Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 15.09.2016


BPatG 15.09.2016 - 30 W (pat) 528/14

Markenbeschwerdeverfahren – "Notfall einfach.sicher.unabhängig. BOX (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
15.09.2016
Aktenzeichen:
30 W (pat) 528/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2012 062 027.2

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 15. September 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und Dr. Meiser

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 6. Februar 2014 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Das Wort-/Bildzeichen

Abbildung

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ist am 1. Dezember 2012 als Marke für die Waren und Dienstleistungen der

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„Klasse 9:

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Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild;

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Klasse 38:

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Telekommunikation“

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bei dem Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet worden.

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Mit Beschluss vom 6. Februar 2014 hat die Markenstelle für Klasse 9 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zurückgewiesen.

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Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Verkehr werde den in der Marke enthaltenen Wortbestandteilen jeweils eine im Vordergrund stehende beschreibende bzw. werblich anpreisende Aussage zuordnen. Bei den Wortbestandteilen „einfach“, „sicher“ und „unabhängig“ handele es sich um absolut übliche, beschreibende Hinweise. Die über und unter diesen Beschaffenheitsangaben angeordnete Begriffskombination setze sich aus den Wörtern „Notfall“ und „BOX“ zusammen. Sie weise darauf hin, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zur Nutzung in einem Notfall bestimmt seien. Dem Wort „BOX“ komme lexikalisch nachweisbar die Bedeutung „kastenförmiger Behälter“ zu. Für den in Klasse 38 beanspruchten Bereich der Telekommunikation werde als „BOX“ ferner ein individueller, meist passwortgeschützter Speicherbereich eines Kommunikationssystems zur Speicherung von Daten, Texten oder auch Sprache bezeichnet, wobei eine Google-Recherche die beschreibende Verwendung durch Internetprovider und andere IT-Firmen belege. Die in Klasse 9 angemeldeten „Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild“ würden in einer Box angeboten und ermöglichten es auf einfache Weise, in einem Notfall unabhängig zu sein und sich sicher zu fühlen. Die Markenbezeichnung erschöpfe sich damit in einer inhaltsbeschreibenden Bestimmungsangabe. Auch in seiner Gesamtheit und unter Berücksichtigung seiner graphischen Ausgestaltung fehle dem Anmeldezeichen die Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Es handele sich durchweg um einfache graphische Gestaltungsmittel, die häufig anzutreffen und werbeüblich seien.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

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Sie trägt vor, bei „Notfallbox“ handele es sich um eine Komposition zweier Einzelwörter, die zwar für sich betrachtet nicht schutzfähig seien, gemeinsam jedoch ein neues Ganzes bildeten. In gängigen Nachschlagewerken sei der Gesamtbegriff „Notfallbox“ nicht enthalten. Es handele sich um eine Wortneuschöpfung, die geeignet sei, das von der Anmelderin angebotene Hausnotrufgerät eindeutig als Produkt der S… GmbH zu identifizieren. Hinzu trete, dass das Anmeldezeichen besondere graphische und gestalterische Elemente beinhalte, die in ihrer Gesamtheit keineswegs werbeüblich seien und das Logo einzigartig machten.

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Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 6. Februar 2014 aufzuheben.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der angegriffene Beschluss war aufzuheben, da der Anmeldung für die verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen keine Schutzhindernisse gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 MarkenG entgegenstehen.

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Insbesondere fehlt der Wort-/Bildmarke im vorliegenden Waren- und Dienstleistungszusammenhang weder jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, noch stellt sie eine freihaltebedürftige beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar.

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1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. EuGH GRUR 2012, 610 (Nr. 42) - Freixenet; GRUR 2008, 608, 611 (Nr. 66) - EUROHYPO; BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12) - smartbook; GRUR 2013, 731 (Nr. 11) - Kaleido; GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) - Starsat, jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa EuGH GRUR 2010, 1008, 1009 (Nr. 38) - Lego; GRUR 2008, 608, 611 (Nr. 66) - EUROHYPO; GRUR 2006, 233, 235, Nr. 45 - Standbeutel; BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; GRUR 2009, 949 (Nr. 10) - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12) - smartbook; GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) - Starsat; GRUR 2012, 270 (Nr. 8) - Link economy). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412 (Nr. 24) - Matratzen Concord/ Hukla).

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Hiervon ausgehend besitzen Marken insbesondere dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 86) - Postkantoor; BGH GRUR 2014, 1204, 1205 (Nr. 12) - DüsseldorfCongress; GRUR 2012, 270, 271 (Nr. 11) - Link economy; GRUR 2009, 952, 953 (Nr. 10) - DeutschlandCard). Darüber hinaus kommt nach ständiger Rechtsprechung auch solchen Zeichen keine Unterscheidungskraft zu, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2014, 1204, 1205 (Nr. 12) - DüsseldorfCongress; GRUR 2012, 1143, 1144 (Nr. 9) - Starsat; GRUR 2009, 952, 953 (Nr. 10) - DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, 854 (Nr. 19) - FUSSBALL WM 2006).

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2. Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Hintergrunds steht der angemeldeten Wort-/Bildmarke

Abbildung

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das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht entgegen.

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Wenngleich der Markenstelle im Ausgangspunkt darin zu folgen ist, dass die im Anmeldezeichen enthaltene Wortfolge „einfach.sicher.unabhängig“ sich in einer schlagwortartigen Aneinanderreihung werblich-anpreisender Adjektive erschöpft, kann gleichwohl der Marke in ihrer Gesamtheit nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden, da bereits der Zeichenbestandteil NotfallBOX geeignet ist, als eigenständiger betrieblicher Herkunftsnachweis aufgefasst zu werden (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, 233, Rn. 72-74 – BioID; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl. 2015, § 8 Rn. 196, 197, 498). Denn ein Sachbezug der Wortbildung NotfallBOX zu den konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen ist nicht ohne weiteres erkennbar.

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a) Die Markenstelle ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem Begriff NotfallBOX um eine ohne weiteres erkennbare Kombination aus den allgemein gebräuchlichen und einfach verständlichen Wörtern „Notfall“ und „Box“ handelt.

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aa) Der Verkehr wird NotfallBOX dabei als einheitlichen Gesamtbegriff wahrnehmen; die graphische Ausgestaltung des Anmeldezeichens sowie die Anordnung der Einzelwörter innerhalb der Grafik stehen dem nicht entgegen.

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Vorliegend ist der Wortbestandteil „Notfall“ (ohne Trennungsstrich) innerhalb der Grafik - in Gestalt eines orangefarbigen Quadrats - in der ersten (oberen) Zeile angeordnet, sodann folgt in der zweiten Zeile (in wesentlich geringerer Schriftgröße) die Wortfolge „einfach.sicher.unabhängig“; erst in der dritten und letzten Zeile findet sich der in Majuskeln geschriebene Bestandteil „BOX“. Die Wortbestandteile sind einheitlich in weißer Farbe auf orangem Hintergrund sowie im selben Schrifttyp gehalten, variieren jedoch z. T. erheblich in der Schriftgröße.

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Auch unter Berücksichtigung dieser grafischen Ausgestaltung sowie der räumlichen Anordnung der Einzelwörter wird der Verkehr NotfallBOX als einheitlichen Gesamtbegriff wahrnehmen. Denn die Bestandteile „Notfall“ und „BOX“ sind nicht alleine grammatikalisch-formal, sondern auch inhaltlich aufeinander bezogen, was für einen gesamtbegrifflichen Charakter spricht (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 407). Die in der zweiten Zeile angeordnete Wortfolge ist demgegenüber nicht geeignet, zu einer abweichenden Wahrnehmung des Verkehrs zu führen. Denn die Wortfolge „einfach.sicher.unabhängig.“ tritt im Gesamteindruck zurück. Zum einen ist sie deutlich kleiner geschrieben als die in der ersten und dritten Zeile angeordneten Wortbestandteile „Notfall“ und „BOX“, so dass sie eher wie eine graphische Unterstreichung wirkt. Zum anderen erschöpft sich diese Wortfolge in einem aus einfachen Wörtern zusammengesetzten, schlagwortartigen Werbeslogan, der wie dargelegt jeder individualisierenden Unterscheidungskraft entbehrt. Für den Verkehr besteht daher kein Anlass, diese Wortfolge sowie sonstige Elemente der graphischen Ausgestaltung bei der Benennung der Marke zu berücksichtigen; vielmehr wird er die Marke mit NotfallBOX benennen.

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bb) Ausgehend hiervon bezeichnet „Notfall“ eine Situation, in der dringend Hilfe benötigt wird (http://www.duden.de/rechtschreibung/Notfall). Dem Wort „BOX“ kommt (u. a. neben den Bedeutungen „Lautsprecherbox“, „Pferdebox“) die Bedeutung „kastenförmiger Behälter“ zu (Duden, Dt. Universalwörterbuch, 5. Aufl., S. 310).

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Der angesprochene Verkehr wird dem Gesamtbegriff NotfallBOX daher in erster Linie den Hinweis entnehmen, dass es sich um einen Behälter in Kastenform handelt, der Utensilien für einen Notfall enthält bzw. dessen Inhalt zur Nutzung in einem Notfall bestimmt ist.

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Mit diesem Bedeutungsgehalt wird das Gesamtwort nach den Ergebnissen einer Senatsrecherche auch gängig verwendet, so insbesondere (und wohl ursprünglich) im medizinischen Bereich (z.B.: „Kinder-Notfall-Box“ als Erste-Hilfe-Set; „Notfallbox“ gegen Vergiftungen bei Kindern; „medizinische TO-Notfallbox“), wobei mittlerweile auch eine Verwendung für sonstige „Notfälle“ aller Art, z. T. auch im übertragenen bzw. humoristischen Sinne, nachweisbar ist (z. B. „Notfallbox für den Katastrophenfall“; „Prüfungs-Notfall-Box“; „Notfallbox zum 40. Geburtstag“; „Survival-/Notfall-Box-für den Bräutigam“ etc.).

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b) Wenngleich somit eine relativ breite Verwendung des Wortes NotfallBOX belegbar ist und ausgehend hiervon auch das begriffliche Verständnis der Gesamtbezeichnung - im Sinne von „(kastenförmiger) Behälter mit Utensilien für den Notfall“ - dem angesprochenen Publikum keinerlei Schwierigkeiten bereitet, drängt sich gleichwohl vorliegend ein Sachbezug zu den alleine beanspruchten Waren der Klasse 9 („Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild“) und Dienstleistungen der Klasse 38 („Telekommunikation“) nicht auf.

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aa) Hinsichtlich der beanspruchten Waren der Klasse 9 besteht für den allgemeinen wie auch für den Fachverkehr kein Anlass, NotfallBOX unmittelbar als beschreibenden Sachhinweis zu verstehen; ebensowenig lässt sich feststellen, dass das Anmeldezeichen zumindest einen engen beschreibenden Bezug hierzu aufweist.

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Mit der dargestellten, im Sprachgebrauch verbreiteten Bedeutung („kastenförmiger Behälter mit Utensilien für den Notfall“) eignet sich der Begriff nicht, um „Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild“ zu beschreiben. NotfallBOX ergibt in diesem Warenzusammenhang keinen unmittelbar nachvollziehbaren Gesamtsinn, und es lässt sich insoweit auch keine Verwendung des Gesamtbegriffs für den relevanten Warensektor belegen, die nicht auf die Anmelderin zurückgehen würde.

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Andere Bedeutungen des Gesamtbegriffs NotfallBOX, die den Verkehr veranlassen könnten, das Zeichen auf Anhieb als beschreibenden Sachhinweis auf die hier alleine relevanten Waren wahrzunehmen, sind ebenso wenig ersichtlich.

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Zwar können Aufzeichnungs-, Übertragungs- und Wiedergabegeräte, wie es die Markenstelle insoweit mit Recht ausführt, denkbarerweise „kastenförmig“ bzw. der Form nach als „Box“ ausgestaltet sein. Ausgehend hiervon lässt sich im vorliegenden Warenzusammenhang auch durchaus eine Verwendung des Einzelwortes „Box“ belegen. So wird der Begriff nach einer Internetrecherche des Senats zur Bezeichnung von Aufzeichnungs- und Wiedergabegeräten verwendet, z. T. auch in Kombination mit einem vorangestellten Bezugswort (z. B. „Voice Box Audiorecorder“; „Scratch Box Audiorecorder“; „Voice Box Aufnahmegerät“; „T-Net-Box“ bzw. „Sprachbox der Telekom“). Auch für den Bereich der Übertragungsgeräte lässt sich eine Praxis feststellen, „Router“ und sonstige Geräte zur Datenübertragung als „Box“ zu bezeichnen (z. B.: „Die Box wird zwischen Computer und Router geschaltet“; „Box verbindet Handy und Festnetz“; „Die o2 Signal Box ist in kleines Gerät ähnlich einem Router“; „Enigmabox“ zur verschlüsselten Übertragung von Daten; „Fritz!Box“). Mit dieser Bedeutung nutzt wohl auch die Anmelderin den Begriff „BOX“ (wobei sie Sender für hilfsbedürftige Personen anbietet, die einen Notruf per einfachem Knopfdruck und Datenübertragung über eine Art Router ermöglichen).Wenngleich, ausgehend von dieser Verwendungspraxis (des Einzelwortes „BOX“ als Synonym für Router, Datenübertragungsgerät etc.), unterstellt werden kann, dass der angesprochene Verkehr - jedenfalls der Fachverkehr - den Sinngehalt des Wortbestandteiles „BOX“ auch im vorliegenden Warenzusammenhang erfassen wird, reicht dies allein jedoch nicht aus, um dem Anmeldezeichen in seiner Gesamtheit die Schutzfähigkeit abzusprechen. Entscheidend ist vielmehr, ob dem durch die Verbindung der Bestandteile entstandenen Gesamtzeichen - NotfallBOX - die Eignung zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung fehlt (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 99) - Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 (Nr. 40) - BIOMILD).Hiervon kann vorliegend aber nicht ausgegangen werden. Denn im relevanten Warenzusammenhang kann dem Anmeldezeichen eine gewisse Originalität und Prägnanz nicht abgesprochen werden. Zu berücksichtigen ist dabei, dass der Begriff NotfallBOX, wie dargelegt, ursprünglich dem medizinischen Bereich entstammt und hier gängig zur Bezeichnung einer Art „Notfallkoffer“ (eines Behältnisses mit einem Notfallset) verwendet wird. Ist damit für einen anderen Warenbereich bereits ein bestimmtes Verkehrsverständnis - im Sinne einer festen Begrifflichkeit - vorhanden, während andererseits im vorliegend relevanten Warensektor der Klasse 9 eine beschreibende Verwendung des Gesamtbegriffs gerade nicht belegbar ist, so erfordert der gedankliche Schluss von einer NotfallBOX auf ein „Aufzeichnungs-, Übertragungs- oder Wiedergabegerät“ ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand und löst bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess aus.

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Aufgrund der im Vordergrund stehenden, gängigen Verwendung des Gesamtbegriffs liegt auch vorliegend zunächst der Gedanke an ein irgend geartetes „Behältnis mit Notfallutensilien“ nahe. Selbst wenn der Verkehr sodann erkennt, dass „BOX“ mehrdeutig ist und vorliegend für ein Datenübertragungsgerät (etwa einen Router) stehen soll, bleibt der Zusammenhang mit einem „Notfall“ unklar. Der Schluss etwa auf ein Datenübertragungsgerät, welches in einem Notfall ein Hilfesignal weiterleitet bzw. ein Notrufsignal sendet, bedarf daher mehrerer analysierender Gedankenschritte. In der Gesamtbetrachtung erscheint das Markenwort - gerade auch durch das Wortspiel mit der Doppelbedeutung von „BOX“ bzw. durch die Umdeutung des Gesamtbegriffs „NotfallBOX“ - durchaus einprägsam und originell und damit schutzfähig.

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bb) Keiner abweichenden Beurteilung unterliegen die in Klasse 38 beanspruchten Dienstleistungen („Telekommunikation“).

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Weder ergibt NotfallBOX in der gängigen Bedeutung („kastenförmiger Behälter mit Utensilien für den Notfall“) einen auf Anhieb nachvollziehbaren Gesamtsinn für „Telekommunikationsdienstleistungen“, noch lässt sich eine beschreibende Verwendung des Gesamtbegriffs für diesen Dienstleistungssektor belegen. Die demgegenüber von der Markenstelle in Bezug genommenen Verwendungsbeispiele beziehen sich erneut alleine auf das Einzelwort „BOX“; für die entscheidende Frage, ob dem durch die Verbindung der Bestandteile entstandenen Gesamtzeichen - NotfallBOX - die Eignung zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung fehlt, sind sie letztlich ohne Aussagekraft. Dies gilt auch für den weiteren Hinweis der Markenstelle darauf, dass „BOX“ unter anderem als Synonym für einen „Speicherbereich eines Kommunikationssystems zur Speicherung von Daten, Texten oder auch Sprache“ verwendet werde. Es erschließt sich insoweit schon nicht - bzw. jedenfalls nicht ohne analysierende Gedankenschritte -, inwiefern der Speicherbereich eines Kommunikationssystems eine NotfallBOX darstellen bzw. für den Fall eines Notfalles eine Funktion entfalten kann.

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Ausgehend hiervon kann das Anmeldezeichen in seiner Gesamtheit, auch unter Berücksichtigung des konkretisierenden Zusatzes „einfach.sicher.unabhängig“, im Hinblick auf die Telekommunikationsdienstleistungen der Klasse 38 auf verschiedene Art und Weise interpretiert werden. Eine beschreibende Sachaussage drängt sich dem Verkehr nicht unmittelbar auf, sondern erschließt sich erneut allenfalls über eine für die Prüfung der Unterscheidungskraft unzulässige analysierende Betrachtungsweise. Deshalb kann dem Zeichen die Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis nicht abgesprochen werden.

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3. Aus den vorgenannten Gründen unterliegt die angemeldete Marke auch keinem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

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Die Beschwerde hat daher Erfolg.