Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 19.01.2017


BPatG 19.01.2017 - 30 W (pat) 702/15

Designbeschwerdeverfahren – "Vertreterbeiordnung für das Eintragungsverfahren" – voraussetzungsarmes Registerverfahren ohne Sachprüfung – zur Prüfung der Voraussetzungen für die Beiordnung eines Vertreters für das Eintragungsverfahren


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
19.01.2017
Aktenzeichen:
30 W (pat) 702/15
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze
§ 24 S 1 GeschmMG 2004
§ 24 S 4 GeschmMG 2004
§ 37 Abs 1 GeschmMG 2004

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Designanmeldung

(hier: Vertreterbeiordnung für das Eintragungsverfahren )

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 19. Januar 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und Dr. Meiser

beschlossen:

Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Für die am 12. August 2013 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Sammelanmeldung mit vierzig zweidimensionalen Einzelmustern hat der Anmelder Verfahrenskostenhilfe für das Eintragungsverfahren sowie die Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten für das Eintragungsverfahren beantragt.

2

Mit Beschluss vom 9. Dezember 2014 hat die Designstelle dem Anmelder Verfahrenskostenhilfe für das Eintragungsverfahren bewilligt und den auf Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten gerichteten Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung der Zurückweisung des Beiordnungsantrags hat sie ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Beiordnung nach § 24 Satz 4 DesignG i. V. m. § 133 S. 1 PatG lägen nicht vor. Der Anmelder habe nicht dargelegt, dass er nach seinem Bildungsstand überfordert sei, den einfach und übersichtlich gestalteten Antrag auf Eintragung in das Designregister - gegebenenfalls unter Zuhilfenahme der vom Deutschen Patent- und Markenamt kostenlos zur Verfügung gestellten Merk- und Informationsblätter und mit Unterstützung eines Patentinformationszentrums - ohne anwaltliche Hilfe einzureichen. Es handele sich um eine Designanmeldung im üblichen Umfang und von normaler Schwierigkeit. Anhaltspunkte für besondere Schwierigkeiten bei der Darstellung der Designs oder das Vorliegen absoluter Schutzhindernisse bestünden nicht.

3

Gegen die Zurückweisung der Beiordnung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Beiordnung eines Vertreters zur sachdienlichen Erledigung des Verfahrens erforderlich sei, weil besondere Schwierigkeiten bei der geeigneten Darstellung des Musters bestanden hätten. Die Anmeldung betreffe eine Sammelanmeldung von 40 Mustern, bei denen die genaue Auswahl und Darstellung der einzelnen Muster im Hinblick auf den Schutzumfang der Muster von größter Bedeutung gewesen sei. Allein aufgrund des Merkblatts des DPMA sei es dem Antragsteller zudem nicht möglich gewesen, die vorgelegten Muster zu gestalten, da diesen Merkblättern die konkreten Anforderungen an die Musterdarstellung nicht entnommen werden könnten.

4

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

5

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet. Die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Vertreters für das Eintragungsverfahren liegen nicht vor, so dass das Patentamt den darauf gerichteten Antrag zu Recht zurückgewiesen hat.

6

1. Nach § 24 Satz 4 DesignG i. V. m. § 133 Satz 1 PatG ist einem Beteiligten, dem - wie hier - Verfahrenskostenhilfe für das Eintragungsverfahren nach § 24 Satz 1 DesignG i. V. m §§ 114 bis 116 ZPO bewilligt worden ist, auf Antrag ein zur Übernahme der Vertretung bereiter Rechts- oder Patentanwalt beizuordnen, wenn die Vertretung zur sachdienlichen Erledigung des Verfahrens erforderlich erscheint oder ein Beteiligter mit entgegengesetzten Interessen durch einen Patentanwalt, einen Rechtsanwalt oder einen Erlaubnisscheininhaber vertreten ist.

7

Hier kommt nur eine Vertretung des Antragstellers wegen der Erforderlichkeit zur sachdienlichen Erledigung des Verfahrens in Betracht.

8

Ob im Designeintragungsverfahren neben der Gewährung von Verfahrenskostenhilfe ein anwaltlicher Vertreter beizuordnen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. BPatG 30 W (pat) 705/13, PMZ 2014, 111 ff.). Entscheidend ist dabei darauf abzustellen, ob ein bemittelter Rechtssuchender in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Anwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte. Dieser Prüfungsmaßstab ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts durch Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG geboten (vgl. BVerfG NJW 2013, 1148, Rn. 16).

9

2. Nach diesen Grundsätzen war und ist im vorliegenden Fall eine Beiordnung für das Eintragungsverfahren nicht erforderlich. Zur sachdienlichen Erledigung des Verfahrens, hier also zur erfolgversprechenden Beantragung der Eintragung der eingereichten 40 Designs als Sammelanmeldung, hätte ein bemittelter Anmelder keinen Patentanwalt beauftragt.

10

a) Intellektuelle oder sonstige subjektive Einschränkungen des Antragstellers im Hinblick auf seine Fähigkeit, seine Interessen in sachgerechter Weise selbst wahrzunehmen, sind nicht ersichtlich. Ebenso wenig sind Anhaltspunkte für eine eingeschränkte Verfahrens- oder Verständnisfähigkeit aus körperlichen oder geistigen Gründen vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.

11

Angesichts dessen erscheint es nicht unzumutbar, vom Antragsteller vor einer Inanspruchnahme der Solidargemeinschaft der Steuerzahler zu verlangen, sich bei Bedarf wegen praktischer Fragen bei der Anmeldung entweder beim Deutschen Patent- und Markenamt zu informieren oder das kostenlose Beratungsangebot der Patentinformationszentren in Anspruch zu nehmen.

12

b) Wegen des nur eingeschränkten Prüfungsumfangs bei der Registrierung der Sammelanmeldung als Design bestehen auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, die Sach- und Rechtslage hätte einen bemittelten und voll verfahrens- und verständnisfähigen Anmelder zur Beauftragung eines Rechts- oder Patentanwalts veranlasst. Das Eintragungsverfahren für Designs ist ein voraussetzungsarmes Registerverfahren ohne Sachprüfung. Die Anmeldung eines Designs muss lediglich eine zur Bekanntgabe geeignete Wiedergabe des Designs sowie die Angabe der Erzeugnisse enthalten. Ausführliche Hinweise zur Wiedergabe finden sich in dem Merkblatt des Deutschen Patent- und Markenamtes.

13

Dies schließt es zwar nicht generell aus, die Erforderlichkeit der Beiordnung im Einzelfall aus der Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Anwalts wegen einer auf tatsächlichem oder rechtlichem Gebiet liegenden Schwierigkeit von Tätigkeiten abzuleiten, die dem eigentlichen Eintragungsantrag vorgelagert sind. Namentlich besondere Schwierigkeiten bei der geeigneten Darstellung eines Designs können in tatsächlicher Hinsicht im Einzelfall die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe sachgerecht erscheinen lassen und damit im Rechtssinne erforderlich machen, zumal, worauf der Antragsteller zutreffend hinweist, die eingereichte Darstellung nach § 37 Abs. 1 DesignG den Schutz begrenzt und im Nachhinein nicht mehr verändert werden kann (vgl. BPatG 30 W (pat) 705/13 a. a. O.). Im vorliegenden Fall ist jedoch nichts für solche eine Beiordnung rechtfertigenden Schwierigkeiten vorgetragen oder ersichtlich.

14

Gegenstand der Anmeldung ist eine Sammelanmeldung von vierzig zweidimensionalen Designs, bei denen es sich um (einfache) Grafiken in Form von schwarz-weißen Strichzeichnungen handelt, die die Konturen von arabischen Ziffern und Buchstaben des lateinischen Alphabets sowie von weiteren üblichen Schriftzeichen in Standardschriftart zeigen, wobei zu jedem Design nur eine Darstellung eingereicht wurde. Der Senat vermag nicht zu erkennen, in welcher Hinsicht die Darstellung solcher zweidimensionalen Designs von Zahlen und Buchstaben besondere Schwierigkeiten vor allem im Hinblick auf die deutliche und vollständige Darstellung der Merkmale des Designs bereitet haben könnte. Seitens des Antragstellers fehlt dazu auch jeder konkrete Vortrag. Soweit er sich darauf beruft, dass die genaue Auswahl und Darstellung der einzelnen Designs von größter Bedeutung sei, da sich danach der konkrete Schutzumfang der Designs bemesse, impliziert dies keine besonderen Schwierigkeiten bei deren Darstellung.

15

Unerheblich ist ferner, ob es dem Antragsteller allein anhand der Informationen des Merkblatts des DPMA möglich gewesen wäre, die vorliegenden Muster zu gestalten. Denn Schwierigkeiten bei der Gestaltung des Designs rechtfertigen keine Beiordnung eines Vertreters, da die Designgestaltung allein dem oder den Entwerfer(n) i. S. des § 7 DesignG obliegt. Insoweit ist zwischen Schwierigkeiten bei der Darstellung eines Designs und dessen Gestaltung zu unterscheiden.

16

Dass eine auf rechtlichem Gebiet liegende Schwierigkeit der Anmeldung die Beiordnung erfordert hat, ist ebenfalls weder vorgetragen noch ersichtlich. Wie dem Antragsteller aus einer vorangegangenen Anmeldung zudem bekannt war, ist durch die im Rahmen des Verfahrens möglichen Hinweise des Deutschen Patent- und Markenamts gewährleistet, dass etwaige Mängel der Anmeldung auch ohne anwaltliche Beratung behoben werden können.

17

Im Ergebnis ist daher mit der Designstelle davon auszugehen, dass es sich vorliegend um eine Designanmeldung im üblichen Umfang und von normaler Schwierigkeit handelte, bei der ein bemittelter Anmelder keinen Patentanwalt beauftragt hätte.

18

c. Das Patentamt hat den Antrag auf Beiordnung eines Vertreters damit zu Recht zurückgewiesen.

19

3. Nach alledem ist die Beschwerde zurückzuweisen.