr. 35 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2001, 1047, 1049 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; GRUR 2001, 735, 736 - Test it.).

30

2. Nach diesen Grundsätzen kann der beanspruchten Wortfolge „Mit Migranten für Migranten“ die erforderliche Unterscheidungskraft nicht zuerkannt werden. Das beanspruchte Zeichen ist nach dem Spruchmuster „Mit … für …“ gebildet, das, wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt und belegt hat, im Verkehr in großem Umfang in beschreibendem Sinne verwendet wird, so etwa in den Slogans „Mit Frauen für Frauen“, „Mit Kindern für Kinder“ oder „Mit Handwerkern für Handwerker“. Das Wort „Migranten“ beschreibt einmal den Anbieter, sodann den Empfänger der Waren oder Dienstleistungen. Dem Migranten als speziell angesprochenen Personenkreis wird somit die ohne weiteres verständliche Sachaussage vermittelt, dass ihm als Anbieter bzw. Leistender eine Person mit Migrationshintergrund gegenübersteht, die aufgrund dieses Umstandes und der damit zu unterstellenden interkulturellen Kompetenz besonders gut in der Lage sein soll, die nachgesuchte Leistung zu erbringen. Das stellt auch der Beschwerdeführer selbst in der Beschwerdebegründung als die entscheidende Besonderheit des unter der angemeldeten Marke betriebenen Dienstleistungsmodells heraus (Bl. 3 des Schriftsatzes vom 12. Mai 2011 = GA Bl. 24). Ob dieses Modell, wie der Anmelder angibt, „einzigartig“ ist, braucht nicht entschieden zu werden. Das Markenrecht dient nicht dazu, ein bestimmtes Dienstleistungsmodell zu monopolisieren; vielmehr bleibt es jedem unbenommen, gleichgeartete Produkte anzubieten. Demzufolge kommt es markenrechtlich nicht darauf an, ob die Ware oder Dienstleistung als solche einem bestimmten Unternehmen zugeordnet wird, sondern ob das beanspruchte Zeichen eine solche Zuordnung ermöglicht. Daran fehlt es, wenn das Zeichen lediglich ein besonderes Merkmal der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, die so auch von beliebigen Dritten stammen könnten. Das jedoch ist hier bei sämtlichen beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Fall. Im Einzelnen:

31

Hinsichtlich der Waren der Klasse 16 kommen als angesprochener Verkehrskreis neben Migranten auch die Träger von Bildungseinrichtungen oder deren Geldgeber in Betracht. Diese beschaffen üblicherweise Lehr- und Unterrichtsmittel, um sie dann zielgerichtet einsetzen zu können. Für diesen Adressatenkreis ist die angemeldete Bezeichnung eindeutig beschreibend und gerade mit dieser Beschreibung werbend. Wer Unterrichtsmittel für Migranten benötigt, will die zu Unterrichtenden mit seinem Stoff erreichen. Dies wird am ehesten gelingen, wenn beim Entstehen der Unterrichtsmittel Migranten des entsprechenden Kulturkreises eingebunden waren oder mitwirkten. Für Handbücher, Booklets und sonstige Druckereierzeugnisse, die sich direkt an Migranten wenden, gilt dasselbe, da es sich auch insoweit um Unterrichtsmittel handeln kann.

32

Hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 35 sind Adressaten die Träger von unterschiedlichen Institutionen und Vereinen, die auf diversen sozialen Gebieten für Migranten tätig sind. Gegenüber diesen beschreibt das beanspruchte Zeichen ebenfalls lediglich die Besonderheit, dass die hinter den angebotenen Leistungen stehenden Personen solche mit Migrationshintergrund sind. Dies weist ohne gedankliche Umwege auf die besondere Qualifikation der Beratenden als soziokulturelle Insider hin, deren Leistung deshalb von besonderem Wert ist.

33

Hinsichtlich der Dienstleistungen der Klassen 36 und 43 sind die Adressaten allein Migranten. Auch hier beschreibt das Zeichen nur den Umstand, dass die darunter angebotenen Dienstleistungen von Personen mit Migrationshintergrund erbracht werden und deshalb für Migranten besonders geeignet sind. Dieser Bezug ergibt sich aus dem Umstand, dass in beiden Bereichen z. B. für gläubige Muslime besondere Anforderungen und Bedürfnisse bestehen. So werden die Bedürfnisse nach glaubenskonformen Versicherungsangeboten, die nicht nur in islamisch geprägten Ländern, sondern auch im Inland angeboten werden, von der Finanzwirtschaft aufgenommen, als Wachstumsmarkt angesehen und dem entsprechend solche Angebote unterbreitet (Stichwort „islamische Versicherung“). Gleiches ist für Altenheime festzustellen.

34

Hinsichtlich der Dienstleistungen Klasse 41 gilt das zu den Klassen 36 und 43 Gesagte, und zwar auch, soweit die Dienstleistungen neutral formuliert sind wie etwa „Aufzeichnung von Videobändern, CDs und DVDs“. Soweit diese nämlich auch zur Beratung und Erziehung einschließlich Sexualerziehung verwendet werden können/sollen, ist die Wichtigkeit der durch das Zeichen beschriebenen besonderen Kompetenz evident.

35

Hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 42 kommen als Adressaten für Forschung bzw. deren Ergebnisse vor allem Vertreter von öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Unternehmen in Betracht. Auch gegenüber diesen beschreibt die Wortfolge „Mit Migranten für Migranten“ die Besonderheit, dass die hinter den Forschungsleistungen stehenden Personen solche mit Migrationshintergrund sind. Dies weist ohne gedankliche Umwege auf die besondere Qualifikation der Forschenden als soziokulturelle Insider hin. Für die gesamten Bereiche Programmierung und Software, Design, Installation und Wartung von Internetseiten und Software gilt nichts anderes. Hier sind die Adressaten wiederum vornehmlich Migranten, die nach eigenem Verständnis des Beschwerdeführers auf eine besondere Art von Hilfestellung hingewiesen werden, die sich dadurch auszeichnet und von vergleichbaren Initiativen unterscheidet, dass die in Rede stehenden Dienstleistungen von Personen mit Migrationshintergrund erbracht werden (siehe oben).

36

Hinsichtlich der Dienstleistungen der Klassen 44 und 45 sind die Adressaten wiederum vornehmlich Migranten. Es gilt das zu Klasse 42 Gesagte. Dies ist im Bereich der Gesundheitssorge und der allgemeinen Sozialfürsorge von herausragender Bedeutung, da einerseits das Problem der Vielschichtigkeit der Systeme in Deutschland besteht und andererseits gerade hier sowohl sprachliche als auch soziokulturelle Hürden zu überwinden sind.

37

3. Dahinstehen kann aufgrund der fehlenden Unterscheidungskraft, ob die Anmeldung durch den Beschwerdeführer wegen eines Verstoßes gegen § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG zurückzuweisen wäre. Es bedarf deshalb keiner Ausführungen, ob dieser Ansatz abwegig oder im Hinblick auf die zumindest theoretisch denkbare Möglichkeit eines Zerwürfnisses innerhalb des vom Antragsteller repräsentierten Vereines durchaus lebensnah ist.

38

4. Ein Eingehen auf die vom Anmelder genannten Voreistragungen war weder seitens der Markenstelle noch des Senats veranlasst (vgl. BGH GRUR 2012, 276, 277 [Nr. 18] - Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V. m. w. N.).