Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 17.07.2014


BPatG 17.07.2014 - 30 W (pat) 63/12

Markenbeschwerdeverfahren – "GABA LIFE/KABA" – Warenidentität - zur Kennzeichnungskraft – unmittelbare Verwechslungsgefahr


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
17.07.2014
Aktenzeichen:
30 W (pat) 63/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2010 074 778

hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juli 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker und der Richterinnen Winter und Uhlmann

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Oktober 2012 insoweit aufgehoben, als der Widerspruch aus der Marke 940 643 im Hinblick auf die von der angegriffenen Marke 30 2010 074 778 umfassten Waren „und andere alkoholfreie Getränke; und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“ zurückgewiesen worden ist.

In dem genannten Umfang wird die Löschung der Marke 30 2010 074 778 angeordnet.

Gründe

I.

1

Die am 22. Dezember 2010 angemeldete Wortmarke

2

GABA LIFE

3

ist am 6. Mai 2011 unter der Nummer 30 2010 074 778 für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 5, 30, 32 und 35

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„pharmazeutische Erzeugnisse, Vitaminpräparate, Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen oder Spurenelementen; Bonbons, Pastillen [Süßwaren], Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Ballaststoffen und Kohlenhydraten; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Werbung“

5

in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen und am 10. Juni 2011 veröffentlicht worden.

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Gegen die Eintragung ist Widerspruch erhoben worden aus der am 9. September 1969 angemeldeten und am 2. Februar 1976 eingetragenen Marke 940 643

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KABA

8

Deren Warenverzeichnis lautet:

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„Kaffee, Kaffee-Extrakt, Kaffee-Ersatz, Tee, Zucker, Zuckerwaren, Gewürze, Soßen, Nährsalze, Kakao, Back- und Konditorwaren, diätische Nährmittel, und zwar auf Kakao- und Fruchtbasis hergestellte Pulver zur Bereitung von alkoholfreien Nährgetränken; alkoholfreie Getränke, Fruchtsäfte, Milch, Limonaden, Brauselimonaden, Pulver und Grundstoffe für die Zubereitung von alkoholfreien Getränken.“

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Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 15. Oktober 2012 eine Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Dabei ist die Markenstelle von teils identischen Waren sowie von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen. Begründend ist insbesondere ausgeführt, dass keine ausreichende Ähnlichkeit der Marken bestehe. Der zu fordernde deutliche Markenabstand werde von der angegriffenen Marke noch eingehalten. In der Gesamtheit betrachtet würden sich die Marken durch die abweichenden Anfangsbuchstaben und den zweiten Wortteil „LIFE“ der angegriffenen Marke deutlich unterscheiden. Der Verkehr werde auch nicht einen Wortteil der angegriffenen Marke weglassen. Kein Bestandteil sei mehr prägend als der andere; es handele sich bei beiden um Phantasiebegriffe. Dass die Produkte Lebenskraft und Vitalität vermitteln, bedürfe mehrerer Überlegungen; in „GABA“ würden breite Verkehrskreise einen Hinweis auf Aminobuttersäure eher nicht erkennen. Zudem handele es sich bei der Widerspruchsmarke um ein Kurzwort, bei dem schon geringe Unterschiede bemerkt würden. Verwechslungen in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht könnten ausgeschlossen werden. Für andere Arten der Verwechslungsgefahr sei nichts dargetan oder ersichtlich.

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Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt. Sie beruft sich auf eine erheblich gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für Pulver und Grundstoffe für die Zubereitung von alkoholfreien Getränken, die auf eng verwandte Waren ausstrahle. Das Produkt „KABA“ sei bereits 1929 in Deutschland auf den Markt gekommen und nach einer Kriegspause 1949 in Westdeutschland erneut in den Verkehr gebracht worden. Die Umsätze in Deutschland hätten sich in den Jahren 2005 bis 2009 auf Großhändlerebene auf Größenordnungen zwischen € … und € … belaufen. Unterstützt werde die Bekanntheit der Marke „KABA“ durch Promotionaktionen in den Jahren 2005 bis 2009 (Anlage 2), die die umfängliche Verkaufsförderung von „KABA“-Produkten belegen würden. Die überragende Bekanntheit der Widerspruchsmarke ergebe sich weiter aus dem erheblichen Marktanteil in Deutschland auf dem Sektor der „Milk additives“, der sich ausweislich der Nielsen-Studie, die mit „KABA“ vergleichbare Produkte wie „Suchard Express“, „Nesquick“, „Krüger“ etc. beinhalte, in den Jahren 2006 bis zum 1. Halbjahr 2010 auf 19,2 %, 17,7 %, 15,4 %, 16,2 % und 16,7 % belaufen habe. Beispielhaft veranschaulicht werde die Bekanntheit der Marke „KABA“ schließlich durch eine Studie der Agentur Ogilvy & Mather (Anlage 3); diese Studie weise für „KABA“ eine ungestützte Markenbekanntheit in der BRD von 76 % aus. Unter Berücksichtigung identischer bzw. hochgradig ähnlicher Waren und der gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bestehe angesichts des nahezu identischen Anfangsbestandteils „GABA“ des angegriffenen Zeichens Verwechslungsgefahr, die durch den nachgestellten Bestandteil „LIFE“ nicht ausgeräumt werde. „LIFE“ werde im Sinne von „Leben“ verstanden, was die Kennzeichnungskraft dieses Bestandteils schmälere. Zudem sei der Verkehr im Bereich der Klasse 32 an eine Vielzahl von Marken mit diesem Bestandteil gewöhnt. Von einer Gleichgewichtigkeit der Zeichenbestandteile könne deshalb nicht gesprochen werden. Vielmehr orientiere sich der Verkehr allein am Anfangsbestandteil „GABA“ des angegriffenen Zeichens und werde den weiteren Bestandteil „LIFE“ vernachlässigen.

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In der mündlichen Verhandlung hat die Widersprechende ihren Widerspruch beschränkt auf die von der angegriffenen Marke umfassten Waren „und andere alkoholfreie Getränke; und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken”.

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Die Widersprechende beantragt sinngemäß nunmehr,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Oktober 2012 insoweit aufzuheben, als der Widerspruch aus der Marke 940 643 im Hinblick auf die von der angegriffenen Marke 30 2010 074 778 umfassten Waren „und andere alkoholfreie Getränke; und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“ zurückgewiesen worden ist und insoweit die Löschung der angegriffenen Marke 30 2010 074 778 anzuordnen.

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Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

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Die Markeninhaberin, die an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen hat, hält den Beschluss der Markenstelle mit näheren Ausführungen für zutreffend. Es bestehe schon keine Warenidentität, da die Widerspruchsmarke „KABA“ ausschließlich für Instant-Getränkepulver auf Kakaobasis verwendet werde. Zudem komme der Widerspruchsmarke nur eine schwache Kennzeichnungskraft zu, da die Marke „KABA“ eine simple Zusammensetzung aus den Begriffen „Kakao“ und „Banane“ sei; „KABA“ werde umgangssprachlich als Gattungsbegriff für Instant-Kakaogetränke verwendet. Die vorgelegten Unterlagen zum Nachweis der Markenbekanntheit beträfen allein Milch- und Kakaoprodukte und könnten keine nennenswerte Bekanntheit außerhalb dieses Kreises begründen. Auch bestehe keine Zeichenähnlichkeit im Hinblick auf unterschiedliche Anfangskonsonanten und das zusätzliche englische Wort „LIFE“ der angegriffenen Marke. Der Phantasiename „GABA LIFE“ entspringe der Anlehnung an Gamma-Amino-Buttersäure (im Englischen „Gamma-Aminobutyric acid“) und „LIFE“ sei der englische Begriff für „Leben“. Die Zusammensetzung der Begriffe solle den gesundheitlichen und medizinischen Ansatz der Marke darstellen. Es bestehe kein Anlass, einen Bestandteil wegzulassen oder zu vernachlässigen. Im Übrigen handele es sich bei der Widerspruchsmarke um ein Kurzwort, bei dem schon geringe Unterschiede von den Verkehrskreisen bemerkt würden.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

19

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht für das Publikum in dem noch beschwerdegegenständlichen Umfang die Gefahr von Verwechslungen (§ 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG).

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1. Ob Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. EuGH GRUR 2010, 1098, Nr. 44 - Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933, Nr. 32 - BARBARA BECKER; GRUR 2011, 915, Nr. 45 - UNI; BGH GRUR 2012, 1040, Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64, Nr. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 235, Nr. 15 - AIDA/AIDU). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. Rspr., z. B. BGH GRUR 2013, 833, Nr. 30 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040, Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64, Nr. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 1103, Nr. 37 - Pralinenform II; EuGH GRUR 2008, 343 Nr. 48 - Il Ponte Finanziaria Spa/HABM).

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Nach diesen Grundsätzen ist zwischen den Vergleichsmarken eine markenrechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen zu besorgen.

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a) Nachdem die Widersprechende den Widerspruch im Beschwerdeverfahren beschränkt hat, sind bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr bei der jüngeren Marke nur die Waren „und andere alkoholfreie Getränke; und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken” zu berücksichtigen. Auf Seiten der Widerspruchsmarke ist von der Registerlage auszugehen.

23

Danach besteht im Umfang der für das Beschwerdeverfahren maßgeblichen Waren zum Teil Identität schon nach dem Wortlaut der sich gegenüberstehenden Verzeichnisse; teilweise ist Warenidentität möglich. Die Waren „und andere alkoholfreie Getränke“ (ohne die im Warenverzeichnis genannten „Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer“) der jüngeren Marke sind nach der hier maßgeblichen Registerlage mit „alkoholfreie Getränke“ auch im Verzeichnis der Widerspruchsmarke enthalten; die Waren „und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“ (ohne die im Warenverzeichnis genannten „Sirupe“) können mit den Waren „Pulver und Grundstoffe für die Zubereitung von alkoholfreien Getränken“ der Widerspruchsmarke identisch sein, da der Begriff „Präparate“ auch „Pulver und Grundstoffe“ umfasst, ebenso wie hier der Begriff „Getränke“ auch „alkoholfreie Getränke“ einschließt.

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b) Der Widerspruchsmarke KABA kommt entgegen der Auffassung der Inhaberin der angegriffenen Marke von Haus aus normale (durchschnittliche) Kennzeichnungskraft zu (zu den Graden der Kennzeichnungskraft vgl. BGH GRUR 2013, 833, Nr. 55 - Culinaria/Villa Culinaria). Dass die Bezeichnung eine sachbezogene Abkürzung darstellt und als solche zur Beschreibung der maßgeblichen Waren dienen könnte, ist nicht erkennbar. Für eine gebräuchliche beschreibende Bedeutung der Buchstaben „KA“ und „BA“ im Sinne von „Kakao“ und „Banane“ hinsichtlich der maßgeblichen Waren hat der Senat keinen Nachweis festgestellt und auch die Inhaberin der angegriffenen Marke hat dies nicht belegt. Entsprechendes gilt für das behauptete Vorliegen eines Gattungsbegriffs. Die Ausführungen im Internet-Lexikon Wikipedia (Anlage 1) verweisen unter der Überschrift „Geschichte“ darauf, dass es sich um einen „der bekanntesten deutschen Markennamen“ handelt; allein die weitere Angabe, dass „Kaba…in manchen Teilen Deutschlands im Volksmund ein Gattungsname für Instant-Kakaogetränke“ ist, genügt nicht den strengen Anforderungen, dass sich die Marke zur Gattungsbezeichnung entwickelt hat und nur noch ein völlig unerheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise damit eine Herkunftsvorstellung mit dem Zeichen verbindet (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 170).

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Diese von Hause normale Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist im Umfang der oben genannten, für den Warenvergleich in Betracht gezogenen Produkte durch eine intensive Benutzung gestärkt worden. Pulver und Grundstoffe für die Zubereitung von alkoholfreien Getränken sind unter der Bezeichnung KABA nach dem Vortrag der Widersprechenden 1929 in Deutschland auf den Markt gekommen und nach einer Kriegspause 1949 in Westdeutschland erneut in den Verkehr gebracht worden. Mit den unter der Marke KABA in Deutschland vertriebenen Produkten sind, wie weiter vorgetragen, in den Jahren 2005 bis 2009 in Deutschland auf Großhändlerebene Umsätze in Größenordnungen zwischen € … und € … erzielt worden. Der Marktanteil in den Jahren 2006 bis zum ersten Halbjahr 2010 ist mit 15,4 % bis 19,2 % angegeben, wobei die genannten „Milk additives“ unter den Begriff „Pulver und Grundstoffe für die Zubereitung von alkoholfreien Getränken“ fallen. Promotionaktionen in den Jahren 2005 bis 2009 sind zum Beleg für Verkaufsförderungsmaßnahmen angeführt. Dieser Vortrag ist von der Inhaberin der angegriffenen Marke nicht bestritten worden, so dass er ohne weitere Beweiswürdigung vom Senat als „liquide" zugrunde gelegt werden kann (vgl. BGH GRUR 1967, 246 - Vitapur, BPatG GRUR 2001, 513 - CEFABRAUSE/CEFASEL; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9, Rdn. 146).

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Diese Sachlage rechtfertigt es, auch ohne Berücksichtigung der vorgetragenen ungestützten Markenbekanntheit von 76 %, die sich ausweislich der Studie der Agentur Ogilvy & Mather (Anlage 3) auf die Zielgruppe der Kinder bezieht, der Widerspruchsmarke auf dem genannten Warengebiet „Pulver und Grundstoffe für die Zubereitung von alkoholfreien Getränken“ sowohl für den Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke im Jahr 2010 als auch im Entscheidungszeitpunkt eine hohe (überdurchschnittliche) Kennzeichnungskraft beizumessen (zu den Graden der Kennzeichnungskraft vgl. BGH GRUR 2013, 833, Nr. 55 - Culinaria/Villa Culinaria). Diese hohe Kennzeichnungskraft strahlt auf die eng verwandten Waren „alkoholfreie Getränke“ aus (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 150 m. w. N.); die Waren stehen in einem Austauschverhältnis, weshalb für den Verkehr die Annahme gemeinsamer Ursprungsstätten nahegelegt ist.

27

c) Bei dieser Ausgangslage hält die angegriffene Marke den zur Vermeidung von Verwechslungen erforderlichen, deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht ein.

28

Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (z. B. BGH GRUR 2013, 833, Nr. 45 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040, Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64, Nr. 15 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 729 Nr. 23 - MIXI). Dabei ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen. Das schließt es indessen nicht aus, dass ein oder mehrere Bestandteile eines zusammengesetzten Zeichens für den Gesamteindruck prägend sein und insoweit eine rechtlich relevante Verwechslungsgefahr begründen können. Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen (vgl. BGH GRUR 2012, 64, Nr. 15 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 729, Nr. 31 - MIXI; GRUR 2009, 1055, Nr. 23 - airdsl; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 327, 332 m. w. N.). Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, (Schrift-)Bild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, Nr. 19 - ZIRH/SIR; GRUR 2005, 1042, Nr. 28 - THOMSON LIFE; GRUR Int. 2004, 843, Nr. 29 - MATRATZEN; BGH GRUR 2010, 235, Nr. 15 - AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484, Nr. 32 - METROBUS; GRUR 2006, 60, Nr. 17 - coccodrillo; GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder). Dabei genügt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung (st. Rspr. vgl. z. B. BGH GRUR 2010, 235, Nr. 18 - AIDA/AIDU m. w. N.; vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 224 m. w. N.).

29

In der Gesamtheit der Vergleichsmarken GABA LIFE und KABA besteht keine hinreichende Zeichenähnlichkeit in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht. Wegen des nur in der angegriffenen Marke enthaltenen Wortes LIFE, das nicht überlesen oder überhört werden kann, unterscheiden sich die Zeichen in jeder Hinsicht deutlich. Eine Verwechslungsgefahr kommt vorliegend nur dann in Betracht, wenn der Gesamteindruck der angegriffenen Marke durch den Bestandteil GABA geprägt wird.

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Ob einem einzelnen Markenbestandteil innerhalb einer zusammengesetzten Marke eine den Gesamteindruck prägende Stellung zukommt, beurteilt sich zwar grundsätzlich allein anhand der betreffenden Marke selbst, d. h. ohne Rücksicht auf die Vergleichsmarke (vgl. BGH GRUR 1996, 198, 199 - Springende Raubkatze; GRUR 2000, 895, 896 - EWING, GRUR 2002, 342 - ASTRA/ESTRA-PUREN). Der genannte Grundsatz erfährt aber jedenfalls dann eine Einschränkung, wenn der prioritätsälteren Marke ein erweiterter Schutzumfang zukommt. Dies wirkt sich nicht nur auf die Kennzeichnungskraft der älteren Marke aus. Vielmehr ist in diesem Fall bei der Beantwortung der Frage, durch welche Bestandteile die jüngere Kennzeichnung geprägt wird, die gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke zu berücksichtigen, weil der Verkehr einem Zeichen mit gesteigerter Kennzeichnungskraft, das identisch oder in sehr ähnlicher Form in ein anderes Zeichen übernommen wird, auch in dem zusammengesetzten Zeichen eine prägende Wirkung entnimmt (BGH GRUR 2002, 880, 881 - City Plus; GRUR 2005, 513 - MEY/Ella May; GRUR 2009, 484, 487, Nr. 34 - METROBUS; GRUR-RR 2010, 205 Nr. 46 - Haus & Grund IV).

31

Danach kann im vorliegenden Fall eine Prägung der angegriffenen Marke durch GABA nicht verneint werden. Die Widerspruchsmarke verfügt über eine hohe Kennzeichnungskraft für die Waren „Pulver und Grundstoffe für die Zubereitung von alkoholfreien Getränken“, die auf die damit eng verwandten Waren „alkoholfreie Getränke“ ausstrahlt (s. o.). Diese hohe Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke führt dazu, dass die besondere herkunftshinweisende Funktion des gestärkten älteren Zeichens vom Verkehr auch dann wahrgenommen wird, wenn ihm das Zeichen nicht isoliert, sondern als Bestandteil eines anderen jüngeren Kombinationszeichens identisch oder in sehr ähnlicher Form begegnet (vgl. BGH GRUR 2003, 880 - City Plus; Ströbele/Hacker, a. a. O., Rdn. 346; 350). Demgegenüber liegen kollisionshemmende Elemente in der angegriffenen Marke GABA LIFE nicht vor. Von einem echten geschlossenen Gesamtbegriff kann - wie die Markeninhaberin wohl meint - nicht ausgegangen werden. Die Bestandteile GABA und LIFE sind weder grammatikalisch-formal, etwa als Adjektiv und Substantiv, aufeinander bezogen, noch vermittelt eine etwa sich ergebende Bedeutung „GABA Leben“ oder auch „Gamma Amino Buttersäure Leben“ einen einheitlichen, verständlichen Sinngehalt. Inhaltlich stehen die Wörter GABA und LIFE somit eher unverbunden nebeneinander. Anhaltspunkte dafür, dass die Kennzeichnungskraft des Markenbestandteils LIFE gegenüber dem des Bestandteils GABA gestärkt sein könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

32

Zwischen dem danach prägenden Bestandteil GABA und der Widerspruchsmarke KABA besteht weitestgehend Identität; die Abweichung in den Anfangsbuchstaben „G/K“ kommt wegen ähnlicher Artikulationsart klanglich kaum zum Tragen und fällt gegenüber der klangtragenden, identischen Lautfolge „-ABA“ nicht ausreichend differenzierend ins Gewicht.

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d) Damit kann in der Gesamtschau der maßgeblichen Faktoren die Verwechslungsgefahr zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen bei der hohen Kennzeichnungskraft von KABA und der Identität bzw. möglichen Identität der genannten Waren - einerseits „und andere alkoholfreie Getränke; und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“, andererseits „Pulver und Grundstoffe für die Zubereitung von alkoholfreien Getränken; alkoholfreie Getränke“ -, nicht verneint werden.

34

Die Beschwerde hat daher Erfolg; die angegriffene Marke ist im genannten Umfang zu löschen.

35

2. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.