Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 26.04.2012


BPatG 26.04.2012 - 30 W (pat) 552/10

Markenbeschwerdeverfahren – "CLIMAZONE" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
26.04.2012
Aktenzeichen:
30 W (pat) 552/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 066 285.1

hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 26. April 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richterin Dorn und des Richters am Amtsgericht Backes

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

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Die Bezeichnung

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CLIMAZONE

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soll als Marke u. a. für die Waren

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„Motorradbrillen, Skibrillen, Sportbrillen, Sonnenbrillen, Radfahrbrillen, Golfbrillen, Schießbrillen, Reitbrillen, Taucherbrillen, Schwimmbrillen, Lesebrillen, Arbeitsschutzbrillen, Laserschutzbrillen, optische Brillen; Arbeitsschutzhelme, Schutzhelme für Motorradfahrer, für Radfahrer, für Skifahrer, für Skispringer, für Bobfahrer, für Schlittenfahrer, für Skeletonfahrer, für Rollerblader, für Inlineskater, für Snowboardfahrer, für Kanufahrer, für Drachenflieger, für Paraglider; Sporthelme; Bergsporthelme, Reiterhelme; Arbeitsschutzschuhe und Arbeitsschutzbekleidung; Laserschutztextilien, Arbeitsschutzhandschuhe; Teile der vorgenannten Waren; sämtliche vorgenannte Waren, soweit in Klasse 9 enthalten; Bekleidung und Schuhe, insbesondere Stiefel, Golfschuhe, Handschuhe, Strümpfe; Einlegesohlen, stoß- oder schockdämpfende Einlegesohlen; Protektoren als Körperschutz für Motorradfahrer, für Radfahrer, für Skifahrer, für Snowboardfahrer, für Bobfahrer, für Schlittenfahrer, für Skeletonfahrer, für Inlineskater, für Reitsportler“

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in das Register eingetragen werden.

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Die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 30. August 2010 teilweise, nämlich im Umfang der vorgenannten Waren wegen insoweit fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die Bezeichnung „CLIMAZONE“ erschöpfe sich in einem ohne Weiteres verständlichen Sachhinweis darauf, dass die beanspruchten Waren so gestaltet und beschaffen seien, dass sie den spezifischen Anforderungen des Mikroklimas der menschlichen Haut an eine funktionsgerechte Bekleidung oder an andere Gegenstände, die auf der menschlichen Haut getragen würden, gerecht würden. Insbesondere Bekleidungsstücke, aber auch Brillen würden häufig damit beworben, dass sie den verschiedenen Klimazonen des Körpers in besonderer Weise angepasst seien. Die Schreibweise mit „C“ statt „K“ könne die Schutzfähigkeit nicht begründen.

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Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Bei der Bezeichnung „CLIMAZONE“ handele es sich aufgrund der besonderen Schreibweise um ein so nicht existierendes Kunstwort. Ohne weitere Erläuterungen bleibe seine Bedeutung diffus. Im Übrigen würde die Mehrzahl der von der Zurückweisung betroffenen Waren an Körperstellen getragen, die ein einheitliches Mikroklima aufwiesen wie Kopf, Gesicht, Hände oder Füße. Insoweit sei ein Hinweis auf unterschiedliche Klimazonen von vornherein sinnlos.

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Die Anmelderin beantragt,

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den angefochtenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die Beschwerde ist gemäß §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 MarkenG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Die Markenstelle hat die Anmeldung, soweit beschwerdegegenständlich, zu Recht wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

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Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren (oder Dienstleistungen) als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2008, 608, 611 Nr. 66 f. - EUROHYPO; BGH GRUR 2010, 825, 826 Nr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2010, 935 Nr. 8 - Die Vision; GRUR 2006, 850, 854 Nr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2006, 233, 235 Nr. 45 - Standbeutel; GRUR 2006, 229, 230 Nr. 27 - BioID; EuGH a. a. O. Nr. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710 Nr. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949 Nr. 10 - My World; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard;). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 411 Nr. 8 - STREETBALL; GRUR 2009, 778, 779 Nr. 11 - Willkommen im Leben; GRUR 2009, 949 f. Nr. 10 - My World; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006).

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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren (oder Dienstleistungen) und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren (Dienstleistungen) abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411, 412 Nr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Nr. 24 - SAT.2; BGH a. a. O. - Die Vision; GRUR 2010, 825, 826 Nr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428, 431 Nr. 53 - Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

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Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken in erster Linie dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, 678 Nr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270, 271 Nr. 11 - Link economy; GRUR 2009, 952, 953 Nr. 10 - DeutschlandCard; a. a. O. Nr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK). So liegt der Fall hier.

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Mit dem Begriff „Klimazone“ können zum einen geographische Bereiche bezeichnet werden, in denen ein im Wesentlichen einheitliches Großklima herrscht. Dabei müssen die betreffenden Bereiche nicht unbedingt weit voneinander entfernt liegen. Schon ein einzelner Berg oder Gebirgszug zum Beispiel kann unterschiedliche Klimazonen aufweisen. Darüber hinaus wird der Begriff „Klimazone“, wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt und belegt hat, auch im Hinblick auf die verschiedenen Mikroklimata des menschlichen Körpers verwendet. Darüber hinaus hat die Markenstelle nachgewiesen, dass insbesondere Bekleidungsstücke, aber auch z. B. Brillen damit beworben werden, dass sie in besonderer Weise an die verschiedenen Klimazonen des Körpers angepasst seien.

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Vor diesem Hintergrund ist die Markenstelle zutreffend zu der Einschätzung gekommen, dass die angesprochenen Verkehrskreise der angemeldeten Bezeichnung „CLIMAZONE“ lediglich einen beschreibenden Hinweis entnehmen werden, sei es in dem Sinne, dass die Waren an die besonderen Klimazonen des Körpers angepasst sind, sei es dahingehend, dass sie dafür geeignet sind, in verschiedenen Klimazonen (im geographischen Sinne) getragen zu werden. Von einem diffusen Sinngehalt kann insoweit keine Rede sein.

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Unbehelflich ist auch der Hinweis der Anmelderin, dass Gegenstände wie Brillen, Helme, Schuhe oder Handschuhe an Körperstellen mit einheitlichem Mikroklima getragen würden. Dieser Einwand ist zum einen sachlich unzutreffend, weil Kopf, Gesicht, Hände und Füße keineswegs ein einheitliches Mikroklima aufweisen. Wie jedermann weiß, ist z. B. die Fußsohle stärker von Schweißabsonderung betroffen als der Fußrücken, die Zehen sind kälteempfindlicher als die übrigen Teile des Fußes usw. Zum andern kann die angemeldete Marke, wie ausgeführt, darauf hinweisen, dass die Waren darauf ausgelegt sind, in verschiedenen Klimazonen (im geographischen Sinne) getragen zu werden, was etwa beim Bergsport Bedeutung erlangt.

18

Die Schreibweise mit „C“ anstatt „K“ ist nicht geeignet, aus der im Übrigen glatt beschreibenden Angabe eine Individualmarke zu machen. Derart geringfügige Abwandlungen bleiben entweder unbemerkt (vgl. BGH GRUR 2003, 882, 883 - Lichtenstein) oder werden im Umfeld allgegenwärtiger Anglizismen als werbeüblich ohne eigenständigen individualisierenden Gehalt eingestuft.

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Nach alledem hat es bei der ausgesprochenen Teilzurückweisung zu bleiben.