Entscheidungsdatum: 29.03.2012
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2008 038 198.1
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. März 2012 unter Mitwirkung es Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des Richters am Amtsgericht Backes
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen-Patent und Markenamts vom 22. Juli 2009 und vom 20. Mai 2010 aufgehoben.
I.
Das Zeichen MAXvent ist als Wortmarke für Waren der Klassen 7, 9 und 11 zur Eintragung als Marke in das vom Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register angemeldet worden. Das Warenverzeichnis lautet nach einer Einschränkung im Beschwerdeverfahren:
„Klasse 7: Energiesparmotoren für Mitteldruck-Axialventilatoren;
Klasse 9: Regelgeräte für Mitteldruck-Axialventilatoren;
Klasse 11: Ventilatoren, nämlich Mitteldruck-Axialventilatoren mit Energiesparmotor, und deren Teile, soweit in Klasse 11 enthalten
sämtliche vorgenannten Waren nur für gewerbliche und industrielle Abnehmer.“
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Eintragung auf der Grundlage des ursprünglich eingereichten Warenverzeichnisses durch Erstbeschluss wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und durch Erinnerungsbeschluss nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG versagt, weil eine beschreibende Angabe vorliege. Da „MAX“ im Englischen wie im Deutschen die Abkürzung für „maximal“ sei, und das englische Wort „vent“ im Deutschen „Belüftung, Entlüftungsöffnung“ bedeute und zudem die Abkürzung für „ventilation, ventilator“ sei, weise die angemeldete Bezeichnung beschreibend auf eine hohe (maximale) Leistung der beanspruchten Ventilatoren hin.
Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hat ausgeführt, das angemeldete Zeichen sei für die beanspruchten Waren nicht beschreibend, da die Bezeichnung MAXvent eine Wortneuschöpfung sei, die schon wegen Mehrdeutigkeit der Bestandteile „MAX“ und „vent“ nicht in dem vom Patentamt angenommenen Sinn verstanden werde, zumal das englische Wort für Ventilator „fan“ laute, und meint weiter, dass die Bedeutung „maximale Ventilation“ unlogisch sei, weil kein Ventilator ständig unter Volllast betrieben werden könne. Ferner verweist sie auf Voreintragungen. In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin das Warenverzeichnis wie oben wiedergegeben beschränkt.
Die Anmelderin beantragt mit dieser Maßgabe sinngemäß,
die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache auf der Grundlage des im Beschwerdeverfahren eingeschränkten Warenverzeichnisses begründet. Der zur Eintragung in das Markenregister angemeldeten Bezeichnung MAXvent stehen hinsichtlich der noch beanspruchten Waren keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen.
Der angemeldeten Bezeichnung kann zunächst nicht jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion einer Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren (oder Dienstleistungen) zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren (oder Dienstleistungen) eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Rn. 33 - Audi (Vorsprung durch Technik); GRUR 2006, 220, Rn. 27 - BioID; BGH GRUR 2010, 935, Rn. 8 - Die Vision; GRUR 2010, 138, Rn. 23 - ROCHER-Kugel; GRUR 2006, 850, 854, Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006; MarkenR 2004, 39 - City Service). Die Unterscheidungskraft einer Marke ist dabei zum einen in Bezug auf die genannten Waren (oder Dienstleistungen) und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Wortmarken nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihnen entweder ein für die fraglichen Waren (oder Dienstleistungen) im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann (BGH GRUR 2005, 417, 418 - Berlin Card; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch) oder wenn es sich um Angaben handelt, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren (oder Dienstleistungen) zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1100 Rn. 23 - TOOOR!; GRUR 2009, 411 Rn. 9 - STREETBALL; GRUR 2006, 850 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 1998, 465, 468 - Bonus).
Kann einem Wortzeichen für die fraglichen Waren kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugerechnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihm die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. BGH, GRUR 2009, 778, Rn. 11 - Willkommen im Leben; GRUR 2010, 640, Rn. 13 - hey!; MarkenR 2012, 19, 20, Rn. 11 - Link economy).
Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist davon auszugehen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in der Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2003, 58, 60, Rn. 24 - Companyline; BGH GRUR 1995, 269, 270 - U-KEY; BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2001, 162, 163 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Ein der Annahme der Unterscheidungskraft entgegenstehender Aussagegehalt der Marke muss deshalb so deutlich und unmissverständlich hervortreten, dass er für die beteiligten Verkehrskreise unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken erkennbar ist. Die bloße theoretische Möglichkeit, dass die eine oder andere Sachaussage durch die Marke vermittelt werden könnte, reicht zur Verneinung der Unterscheidungskraft nicht aus. Insoweit ist selbst bei der Verbindung an sich nicht unterscheidungskräftiger beschreibender Einzelelemente die Unterscheidungskraft nur zu verneinen, wenn auch der damit entstehenden Gesamtaussage die Eignung zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung fehlt (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 f., Rn. 28 - 35 - SAT.2).
Bei der Prüfung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d. h. jede noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2001, 1151 - marktfrisch). Allerdings darf die Prüfung dabei nicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden, sondern sie muss vielmehr gründlich und vollständig ausfallen (vgl. EuGH WRP 2003, 735 - Libertel-Orange; a. a. O. - Postkantoor).
Nach diesen Grundsätzen verfügt die angemeldete Bezeichnung MAXvent auf der Grundlage des im Beschwerdeverfahren beschränkten Warenverzeichnisses über die erforderliche Unterscheidungskraft.
MAXvent ist - worauf die Anmelderin zutreffend hinweist - keine gebräuchliche Bezeichnung der deutschen oder einer im Inland bekannten Fremdsprache. Die Anmeldung ist allerdings erkennbar gebildet aus „MAX“ und „vent“. Dabei ist die Markenstelle zutreffend davon ausgegangen, dass „MAX“ im Allgemeinen als Abkürzung von „maximal“ verwendet wird (vgl. Duden Oxford, Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl., S. 1315) und das englische Wort „vent“ im Deutschen „Entlüfter, ent-/belüften“ bedeutet (vgl. Ernst, Wörterbuch der industriellen Technik, Band II, S. 1528; LEO Online-Lexikon, Suchwort „vent“) und der Verkehr die angemeldete Bezeichnung in Bezug auf Ventilatoren im Allgemeinen im Sinn von „maximale Belüftung“ verstehen könnte. In Verbindung mit den nunmehr maßgeblichen Waren, nämlich Mitteldruck-Axialventilatoren mit Energiesparmotor oder dafür bestimmte Produkte, die nach der Fassung des Warenverzeichnisses nur für gewerbliche und industrielle Abnehmer bestimmt sind, steht für diese angesprochenen Verkehrskreise die Bedeutung von „MAX“ im Sinn von „maximal“ indessen nicht im Vordergrund. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass „MAX“ die gebräuchliche Abkürzung für den Fachbegriff „Mitteldruck-Axialventilator“ ist. „MAX“ erscheint in der Gesamtmarke MAXvent vielmehr als Phantasiebegriff bzw. als phantasievolle Abkürzung für oder Anspielung auf „Mitteldruck-Axialventilator“, so dass der angemeldeten Marke in Bezug auf die noch maßgeblichen Waren kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt mehr zugeordnet werden kann, und sich damit keine Eignung zur beschreibenden Verwendung als Sachangabe hinsichtlich der Eigenschaften dieser Waren ergibt.
In ihrer Gesamtheit ist die angemeldete Marke damit geeignet, vom hier allein maßgeblichen Fachverkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden; MAXvent fehlt damit nicht die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
An der angemeldeten Marke besteht in Bezug auf diese Waren auch kein Freihaltebedürfnis i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG; denn es ist aus obengenannten Gründen nicht ersichtlich, dass sie als konkrete Angabe über Eigenschaften der unter dieser Marke angebotenen Waren dienen könnte; es fehlt damit an einem Allgemeininteresse an der freien Verwendung.
Die Beschwerde hat daher Erfolg.