Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 25.04.2013


BPatG 25.04.2013 - 30 W (pat) 547/11

Markenbeschwerdeverfahren – "LIFESYNC/LIFE" – zur rechtserhaltenden Benutzung – keine Veränderung des kennzeichnenden Charakters der Widerspruchsmarke – zur Kennzeichnungskraft - Warenidentität und -ähnlichkeit – Verwechslungsgefahr


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
25.04.2013
Aktenzeichen:
30 W (pat) 547/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2008 077 972

hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des Richters am Amtsgericht Backes

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. Juli 2011 aufgehoben.

Die Löschung der Marke 30 2008 077 972 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 398 49 644 wird angeordnet.

Gründe

I.

1

Die am 8. Dezember 2008 angemeldete Wortmarke

2

LIFESYNC

3

ist am 2. Juli 2009 unter der Nummer 30 2008 077 972 für folgende Waren der Klasse 9 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden:

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„Mobiltelefone; Smart Phones; elektronische Spielesoftware für Mobiltelefone; über ein weltweites Computernetzwerk und kabellose Geräte downloadbare Klingeltöne, Bilder und Musik; Headsets; elektrische Batterieladegeräte; elektrische wiederaufladbare Batterien; Computer; Drucker für Computer; Personal-Digital-Assistants (PDAs); Halbleiter; Telefone; DVD-Player; MP3-Player; Computer-Software für Mobiltelefone, nämlich, die es dem Benutzer ermöglicht, seine täglichen Telefonaktivitäten chronologisch zu ordnen, sowie eine Sicherheitskopie des Adressverzeichnisses, Kalenders, Memos und sämtlicher Multimediainhalte des Telefons auf dem PC oder im Internet zu speichern“.

5

Die Eintragung ist am 7. August 2009 veröffentlicht worden.

6

Dagegen ist Widerspruch erhoben aus der Marke (Wortmarke) 398 49 644

7

LIFE

8

die seit dem 22. Februar 1999 für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 1, 7, 8, 9, 10, 11, 16, 21, 28, 37, 38, 41 und 42 eingetragen ist:

9

„Fotographische Filme, Filme für Film- und Videokameras; elektrische Haushaltsgeräte, soweit in Klasse 7 enthalten, insbesondere Saftpressen, Entsafter, Kaffeemühlen, Mixer, einschließlich Hand-, Stab- und Standmixer, Küchenmaschinen, Küchenmesser, Brotschneidemaschinen, Zerkleinerungsgeräte, Dosenöffner; Fusselrasierer, Bügelmaschinen; elektrisch betriebene Werkzeuge, soweit in Klasse 7 enthalten, insbesondere Bohrmaschinen, Schleifmaschinen, Bohrschrauber, Hobelmaschinen, Fräsmaschinen, Sägen, Heckenscheren; Rasenmäher; Müllzerkleinerer; Staubsauger; Handwerkzeuge, soweit in Klasse 8 enthalten, einschließlich Bohrer, Gartenwerkzeuge, Wagenheber, elektrische Rasierapparate, elektrische Haarschneidemaschinen, elektrische Haarentfernungsgeräte; Geräte der Kommunikations- und Unterhaltungselektronik sowie deren Teile, soweit in Klasse 9 enthalten, insbesondere Radios, Autoradios, Schallplattenspieler, Kassettenrekorder, Kopfhörer, Videokameras und -rekorder, CD-Player, Tonbandgeräte, Ton- und Bildaufzeichnungs-, Übertragungs-, Verstärkungs- und Wiedergabegeräte, Lautsprecher, Fernsehgeräte, Videospiele (zum Anschluss an ein Fernsehgerät), Videokassetten (bespielte und unbespielte), Schallplatten, Audiokassetten (bespielte und unbespielte), Antennen, Radiorekorder, Projektoren, Equalizer, Mikrofone, Bildschnittgeräte, Diktiergeräte, Funksprechgeräte, Überwachungsapparate und -geräte und daraus zusammengestellte Anlagen; elektrische und elektronische Rechenmaschinen, einschließlich Taschenrechner; elektronische Datenverarbeitungsgeräte, Computer und Computer-Peripheriegeräte sowie deren Teile, soweit in Klasse 9 enthalten, einschließlich Spielcomputer, Heimcomputer, Notebooks, Monitore, Aktivboxen, Dateneingabe- und -ausgabegeräte (einschließlich Tastatur, Joysticks, Gamepad und Maus), Scanner, Drucker, Druckerschnittstellenumwandler, Terminals, Schnittstellenkarten, Disketten, CD-Roms, Festplatten, Laufwerke aller Art (extern und intern), Speichermodule, Speichersysteme (extern und intern), im Wesentlichen bestehend aus Speichermedien, einschließlich optischen, digitalen oder magnetischen Speichermedien und PC-Einsteckkarten sowie dazugehörige Schreib- und Leseeinheiten, CD-Brenner, Hauptplatinen, Computereinsteckteile, Modems, ISDN-Karten, Soundkarten, Grafikkarten, digitale Kameras, auf Datenträgern gespeicherte Programme; Computerspiele; Fotokopierapparate, Foto-Stative, Blitzlichtgeräte und -lampen, fotographische Belichtungsmesser, Filmkameras, Filmwiedergabegeräte, Diapositive, Diarahmen; Massagegeräte, Thermometer für medizinische Zwecke, Blutdruckmeßgeräte, Pulsmesser; elektrische Haushaltsgeräte, soweit in Klasse 11 enthalten, insbesondere Kaffee- und Teemaschinen, Toaster, Schnellkochtöpfe, Dampfdrucktöpfe, Grillgeräte, Fritteusen, Herde, Mikrowellenöfen, Kühlschränke, Kühlbehälter, Warmwasserbereiter, Wasserkocher, Heizplatten, Eierkocher, Joghurtbereiter, Waffeleisen, Eismaschinen und -geräte, Dörrapparate für Obst, Flaschenwärmer für Babies, Heizgeräte einschließlich Heizlüfter und Heizstrahler, Klimaapparate, Luftbefeuchter, Ventilatoren, Haartrockner, Bräunungsgeräte, elektrische Lampen und Leuchten (ausgenommen für fotographische und medizinische Zwecke), einschließlich Taschenlampen, Gartenlampen, Fahrrad- und Kraftfahrzeugleuchten; Schreibmaschinen, Frankiermaschinen; Druckereierzeugnisse, insbesondere Bücher, Manuals, Zeitschriften, Lehr- und Unterrichtsmaterial betreffend die in Klasse 9 genannten Waren, nicht jedoch Bücher, Zeitschriften und Magazine für den allgemeinen Vertrieb; Geräte und Behälter für Haushalt und Küche, soweit in Klasse 21 enthalten, Glasbehälter, Tafelgeschirr (nicht aus Edelmetall), Küchen- und Kochgeschirr, Kochtöpfe und Bräter (aus Metall), Wasserkessel, Bratpfannen, Siebe, Backformen, Schneebesen, Kochlöffel, Schöpfkellen; elektrische Zahnbürsten; Dampfreiniger; Spiele, Spielwaren und Spielgeräte für Kinder und Erwachsene, soweit in Klasse 28 enthalten, insbesondere Puppen und Puppenbekleidung, elektronische Spiele, ferngesteuerte Autos, Flugzeuge und Schiffe; Turn- und Sportgeräte, Fahrrad-Heimtrainer, Gartenspiele, Spieltische für Tischfußball, Spielwürfel; Installation, Wartung und Reparatur von Netzwerken; Verarbeitung und Weiterleitung von elektronisch übermittelten Daten, Betrieb von Netzwerken zur Übertragung von Daten, Bildern und Sprache, Offline- sowie Online-Multimediadienste, transportspezifische Fest- und Mobilfunkdienste sowie Telematikdienste; Mehrwertdienste bei der Benutzung der Netzwerke, im wesentlichen Datenbankdienste, nämlich Sammeln, Aufbereiten, Aktivieren, Speichern und Abrufen von Datennachrichten sowie entgeltliche Informationsdienste, Bestelldienste und Sprachdienste, nämlich Telefonieren, Sprachspeicherdienste, Anrufweiterleitung von Kurzmitteilungen, Auskunftsdienste, Konferenzschaltungen; Betrieb eines Callcenters, sämtliche vorgenannten Dienstleistungen, soweit in Klasse 38 enthalten; Vermietung der in Klasse 9 genannten Waren und deren Zubehör, zuzüglich belichtete Filme und Spielfilme, Audio-Video, bespielte und unbespielte Magnetbänder, -folien und -platten für die Aufzeichnung und Wiedergabe von Bild und/oder Ton, bespielte und unbespielte Bänder und Filme für Ton- und/oder Bildaufzeichnungen; Entwicklung, Erstellung und Wartung von Programmen für den Betrieb von Netzwerken sowie der in Klasse 9 genannten Waren, technische Beratung bei der Projektierung von Geräten, Einrichtungen und Anlagen für Netzwerkdienste; technische Beratung bei der Projektierung einschließlich Planung und Entwicklung von Netzwerken; elektrische und elektronische Apparate und Instrumente sowie deren Teile für den Gebrauch in der Telekommunikation und Nachrichtentechnik, soweit in Klasse 9 enthalten, einschließlich ISDN-Anlagen, Telefonapparate, digitale Telefonapparate, schnurlose Telefonapparate, Mobiltelefone, Display-Funkruf-Empfänger, Telefonhörer, Anrufbeantworter, Fernkopierer (Telefax), Wechselsprechapparate, Freisprechanlagen, vorstehende Waren einschließlich zugehöriger Peripheriegeräte, soweit in Klasse 9 enthalten; Sende- und Empfangsgeräte für die Nachrichtentechnik und Datenübermittlung, einschließlich Antennen, Parabolantennen, Receiver, Dekoder, Modems, Konverter, Mikrowellenkonverter, Verstärker, Hohlleiter, Antennenanschlußbuchsen, Breitband-Kommunikationsanlagen; Alarmgeräte und -anlagen, soweit in Klasse 9 enthalten; Brillen (Optik), Brillenetuis; elektrische Haushaltsgeräte, soweit in Klasse 9 enthalten, insbesondere Folienschweißgeräte, Personen- und Küchenwaagen, Lockenstäbe, elektrische Bügeleisen; Thermometer, Wetterstationen; Fahrradcomputer; Kabel, Kabelklemmen, Steckverbinder, Stecker, Batterien, Akkumulatoren und Netz-, Lade- und Stromversorgungsgeräte für sämtliche der vorgenannten Waren in Klasse 9“.

10

Die Markeninhaberin hat die rechtserhaltende Benutzung der aus ihrer Sicht kennzeichnungsschwachen Widerspruchsmarke bestritten.

11

Die Widersprechende hat daraufhin ein umfangreiches Konvolut von Werbeblättern der Firmen Aldi, Media Markt und TOYS`R´US vorgelegt und bezieht sich auf die darin abgebildeten Produkte. Da allein die Werbeblätter der Firma Aldi jeweils eine Auflage von zwei Millionen Stück erreichten und parallel Zeitungswerbung betrieben werde, seien diese als Beleg geeignet, die Benutzung der Widerspruchsmarke für die beworbenen Waren zu belegen.

12

Die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Beschluss vom 13. Juli 2011 wegen mangelnder Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke zurückgewiesen. Aufgrund der Nichtbenutzungseinrede habe die Widersprechende die Obliegenheit getroffen, die rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke für die Zeiträume August 2004 bis August 2009 und Juli 2006 bis Juli 2011 darzulegen und glaubhaft zu machen. Dem sei sie nicht hinreichend nachgekommen. Es fehle an einer eidesstattlichen Versicherung, die konkrete Schlüsse auf den maßgeblichen Benutzungszeitraum und den Benutzungsumfang der Widerspruchsmarke zulasse. Die bloße Behauptung der Benutzung und die vorgelegten Werbemittel Dritter reichten zur Glaubhaftmachung nicht aus. Soweit hinsichtlich der ALDI-Flyer auf eine Auflagenhöhe von über 2 Millionen Stück und auf eine hohe, aber nicht näher bezifferte Auflage der übrigen Flyer hingewiesen worden sei, ändere das nichts. Die Widersprechende habe keine Rechnungen oder sonstigen Nachweise über verkaufte Stückzahlen und Umsatzzahlen hinsichtlich ihrer Waren eingereicht. Im Ergebnis fehle es - ungeachtet einer fehlenden eidesstattlichen Versicherung - an detaillierten Angaben und Nachweisen zu den auf einzelne Waren und Jahre aufgeschlüsselten Umsatz- und Verkaufszahlen. Die Prospekte stammten zwar aus den maßgeblichen, sich überschneidenden Benutzungszeiträumen und enthielten Abbildungen einiger kollisionsrelevanter Waren mit entsprechenden Preisangaben. Hieraus könnten aber keine Rückschlüsse auf konkrete Verkaufszahlen und tatsächlich erzielte Umsätze gezogen werden. Darüber hinaus sei den eingereichten Werbeprospekten auch keine funktionsgerechte Benutzung der Marke zu entnehmen, da es an einer entsprechenden Kennzeichnung mit der Widerspruchsmarke bzw. an einem Aufdruck der Marke „LIFE“ auf den Waren oder deren Verpackungen fehle.

13

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Zur ergänzenden Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung hat sie zunächst eine eidesstattliche Versicherung ihres Vorstandsmitglieds C…

vom 16. November 2012 mit einem weiteren Konvolut von Werbeblättern der Firma Aldi zur Akte gereicht. Auf den Hinweis des Senats, dass auch dies nicht ausreiche, die Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft zu machen, hat sie in der mündlichen Verhandlung eine weitere eidesstattliche Versicherung ihres Vorstandsmitglieds C… vorgelegt, die ebenfalls vom 16. November 2012

datiert. Beigefügt sind ein weiteres Konvolut von Werbeblättern der Firma Aldi sowie Verpackungsaufdrucke („Artwork“) und Datenblätter für PCs sowie Rechnungen für verschiedene Produkte und ein Verpackungsbeispiel für ein Notebook und eine dieses betreffende Rechnung.

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Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

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den angefochtenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben und die angegriffene Marke 30 2008 077 972 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 398 49 644 zu löschen.

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Die Markeninhaberin beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

18

Sie verteidigt den angegriffenen Beschluss.

19

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

20

Die Beschwerde ist nach § 64 Abs. 6, § 66 MarkenG zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht bezüglich aller von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren die Gefahr von Verwechslungen (§ 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG).

21

1. Die Markeninhaberin hat die Benutzung der Widerspruchsmarke in zulässiger Weise bestritten. Da die Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der angegriffenen Marke am 7. August 2009 bereits seit mehr als fünf Jahren eingetragen war, betrifft das Bestreiten beide Benutzungszeiträume gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG. Deshalb oblag es der Widersprechenden, die rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke in den beiden Benutzungszeiträumen von 7. August 2004 bis 7. August 2009 und vom 22. November 2007 bis zum 22. November 2012 hinsichtlich aller maßgeblichen Umstände, insbesondere nach Art, Zeit, Ort und Umfang darzulegen und glaubhaft zu machen. Das ist ihr mittels der vorgelegten Benutzungsbeispiele und Rechnungen sowie der zweiten eidesstattlichen Versicherung des Herrn C… vom 16. November 2012 hinsichtlich der Waren „Heimcomputer“ und „Notebooks“ gelungen.

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Als Benutzungsbeispiel für Personal Computer liegen vor ein Verpackungsmuster („Artwork“) mit einem abgebildeten, auf der Gerätevorderseite mit dem Zeichen „LIFE®“ gekennzeichneten PC mit einem AMD AthlonTM 64 X2 Dual-Core Prozessor 6000+ (Anlage BM 1.1) und zwei Rechnungen an die Einzelhandelsunternehmen E… und M… vom 16. Januar 2008 über … € und … € - allerdings mit geschwärzten Mengen- und Einzelpreisangaben (Anlagen BM 1.2 und BM 1.3). Des Weiteren liegen ein Datenblatt für einen mit „LIFE®“ bezeichneten PC mit Intel® CoreTM2 Duo Prozessor E6750, das keine Geräteabbildung aufweist (Anl. BM 2.1), und eine Rechnung an den Einzelhändler S… über 50 Stück vom 1. Oktober 2008 vor, deren Preisangaben geschwärzt sind (Anlage BM 2.2). Hinzu kommen ein Verpackungsmuster („Artwork“) für einen mit „LIFE®“ bezeichneten PC mit AMD PhenomTM X4 9500 Quad-Core Prozessor (Anlage BM 4.1), der optisch dem in der Anlage BM 1.1 abgebildeten Gerät entspricht, und eine Rechnung über … € an eine Firma B… vom 9. Februar 2009 - wiederum mit geschwärzter Stückzahl und geschwärztem Einzelpreis (Anlage BM 4.2).

23

Die Anlage BM 17.1 zeigt die Umverpackung eines Notebooks, die auf der Vorder- und Rückseite die Aufschrift „LIFE®“ mit einer kleinen Unterzeile „powered by MEDION“ trägt. Die Anlage BM 17.2 ist eine auf dieses Produkt bezogene Rechnung über 91 Stück an eine Firma X… vom 13. Juli 2009

 - wiederum mit geschwärzten Einzel- und Gesamtpreisen.

24

Ausweislich der (zweiten) eidesstattlichen Versicherung vom 16. November 2012 beziehen sich die genannten Rechnungen auf die genannten Verpackungsmuster bzw. Datenblätter. Zudem ist versichert, dass die Widersprechende in den Jahren 2008 und 2009 mit PCs und Notebooks, auf denen die Marke „LIFE®“ in der Form der Anlagen BM 1.1, BM 2.1, BM 4.1 und BM 17.1 aufgebracht ist, jeweils mindestens Umsätze in Höhe von … € erzielt hat. Da die Angabe eines jährlichen, mit den genannten Waren erzielten Mindestumsatzes ausreicht, schaden die erwähnten Schwärzungen der Rechnungen der Glaubhaftmachung nicht. Ein Jahresumsatz von mindestens … Euro reicht ohne weiteres aus, um von rechtserhaltender Benutzung der Marke am Markt auszugehen. Es liegen angesichts dieses Mindestumsatzes weder Anhaltspunkte für eine Scheinbenutzung noch für eine nur gelegentliche, mengenmäßig unbedeutende Benutzung der Marke vor.

25

Soweit die Widerspruchsmarke durch kursive Schrift und in einem Fall durch eine Unterzeile von der Eintragung abweichend wiedergegeben ist, schadet dies nicht. Hierbei handelt es sich um (geringfügig) abweichende Formen im Sinne des § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG, die den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Das gilt auch für die auf der Verpackung des Notebooks hinzugefügte Unterzeile „powered by MEDION“, da diese zum einen wesentlich kleiner als das Zeichen „LIFE®“ gehalten ist und zum anderen diese Marke in Form einer Unterstreichung optisch hervorhebt.

26

Die glaubhaft gemachte Benutzung für die Jahre 2008 und 2009 trifft beide Benutzungszeiträume. Dass der erste mit der Zeitspanne 2008 bis August 2009 und der zweite mit beiden Jahren erfasst sind, ist ausreichend. Eine vollzeitige Benutzung in beiden Zeiträumen bzw. eine entsprechende Glaubhaftmachung ist nicht erforderlich.

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Hinsichtlich der in der eidesstattlichen Versicherung vom 16. November 2012 des weiteren genannten Waren DECT-Telefone, Digitalkameras und DVD-Player ist keine entsprechende Benutzungsform der Widerspruchsmarke vorgetragen oder erkennbar. Diese Waren sind ausweislich der vorgelegten Werbeblätter sämtlich allein mit dem Wort „MEDION“ beschriftet. Die Widerspruchsmarke ist auf den Waren hingegen nicht präsent. Das gilt auch für die als Anlagen BM 12 und 13 vorgelegten Rechnungen; hier enthält die Produktbezeichnung entweder das Kürzel „MD“ oder das Wort „MEDION“, jedoch keinen Hinweis auf die Widerspruchsmarke „LIFE“. Verpackungsbeispiele für diese Waren liegen nicht vor.

28

Soweit die Widerspruchsmarke auf den vorgelegten Werbeblättern selbst als Bestandteil der Kombination „MEDION®life®“ wiedergegeben wird, liegt hierin keine relevante Markenbenutzung, da eine Benutzung als „Katalogmarke“ nicht ausreicht (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 26 Rn. 32).

29

Für die übrigen im Verzeichnis der Widerspruchsmarke enthaltenen Waren kann eine rechtserhaltende Benutzung nicht festgestellt werden, wie die Markenstelle bereits zutreffend ausgeführt hat. Dasselbe gilt für die im Verzeichnis enthaltenen Dienstleistungen. Im Ergebnis ist daher von einer rechtserhaltenden Benutzung für Heimcomputer und Notebooks auszugehen.

30

2. Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. EuGH GRUR 2010, 1098 Nr. 44 - Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933 Nr. 32 - BARBARA BECKER; GRUR 2011, 915 Nr. 45 - UNI; BGH GRUR 2012, 1040 Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930 Nr. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64 Nr. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 235 Nr. 15 - AIDA/AIDU). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. Rspr., z. B. BGH GRUR 2012, 1040 Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930 Nr. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64 Nr. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 1103 Nr. 37 - Pralinenform II; EuGH GRUR 2008, 343 Nr. 48 - Il Ponte Finanziaria Spa/HABM).

31

Nach diesen Grundsätzen kann die Gefahr von Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken nicht verneint werden.

32

a) Zwischen den auf Seiten der Widerspruchsmarke gemäß § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG allein zu berücksichtigenden Waren „Heimcomputer“ und „Notebooks“ und der im Verzeichnis der angegriffenen Marke enthaltenen Ware „Computer“ besteht Warenidentität.

33

Hochgradige Warenähnlichkeit besteht zwischen „Notebooks“ und den im Verzeichnis der angegriffenen Marke enthaltenen Waren „Mobiltelefone“, „Smart Phones“ und „Personal-Digital-Assistants (PDAs)“. PDAs sind in den 1990er Jahren aufgekommene, kompakte Computer, die vorrangig zur persönlichen Kalender-, Adress- und Aufgabenverwaltung benutzt wurden (vgl. Wikipedia: Personal Digital Assistant). Sie sind heute bedeutungslos. Ihre Aufgaben werden inzwischen durch Mobiltelefone mit erfüllt bzw. auf Tablet-PCs übertragen. Das Beispiel zeigt das Verschwimmen der technischen und funktionalen Grenzen zwischen Mobiltelefonen (insbesondere Smartphones) und Notebooks. Beide Gerätearten bieten Internetzugang und die Möglichkeit, Daten zu speichern und zu bearbeiten. Zudem ist das Telefonieren über das Internet auch mittels eines Notebooks (und jeden anderen Heimcomputers) technisch möglich.

34

Eine enge funktionale Warenähnlichkeit besteht deshalb nicht nur zu Mobiltelefonen sondern auch zur Ware „Telefone“ im Verzeichnis der angegriffenen Marke (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 15. Aufl., S. 64 und 292 zu Datenverarbeitungsgeräte/Telefonapparate).

35

Hochgradige Warenähnlichkeit besteht zudem zwischen den Waren „Heimcomputer“ und „Notebooks“ und den Waren „DVD-Player“ und „MP3-Player“ im Verzeichnis der angegriffenen Marke. Diese ergibt sich aufgrund von Beschaffenheit, Funktion und möglichem Verwendungszweck der jeweiligen Waren (vgl. BPatGE 38, 254 = 30 W (pat) 170/96). Annähernd alle marktgängigen Heimcomputer und Notebooks (auch die als Benutzungsbeispiele genannten Geräte) können DVDs wiedergeben, weil sie ein DVD-Laufwerk und die zur Wiedergabe notwendige Hard- und Software enthalten. Heimcomputer und Notebooks sind zudem üblicherweise so ausgestattet, dass sie das Musikkompressionsformat MP3 aus dem Internet herunterladen, selbst Daten auf dieses Format komprimieren und (z. B. auf MP3-Player) übertragen oder selbst wiedergeben können.

36

Ähnlichkeit weisen „Heimcomputer“ und „Notebooks“ ferner zu den Waren „elektrische Batterieladegeräte“ und „elektrische wiederaufladbare Batterien“ im Verzeichnis der angegriffenen Marke auf, da sie einerseits selbst wiederaufladbare Batterien enthalten, um Unterbrechungen der Stromversorgung überbrücken bzw. unabhängig vom Netz betrieben werden zu können. Andererseits können sie selbst als Ladegeräte für die wiederaufladbaren Batterien von anderen Geräten (z. B. MP3-Playern) dienen.

37

Ähnlichkeit besteht zudem zur Ware „Halbleiter“ im Verzeichnis der angegriffenen Marke. Halbleiterprodukte, insbesondere Mikroprozessoren sind unabdingbare funktionale Bestandteile eines Computers.

38

Zwischen den Waren „Headsets“ und „Drucker für Computer“ im Verzeichnis der angegriffenen Marke und „Heimcomputern“ und „Notebooks“ besteht ebenfalls Ähnlichkeit. Es handelt sich jeweils um sogenannte „Peripheriegeräte“. Dabei kann das Headset (Kopfhörer mit Sprachfunktion) in Verbindung mit einem Computer oder Notebook einerseits zum Telefonieren, andererseits als Dateneingabe- oder Steuerungsgerät verwendet werden (z. B. Diktierprogramme, Sprachsteuerung). Drucker sind hingegen reine Datenausgabegeräte.

39

Enge Ähnlichkeit besteht auch zwischen Computern und Software (vgl. Richter/Stoppel, a. a. O., S. 63). Das Warenverzeichnis der angegriffenen Marke enthält insoweit die Ware „Computer-Software für Mobiltelefone, nämlich, die es dem Benutzer ermöglicht, seine täglichen Telefonaktivitäten chronologisch zu ordnen, sowie eine Sicherheitskopie des Adressverzeichnisses, Kalenders, Memos und sämtlicher Multimediainhalte des Telefons auf dem PC oder im Internet zu speichern“. Diese hat enge funktionale Ähnlichkeit zu den Waren „Heimcomputer“ und „Notebooks“, da sie eine Datenverbindung vom Mobiltelefon zu diesen und deren Datenspeicher oder über diese in das Internet ermöglichen soll, um die genannten Aufgaben erfüllen zu können. Die Bezeichnung „Computer-Software für Mobiltelefone“ ändert hieran nichts, da die genannte Aufgabe derselben zwingend eine Interaktion mit einem Computer voraussetzt. Die Software muss deshalb auch eine auf diesen ausgerichtete Komponente haben.

40

Ähnlichkeit besteht auch zur Ware „über ein weltweites Computernetzwerk und kabellose Geräte downloadbare Klingeltöne, Bilder und Musik“ im Verzeichnis der angegriffenen Marke. Auch diese Ähnlichkeit ist funktional, da die Wiedergabe der Töne, Bilder und Musik immer ein hierzu geeignetes Endgerät voraussetzt. Dies kann jedenfalls auch ein Heimcomputer oder ein Notebook mit Internet-Zugang sein. Zudem kann der Heimcomputer bzw. das Notebook Schnittstelle zum Herunterladen aus dem Internet sein.

41

Wie die vorgenannten Waren weist auch die „elektronische Spielesoftware für Mobiltelefone“ aus dem Verzeichnis der angegriffenen Marke engere Ähnlichkeit zu „Heimcomputern“ und „Notebooks“ auf. Aufgrund ihrer Anpassung an kleinere Bildschirme (Displays), eine geringere Bildauflösung und eine einfachere Bedienerführung allein über Touchpad oder Tasten des Mobiltelefons sind diese Waren zwar so konfiguriert, dass sie auf größeren Computern nicht oder nur eingeschränkt funktionsfähig sind. Es kann sich bei dieser Spielsoftware jedoch auch um vereinfachte Versionen oder abgeleitete Entwicklungen zuvor entwickelter Computerspiele für Heimcomputer und Notebooks handeln.

42

b) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist für die Waren „Heimcomputer“ und „Notebooks“ von Hause aus durchschnittlich. Ob sich dem von der Markeninhaberin aufgezeigten Registerstand, wonach in Klasse 9 218 Marken mit dem Bestandteil „LIFE“ eingetragen sind, eine relevante Schwächung entnehmen lässt, kann dahinstehen, da eine solche Schwächung durch die dargelegte nicht unerhebliche Benutzung jedenfalls kompensiert wäre.

43

c) Bei dieser Ausgangslage hält die angegriffene Marke den zur Vermeidung von Verwechslungen erforderlichen, deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht ein.

44

Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (z. B. BGH GRUR 2012, 1040 Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930 Nr. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64 Nr. 15 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 729 Nr. 23 - MIXI). Das schließt es indessen nicht aus, dass ein oder mehrere Bestandteile eines zusammengesetzten Zeichens für den Gesamteindruck prägend sein und insoweit eine rechtlich relevante Verwechslungsgefahr begründen können. Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen (vgl. BGH GRUR 2012, 64 Nr. 15 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 729 Nr. 31 - MIXI; GRUR 2009, 1055 Nr. 23 - airdsl).

45

Die angegriffene Marke besteht - für den Verkehr erkennbar - aus dem - wie dargelegt - für die vorliegenden Waren normal kennzeichnungskräftigen, mit der Widerspruchsmarke übereinstimmenden englischen Wort „LIFE“ und dem Kürzel „SYNC“. Bei „SYNC“ handelt es sich um die - auch lexikalisch belegbare - Abkürzung von „synchronization“, die im Englischen auch als eigenständiges Wort in Gebrauch ist (PONS/COLLINS, Großwörterbuch Deutsch/Englisch - Englisch/Deutsch, 5. Aufl. 1999, Stichwort „sync“). Wie die Vertreterin der Markeninhaberin in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, soll die angegriffene Marke insoweit gerade die synchronisierenden Möglichkeiten der von ihr beanspruchten Waren hervorheben. Bei dieser Sachlage muss davon ausgegangen werden, dass der Zeichenbestandteil „SYNC“ als beschreibende Angabe weitgehend in den Hintergrund tritt und die angegriffene Marke ihr Gepräge gerade durch den mit der Widerspruchsmarke vollständig übereinstimmenden Bestandteil „LIFE“ erfährt. Dies führt dazu, dass die Zeichenähnlichkeit insgesamt als hoch eingestuft werden muss.

46

Da die Vergleichsmarken teils identische, im Übrigen im engeren Ähnlichkeitsbereich liegende Waren betreffen und die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke jedenfalls durchschnittlich ist, kann bei der gegebenen hohen Zeichenähnlichkeit in der Gesamtabwägung eine Verwechslungsgefahr nicht verneint werden, so dass unter Aufhebung des Amtsbeschlusses die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen war.

47

Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.