Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 17.02.2014


BPatG 17.02.2014 - 30 W (pat) 91/11

Markenbeschwerdeverfahren – "ROSALGIN (IR-Marke)/NOVALGIN" – zur rechtserhaltenden Benutzung – keine hinreichende Glaubhaftmachung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
17.02.2014
Aktenzeichen:
30 W (pat) 91/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die international registrierte Marke IR 810 571

hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. September 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richterinnen Winter und Dr. Hoppe

beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 28. Juli 2003 international unter der Nummer 810 571 registrierte Wortmarke

2

ROSALGIN

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beansprucht aufgrund einer nachträglichen Schutzerstreckung Schutz für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für die Waren der

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Klasse 5: Produits pharmaceutiques antiphlogistiques et antidouleur en particulier à usage gynécologique.

5

Das Erstreckungsgesuch ist am 9. Februar 2006 veröffentlicht worden.

6

Hiergegen ist Widerspruch erhoben aus der deutschen Marke 129 444

7

NOVALGIN

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die seit 7. Mai 1910 für folgende Waren der Klasse 5 eingetragen ist:

9

"Pharmazeutische und therapeutische Produkte".

10

Die Inhaberin der angegriffenen IR-Marke hat die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Die Widersprechende hat daraufhin eine eidesstattliche Versicherung vom 10. April 2008 mit Umsatzangaben für die Jahre 2002 bis 2007 nebst weiteren Unterlagen, unter Anderem Kopien von Faltschachteln, eingereicht.

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Die Markenstelle für Klasse 5 - Internationale Registrierung - des DPMA hat mit einem ersten Beschluss vom 22. Juni 2009 den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen und Benutzungsfragen dahingestellt gelassen. Die hiergegen eingelegte Erinnerung der Widersprechenden ist mit Beschluss vom 5. Juli 2011 ohne Entscheidung über die aufgeworfenen Benutzungsfragen wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen worden.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie meint, dass die vorgelegten Unterlagen insgesamt geeignet seien, die Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft zu machen. Sie hat eine weitere eidesstattliche Versicherung vom 6. Dezember 2011 mit Umsatzangaben für die Jahre 2008 bis 2011 nebst Kopien aus der Roten Liste 2009 und 2010 sowie Rechnungskopien eingereicht. Ferner hält sie mit näheren Ausführungen Verwechslungsgefahr für gegeben.

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Der Widersprechende beantragt sinngemäß,

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die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 - Internationale Registrierung - des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Juni 2009 und vom 5. Juli 2011 aufzuheben und der international unter der Nummer 810 571 registrierten Marke we-gen des Widerspruchs aus der Marke 129 444 den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu verweigern.

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Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

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die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

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Die Inhaberin der angegriffenen IR-Marke meint, dass die vorgelegten Benutzungsnachweise nicht geeignet seien, die behauptete rechtserhaltende Benutzung zu belegen. Unter anderem verweist sie darauf, dass die eidesstattliche Versicherung vom 10. April 2008 einerseits nur den Zeitraum bis Ende des Jahres 2007 betreffe und andererseits auch nur die rechtliche Wertung enthalte, dass die Widerspruchsmarke zur Kennzeichnung eines Schmerzmittels benutzt worden sei, ohne einen Bezug zu den übrigen eingereichten Unterlagen herzustellen; insbesondere fehlten Angaben darüber, wie die Marke den Produkten zugeordnet gewesen und ob und wie die angebliche Benutzung in Deutschland erfolgt sei. An dieser Beurteilung ändere sich auch durch die weiter eingereichten Unterlagen mit der eidesstattlichen Versicherung vom 6. Dezember 2011 nichts. Insbesondere sei auch daraus nicht ersichtlich, ob die angegebenen Umsätze in Deutschland erzielt worden und dass die Produkte tatsächlich mit der Widerspruchsmarke versehen gewesen seien. Dazu seien Eintragungen in der Roten Liste sowie die vorgelegten Rechnungskopien nicht aussagekräftig. Auch in der Zusammenschau aller zu berücksichtigenden Unterlagen ergebe sich nur ein unvollständiger, bruchstückhafter Benutzungsnachweis, der den Anforderungen nicht genüge. Selbst bei unterstellter Benutzung bestünde zudem keine Verwechslungsgefahr.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist in der Sache nicht begründet, weil schon die Benutzung der Widerspruchsmarke nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden ist.

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1. Die Inhaberin der angegriffenen IR-Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke in zulässiger Weise bestritten, so dass auf Seiten der Widerspruchsmarke gemäß § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG nur die Produkte zu berücksichtigen sind, für die eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft gemacht worden ist.

21

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Schutzerstreckung der angegriffenen Marke in dem vom Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum herausgegebenen Veröffentlichungsblatt (§§ 124, 114 Abs. 1 MarkenG), hier am 9. Februar 2006, war die Widerspruchsmarke bereits länger als fünf Jahre eingetragen. Das Bestreiten ist undifferenziert und betrifft deshalb beide Benutzungszeiträume gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 43 Rdn. 18). Deshalb oblag es der Wider-sprechenden, die rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke in den beiden Zeiträumen Februar 2001 bis Februar 2006 und jetzt September 2008 bis September 2013 hinsichtlich aller maßgeblichen Umstände, insbesondere nach Art, Zeit, Ort und Umfang darzulegen und glaubhaft zu machen.

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Jedenfalls für den nunmehr relevanten zweiten Zeitraum von September 2008 bis September 2013 ist es ihr nicht gelungen, die funktionsgemäße Benutzung der Marke für eingetragene Waren glaubhaft zu machen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die eidesstattliche Versicherung auf die Darstellung von Tatsachen beziehen muss und sich nicht in der Wiedergabe von Werturteilen oder Rechtsmeinungen erschöpfen darf. Notwendig dazu ist eine konkrete Erklärung, welche Kennzeichnung in welchem Zeitraum und in welchen Umfang für welche Waren in welcher Form verwendet worden ist. Für die Art und Form der Benutzung ist die Vorlage der tatsächlich verwendeten Markenform unerlässlich (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 43 Rdn. 65, 70 m. w. N.). Im Einzelnen:

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Für den Zeitraum September 2008 bis September 2013 sind in der eidesstattlichen Versicherung vom 6. Dezember 2011 (Anlage 1 zum Schriftsatz vom 9. Januar 2012) zwar Umsätze für die Jahre 2008 bis 2011 genannt. Dazu ist angegeben: "Die Marke NOVALGIN wurde von der Konzerngesellschaft…zur Kennzeichnung eines Schmerzmittels in verschiedenen Darreichungsformen benutzt. Zu den dabei erzielten Umsätzen kann ich folgende Angaben machen…". Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass diese Aussage für die in Verbindung mit den Umsätzen genannten Jahre gelten soll, so ist allein dieser Behauptung die tatsächliche Verwendungsform nicht zu entnehmen. Ablichtungen von Warenverpackungen, wie mit der eidesstattlichen Versicherung vom 10. April 2008 - betreffend die Jahre 2002 bis 2007 - eingereicht, sind für den jetzt relevanten zweiten Zeitraum nicht vorgelegt worden. Den eingereichten Kopien aus der Roten Liste 2009 und 2010 (Anlagen 2 und 3 zum Schriftsatz vom 9. Januar 2012) ist nicht zu entnehmen, in welcher Form die Widerspruchsmarke tatsächlich verwendet wurde. Entsprechendes gilt hinsichtlich der vorgelegten Rechnungskopien (Anlagenkonvolut 4 zum Schriftsatz vom 9. Januar 2012).

24

Den diesbezüglich geäußerten Bedenken der IR-Markeninhaberin hat die Widersprechende weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung Rechnung getragen. Soweit die Widersprechende dazu allein die Auffassung vertritt, dass die Unterlagen insgesamt geeignet seien, die Benutzung glaubhaft zu machen, trifft dies nicht zu. Die eidesstattliche Versicherung vom 10. April 2008 mit den vorgelegten Kopien von Verpackungen ist unbehelflich, weil diese mit den angegebenen Jahren 2002 bis 2007 auf die seinerzeit nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG maßgeblichen Zeiträume bezogen sind. Da die jetzt maßgeblichen Zeiträume sich nicht überschneiden, sind die mit der eidesstattlichen Versicherung vom 10. April 2008 eingereichten Unterlagen nicht geeignet, die Benutzung für den relevanten zweiten Zeitraum von September 2008 bis September 2013 glaubhaft zu machen. Dass die Verpackungen im jetzt maßgeblichen zweiten Zeitraum entsprechend gestaltet waren oder die Verwendung der Marke so erfolgte, ist weder erklärt noch glaubhaft gemacht worden.

25

Nach alledem kann von einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke jedenfalls für den relevanten zweiten Zeitraum von September 2008 bis September 2013 nicht ausgegangen werden. Gelingt die Glaubhaftmachung der Benutzung nur für einen der beiden Zeiträume im Sinn von § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG nicht, ist der Widerspruch zurückzuweisen (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 43 Rdn. 17).

26

2. Schon mangels berücksichtigungsfähiger Waren (§ 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG) ist der Widerspruch ohne Erfolg. Die Markenstelle hat im Ergebnis zu Recht den Widerspruch zurückgewiesen.

27

Die Beschwerde der Widersprechenden ist deshalb zurückzuweisen.

28

3. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG.