Entscheidungsdatum: 25.07.2013
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2011 069 842.2
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 25. Juli 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des Richters Jacobi
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Mai 2012 aufgehoben.
I.
Das Zeichen KlangwellenManufaktur ist als Wortmarke für die Waren „Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild“ zur Eintragung als Marke in das vom Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG beanstandet. Als „Manufaktur“ werde eine Firma, ein Betrieb bezeichnet, in dem etwas erzeugt, gefertigt, produziert werde. Das Wort „Klangwelle“ werde nicht selten im Sinn von „Klänge“ verwendet. Der Gebrauch des Wortes „Welle“ im Klangbereich liege auch deshalb nahe, weil es auf dem Radiogebiet oder bei elektromagnetischen, seismischen Schwingungen, Licht, Schall vorkomme. Die Marke könne aussagen, dass die beanspruchten Geräte des mit „Manufaktur“ bezeichneten Betriebs Klangwellen erzeugen würden. Als beschreibende Angabe unterliege die Anmeldung einem Freihaltebedürfnis und könne darüber hinaus ihre Funktion als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen. Mit Beschluss vom 18. Mai 2012 hat dieselbe Markenstelle unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid die Anmeldung zurückgewiesen.
Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er hat ausgeführt, dass der Begriff „Klangwelle“ im Gegensatz zu einer Schallwelle oder Lichtwelle nicht wissenschaftlich definiert sei und bisher nur im Zusammenhang mit Kunst, Esoterik und Open Air-Präsentationen (musikuntermalten Licht- und Lasershows) verwendet werde. Da mangels Definition des Begriffs die Fertigung von Klangwellen in einer Manufaktur nicht möglich sei, lade der neue und einzigartige Begriff zu vielfältigen Assoziationen ein.
Der Anmelder beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist in der Sache begründet. Der zur Eintragung in das Markenregister angemeldeten Bezeichnung KlangwellenManufaktur stehen hinsichtlich der beanspruchten Waren keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen.
Der angemeldeten Bezeichnung kann zunächst nicht jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft in diesem Sinne ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren (und Dienstleistungen) als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2008, 608, 611 Nr. 66 f. - EUROHYPO; BGH GRUR 2010, 825, 826 Nr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2010, 935 Nr. 8 - Die Vision; GRUR 2006, 850, 854 Nr. 18 – FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren (und Dienstleistungen) zu gewährleisten (EuGH GRUR 2006, 233, 235 Nr. 45 - Standbeutel; GRUR 2006, 229, 230 Nr. 27 - BiolD; EuGH a. a. O. - EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710 Nr. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949 Nr. 10 - My World; a. a. O. – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 411 Nr. 8 - STREETBALL; GRUR 2009, 778, 779 Nr. 11 - Willkommen im Leben; a. a. O. - My World; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren (oder Dienstleistungen), andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise. Hierbei ist auf die Wahrnehmung des Handels sowie des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren (oder Dienstleistungen) abzustellen (EuGH GRUR 2006, 411, 412 Nr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Nr. 24 - SAT 2; BGH a. a. O. - Die Vision; a. a. O. - Marlene-Dietrich-Bildnis II; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006).
Hiervon ausgehend besitzen Wortzeichen keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, 678 Nr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270, 271 Nr. 11 - Link Economy; GRUR 2009, 952, 953 Nr. 10 - DeutschlandCard; a. a. O. Nr. 19 - FUSSBALL WM 2006; a. a. O. - BerlinCard; a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren (oder Dienstleistungen) zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1100 Nr. 23 - TOOOR!; a. a. O. Nr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006).
Nach diesen Grundsätzen verfügt die angemeldete Bezeichnung KlangwellenManufaktur über die erforderliche Unterscheidungskraft.
KlangwellenManufaktur ist - worauf der Anmelder zutreffend hinweist - keine gebräuchliche Bezeichnung der deutschen Sprache. Die Anmeldung ist allerdings erkennbar gebildet aus den Worten „Klangwellen“ und „Manufaktur“. Dabei ist die Markenstelle zutreffend davon ausgegangen, dass „Manufaktur“ die Bezeichnung für einen Betrieb ist, in dem etwas hergestellt wird, und zwar im Wesentlichen in Handarbeit (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl., S. 1156). Indessen kann dem weiteren Markenbestandteil, dem Wort „Klangwellen“, weder allein noch in der konkreten Verbindung mit dem angefügten Wort „Manufaktur“ ein Sachhinweis für die hier beanspruchten Waren zugeordnet werden.
Dass die Elemente „Klang“ und „Welle(n)“ im Klangbereich verwendet werden, reicht für die Annahme einer ohne Unklarheiten erfassbaren beschreibenden Bedeutung nicht aus. Zwar wird im Bereich der Physik für elektromagnetische, seismische Schwingungen des Lichts und Schalls der Begriff „Welle“ verwendet (vgl. Duden, a. a. O., S. 1992); das lässt sich aber im Zusammenhang mit „Klang“ nicht feststellen. Abgesehen davon wird im hier maßgeblichen Warenbereich der Schall von Geräten erzeugt und nicht in Handarbeit in einem Betrieb hergestellt.
Der von der Markenstelle dem Anmelder übersandte Ausdruck aus dem Internet verweist allerdings auf eine „Klangwelle“ in Bonn und am Wörthersee (vgl. http://www.klangwelle-bonn.de/; http://velden.ledl.at/klangwelle/); dabei geht es aber nicht um Geräte aus dem Bereich Audio/Video, sondern um von Musik begleitete Licht-Wasser-Präsentationen, bei denen durch Wasserdüsen musiksynchron bewegliche Muster und Figuren aus Wasser erzeugt werden. Abgesehen davon, dass nicht festgestellt werden kann, dass für die angesprochenen Verkehrskreise die Bedeutung von „Klangwellen“ im Sinne dieser eher seltenen Präsentationen im Vordergrund steht, ist irgendein ohne Unklarheiten erfassbarer beschreibender Zusammenhang der Gesamtbezeichnung KlangwellenManufaktur mit den hier maßgeblichen Waren auch nicht erkennbar. Zum Verständnis von mittels Klang erzeugter Wellen (des Wassers) in der Gesamtbezeichnung KlangwellenManufaktur bedarf es - zumal auch bei solchen Veranstaltungen die musiksynchronen Wasserspiele durch Geräte erzeugt, nicht aber in Handarbeit in einem Betrieb hergestellt werden - näherer Überlegungen, was der Annahme entgegensteht, dass der Verkehr Marken so aufnimmt, wie sie ihm entgegentreten.
Entsprechendes gilt bezüglich der in diesem Internet-Ausdruck aufgeführten Verwendung dieses Wortes im Zusammenhang mit Massagen (vgl. http://klangwellen.npage.de/); dass bei der Erbringung solcher Dienstleistungen mit akustischen Schwingungen (Schall) gearbeitet wird, lässt keinen ohne Unklarheiten erfassbaren beschreibenden Zusammenhang der Gesamtbezeichnung KlangwellenManufaktur mit den hier maßgeblichen Waren erkennen.
„Klangwellen“ erscheint in der Gesamtmarke KlangwellenManufaktur vielmehr als Phantasiebegriff, so dass der angemeldeten Marke in Bezug auf die hier maßgeblichen Waren kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann, und sich damit keine Eignung zur beschreibenden Verwendung als Sachangabe hinsichtlich der Eigenschaften dieser Waren ergibt. In ihrer Gesamtheit ist die angemeldete Marke damit geeignet, von den angesprochenen Verkehrskreisen als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden; KlangwellenManufaktur fehlt damit nicht die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
An der angemeldeten Marke besteht in Bezug auf diese Waren auch kein Freihaltebedürfnis i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG; denn es ist aus obengenannten Gründen nicht ersichtlich, dass sie als konkrete Angabe über Eigenschaften der unter dieser Marke angebotenen Waren dienen könnte; es fehlt damit an einem Allgemeininteresse an der freien Verwendung.
Die Beschwerde hat daher Erfolg.