Entscheidungsdatum: 11.02.2010
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 307 35 378
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. Februar 2010 unter Mitwirkung der Richterin Winter als Vorsitzende, des Richters Schell und der Richterin Hartlieb
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 des DPMA vom 17. Februar 2009 zu Ziffer 1 aufgehoben.
2. Wegen des Widerspruchs aus der Marke 306 39 176 wird die Löschung der angegriffenen Marke 307 35 378 angeordnet.
I.
Gegen die für die Dienstleistungen
„Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen“
am 25. September 2007 unter der Nummer 307 35 378 registrierten Wort/Bildmarke (farbig: hellblau, dunkelblau, weiß)
ist Widerspruch eingelegt worden aus der Wortmarke
Salarium ,
eingetragen unter der Nummer 306 39 176 seit dem 24. Januar 2007 für die Dienstleistungen
„Betrieb eines Salzraumes zur Entspannung im Rahmen der Gesundheits- und Schönheitspflege“.
Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen, da die Gemeinsamkeiten der Vergleichsmarken auf kennzeichnungsschwachen Elementen beruhten. Die Widerspruchsmarke sei wegen ihres beschreibenden Gehalts auf bloßen Identitätsschutz beschränkt. Denn die Recherche im Internet habe ergeben, dass der Begriff „ Salarium “ sich zu einem Sachbegriff entwickelt habe. „ Salarium “ bezeichne einen Raum, der aus reinem Salz bestehe und der der Unterstützung der Behandlung verschiedener Atemwegs- und Hauterkrankungen diene sowie zur allgemeinen Entspannung beitrage. Das Raumklima ähnle dem in einer Salzgrotte oder einem Salzstollen. In Bezug auf die von der Widerspruchsmarke beanspruchten Dienstleistungen sei der Begriff „ Salarium “ beschreibend, so dass die Widerspruchsmarke keine Kennzeichnungskraft aufweise. Eine Prägung der angegriffenen Wort/Bildmarke durch den Bestandteil „ Salarium “ scheide wegen der Kennzeichnungsschwäche dieses Bestandteils aus.
Die Widersprechende hat hiergegen Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei zumindest normal. Es könne nur dann von einer Entwicklung zu einer Gattungsbezeichnung ausgegangen werden, wenn nahezu alle beteiligten Verkehrskreise in der fraglichen Angabe nur noch einen Hinweis auf die beanspruchten Dienstleistungen sähen. Die von der Markenstelle angeführten Nachweise seien hierfür nicht ausreichend. Sie beträfen durchweg Kunden der Firma K… Ltd & Co KG, die die Lizenz der Widerspruchsmarke halte. Diese Internetseiten seien inzwischen mit einem Hinweis auf die Widerspruchsmarke versehen worden. In der mündlichen Verhandlung hat die Widersprechende hierzu entsprechende Internetbelege vorgelegt. Der lateinische Begriff „ Salarium “ habe auch von Haus aus keinen beschreibenden Gehalt, vielmehr bedeute er „Sold, Diäten, Honorar“, ursprünglich „Salzdeputat“. Die angegriffene Marke werde durch den übereinstimmenden Wortbestandteil „ Salarium “ geprägt, da dieser grafisch im Mittelpunkt stehe und die übrigen Wortbestandteile beschreibend seien. Die gegenüberstehenden Dienstleistungen seien hochgradig ähnlich, so dass Verwechslungsgefahr bestehe.
Die Widersprechende beantragt,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 17. Februar 2009 aufzuheben.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich im Verfahren nicht zur Sache geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg, da zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH in st. Rspr. vgl. GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling; GRUR 2004, 783, 784 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX; GRUR 2008, 906 - Pantohexal).
1. Bei seiner Entscheidung hat der Senat eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft und einen normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke zugrunde gelegt. Das lateinische Wort „ salarium “ für „Sold, Diäten, Honorar (urspr. Salzdeputat)“ hat für die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen keinerlei beschreibende Bedeutung. Zwar lässt sich ein entfernter Anklang an das lateinische Wort „sal“ für Salz und eine vergleichbare Wortbildung in Anlehnung an das ebenfalls im Bereich der Gesundheits- und Schönheitspflege verwendete Fremdwort „Solarium“ erkennen, dies kann jedoch nicht zu einer Schwächung der Kennzeichnungskraft führen, da die Marke in ihrer Gesamtheit hinreichend phantasievoll gebildet ist.
Die Marke hat sich auch nicht zu einem beschreibenden Fachbegriff entwickelt. Wie die Widersprechende in der mündlichen Verhandlung anhand von neuen schriftlichen Belegen - die der Markenstelle zum Zeitpunkt der Beschlussfassung noch nicht vorlagen - überzeugend dargelegt hat, wird der Begriff „ Salarium “ nicht als Fachbegriff, sondern markenmäßig von Lizenznehmern der Widersprechenden verwendet. Eine darüber hinausgehende beschreibende Verwendung lässt sich nach den neuesten Recherchen nicht feststellen. Eine Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke kann daher nicht angenommen werden.
2. Ausgehend von einer möglichen Verwendung der Vergleichsmarken zur Kennzeichnung identischer Dienstleistungen sowie angesichts eines normalen Schutzumfangs der Widerspruchsmarke sind hohe Anforderungen an den einzuhaltenden Markenabstand zu stellen, denen die angegriffene Marke nicht gerecht wird.
a) Die Ähnlichkeit von Marken ist anhand ihres klanglichen und schriftbildlichen Eindrucks sowie ihres Sinngehalts zu ermitteln. Dabei kommt es auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen an. Dies entspricht dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr Marken regelmäßig in der Form aufnimmt, in der sie ihm entgegentreten und sie nicht einer analysierenden, zergliedernden, möglichen Bestandteilen und deren Bedeutung nachgehenden Betrachtung unterzieht. Dabei bleibt auch ein beschreibender Bestandteil bei der Feststellung des Gesamteindrucks nicht außer Betracht, sondern ist mitzuberücksichtigen. Zudem ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr grundsätzlich mehr auf die gegebenen Übereinstimmungen der zu vergleichenden Zeichen als auf die Unterschiede abzustellen (vgl. BGH a. a. O. - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX).
b) In ihrer Gesamtheit unterscheiden sich beide Vergleichsmarken aufgrund der besonderen grafischen Ausgestaltung der angegriffenen Marke deutlich. Durch die grafische Darstellung des Wortelements „ Salarium “ sowie der zusätzlichen Bildelemente in Form einer wellenförmigen Linie und der Sternabbildung sowie der hinterlegten in zwei verschiedenen Blautönen gestalteten Rechtecke sowie der zusätzlichen Wortbestandteile „Salzbergkammer“ und „Wellness Center“ unterscheidet sich die angegriffene Marke deutlich von der Widerspruchsmarke „ Salarium “ als reiner Wortmarke.
c) Bei der Beurteilung der klanglichen Verwechslungsgefahr ist davon auszugehen, dass der Verkehr beim Zusammentreffen von Wort- und Bildbestandteilen in einer Marke in der Regel dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine prägende Bedeutung beimisst (vgl. BGH GRUR 2006, 60, 62 (Nr. 20) - coccodrillo; GRUR 2008, 903, 905 (Nr. 25) - SIERRA ANTIGUO ). Dem steht in der angegriffenen Marke auch die Größe und der Umfang der Bildelemente im Verhältnis zu den Wortbestandteilen nicht entgegen, da diese Bildelemente weder durch ihre Größe noch durch ihre kennzeichnende Wirkung die Gesamtmarke derart beherrschen, dass die Wortelemente nicht mehr beachtet würden (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdn. 333 m. w. N.). Es handelt sich bei der Gestaltung des Schriftzuges, der Einfassung durch die wellenförmige Linie und der rahmenartigen Unterlegung mit farbigen Rechtecken um werbeübliche graphische Gestaltungsmittel, die lediglich der Hervorhebung der Wortelemente dienen.
In ihren Wortelementen unterscheidet sich die angegriffene Marke durch die zusätzlichen Bestandteile „Wellness Center“ und „Salzbergkammer“, die in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung haben, ausreichend von der Widerspruchsmarke.
d) Somit kommt Verwechslungsgefahr nur dann in Betracht, wenn der mit der Widerspruchsmarke sowie in der angegriffenen Marke enthaltene identische Wortbestandteil „ Salarium “ die angegriffene Marke in ihrem Gesamteindruck allein kollisionsbegründend prägt, indem er eine selbständig kennzeichnende Funktion aufweist, und die übrigen Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (vgl. BGH GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT ; GRUR 2004, 865, 866 - Mustang; GRUR 2006, 60, 62 (Nr. 17) - coccodrillo; Ströbele/Hacker, MarkenG 9. Aufl., § 9 Rdn. 279 ff. m. w. N.).
Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze hat der Bestandteil „ Salarium “, dem eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zukommt, für den Gesamteindruck der angegriffenen Marke eine prägende, selbständig kennzeichnende Bedeutung. Ihre weiteren Wortbestandteile „Wellness Center“ und „Salzbergkammer“ sind ohne weiteres als „Wohlfühlbereich, Gesundheitszentrum“ bzw. im Sinne eines begehbaren Raumes in einem Salzgebilde zu verstehen. Die angesprochenen Verkehrskreise werden in diesen weiteren Bestandteilen der angegriffenen Marke daher nur eine Sachangabe dahingehend sehen, dass die angegriffenen Dienstleistungen - „Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen“ - in der Einrichtung eines Wellness Centers/Gesundheitszentrums sowie unter Verwendung eines Salzraumes angeboten und erbracht werden.
Auch die konkrete grafische Darstellung der Wortbestandteile - „ Salarium “ in der Mitte angeordnet, in mehrfacher Vergrößerung und damit deutlich abgesetzt gegenüber den darüber und darunter in der Art erläuternder Zusätze angeordneten Bestandteilen „Wellness Center“ und „Salzbergkammer“ - unterstreicht lediglich noch den Charakter der beigefügten Wortbestandteile „Wellness Center“ und „Salzbergkammer“ als reine Sachangabe, so dass diese für den maßgeblichen Gesamteindruck gänzlich in den Hintergrund treten.
Die sich dann gegenüberstehenden Vergleichsmarken sind in klanglicher Hinsicht identisch, so dass Verwechslungsgefahr besteht.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).