Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 16.09.2013


BPatG 16.09.2013 - 30 W (pat) 59/12

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "MEET THE ONE" – zur Umschreibung der Marke – wirksame Zustellung des Löschungsantrags an den Rechtsvorgänger – zur Verfahrensführungsbefugnis des Rechtsvorgängers – fehlender Widerspruch – Löschung der Marke


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
16.09.2013
Aktenzeichen:
30 W (pat) 59/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 302 42 961

(hier: Löschungsverfahren S 101/12)

hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juli 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des Richters Jacobi

beschlossen:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Gründe

I. 

1

Die am 28. August 2002 angemeldete Wortmarke

2

MEET THE ONE

3

ist am 14. Januar 2004 unter der Nummer 302 42 961 für Dienstleistungen der Klassen 38, 42 und 45 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden, nämlich für:

4

„Bereitstellen von Informationen im Internet, Bereitstellung von Plattformen im Internet, Bereitstellung von Portalen im Internet, Betrieb von Chatlines, Chatrooms und Foren, elektronische Nachrichtenübermittlung, Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer, Weiterleiten von Nachrichten aller Art an Internet-Adressen (Webmessaging); Vermittlung von Bekanntschaften, Ehevermittlung; Betrieb von Suchmaschinen für das Internet, Datenspeicherung, Datenverwaltung auf Servern, Dienstleistungen einer Datenbank, Dienstleistungen eines Grafikdesigners, Dienstleistungen eines Grafikers, digitale Bildbearbeitung, digitale Datenaufbereitung, digitale Datenverarbeitung, elektronische Datenverarbeitung für Dritte, Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, Zurverfügungstellung von Speicherplätzen im Internet“.

5

Markeninhaberin war die „t… OHG“. Die Zustellanschrift ist gemäß Verfügung vom 19. Juni 2012 mit „t1… OHG, Web-Design und Internet-Consulting, Paosostraße 6a, München“ im Register vermerkt worden. Sie hat am 2. August 2012 die Umschreibung auf die „… GmbH“ beantragt. Der Antrag wurde eingereicht durch die Rechtsanwälte V… S…-S1… als Zustellungsbevollmächtigte unter Vorlage von Vollmachten der eingetragenen Inhaberin und der Rechtsnachfolgerin vom 3. Mai 2012. Die Umschreibung auf die „… GmbH“ ist am 13. August 2012 verfügt und am 14. September 2012 im Markenblatt veröffentlicht worden; als Vertreter wurden die Rechtsanwälte V… S…-S1… im Register eingetragen.

6

Die Antragstellerin hatte bereits am 13. April 2012 die Löschung der Marke beantragt, da die Marke entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden sei.

7

Mit Schreiben des Patentamts vom 19. Juni 2012 ist die seinerzeit im Register eingetragene Markeninhaberin - „t… OHG“ - über den Antrag auf Löschung unterrichtet und aufgefordert worden mitzuteilen, ob sie der beantragten Löschung widerspricht und darauf hingewiesen worden, dass die Eintragung der Marke gelöscht wird, wenn sie der Löschung nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Mitteilung widerspricht. Diese Mitteilung des Patentamts nach § 54 Abs. 2 Satz 1 MarkenG ist ausweislich der Bestätigung der Postabsendestelle über das Absendedatum mittels Übergabe-Einschreiben am 20. Juni 2012 zur Post aufgegeben worden. Dem Löschungsantrag ist nicht widersprochen worden.

8

Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 18. September 2012 wegen fehlenden Widerspruchs die Eintragung der Marke 302 42 961 nach § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG ohne Sacherörterung gelöscht. Kosten sind weder auferlegt noch erstattet worden. Der Beschluss, der die Rechtsvorgängerin als Antragsgegnerin und Markeninhaberin nennt, ist den Rechtsanwälten V… S…-S1…, am 18. Oktober 2012 zugestellt worden.

9

Gegen diesen Beschluss haben die Rechtsanwälte V… S…-S1… namens und im Auftrag der jetzigen Markeninhaberin, der „… GmbH“, am 12. November 2012 Beschwerde eingelegt. Die Markeninhaberin ist zunächst der Auffassung, dass der Beschluss des Patentamts formal rechtswidrig sei, weil er im Rubrum als Markeninhaberin die Rechtsvorgängerin aufführe, im Hinblick auf den Umschreibungsantrag vom 2. August 2012 das Verfahren aber mit der Rechtsnachfolgerin, der … GmbH, hätte fortgesetzt werden müssen. Weiter meint sie, dass die Widerspruchsfrist nicht in Lauf gesetzt worden sei, weil die Mitteilung nach § 54 Abs. 2 Satz 1 MarkenG ihr, der jetzigen Markeninhaberin, nicht zugestellt worden sei und sie deshalb nicht habe widersprechen können. Weiterhin verweist sie darauf, dass diese Mitteilung dem Prozessbevollmächtigten hätte zugestellt werden müssen, da dem Patentamt seit dem 8. Juni 2012 bekannt gewesen sei, dass die Prozessbevollmächtigten für die jetzige Markeninhaberin und die „t… OHG“ zustellungsbevollmächtigt wären und seien. Die Zustellung sei daher unwirksam. In materieller Hinsicht ist sie mit näheren Ausführungen der Auffassung, dass der Löschungsantrag unbegründet sei.

10

Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,

11

den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. September 2012 aufzuheben.

12

Die Antragstellerin beantragt,

13

die Beschwerde zurückzuweisen.

14

Sie hält die Entscheidung der Markenabteilung mit näheren Ausführungen auch materiell für gerechtfertigt.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss der Markenabteilung sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

II.

16

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig. Die „… GmbH“ ist beschwerdeberechtigt. Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 2 MarkenG steht die Beschwerde den am Verfahren vor dem Patentamt Beteiligten zu. Nach beantragter und vollzogener Umschreibung der Marke hat sie als Rechtsnachfolgerin das Recht, ohne Zustimmung der weiteren Verfahrensbeteiligten in die Verfahrensposition der bisherigen Markeninhaberin einzutreten (vgl. § 28 Abs. 2 Satz 1 bis 3 MarkenG; vgl. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 28 Rdn. 15 f.).

17

Die zulässige Beschwerde ist aber in der Sache nicht begründet. Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf den zulässigen und schlüssigen Antrag auf Löschung der Eintragung der Marke 302 42 961 zu Recht deren Löschung angeordnet, weil der Löschung nicht widersprochen worden ist (§ 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG).

18

Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens allein die vom Patentamt angeordnete Löschung wegen fehlenden Widerspruchs ist, ohne den Löschungsantrag einer materiell-rechtlichen Überprüfung unterzogen zu haben.

19

1. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist die Frist zur Einlegung des Widerspruchs nach § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG wirksam in Lauf gesetzt worden. Das Patentamt hat die seinerzeit im Register eingetragene Markeninhaberin - „t…- … OHG“ - mit Schreiben vom 19. Juni 2012 über den Löschungsantrag unterrichtet. Die Zustellung ist, wie in § 28 Abs. 3 Satz 1 MarkenG vorgeschrieben, an die im Register Eingetragene erfolgt. Diese Mitteilung gilt durch die am 20. Juni 2012 erfolgte Aufgabe zur Post der im Register eingetragenen Markeninhaberin als am 23. Juni 2012 zugestellt (§ 4 Abs. 2 Satz 2 VwZG). Die Frist zur Einlegung des Widerspruchs nach § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG ist damit wirksam in Lauf gesetzt worden und am 23. August 2012 abgelaufen. Der Löschung ist nicht widersprochen worden.

20

Soweit entgegengehalten wird, dass die Zustellung dieser Mitteilung an die Bevollmächtigten hätte erfolgen müssen, ist dies unbehelflich. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 VwZG sind Zustellungen an den bestellten Bevollmächtigten zu richten, wenn er eine schriftliche Vollmacht vorgelegt hat. Zum Zeitpunkt der Absendung der Mitteilung waren für das Verfahren aber noch keine Bevollmächtigten bestellt. Erstmals mit dem Antrag auf Verlängerung der Schutzdauer vom 19. Juli 2012 sind die Rechtsanwälte V… S…-S1… für die seinerzeit im Register eingetragene Markeninhaberin „t… OHG“ aufgetreten und haben mit Schriftsatz vom 2. August 2012 eine Vollmacht vom 30. Juli 2012 übersandt. Die weitere Vollmacht vom 3. Mai 2012 ist erst mit dem Umschreibungsantrag vom 2. August 2012 vorgelegt worden. Soweit die Antragsgegnerin behauptet, dass dem Patentamt seit dem 8. Juni 2012 eine Zustellungsbevollmächtigung der Rechtsanwälte Völkl Schulte-Specht bekannt gewesen sei, ist dies weder der Akte zu entnehmen noch sonst ein Nachweis dafür vorgelegt worden. Vielmehr hat die Erörterung in der mündlichen Verhandlung ergeben, dass dieses Datum einem anderen Verfahren entstammt und auf einer Verwechslung seitens der Bevollmächtigten der Antragsgegnerin beruht.

21

2. Zwar trifft es zu, dass die Mitteilung nach § 54 Abs. 2 Satz 1 MarkenG der Rechtsnachfolgerin nicht zugestellt worden ist. Das kam aber auch nicht in Betracht. Nach § 28 Abs. 3 Satz 1 MarkenG haben Zustellungen an den im Register Eingetragenen zu erfolgen. Das war hier - wie ausgeführt - die Rechtsvorgängerin. Nach § 28 Abs. 3 Satz 2 MarkenG muss auch einem Rechtnachfolger zugestellt werden, wenn dem Patentamt ein Antrag auf Eintragung des Rechtsübergangs zugegangen ist. Das war hier aber erst am 2. August 2012 der Fall, also lange nach der an die Rechtsvorgängerin veranlassten Zustellung.

22

3. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist der Beschluss des Patentamts auch nicht deshalb aufzuheben, weil im Rubrum noch die Rechtsvorgängerin als Antragsgegnerin angegeben ist, obwohl bereits am 2. August 2012 die Umschreibung auf die „… GmbH“ beantragt worden war. Im Fall eines Rechtsübergangs während des Verfahrens findet § 265 Abs. 2 ZPO entsprechende Anwendung, mit der Folge, dass der Rechtsvorgänger bis zum Eintritt des Rechtsnachfolgers verfahrensführungsbefugt bleibt und die im Verfahren ergehende Entscheidung in entsprechender Anwendung von § 325 Abs. 1 ZPO für und gegen den Rechtsnachfolger wirkt (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 28 Rd. 15 ff.). Ein Eintritt der Rechtsnachfolgerin ist jedoch erst mit der Beschwerdeeinlegung erfolgt. Der die Rechtsvorgängerin als Antragsgegnerin nennende Beschluss des Patentamts ist damit korrekt.

23

4. Soweit mit der Beschwerde auch die Entscheidung des Patentamts über die Kosten angegriffen ist, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass vom Grundsatz, dass jeder Beteiligte die ihm entstandenen Kosten selbst trägt, abzuweichen war oder aus Billigkeitsgründen Gebühren zurückzuzahlen gewesen wären (§ 63 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 MarkenG).

24

5. Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat damit keinen Erfolg.

25

6. Eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen war nicht veranlasst (§ 71 Abs. 1 MarkenG).