Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 12.07.2012


BPatG 12.07.2012 - 30 W (pat) 560/10

Markenbeschwerdeverfahren – "JOBmanager (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
12.07.2012
Aktenzeichen:
30 W (pat) 560/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 027 075.6

hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 12. Juli 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richterin Winter und des Richters am Amtsgericht Backes

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Zur Eintragung als Wort-/Bildmarke (farbig rot, grau, weiß) in das Markenregister angemeldet worden ist

Abbildung

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für die Waren und Dienstleistungen:

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„Software; Hosting von Software“.

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Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 12. Oktober 2010 gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen, weil dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft fehle. Begründend ist unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid ausgeführt, dass die Marke in der Übersetzung der englischen Worte im Deutschen „Arbeitsverwalter/ manager“ bedeute, und einen Manager beschreibe, der sich mit Jobs befasse, diese vermittle oder diesbezüglich werbe und berate. Die angesprochenen Verkehrskreise würden diese Bezeichnung deshalb als Sachhinweis dahin auffassen, dass die so gekennzeichnete Software die Tätigkeit des Jobmanagers ermögliche, unterstütze und erleichtere und Gegenstand der elektronischen Speicherung sei. Damit bezeichne die Marke die Aufgabe und Bestimmung der Software und den Gegenstand des elektronischen Speicherns. Weder die geringfügige grafische Gestaltung noch Voreintragungen seien geeignet, das Eintragungshindernis zu überwinden.

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Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hält mit näheren Ausführungen das angemeldete Zeichen für schutzfähig. Zwar beschreibe der englische Begriff „JOBmanager“ einen Manager, der sich mit Jobs befasse, diese vermittle und diesbezüglich werbe und berate; da diese Aufgaben aber personenbezogene Leistungen seien, könne eine Software diese nicht realisieren. Jedenfalls sei aber die grafische Gestaltung, die über die Grafik anderer eingetragener Marken hinausgehe, geeignet, den Schutz zu begründen.

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Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

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den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Oktober 2010 aufzuheben.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet; die angemeldete Marke ist wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen; die Markenstelle hat die Anmeldung deshalb zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

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1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2008, 608, 611 Rn. 66f. - EUROHYPO; BGH GRUR 2010, 825, 826 Rn. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2010, 935 Rn. 8 - Die Vision; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rn. 45 - Standbeutel; GRUR 2006, 229, 230 Rn. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611 Rn. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710 Rn. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949 Rn. 10 - My World; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard).

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Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2010, 825, 826 Rn. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 411 Rn. 8 - STREETBALL; GRUR 2009, 778, 779 Rn. 11 - Willkommen im Leben; GRUR 2009, 949 f. Rn. 10 - My World; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006).

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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412 Rn. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rn. 24 - SAT.2; BGH GRUR 2010, 935 Rn. 8 - Die Vision; GRUR 2010, 825, 826 Rn. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rn. 53 - Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

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Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rn. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270, 271 Rn. 11 - Link economy; GRUR 2009, 952, 953 Rn. 10 - DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2006, 850, 854 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten).

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Bei einer Wort-/Bildmarke - wie vorliegend angemeldet - ist wie bei anderen aus mehreren Elementen zusammengesetzten Marken bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von der Gesamtheit der Marke auszugehen. Dabei hat sich die Prüfung darauf zu erstrecken, ob die Marke als solche, jedenfalls mit einem ihrer Elemente, den Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt (vgl. BGH GRUR 1991, 136, 137 - NEW MAN; GRUR 2001, 162, 163 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; GRUR 2001, 1153 - antiKALK). Hinsichtlich der bildlichen Ausgestaltung einer Wort-/Bildmarke gilt ferner, dass der Marke - unbeschadet der gegebenenfalls fehlenden Unterscheidungskraft der Wortelemente - als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden kann, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht (vgl. BGH GRUR 1991, 136, 137 - NEW MAN; GRUR 2001, 1153 - antiKALK), wobei an die Ausgestaltung aber um so größere Anforderungen zu stellen sind, je kennzeichnungsschwächer die fragliche Angabe ist (vgl. auch BPatG GRUR 1996, 410, 411 - Color COLLECTION). Erforderlich ist eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung im Gesamteindruck der Marke (vgl. auch EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1017 Rn. 73, 74 - BioID). Dabei vermögen einfache geometrische Formen, bloße Verzierungen oder beschreibende Bildzeichen, an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, keine Unterscheidungskraft zu begründen (BGH GRUR 2001, 1153 - antiKALK).

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2. Nach diesen Grundsätzen fehlt dem zur Eintragung in das Markenregister angemeldeten Zeichen jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

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Das zur Eintragung angemeldete Zeichen ist im Wortbestand gebildet aus „JOB“ und „manager“. Dabei ist die Markenstelle zutreffend davon ausgegangen, dass der angesprochene Verkehr - Fachkreise und interessierte Laien - die Marke ohne weiteres in ihrem Bedeutungsinhalt im Sinne von „Arbeits-Manager“ bzw. „Arbeits-Verwalter“ verstehen wird, gleich, ob der Begriff überhaupt in die deutsche Sprache übersetzt wird; denn bei „job“ und „manager“ handelt es sich um zwei Worte, die dem Grundwortschatz der englischen Sprache angehören und in übereinstimmendem Sinngehalt im Deutschen gebräuchlich sind.

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Die Markenstelle hat die Anmeldung auch zutreffend dahin bewertet, dass bei diesem Verständnis die Anmeldung hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen einen Sachhinweis auf die Beschaffenheit und Bestimmung ergibt. Soweit die Anmelderin darauf verweist, dass die personenbezogene Tätigkeit eines Jobmanagers nicht von einer Software erbracht werden könne, schließt dies nicht das Vorliegen einer beschreibenden Angabe aus; denn wie viele Dienstleistungen kann auch die Tätigkeit eines Jobmanagers durch eine speziell auf ihn als Anwender zugeschnittene Software unterstützt werden, die ihm bei der Ausführung seiner Aufgaben hilft, zum Beispiel in der elektronischen Darstellung der Abläufe von Ausschreibungs- und Bewerbungsverfahren, zumal heute Ausschreibungen im Internet und elektronische Bewerbungen üblich sind.

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Zwar hätte im hier einschlägigen Bereich der Informationstechnologie nach Auffassung des Senats ein Verständnis von „Jobmanager“ im Sinn von „Aufgaben-/Arbeitsverwaltung“ näher gelegen; denn über die ursprüngliche Bedeutung von „job“ im Sinn von „Arbeit, Arbeitsstelle“ hinaus handelt es sich auf dem Gebiet der Datenverarbeitung um einen Fachausdruck für „Aufgabe, Arbeitsauftrag an einen Rechner“ (vgl. Ch. Prevezanos, Computer Lexikon 2012, S. 454), der zur Bezeichnung einer automatischen Abarbeitung von Aufträgen in einem computergesteuerten System bekannt und gebräuchlich ist; das Wort „manager“ im ursprünglichen Sinn von „Führungskraft eines Unternehmens“ wird im Bereich Computer und Informationstechnologie für Verwaltungsprogramme verwendet (vgl. Microsoft Press, Computer Lexikon 2003, S. 462), etwa in einem Wort wie „Dateimanager“ (vgl. Ch. Prevezanos, Computer Lexikon 2012, S. 221).

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Dies kann letztlich aber dahingestellt bleiben. Denn auch in der von der Markenstelle angenommenen Bedeutung entnimmt der Verkehr der Bezeichnung „JOBmanager“ hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen keinerlei betrieblichen Hinweis, sondern bezieht sie ausschließlich auf deren Bestimmung bzw. Beschaffenheit. Die Waren der Klasse 9 können, wie oben ausgeführt, die Aufgaben eines Jobmanagers elektronisch unterstützen. Die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 42 können diese Waren betreffen. Dem Wort „JOBmanager“ der angemeldeten Marke fehlt somit die erforderliche Unterscheidungskraft, da der beschreibende Bezug für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen für den Verkehr ohne weiteres ersichtlich ist und sie sich in einer im Vordergrund stehenden sachbezogenen Aussage erschöpft. Die Markenbestandteile werden dabei in Übereinstimmung mit ihrem Sinngehalt verwendet und bilden auch in der Gesamtheit keinen neuen, über die bloße Kombination hinausgehenden Begriff.

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Die grafische Ausgestaltung bewegt sich entgegen der Ansicht der Anmelderin im Rahmen des Werbeüblichen und vermag das Schutzhindernis nicht auszuräumen. Ein schutzbegründender „Überschuss“ kann zwar - wie oben ausgeführt - insbesondere durch eine besondere bildliche Ausgestaltung schutzunfähiger Wortbestandteile erreicht werden. Die Konturschrift, der Fettdruck des Wortes „JOB“ in Großbuchstaben, die Kleinschreibung des Wortes „manager“ in Größenanpassung an das Wort „JOB“ sowie die farbliche Ausgestaltung liegen im Rahmen des Werbeüblichen und dienen lediglich als Blickfang, entfalten daneben aber keine eigene schutzbegründende Wirkung. Da es sich bei der Zusammensetzung „JOBmanager“ um einen deutlich beschreibenden Begriff handelt, vermögen die genannten werbeüblichen Grafikelemente - auch in ihrer Kombination - nicht den Schutz des beanspruchten Zeichens zu begründen, da sie weder einzeln noch in ihrer Summe eine eigenständige Bedeutung erlangen und damit nicht von der beschreibenden Sachaussage wegführen. Der Verkehr nimmt die angemeldete Marke als Gesamtheit wahr, in der die beschreibende Angabe „JOBmanager“ so im Vordergrund steht, dass der bildlichen Gestaltung daneben keine über das Werbeübliche hinausgehende Besonderheit beigemessen wird (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 - antiKALK; BGH GRUR 2009, 954, 955 Rn. 15 - Kinder III in Bestätigung von BPatG GRUR 2007, 324 - Kinder schwarz-rot).

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3. Die zur Eintragung in das Markenregister angemeldete Marke kann damit ihre Hauptfunktion, nämlich den Verkehrskreisen die Ursprungsidentität der mit der Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu garantieren, nicht erfüllen. Die angemeldete Marke ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.

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4. Ein Eingehen auf die von der Anmelderin genannten Voreintragungen ist nicht veranlasst (vgl. BGH GRUR 2012, 276, 277 Rn. 18 - Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V. m. w. N.).